Zwischen tiefblauen Wasserlöchern, gelben Häusern und rosanen Vögeln


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North America » Mexico » Yucatán » Merida
January 29th 2020
Published: February 2nd 2020
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Auf dem Weg nach Merida halten wir auf der wunderschönen Hacienda San Lorenzo Oxman, nur 10 Auto-Minuten und eine Schotterpiste von Valladolid entfernt. Die ehemalige Farm ist heute ein exklusives Hotel mit Pool aber auch Gästen von außerhalb ist es erlaubt gegen Gebühr das Cenote auf dem Gelände der Hacienda zu benutzen. Marlene ist wieder erstaunlich fit und möchte gerne mitgehen in das „große Schwimmbad“, kneift dann aber doch als wir an dem riesigen Wasserloch ankommen, in dem tief unten das leuchtend blaue Wasser wartet. Da wir schon morgens um neun da sind, ist außer uns zunächst nur ein Mann im Wasser, der kurz darauf auch wieder hochsteigt und wir haben das Cenote ganz für uns alleine. Über mehrere Treppen gelangt man hinunter in die „Höhle“ und dann über eine wackelige Holztreppe ins Wasser. Es kostet ein bisschen Überwindung hinein zu steigen denn obwohl das Wasser unfassbar klar ist (am Rand sieht man mehrere Meter unter sich den Kalkstein leuchten) kann man den Grund des Beckens nicht sehen, sobald man sich vom Rand weg bewegt, so tief ist es. Das Wasser ist jedoch erstaunlich warm und ganz weich. Es ist wunderschön darin zu schwimmen, weit oben die Sonne herein blinzeln zu sehen und die unfassbare Stille zu genießen. Mats ist leider hellwach und möchte nicht in seiner Babyschale bleiben, und da auch Marlene nicht mit rein möchte, können wir leider nur einzeln schwimmen gehen. Dennoch eine magische Erfahrung und es ist absolut nachvollziehbar, dass den Maya diese Süßwasserbecken heilig waren.

Wir trinken noch einen Kaffee am Pool und fahren dann weiter in Richtung unseres heutigen Tagesziels Merida. Beide Kinder schlafen als wir an unserem Zwischenziel, der kleinen Provinzstadt Izamal, ankommen und leider müssen wir feststellen, dass Marlene offenbar wieder Fieber hat. Da sich beide aber auch ganz schön in ihren Kindersitzen festgeschwitzt haben, heute ist der bislang heißeste Tag der Woche packen wir sie in Buggy und Trage für einen kleinen luftigen Ortswechsel und ein Mittagessen. Izamals Ortskern ist komplett in einem sanften senfgelb gehalten, die Häuserfassaden und das beeindruckende Kloster San Antonio, das in der Mitte der Stadt auf einem Hügel thront, formen ein schönes Ensemble. Aber auch indigene Tempel sind noch inmitten der Stadt zu finden, ein paar sehen wir uns „im Vorbeifahren“ an. Wir betreten das Kloster über einen imposanten Treppenaufgang und stehen in einem riesigen Atrium, das von einem Säulengang mit 75 Bogen eingefasst wird. In der Klosterkirche findet gerade der Sonntagsgottesdienst, sie ist gerammelt voll und es wird aus voller Kehle gesungen. Kleine Pferdekutschen stehen vor dem Kloster in der Sonne um Besucher durch die pittoresken Straßenzüge und zu den Maya-Tempeln zu fahren. Eigentlich hätten wir Lust dazu, denn irgendwie passt das- so touristisch es auch sein mag- so gut hier her, in dieses idyllische unaufgeregte Örtchen. Aber da Marlene so in den Seilen hängt entschließen wir uns nach einem Bummel über den kleinen Plaza von Izamal dort im Schatten des Klosters ein kleines Mittagessen einzunehmen und ihr die Sonne und weiteren Trubel zu ersparen. Auf wackeligen Plastikstühlen sitzen hier hauptsächlich Einheimische und wir bestellen von der überschaubaren Karte der kleinen Taqueria einfach mal das einzige, was wir kennen: drei Tacos con Pollo und drei Papadzules cochinita pibil. Dazu Getränke und noch ein paar „Pfannkuchen pur“ für die kleine Patientin. Es schmeckt wie erwartet großartig und ist reichhaltig. Die hausgemachte scharfe Salsa, die zu den Speisen auf dem Tisch steht, ist die beste die wir bisher kosten durften. So habe ich mir mexikanisches Straßenessen vorgestellt – und wir bezahlen für alles zusammen am Ende etwa 6 Euro. Wie gerne wäre ich noch ein bisschen durch die schönen Straßen gebummelt aber wir sind natürlich inzwischen zur Mittagszeit hier und es ist unbarmherzig warm. Also fahren wir gestärkt weiter Richtung Merida, wo wir gegen 15 Uhr ankommen und die Schlüssel zu unserer Casa entgegennehmen. Hier haben wir ein ganzes kleines Häuschen in einer unauffälligen Straßen in der Nähe des Centro Historico gebucht. Von außen unscheinbar, ist es drinnen sehr stylisch und wir freuen uns auf ein paar entspannte Tage hier mit unserer eigenen Küche und Terrasse, dem kleinen Pool und- für alle Eltern ein wichtiges Accessoire: einer eigenen Waschmaschine. Marlene geht es wieder schlechter, das Fieber ist schon wieder auf fast 40 Grad gestiegen und so machen wir heute gar nichts mehr, packen sie ins kühle Wohnzimmer auf die Couch und kochen abends selbst. Als sie nicht einmal Nudeln essen will, steigt unsere Sorge und wir beschließen, noch einen Tag abzuwarten und dann einen Arzt aufzusuchen, sofern das Fieber nicht besser wird. Am Montag ist wie schon am Vortag, das Fieber morgens wie weggeblasen und Marlene topfit und gut gelaunt. Der Pool ist leider für die Kinder etwas zu kalt und so nehmen sie nur ein Bad in einem kleinen Wäschekorb, den wir finden können. Marlene sitzt dann allerdings mit mir am Pool während ich schwimme, tunkt ihre Beine bis zum Knie hinein (quasi Wadenwickel auf mexikanisch) und dirigiert mich von einem Ende zum nächsten. Ein super entspannter Vormittag vergeht und als wir zu Mittag gegessen haben verschlechtert sich ihr Zustand wieder rapide. Ibuprofen wird unser wichtigster Wegbegleiter als wir die Kinder am Nachmittag als es kühler wird dann einpacken um das Centro Historico zu erkunden und etwas Essen zu gehen. Unsere Hoffnung, Marlene würde im Buggy, ein bisschen „Siesta machen“, wird allerdings durch die extrem hohen Bordsteine und kinderwagenunfreundlichen Bürgersteige etwas getrübt. Wir schaukeln und tragen sie bestimmt 45 Minuten durch die von dichtem Verkehr gebeutelten Straßen aber am Ende schläft sie doch endlich ein und sich hoffentlich ein wenig gesund. Merida ist im Gegensatz zum beschaulichen Valladolid eine richtige Großstadt und macht es einem nicht gerade leicht, sich auf den ersten Blick zu verlieben. Stinkende, hupende Busse und Unmengen an Motorrädern und Autos schieben sich an uns vorbei und erst als wir die Plaza Grande an der Kathedrale mit ihrem kleinen Park, den Bänken, mobilen Imbissen und Schuhputzern erreichen, ist uns nach einer ersten Pause. Zurück werden wir definitiv ein Taxi nehmen, die Bezeichnung „in der Nähe des Centro Historico“ ist in einer Stadt mit über 800.000 Einwohnern natürlich eher relativ. Wenn man sich hier etwas umsieht findet man sie allerdings so langsam, die schönen Flecken des „eleganten Merida“, wie die Stadt genannt wird. Kleine gepflegte Parks und hübsche Kirchen, schick herausgeputzte Stadtvillen und pompöse Verwaltungsgebäude, Stadthäuser mit schönen Innenhöfen, in denen sich mal ein Laden und mal ein Restaurant angesiedelt hat, mal einfach nur der Alltag der Bewohner stattfindet. Wir bummeln ein bisschen durch die Viertel, kaufen eine Hängematte und suchen nach einem kleinen Souvenir für die Kinder. Am liebsten wollen wir Marlene ein traditionell besticktes Kleid kaufen, wie sie die kleinen (und großen) Mexikanerinnen hier viel tragen, aber wir haben das Gefühl dass die Preise hier stark überteuert sind und die Taktik, die noch bei der Hängematte funktioniert hatte (sich entrüstet umdrehen, dankend ablehnen und aus dem Laden gehen und schwupps ist die Hängematte über 200% billiger) klappt bei den Bekleidungsgeschäften irgendwie leider nicht so. Wir essen abends in einer kleinen Fußgängerzone und gehen danach noch einmal über die Plaza Grande wo jetzt das nächtliche Promenieren los geht. Marlene ist auch wieder topfit und springt mit den mexikanischen Kindern durch die Grünanlage bevor wir dann etwas später als sonst mit dem Taxi die Heimfahrt antreten, wo uns beide Kinder augenblicklich einschlafen. Gerade mal zwei Euro kostet uns die schier endlose Fahrt durch das Straßenlabyrinth und wir fragen uns, warum wir eigentlich nicht schon hin gefahren sind…

Nach einer erneut fiebrigen Nacht und auf Grund der immer wieder schwankenden Temperaturen von Marlene fahren wir am nächsten Morgen mit dem uber in eine Privatklinik, in der es laut Internet einen englisch sprechenden Arzt geben soll. Nachdem wir eine Stunde auf den Kinderarzt gewartet haben, der fängt nämlich erst um 10 Uhr hier an, und uns die Zeit mit seinen drei (!!) am Handy spielenden Empfangsdamen vertrieben haben, müssen wir leider feststellen, dass der Kinderarzt nicht der englisch sprechende Arzt ist, aber netterweise dolmetscht eine ältere Dame für uns. Wir schämen uns ein bisschen für unser schlechtes Spanisch aber der Arzt ist sehr nett und scheint kompetent. Er diagnostiziert nach eingehender Untersuchung eine Atemwegsinfektion und verordnet einen Schleimlöser und ein Breitbandantibiotikum. In der Tat ist Lenis Rachen stark gerötet uns sie hustet neuerdings auch. Wir sind also zuversichtlich dass es ihr bald besser gehen wird und bezahlen gerne die 25 Euro an seine Sekretärin, die diese ohne Quittung unter dem Tresen verschwinden lässt. Okay, also das wird uns die Auslandskrankenversicherung wohl nicht erstatten können. Dafür haben wir aber ein sehr schönes Rezept mit Winnie Poo Figuren drauf ausgestellt bekommen. Am folgenden Tag geht es Marlene erfreulicherweise besser und das Fieber ist recht gut zurückgegangen. Den Vormittag verbringen wir dennoch noch einmal ruhig zuhause bevor wir gegen Mittag die etwa einstündige Fahrt an die Nordküste der Halbinsel Yucatan und ins entlegene Fischerdorf Celestun antreten. Marlene freut sich schon seit Tagen darauf, Flamingos zu sehen und auch wir brauchen mal einen Tapetenwechsel. So anstrengend die Fahrt in der Stadt ist, umso entspannter wird es sobald wir Merida verlassen. Auf der fast vollständig schnurgerade verlaufenden Landstraße queren wir außer einer Corona Fabrik und der üblichen Polizeikontrolle irgendwo im Nirgendwo, bei der wir regelmäßig nur gelangweilt vorbeigewunken werden, einfach nichts. Keinen Ort, keine Siedlung, nicht einmal die sonst anzutreffenden kleinen Straßenstände mit Essen oder Kunsthandwerk. Celestun liegt wirklich sehr isoliert inmitten eines Biosphären Reservats, das zum Großteil aus Mangrovenwäldern besteht, und ist für seine reiche Vögelwelt und insbesondere die große Flamingopopulation bekannt. Mit nur einem älteren schottischen Paar teilen wir uns ein Boot und fahren raus in die Flussmündung des Ria Celestun. Hier überwintern Kolonien von bis zu 20.000 der rosanen Kubaflamingos, außerdem gibt es in diesem speziellen Ökosystem über 300 andere Vogelarten und 200 Säugetiere, Fische, Krabben, Muscheln, Schmetterlinge, Libellen und außerdem auch Krokodile. Die rote Mangrove dominiert das Ökosystem hier und ihre gerbsäurehaltige Rinde färbt das Wasser rot bis braun. Und tatsächlich, als wir uns den Flamingos nähern, die schon von weitem als rosane Punkte am Horizont erkennbar sind, fahren wir durch rotes Wasser. Es sind leider nicht ganz so viele Flamingos wie wir erwartet haben, ich denke vielleicht einige hundert, aber da außer uns nur ein weiteres Boot hier draußen ist, können wir sie in Ruhe und aus nächster Nähe beobachten, wie sie durch das seichte Wasser waten. Marlene ist total fasziniert und genießt auch die Bootsfahrt total, bei der uns ganz schön der Wind durchpustet. Nach den Flaminos fahren wir noch zu einer kleinen Mangroveninsel bei der wir Massen wilder schwarzer Pelikane, Kormorane und Fregattvögel beobachten können. Dann lenkt der Bootsführer uns rein in die Mangroven und langsam durch einen regelrechten Mangroventunnel hindurch. Hier sehen wir ein kleines Krokodil im Wasser und einen gestreiften großen Reiher aus nächster Nähe. Dann halten wir noch an einem kleinen Ankerplatz, bei dem wir aussteigen und über einen Holzsteg zu drei Süßwassertümpeln mit wunderbar klarem Wasser laufen. Auch hier können wir jede Menge Kormorane und weiße Reiher völlig entspannt beobachten und hunderte bunte Fische im Wasser bewundern. Am Ende der Fahrt wartet auf einem verfallenen Bootssteg noch das Highlight der Tour, ein ausgewachsenes Krokodil, auf uns. Wir können ganz nah ranfahren und es beobachten während es sich mit weit aufgerissenem Maul sonnt. Es war eine sehr schöne Tour und wir beschließen in Celestun zu Abend zu essen. Durch das kleine verschlafene Fischerdorf hindurch geht es an ärmlichen Hütten und kleinen Läden vorbei zu einer zwar gepflegten aber doch recht unspektakulären Plaza, wo wir parken. Gefühlt sind wir hier die einzigen Ausländer und werden entsprechend beäugt. Nur 100 Meter von der Plaza wartet dann das Meer mit weißem Strand, türkisem Wasser aber auch dem berüchtigten Nordwind, der hier im Januar so stark bläst, dass man kaum Leute im Wasser sieht. Trotzdem ist es schön, zum ersten Mal in diesem Urlaub die Füße in den weichen Sand zu strecken und den Kindern das Meer zu zeigen. Wir suchen uns ein kleines Strandlokal aus und essen köstliche frische Meeresfrüchte. Ich esse Calamari mexicana und Dennis einen mit frischen Krabben gefüllten Fisch. Es schmeckt köstlich und kostet wirklich nicht viel, ein perfekter Ausklang für diesen schönen Tag, der Hoffnung auf ein bisschen zurückkehrende Urlaubsleichtigkeit bringt…



Mexiko Besserwisserwissen Teil 2:



Offenbar ist es hier sehr angemessen als Polizistin eine Blume im Haar und knallroten Lippenstift im Dienst zu tragen. Gefällt mir.



In ein mexikanisches Lastenfahrrad passt wahlweise folgende Fracht: zwei Schweine, eine Frau und vier Kinder, eine Waschmaschine, eine komplette Garküche oder eine halbe Palme.


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