Bowen Island oder die Versöhnung mit dem kanadischen Wettergott


Advertisement
Canada's flag
North America » Canada » British Columbia
October 3rd 2018
Published: October 5th 2018
Edit Blog Post

Bowen Island ist neben den Badlands der vermutlich einzige Ort, den wir besuchen, der nicht zu der „klassischen Route durch Westkanada“ gehört ( sogar nicht mal mit einem Wort in meinem Reiseführer erwähnt wird) und es wäre schön, wenn das noch ein bisschen so bleibt. Denn schon kurz nach unserer Ankunft auf der Insel merken wir, dass das hier was Echtes ist. Hier fahren die stadtmüden Einwohner von Vancouver hin, wenn sie ein Wochenende entschleunigen wollen, aber hier erwarten uns weder Tourbusse voll asiatischer Touristen, noch Wucherpreise für überschätze „Must See Attraktionen“ und vor Allem, hier herrscht diese besondere entspannte Atmosphäre, wie es sie irgendwie nur auf Inseln gibt. Slow down, you’re not on the mainland steht dann auch direkt an dem kleinen Gebäude, in dem sich die Bibliothek, das Gesundheitszentrum, ein Laden und die „Touristeninformation“ in einem Raum befinden. Wir werden von Karen und Corey und ihren beiden Töchtern abgeholt, auf ihrer Farm, der Moulton Meadows Farm, haben wir für eine Woche ein kleines Apartment gebucht und als wir die lange, unfassbar steile Auffahrt zu ihrem Zuhause hochfahren, sind wir schon ein bisschen verliebt in diesen Ort und diese netten, lockeren Gastgeber. Ihre Töchter haben sich auch direkt in Marlene verliebt und verbringen den ganzen Nachmittag bei uns im Appartement, führen uns zu den Ziegen, zeigen uns die Enten und Hühner und das Hängebauchschwein und erklären uns wo wir morgen unsere Blechdose hinstellen sollen, wenn wir frische Farmeier zum Frühstück haben wollen. Karen und Corey, beide um die 30, wohnen erst seit drei Jahren hier. Sie haben die Farm gekauft um der Stadt zu entfliehen und damit ihre Töchter, vier und sechs Jahre, unbeschwert draußen in der Natur aufwachsen können. Und die Farm ist wirklich ein kleines Paradies, hoch oben über der Küstenstraße (100 m über dem Meeresspiegel) mit Blick auf den Howe Sound und die Küstenberge im Norden Vancouvers gelegen. Die Hühner und das Schwein Elvira laufen frei herum, ein tauber Mops und eine riesige Promenadenmischung bewachen das 56.000 qm große Gelände, hinter dem Haus geht es direkt in den Wald und auf eigenen Wanderwegen noch höher hinaus. Unsere Suite ist super gemütlich eingerichtet und wir haben eine kleine Terrasse mit wunderbarer Aussicht. Eine richtige Küche, ein großes Bad mit Badewanne und vorallem eine eigene Waschmaschine komplettieren unser Glück. Jaa, die Waschmaschine, bevor ich Mutter wurde hätte ich mich niemals so über eine Waschmaschine freuen können aber seit 11
"die rote Kirche""die rote Kirche""die rote Kirche"

Bowen Island
Monaten ist alles anders ;-) Wir genießen hier auf Bowen Island eine wunderschöne, sonnige und entspannte Woche. Und obwohl wir nicht viel unternehmen kann man eigentlich nicht sagen, dass wir faul waren. Insgesamt haben wir ausgerechnet, dass wir locker 30 km gelaufen sind in dieser Zeit und das beinhaltet hier immer eine Menge Hügel (sieben an der Zahl) und vor Allem am Ende immer eine Killer-Auffahrt, die man mit dem vollgepackten Buggy und dem immer schwerer werdenden Baby auch noch hoch muss. Im Hauptort der Insel, Snug Cove, immerhin auch 4,7 km einfache Laufstrecke, gehen wir mehrmals einkaufen, Kaffee trinken, frühstücken und auf den Spielplatz an der Schule. Zurück fahren wir dann meistens mit dem Bus, in Nordrichtung gibt es von hier genau eine Haltestelle und die liegt praktischerweise direkt vor der Auffahrt zur Farm. Allerdings merken wir schnell, dass die nette Busfahrerin, die uns nach drei Tagen auch schon persönlich begrüßt, einfach jeden da raus lässt, wo er will. So ist das an Orten wie hier, wo nur 3000 Menschen leben und man einfach mit Allem sehr entspannt ist. Es sind auch selten mehr als drei Leute außer uns im Bus, was ganz praktisch ist, weil der Bus mit
Snug CoveSnug CoveSnug Cove

Bowen Island
unserem Buggy eigentlich auch schon fast voll ist. Auf dem Weg in den Ort werden wir freundlich von jedem entgegenkommenden Auto gegrüßt, entweder weil man uns inzwischen hier auch schon kennt – außer uns läuft hier nämlich fast keiner- oder einfach weil man hier eben „nicht auf dem Mainland ist“. Auf jeden Fall ist es sehr nett und wir fühlen uns nach zwei Tagen schon wie Einheimische und plauschen mit der Frau mit den Windhunden, die uns immer irgendwann irgendwo entgegenkommt, als ob wir uns schon ewig kennen würden. Auch den Weg in die „lauschige Bucht“ nach „Snug Cove“ kennen wir schon bald in- und auswendig. Es gibt das Haus mit der Halfpipe und das mit dem Lastenzug, das Hexenhaus, die rote Kirche und die Hobbitkirche, das Haus vor dem immer das Polizeiauto steht und die Ecke an der immer die Rehe grasen, das verrückte Britenhaus, an dem dutzende kleine britische Fahnen wehen, die Kurve, wo es zum Strand geht und die Ecke wo die wilden Brombeeren wachsen. Und dann ist man fast schon da.



Samstags gehen wir noch auf den kleinen Bauernmarkt und einmal machen wir eine kleine Wanderung an den Killarney Lake. Ansonsten verbringen wir viel Zeit auf der Farm und auf unserer wunderschönen Sonnenterrasse und entspannen vom harten Wintercamper-Dasein. Diese Woche versöhnt uns mit dem kanadischen Spätsommer. Egal wo wir waren, erzählte uns jeder, dass „der September eigentlich der schönste Monat hier in Westkanada ist“ und wir kriegten jedes Mal nur ein müdes Lächeln raus, aber jetzt können wir es uns annähernd vorstellen. Unsere letzten beiden Tage verbringen wir nochmal in Vancouver, wo wir uns eine der Hauptattraktionen, den Stanley Park, noch bis zum Schluss aufgehoben haben. Da uns „Raincouver“ wie die Einheimischen sagen, allerdings zunächst wieder mit trübem Nieselwetter begrüßt machen wir am Montag erst mal noch einen kleinen Stadtbummel und erledigen in den diversen Einkaufszentren ein paar letzte Einkäufe und bummeln noc ein bisschen durch die Robson Street und am False Creek entlang. Außerdem sehen wir uns die Public Library an, denn hier steht Montag morgens immer ein kleines kostenloses Babyprogramm namens „Storytime“ auf dem Plan. Das war ein Tip unserer Airbnb-Gastgeberin, die selbst einen kleinen Sohn hat. Ein halbe Stunde wird hier mit den Kleinen gesungen und eine Geschichte vorgelesen, danach kann noch nach Herzenslust gespielt werden. Es ist total nett und es sind bestimmt 20 Kleinkinder hier und Marlene ist völlig außer Rand und Band. Obwohl sie von dem Gesang und den Reimen natürlich nichts versteht oder kennt, ist das gemeinsame Singen und Spielen mit den anderen Kindern auf jeden Fall ein Highlight. Darüber hinaus ist die Public Library auch ein tolles Gebäude mit einem schicken Dachgarten und außerdem um die Ecke von unserer Wohnung. Diesmal wohnen wir nämlich nicht im beschaulichen Fairview sondern direkt downtown in einem schicken Glashochhaus mit allem was das Herz begehrt: einem Pool, einer Sauna und einem Fitnessstudio, einem Rundumblick aus dem siebten Stock auf die umliegenden Glaspaläste und die Rogers Arena, die Heimat des Eishockeyteams von Vancouver genau gegenüber. Leider beginnt die Saison erst am dritten Oktober, dem Tag unserer Abreise. Dafür bekommen wir Sonntag Abend eine Kostprobe des Journey-Konzerts live in unser Schlafzimmer. Ein Hoch auf die schlecht isolierten Wände hier. Leider hört man auch Skytrain und eine Hochtrasse der Straße recht gut, da sie quasi vor unserem Fenster vorbeirauschen, aber das ist halt der Preis der Lage. Einen Abend treffe ich mich noch mit Maureen, die ich vor 8 Jahren auf einer Reise in Vietnam kennengelernt habe auf eine Pizza und ein paar Drinks in Gastown. Und den Dienstag verbringen wir tatsächlich bei strahlendem Sonnenschein und wunderschönem Herbstwetter an der Seepromenade und im Stanley Park. Eigentlich wollten wir hier eine Radtour machen, denn mit 27 km Radwegen rund um und durch den Stanley Park bietet sich das natürlich an. Aber nachdem wir zunächst ein Kreditkartenproblem lösen mussten (am Bankautomat gab es plötzlich keinen Cent mehr) brüllte unser Kind leider wie am Spieß als wir sie zum ersten Mal in ihrem Leben in einen Fahrradsitz setzen wollten. Und da nichts half, gaben wir schließlich die Räder wieder ab und gingen zu Fuß ein Stück in den herbstlichen Park, der auf einer Halbinsel im Nordwesten des Hafens in die English Bay hineinragt. Anders als viele andere „Stadtparks“, ist der Stanley Park vielmehr ein 400 Hektar großes Waldstück, das – fast vollkommen von wasser umgeben- erst durch Menschenhand zu einem Park mit Grünflächen und Erholungseinrichtungen umgewandelt wurde. Den Stanley Park kann man auf einer 9 km langen Promenade umrunden und hat hier nicht nur den besten Blick auf die Wolkenkratzer von downtown sondern auch in die Berge und aufs Meer. Perfekt. Es gibt einen kleinen Leuchtturm und einen kleinen Abschnitt mit wunderschönen Totempfählen der First Nations British Columbias zu besichtigen und außerdem noch ein Aquarium,
Snug Cove Snug Cove Snug Cove

Bowen Island
Strände, einen See und vielem Anderern, was wir nun leider nicht mehr geschafft haben. Dafür haben wir noch einen wunderschönen Spaziergang am False Creek entlang und zu den Stränden an seinem Westende gemacht, mit dem glitzernden Wasser und etlichen Segelbooten zur linken und den stolzen Wolkenkratzern zur Rechten durch Grünflächen und an den elitären Yachtclubs vorbei, war das für uns fast noch schöner als der kleine Ausflug in den Stanley Park. Am letzten Abend lassen wir es dann nochmal Krachen und gehen im trendigen Yaletown etwas essen. Ein paar schöne Straßenzüge alter Fabrikgebäude beherbergen hier, nur einen Katzensprung von unserer Wohnung entfernt, eines der beliebtesten Ausgehviertel von Vancouver mit Restaurants, Bars, Microbreweries, schicken Boutiquen und kleinen Kunstgalerien. Hier lässt sich der Urlaub bei einem kanadischen Cabernet Sauvignon und gegrilltem Hühnchen hervorragend beenden. Okay etwas entspannter wäre es vielleicht ohne ein energiegeladenes Baby gewesen, aber – und das lässt sich auch als Fazit für den ganzen Urlaub sagen: auch deutlich langweiliger. Unser Reisebaby hat seinen ersten großen Urlaub toll gemeistert und uns die diversen Spielplätze Kanadas näher gebracht. Jetzt wird es Zeit nach Hause zu kommen.







Und der letzte Fakt zu Kanada fasst dieses
Killarney LakeKillarney LakeKillarney Lake

Bowen Island
Land für uns ganz wunderbar zusammen: Ein Berg kommt selten allein.







Schön war es. Trotz Regen und Schnee. Trotz Heizungsausfall und feuchten Klamotten. Trotz Bussen voller Chinesen und Tagen ohne Kaffeemaschine. Schön war’s!!


Additional photos below
Photos: 22, Displayed: 22


Advertisement

Killarney LakeKillarney Lake
Killarney Lake

Bowen Island
Killarney LakeKillarney Lake
Killarney Lake

Bowen Island
"die runde Kirche""die runde Kirche"
"die runde Kirche"

Bowen Island
Blick von unserer TerrasseBlick von unserer Terrasse
Blick von unserer Terrasse

Moulton Meadows Farm, Bowen Island
VancouverVancouver
Vancouver

English Bay Beach
VancouverVancouver
Vancouver

English Bay Beach, Blick auf die Granville Street Bridge


Tot: 0.077s; Tpl: 0.013s; cc: 7; qc: 24; dbt: 0.0485s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1; ; mem: 1.1mb