Nord-Luzon - Von Reisterrassen und hängenden Särgen


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March 24th 2012
Published: March 24th 2012
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Montag, 19. März 2012

Und wieder hiess es: Früh aufstehen! Der Wecker klingelte um 05:00, und unser Guide holte uns um 06:00 im Hotel ab. Offiziell, um dem Montagmorgenverkehr in Manila zu meiden; später gab er aber zu, dass in Manila am Montag Fahrzeuge mit den Nummernschildern-Endziffern 1 und 2 nicht herumfahren dürfen. Unser Fahrzeug hatte Endziffer 1...

Es ging nach Norden, vorbei an Angeles, Mabalcat, Tarlac, Urdanetta nach Baguio. Die Fahrt führte zunächst auf einer modernen vierspurigen Autobahn durch die Ebene nördlich von Manila, vorbei an Reis- und Zuckerrohrfeldern. Nach Urdanetta beginnen dann die Cordilleras, der Bergrücken in Nord Luzon (Luzon ist die Hauptinsel der Philippinen). Nach sechs Stunden Fahrt und zwei kurzen Pausen kamen wir kurz nach zwölf Uhr in Baguio (sprich: Bagio) an. Baguio wurde zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts von den Amerikanern gegründet, welche auf der Suche nach einem Ort waren, wo sich die stationierten Truppen erholen konnten. Baguio bot sich geradezu an, da es aufgrund der Höhe von 1500 m.ü.M. vergleichsweise kühl ist, wegen der dichten Pinienwäldern aber trotzdem eine reizvolle Szenerie bildet. Die Amerikaner sind längst weg, heute gilt Baguio als Sommerhauptstadt. Viele gutbetuchte Leute aus Manila, darunter auch der Präsident und ein Grossteil der Regierung, ziehen sich im Sommer jeweils nach Baguio zurück, um der Hitze in Manila zu entgehen.

Nachdem wir ins Hotel El Cielito eingecheckt hatten, gab es im benachbarten Restaurant ein Zmittag. Das Rinds-Kare-Kare, ein ziemlich fader Eintopf aus Ochsenschwanz an Erdnussauce und Aubergine vermochte uns allerdings nur mässig zu überzeugen. Immerhin waren wir nun für den nachfolgenden Spaziergang durch Baguio gestärkt.

Als erstes machten wir uns auf die Suche nach der Poststelle, um einige Sachen auf die Post zu tun, welche wir nicht mehr benötigen werden, um so unser Gepäck ein wenig zu erleichtern. Das Aufgeben des Pakets verlief problemlos, mal schauen ob wir in drei bis vier Monaten ein Päcklein mit laotischen Textilien, kambodschanischen Gewürzen und langen Hosen bekommen werden...

Anschliessend führte uns Edgar ins Zentrum von Baguio, wobei er uns anhielt, gut auf die Wertsachen acht zu geben, da hier öfters Schlitzer am Werk seien.

Auf dem lokalen Markt, welcher als der sauberste auf den Philippinen gilt, fanden wir (wie üblich) ein üppiges Angebot von Früchten und Gemüsen. Delia erstand einen Sternapfel und eine Stachelannone (Guyabano). Ersterer war ziemlich fad und schied eine komisch anmutende Milch aus, letztere hatte zwar ein gutes Aroma, allerdings eine matschig-mehlige Konsistenz und fiel daher im Konsumententest leider ebenfalls durch.

Weiter fielen uns auf dem Markt die Erdbeeren auf, welche von den Verkäufern einzeln zu waghalsigen Gebilden aufgetürmt wurden. An einem Snackstand wurden zudem Hühnerküken-Spiesschen offeriert, was wir aber dankend ablehnten.

Nach einem kurzen Abstecher durch den Park führte uns Edgar zur natürlich ebenfalls vorhandenen Mall, welche, wie er uns erklärte, die einzige auf den Philippinen sei, welche nicht klimatisiert sei. Da sie nach oben hin offen ist und nur durch ein riesiges, offenes Zeltdach abgedeckt ist, schien uns das eigentlich ganz vernünftig zu sein. Die Mall ist den Reisterrassen nachempfunden und hat auf allen drei Ebenen versetzte Terrassen, von wo aus man einen guten Blick über Baguio hat. Wir machten ein paar Fotos und gingen danach zurück ins Hotel. Nach dem Znacht gingen wir ins Zimmer und fielen todmüde ins Bett. Ein liebestoller (oder schlicht gelangweilter) Hund versuchte zwar noch, uns am wohlverdienten Schlaf zu hindern, dies war aber nur von kurzem Erfolg gekrönt...



Dienstag, 20. März 2012

Wir fuhren kurz nach acht Uhr von Baguio los und von da zuerst nach La Trinidad. Dies ist der Ort, wo die Gemüsebauern aus den Cordilleras ihre Ernte hinbringen, um sie an Gemüsehändler aus Manila zu verkaufen. Ebenfalls werden in der Ebene Gemüse und Früchte, (vor allem Erdbeeren) angebaut. Delia kaufte ein paar Erdbeeren, welche wir mit Trinkwasser aus der Flasche wuschen und anschliessend probierten. Sie waren zu unserem Erstaunen nicht etwa fad, sondern gut ausgereift! (Im Gegensatz zu den Thai-Erdbeeren).

Edgar fuhr uns anschliessend zu einem chinesischen Tempel der Bell Church, einer asiatischen Sekte. Der Tempel als solches war kitschig und nicht speziell, man konnte aber durch den am Hang angelegten Tempelgarten hochsteigen und hatte von Oben eine schöne Aussicht auf Baguio.

Danach nahmen wir Halsema Mountain Highway ein, dessen Name ihm aber nicht wirklich gerecht wird; von den Locals wird er treffender „Zigzag-Road“ genannt. Es ist eine Panoramastrasse durch die Cordilleras, welche von Banaue nach Bontoc führt. Die Strasse ist sehr kurvenreich und steil, echtes Highway-Feeling kam nie auf; bei gleicher Wertung ginge die alte Gotthard-Strasse locker auch als Highway durch... Die Zigzag-Road bot dafür aber den Blick auf die spektakuläre Bergszenerie, und langsam tauchten auch die ersten Terrassen auf. In diesem Gebiet wird darauf allerdings darauf noch kein Reis, sondern Gemüse verschiedenster Variationen angebaut. Schön anzusehen sind sie aber natürlich trotzdem! Wir passierten den höchsten Punkt im philippinischen Highway-Netz auf 2'255 m.ü.M. und hielten da und dort bei einem Viewpoint an, um ein paar Fotos von der eindrücklichen Landschaft zu machen. Im Anschluss stärkte sich Edgar (wohl mehr uns zuliebe) mit einem Balut. Dies ist ein ca. 14 Tage lang ausgebrütetes Entenei, dass dann gekocht und mit Salz und Essig verzehrt wird. Der Entenembryo ist zu diesem Zeitpunkt schon erkennbar entwickelt und hat sogar erste Federn und ist wahrscheinlich auch beim Kauen zu fühlen. Das Ei wird aufgebrochen und der Embryo dann ausgeschlürft. Auf den Philippinen werden Balut vor allem von jungen Männern gegessen, da es die Manneskraft steigere. Wir schlagen das Angebot auch ein Balut zu essen sehr höflich, aber bestimmt aus. Auch Edgar leert danach ein ganzes Fläschchen Wasser in einem Zug, weshalb wir zweifel, ob es ihm wirklich so sehr geschmeckt hat wie er angibt...

Nach etwas mehr als sechs Stunden Fahrt bogen wir schliesslich nach Sagada ab, wo wir nach weiteren zwanzig Minuten auf einer Schotterstrasse (der Belag wurde in der letzten Regenzeit teilweise weggespült) ankamen. Wir bezogen unser Zimmer im einfachen, aber sympathischen Masferré Guesthouse und gingen danach mit Edgar zum nahegelegenen Echo-Valley. Nach knapp zwanzig Minuten Spaziergang und einigen Kletterübungen waren wir beim ersten Wahrzeichen von Sagada angekommen; den hängenden Särgen.

Die Bergregion um Sagada ist seit langer Zeit von Ureinwohnern (den Igarots) bewohnt, welche spezielle Beerdigungsrituale haben, wofür sie dank National Geographic weltberühmt geworden sind. Wenn ein Mitglied einer Igarot-Familie stirbt, wird er von den Angehörigen auf einen grossen Stuhl in sitzender Position festgebunden. Anschliessend wird unter dem Stuhl ein Feuer entfacht, so dass der Leichnahm mumifiziert (genauer: gedörrt) wird. Während dieser Zeit kommen Besucher und unterhalten sich mit dem Leichnahm, als wäre dieser noch am Leben. Ist der Mumifizierprozess nach gut zwei Wochen abgeschlossen, wird er in Fötusstellung (die Igarots glauben an die Reinkarnation) in einen Sarg getan, welcher dann in mehreren Metern Höhe an einer Felswand befestigt wird (durch die so bereits erlangte Höhe wird die Rückkehr zum Himmel für den Verstorbenen einfacher). Daher stammt die Bezeichnung “hängende Särge“. Allerdings scheint dieses Ritual den wichtigen und reichen Mitgliedern der Igarots vorbehalten zu sein: Während der Zeit der Mumifizierung müssen die Besucher verköstigt werden, jeden Tag werden mindestens ein Schwein sowie Hühner und Reis serviert . Dies übersteigt in der Regel das Budget einer normalen Igarot-Familie um einiges, weshalb für die common people ein abgekürztes Verfahren besteht, bei welchem der Leichnahm, ebenfalls in Fötus-Position, in einen Sarg gelegt und dann in einer Höhle bestattet wird. In diesen Höhlen sind heute viele Särge übereinandergestapelt, wofür Sagada ebenfalls bekannt wurde.

Edgar führte uns an diesem Abend zu einigen Särgen, welche für die Touristen zugänglich gemacht wurden. Es würden noch heute teilweise Leute auf diese Weise beerdigt, allerdings in der Regel abseits der für Touristen zugänglichen Gebiete. Seit anglikanische Missionare schliesslich das Christentum in die Cordilleras brachten, würden die meisten auf normale Art und Weise auf dem Friedhof von Sagada bestattet.

Wir kehrten nach Sagada zurück, wo wir nach einem kurzen Spaziergang durch das Dorf schliesslich im Hotel ein Znacht nahmen und uns danach schlafen legten. In Sagada ist um 21:00 Sperrstunde, um die Einheimischen vor übermässigem Alkoholkonsum zu bewahren (selbstgebrauter Reiswein, von dem angeblich schon ein halbes Glas ins Verderben führt...).



Mittwoch, 21. März 2012

Wir wurden um 08:00 vom lokalen Guide Raffi abgeholt, um die Höhlen im Raum Sagada zu erkunden. Wir durchquerten das Dorf und gelangten danach zur Begräbnishöhle Lumiang-Cave, eine der besagten Bestattungsorte für die common people, wo wir einen Stapel von mehreren Dutzend alter Holzsärge bestaunen durften. Eine für uns ungewohnte und spezielle, aber auf ihre eigene Art auch würdige und respektvolle Art der Bestattung!

Nach einer weiteren Viertelstunde Fussmarsch gelangten wir dann zur Sumagin-Cave, wo uns Raffi zum Eingang führte. Am Anfang bei Tageslicht über künstliche Treppenstufen, gelangten wir sehr bald in den dunklen Teil der Höhle, wo wir uns über teils nasse und glitschige, teils scharfe und spitzige Felsen immer weiter ins Dunkel vorkämpften. Kurz nach dem Einstieg gelangten wir in eine (vermutlich) grosse Halle, wo tausende Fledermäuse hausten. Zwar sahen wir sie nicht, die entsprechenden Laute und Exkremente waren aber nicht zu überhören bzw. -riechen.

Wir liessen diese Halle hinter uns und kletterten weiter hinab, langsam und meistens auf allen Vieren. Wohlgemerkt, wir auf allen Vieren, Raffi, ein geschätzter Endvierziger, balancierte gekonnt mit Flipflop über die tückischen Felsen und hatte die ganze Zeit eine Benzinvergaserlampe in der Hand, mit welcher er uns den Weg ausleuchtete...

Nach weiteren Kletterübungen gelangten wir in die erste grössere Halle, von den Einheimischen „Porn Cave“ genannt. Sie sehen in den vom Wasser gebildeten Kalksteinformationen offenbar überall Genitalien; zugegeben, all zu viel Phantasie braucht es dazu teilweise wirklich nicht.

Weiter ging es über eine Stelle, wo man sich abseilen musste, was Delia mit Bravour und Benj schaffte. Bei einer anschliessenden Kletteraktion erlitten Benjs erst kürzlich in Siem Reap erstandenen Hosen einen Totalschaden; offenbar waren es also wirklich keine Original Columbia-Hosen. Egal, wir waren inzwischen ohnehin zu jener Stelle gekommen, wo wir die Schuhe ausziehen mussten und barfuss über die glatten, aber zugleich rauhen Kalksteinformationen weiterzugehen. Teilweise durchquerten wir auch kleinere Pools aus kühlem Wasser. Ein weitere Abhang bezwangen wir mit Raffis Hilfe, bevor wir schliesslich einen Blick auf den unterirdischen Fluss werfen konnten. Um weiterzukommen hätten wir nun mit Wasser bis zum Hals weiterwaten müssen. Da wir Kameras und Natel dabei hatten und uns die Vorstellung, den gesamten Rückweg mit nasser Kleidung zu bewältigen irgendwie nicht sehr verlockend erschien, entschieden wir uns, darauf zu verzichten. Es war für uns auch so schon ein sehr eindrückliches Höhlenerlebnis, man fühlt sich dort unten 200m unter der Erde wirklich vom Rest der Welt abgeschnitten und dem Guide völlig ausgeliefert. Nicht vorzustellen was passiert wäre, wenn die Lampe ausgegangen wäre... Uns hat aber gerade diese Ursprünglichkeit gefallen. In Europa wäre diese Höhle heute wohl asphaltiert und mit Geländern versehen, hinunter käme man wohl mit feinster Schweizer Lifttechnologie und Audioguide versehen. Hier wird man dagegen nass, dreckig und hat den einen oder anderen Adrenalinschub, aber gerade deshalb war es ein super Erlebnis, an welches wir wohl noch lange zurückdenken werden.

Wieder an der Oberfläche, wurden wir von Edgar abgeholt und gingen kurz ins Hotel zurück, um uns etwas frisch zu machen und auszuchecken. Danach fuhren wir an einigen Viewpoints vorbei weiter nach Bontoc, wo wir das Museum of the Cordilleras besuchten. Dieses enthält eine Sammlung alter Alltagsgegenstände der verschiedenen Bergvölker, darunter auch Zeugnisse der längst vergangenen Zeit der Kopfjägerei. Gefallen hat uns auch die Nasenflöte... Im Aussenbereich des Museums sind einige traditionelle Häuser nachgebaut, um einen Eindruck vom Alltag der Ureinwohner zu geben. Am eindrücklichsten waren aber die Fotografien von Eduardo Masferré, dem Grossvater der Wirtin unseres Hotels. Dieser hat die Bergvölker in den vierziger und fünfziger Jahren besucht und viele Fotos gemacht, welche heute einen Eindruck des damaligen Lebens vermitteln.

Nach einem Zmittag fuhren wir dann los in Richtung Banaue. Wiederum führte die Strecke über eine Bergstrasse, welche sich zum Teil im Wiederaufbau befindet. Von weiteren Viewpoints aus konnten wir dann erste Reisterrassen erspähen. Wir überquerten den Bergrücken, welcher zugleich eine Regionalgrenze darstellt, und die Vegetation wechselte von Pinienwäldern, Gras und vielen Blumen hinüber zu grünstem Dschungeldickicht. Nach weitere Fahrt kamen wir schliesslich beim Banaue Main Viewpoints an, von wo wir eine herrliche Sicht auf die Reisterrassen hatten. Diese wurden gerade bepflanzt, in etwa einem Monat dürften sie dann alle tiefgrün leuchten. Die Landschaft war schlicht phänomenal, wir lassen hierfür wiederum besser Bilder statt Worte sprechen.

Bei den Viewpoints hatte es auch einige Ifugao-Greise, welche sich beim Erblicken von uns Touristen zügig eine lokale Tracht überstreiften und sich mehr oder weniger gekonnt in Pose warfen. Für eine Donation durfte man dann Fotos von ihnen machen, was wir ihnen natürlich nicht verwehrten.

Wir begaben uns anschliessend ins Banaue Hotel, einem Hotel der Regierung. Entsprechend lieblos ist der Plattenbau, welcher seine besten Tage sicherlich hinter sich hat. Dafür gibt sich das Personal Mühe, trotzdem Gastlichkeit aufkommen zu lassen.

Wir nahmen ein Znacht, bloggten noch ein bisschen und legten uns dann schlafen.



Donnerstag, 22. März 2012

Bereits um 07.00 brachen wir nach einem kurzen Frühstück (bestehend aus holzigen Bananen und Knoblauchreis) in Begleitung eines lokalen Guides in Richtung Batad auf. Batad ist ein sehr abgelegenes Ifugao-Dorf, dass sich deshalb noch eine Portion Authentizität bewahren konnte und für seine wunderschönen Reisterrassen bekannt ist. Gefahren wurden wir in einem Jeepney mit ca. 80 Jahre altem und Betelnuss kauenden Fahrer. Michael, unser Guide, erklärte uns, dass hier praktisch alle Ifugao-Leute Betelnuss kauen würden. Uns beruhigte das nur bedingt... Der Fahrer lenkte sein altes Gefährt aber langsam und sicher über die bachbettartigen Strassen. Wir wurden eine lange Stunde durchgerüttelt und ab und zu spickte es einen von uns ans Jeepney-Dach. Auf „the Saddle“ angekommen begann die Wanderung über einen kleinen Pfad durch dichten Dschungel. Während Delia vor allem Augen für die vielen Blumen (wilde Orchideen!) und Farne hatte, stoppte der Guide etwa alle zehn Meter, um uns Assistenz anzubieten für den unseren Erachtens einfachen Abstieg. Benj war die Ungeduld deutlich anzusehen... Unterwegs trafen wir einen kleinen schwarzen Hund, der uns für die weitere Wanderung begleiten sollte. Michael erklärte, dass ihre Dorfhunde gerne die Besucher herumführten. Nach einer Dreiviertelstunde erreichten wir die ersten Häuser von Batad. Nach einer Registration und kleinen (mehr oder weniger freiwilligen) Donation kamen wir zum ersten Viewpoint und waren absolut beeindruckt von der Aussicht auf die unzähligen Reisterrassen. Diese werde als inoffizielles achtes Weltwunder gehandelt, und es ist in der Tat beeindruckend, wenn man bedenkt, mit welchem Aufwand die Vorfahren der Ifugao vor zweitausend Jahren diese Terrassen in die steilen Hügel gebaut haben. Damit die Terrassen der Belastung durch den Reisanbau einerseits, durch die Taifun- und Regenzeit andererseits standhalten, haben sie einen ausgeklügelten Aufbau mit mehreren Schichten aus Steinen, Schlamm, Sand und Erdreich. Das Wichtigste für den Bau von Terrassen ist, dass es oberhalb der Terrassen eine natürliche Wasserquelle gibt, von wo das Wasser dann von oben nach unten durch die einzelnen Reisfelder geleitet werden kann. Der Unterhalt der Reisterrassen ist eine sehr harte und zeitintensive Arbeit, zumal in der Regenzeit manchmal einzelne Terrassen weggeschwemmt werden und mühsam wieder aufgebaut werden müssen. Nicht zuletzt deshalb ist der Reisanbau unter den jungen Ifugao heute nicht mehr so populär; viele ziehen einen Beruf in der Tourismusbranche, als Fahrer oder Guide, der harten Arbeit auf den Feldern vor. Dies führt dazu, dass die Cordilleras heute bereits Reis importieren müssen, nachdem sie zuvor jahrhundertelang exportiert haben. Der Unterhalt der Reisterrassen wird immer schwieriger und ist heute bereits von der tatkräftigen Unterstützung der UNESCO und freiwilligen Helfern abhängig.

Michael führte uns vom Viewpoint aus durch die Reisterrassen, wo wir über die schmalen, auf der einen Seite bis zu vier Meter abfallenden Mauern balancierten. Unser Guidedog folgte uns immer noch auf Schritt und Tritt. In den Reisfeldern wird nicht nur Reis angebaut, sondern es werden auch Fische (Tilapia) und kleine Schnecken gezüchtet. Letztere werden gekocht und anschliessend gegessen, die gemahlene Schale dient als Leim beim Betelnusskauen.

Weiter konnten wir eine Gruppe Ifugao beobachten, welche gerade dabei waren, Reis anzupflanzen. Michael erklärte uns, dass die Einheimischen hierzu einen alten Brauch entwickelt hätten, das sogenannte Bachang, welcher folgendermassen ablaufe: Der Besitzer eines Reisfeldes könne dieses unmöglich selber an einem Tag anpflanzen oder ernten. Deshalb mache er ein grosses Festmahl mit Spanferkeln, Poulet, Reis und Reiswein, zu welchem das ganze Dorf eingeladen werde. Im Gegenzug würden ihm dann am nächsten Tag alle, welche sich auf seine Kosten den Bauch vollgeschlagen hatten, beim Anpflanzen seiner Reisfelder helfen. Nach dem Pflanzen gibt dann der nächste Reisbauer ein Festessen und so geht es immer weiter. Dies hat den praktischen Nebeneffekt, dass die Reisfelder nicht gleichmässig reifen, sondern dann wiederum auch gestaffelt geerntet werden können.

Nach einer stündigen Wanderung durch die Reisfelder kämpften wir uns über unendlich viele, überdurchschnittlich steile Treppenstufen zurück zum Viewpoint. Unser Hundebegleiter quittierte irgendwann auf dieser Strecke den Dienst, was wir aber erst bemerkten, als wir oben ankamen. Von da aus genossen wir (bachnass) noch einmal die Aussicht und stärkten uns ein wenig für den restlichen Weg zurück zum Saddle. Auf dem verbleibenden Rückweg warteten zwar auch noch einmal einige Höhenmeter auf uns, da diese aber nicht in Stuffenform angelegt waren, waren sie vergleichsweise angenehm zu bewältigen.

Über die holprige Piste ging es zurück nach Banaue ins Hotel, wo wir uns frisch machten und etwas ausruhten.

Im Hotel hatte inzwischen ein Kongress des Anwaltsverbands von Nord-Luzon (oder so ähnlich) begonnen. Der Kulturvergleich mit Schweizer Anwaltstreffen war spannend: Die Kollegen aus den Philippinen sassen teilweise mit Shorts und T-Shirt auf Plastikstühlen beisammen. In der Schweiz undenkbar... Immerhin scheint es aber international üblich, dass die Redner bei solchen Veranstaltungen bei fortgeschrittener Stunde sich trotz spür- und hörbarem Desinteresse des Publikums nicht kurz fassen können. So mussten die Herren Lawyers (und wir) zuerst noch eine Präsentation der Gouverneurin von Ifugao überstehen, welche Tourismusmarketing in Reinkultur war. Nachdem dann auch der Chief of Police und ein weiterer wichtiger Mann etwas gesagt hatten, startete schliesslich die von uns erwartetet Präsentation traditioneller Ifugao-Tänze. Diese war wie erwartet eine nette Folkloreshow, nicht mehr und nicht weniger.

Nach dem Kofferpacken ging es ins Bett, da am nächsten Tag die lange Fahrt zurück in die Lowlands nach Angeles anstand.



Freitag, 24. März 2012

Seit drei Wochen sind wir nun unterwegs und es ist bereits Halbzeit! Die Zeit ist bis jetzt wie im Flug vergangen, allerdings haben wir doch auch das Gefühl, schon lange weg zu sein.

Für heute stand eine lange Autofahrt von Banaue zurück in die Lowlands nach Angeles an. Wir verliessen Banaue kurz nach sieben und Edgar steuerte unseren Nissan-Minivan zügig und meistens sicher (einige Überholmanöver waren aber für unseren Geschmack gelinde gesagt gewagt) durch den phillippinischen Morgenverkehr. Über eine kurvige Strasse ging es hinab nach Bagabag, und von dort weiter nach Solano, wo Edgar für die Bürobelegschaft die Lokale Spezialität Buko-Pie (eine Art fader Nidlechueche mit Kokosnuss) einkaufte. Auch wir kauften einen Pie, und anschliessend ging es weiter nach Santa Fe, wo wir einen weiteren Stopp einlegten und feinen Ingwertee degustierten und auch davon ein wenig kauften. Weiter ging's durch die Carballo Mountains nach San Jose, wo wir unterwegs einen umgekippten Reislaster antrafen.

In San Jose machten wir im Chowking eine kurze Mittagspause. Chowking ist eine chinesische Fastfoodkette, welche preisgünstig und vergleichsweise gutes chinesisches Essen im McDonalds-Stil anbietet. Das Dessert Halo-Halo, eine philippinische Spezialität aus Eis, Milch, Glace, allerlei Früchten und Gelatineperlen vermochte Benj dafür aber nicht zu überzeugen.

In San Jose waren wir bereits wieder in den Lowlands angekommen, was wir sofort am deutlich heisseren und feuchteren Klima spürten. Die Fahrt ging weiter durch riesige Reisfelder, welche gerade geernet wurden. Der Reis wird nach der Ernte einen Tag lang getrocknet. Dafür werden in den umliegenden Dörfern sämtliche asphaltierten Flächen eingesetzt; nebst dem Basketballplatz der Schule wurde auch mancherorts kurzerhand eine Spur der Strasse gesperrt und darauf Reis verteilt.

Um vier Uhr kamen wir schliesslich in Angeles an, wo wir unser Hotelzimmer bezogen. Angeles liegt direkt neben der ehemaligen US-Luftwaffenbasis Clark und diente in der Vergangenheit primär dem Vergnügen der G.I.s. Die Amerikaner sind seit zehn Jahren weg und haben zahlenden Privatkunden sämtlicher Alterskategorien Platz gemacht. Die zahlreichen Go-Go-Bars und Moneygirls sind daher geblieben und bei der kurzen Tour durch die Fields Avenue (welche hier nur Friendship Avenue genannt wird) erntete Delia einige böse Blicke...

Wir entschieden uns, dem Rummel so gut wie möglich auszuweichen und assen im Swiss Chalet ein tolles T-Bone-Steak. Der Eigentümer, Hans Hoffmann, welcher ursprünglich aus Niederscherli stammt, unterhielt sich danach noch ein wenig mit uns und erzählte von seinen Erfahrungen. Er lebt seit 19 Jahren auf den Philippinen und führt das gemeinhin als bestes Restaurant in Angeles bekannte Swiss Chalet. Er sagte uns, in den vergangenen zwanzig Jahren sei zwar viel in die Infrastruktur investiert worden, die Philippinen seien aber für den Massentourismus (noch) nicht geeignet, was er indes keinesfalls bereue. Er finde es spannend, dass die Philippinen heute noch immer eine gewisses Mass an Eigeninitiative voraussetzten, wenn man sie bereisen möchte. Dafür werde man aber mit weitgehend authentischen Leuten und unberührten Landschaften belohnt. Dieser Ansicht konnten wir uns sofort anschliessen!

Nach einem erneuten kurzen Spaziergang durch die Friendship Avenue, wo wir diverse mehr oder minder seriöser Angebote ausschlugen, verzogen wir uns ins Hotel, wo wir entdeckten, dass man einige Zimmer auch stundenweise mieten kann. Da das Hotelzimmer nicht so sauber geputzt war (Haare im Bett, die definitiv noch nicht von uns stammen konnten), nahmen wir die für diese Fälle mitgenommenen Seidenschlafsäcke hervor und konnten uns so trotzdem gut einrichten...


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6th August 2012

sehr toller Blog
Meine Kollegin und ich werden nächstes Jahr 3 Wochen die Philippinen bereisen und hatten an eine relativ ähnliche Route in Nord Lizon gedacht. Wäre toll, wenn ich dir privat ein paar Fragen stellen könnte. Liebe Grüsse Anja Werner

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