Slowenien oder 'Nicht noch ein Wintercamping-Trip'


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Europe » Slovenia » Upper Carniola » Bled
May 14th 2019
Published: May 15th 2019
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Dies hier ist tatsächlich mein erster Blog aus Europa in 10 Jahren Travelblog. Bisher waren mir die Trips nach Italien, Frankreich oder Spanien irgendwie nie spannend genug, hatte ich immer das Gefühl, dass es da nicht so viel zu erzählen und erinnern gibt außer weinseligen Abenden und Strandbildern. Warum also jetzt? Ich glaube weil für mich das "alte Jugoslawien" irgendwie immer noch nach Abenteuer riecht, auch wenn es zu einem großen Teil doch schon lange zu Europa, ja sogar zu einem nicht unerheblichen Teil zur EU gehört. Aber die immer noch erschreckend lebendige Geschichte der Region (zum Beispiel in Form der Landminen in Bosnien und Herzegowina oder dem aktuellen Konflikt in Albanien), die Andersartigkeit von Land und Leuten und die Hoffnung, hier noch ein paar unverfälschte, noch nicht vom Massentourismus ‚versaute‘ Orte zu finden, überwiegen. Vier Wochen wollen wir mit dem Wohnmobil von Dennis‘ Papa und unserem zauberhaften, aber derzeit bei fast jeder Autofahrt kotzenden, Trotzkopf-Töchterchen Slowenien, Bosnien, Kroatien und Montenegro erkunden. Mit im Gepäck natürlich auch noch der, im Moment noch namenlose Babybruder, der dafür sorgt, dass es auch mir manchmal „zum Kotzen“ ist - na wenn das kein erinnerungswerter Trip wird. Und so starten wir passenderweise etwas holprig in den lang ersehnten Urlaub: mit einem leckenden Frischwassertank, einer kalten Nacht in Bayern da wir den Boiler für die Heizung dadurch nicht in Schwung bekommen haben, und der ersten Spuckorgie auf Etappe eins. Irgendwie haben wir es zudem geschafft uns den schon jetzt als Maiwinter verspotteten kältesten Mai seit Jahren für unseren Trip auszusuchen aber wir fahren ja gen Süden. Dennoch muss ich zugeben, dass ich mir fest vorgenommen habe, dass dies mein letzter Campingtrip sein wird wenn wir wieder nur kaltes Schmuddelwetter haben sollten…

Unser erstes Ziel auf der Reise ist Bled in Slowenien. Zugegebenermaßen alles andere als ein Geheimtipp aber schon lange „auf meiner Liste“ und ein perfekter Start in Richtung Osten. Die berühmte kleine Kirche Mariä Himmelfahrt auf der Insel mitten im türkis schimmerndem See und vor der Kulisse der julischen Alpen und der ältesten Burg Sloweniens hoch oben über dem See, lockt neben hartgesottenen Maiwintercampern natürlich auch wieder unsere geliebten Chinesen in Reisebusladungen an. Aber man muss es ihnen lassen, zu Recht. Schon an unserem Anreisetag, an dem wir dank eines Werkstattaufenthalts in Österreich erst gegen 16 Uhr eintreffen, verzaubert uns diese Bilderbuchkulisse, und das trotz 8 Grad, Wolken und Sturm. Der kleine wenngleich rummelige Ort Bled mit seinen nur etwa 5000 Einwohnern liegt direkt am See und wird umrahmt von grünen Hügeln und den schneebedeckten Ausläufern der Alpen. Nach der langen Fahrt wollen wir uns unbedingt noch die Beine vertreten und begeben uns dick eingepackt am See entlang auf die drei Kilometer lange Promenade vom Campingplatz in den Ort Bled. Der Wind peitscht und das Wasser schwappt über die Wege während wir an schicken Villen zu unserer Rechten und einsamen Anglern in dicken Jacken zu unserer Linken vorbei flanieren. Ab und zu liegen ein paar traditionelle Holzboote im Wasser, mit denen man bei schönem Wetter zu der kleinen Insel im See herüber rudern kann – oder sich herüber rudern lässt. Den nahegelegenen Busparkplätzen nach zu urteilen auch wieder ein Favorit unserer selfiestickschwenkenden Lieblingstouristen aus Fernost. In Bled angekommen bummeln wir zu dem Lokal, das wir uns vorher ausgeguckt haben und lassen uns im Warmen einen großen Berg Fleisch vom traditionellen Holzkohlegrill schmecken. Nachdem dann auch noch Regen einsetzt lassen wir uns zurück zum Campingplatz von einem Taxi kutschieren und fallen nur noch müde in unser gemütliches und zum Glück auch wieder beheizbares Bett auf vier Rädern.

Schon die prasselnden Geräusche auf dem Camperdach in der Nacht versprechen nichts Gutes für den nächsten Tag und tatsächlich wachen wir bei 7 Grad Außentemperatur und Nieselregen auf. Den Vormittag vertrödeln wir deshalb auf dem Campingplatz wo wir dank unserer rasenden Dreiradfahrerin, die begeistert „hallo hallo hallo“- schreiend den Platz auf und ab düst, bald jeden Gast und vor Allem jeden Hund persönlich kennen. Eigentlich sollte man sich an ihr ein Beispiel nehmen, Marlene stört einfach kein schlechtes Wetter, so lange Mama und Papa, ein paar „Wauwau“ und eine Rutsche in der Nähe sind. Als es gegen 11 Uhr aufklart fahren wir dann zur Vintgar-Klamm, einer kleinen etwa 4 km entfernten Schlucht, die der Radovna-Fluss etwa 300 m tief zwischen zwei Felswände getrieben hat. Ausgebaute Holzstege und etliche Brücken führen am Ufer des glasklaren smaragdgrünen Flüsschens entlang und über ihn hinüber, am Ende der ca 1,5 km langen Schlucht wartet dann noch ein spektakulärer Wasserfall. In den Sommermonaten muss es hier völlig überlaufen sein aber jetzt im Maiwinter läuft es sich hier sehr schön und entspannt und sogar Marlene schafft fast einen Kilometer zu Fuß bevor sie völlig erschöpft in der Kraxe weitergetragen werden muss. Natürlich ist das schlafende blonde kleine Mädchen auf Papas Rücken mal wieder das Highlight der entgegenkommenden Chinesengruppen, es fehlt nur noch dass sie um ein Selfie bitten. Alles in Allem ist es ein sehr lohnenswerter Ausflug auch wenn die 9 Euro Eintritt für die Schlucht uns kurz die Luft anhalten lassen und die Anfahrt mit dem Wohnmobil durch die engen Dörfer etwas beschwerlich ist. Zweimal müssen wir sogar umdrehen, da wir von der Höhe nicht unter einer Brücke hindurch passen. Aber irgendwie müssen ja auch die Reisebusse hinkommen denken wir uns, und siehe da, alle guten Dinge sind drei, wir kommen letztlich doch an. Ein bisschen erinnert uns die Schlucht übrigens an den Maligne Canyon im Jasper National Park in Kanada. Nach einem kleinen Imbiss fahren wir dann nach der Wanderung zur Burg von Bled, der Blejski Grad, die 139 Meter über dem See thront. Auch hier darf man mit dem Wohnmobil nicht hoch fahren und so erklimmen wir den steilen Burgberg zu Fuß während die Chinesen direkt vor die Tür gefahren werden. Aber der Aufstieg lohnt sich tausend Mal. Bei mittlerweile relativ sonnigem, wenn auch noch immer sehr kühlem Wetter, haben wir einen wunderschönen Blick auf die schneebedeckten Gipfel der julischen Alpen, den türkis glitzernden See zu unseren Füßen und natürlich die wunderschöne kleine Insel vor dem Hintergrund der bewaldeten Hügelketten um Bled. Ein absoluter Traum. Der nette Herr mit der teuren Kamera um den Hals, den wir hier um ein Familienfoto bitten schafft es allerdings tatsächlich, uns so abzulichten, dass genau vor der Insel im See ein Mann mit einem Ipad in der Hand auf unserem Foto zu sehen ist… Im Eintrittspreis für die wirklich schön erhaltene Burg ist auch ein kleines Museum inbegriffen, aber das eigentliche Highlight hier ist die Aussicht und so gönnen wir uns auf der zugigen Terrasse des Burghofes noch einen Kaffee bevor wir es gerade vor dem nächsten Regenschauer noch zurück zum Auto schaffen.

Den Nachmittag verbringen wir dann mit Einkäufen und auf dem Spielplatz am Campingplatz und mit ein paar sonnigen Momenten am See, sodass wir halbwegs versöhnt mit dem slowenischen Frühling abreisen können. Hier könnte man noch so viel mehr unternehmen und bei besserem Wetter wären wir sicher noch eine Weile geblieben aber da es am nächsten Tag wieder Bindfäden regnen soll, zieht es uns jetzt gen Süden. Unser nächstes angepeiltes Ziel, die Plitvicer Seen in Kroatien versinkt derzeit im Schneeregen, sodass wir kurzer Hand umplanen und beschließen nach Pula an die kroatische Adria zu fahren, wo uns zumindest Sonnenschein und 15 Grad erwarten sollen. Das Motto lautet ja wie gesagt: "Nicht NOCH ein Wintercampingtrip"...


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