Jaisalmer- Eine Nacht unter den Sternen


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March 16th 2012
Published: March 17th 2012
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Kamele und Militärfahrzeuge und sonst nichts als Wüste begegnen uns die letzten 60 Kilometer auf dem Weg nach Jaisalmer, das nur 100 Kilometer von der pakistanischen Grenze im Nirgendwo liegt. Überall sind Zeltlager der indischen Armee aufgebaut und wir überholen ganze Kolonnen an Militär-Gruppenwägen.
Da ich während der Fahrt ein Buch über den Krieg in Afghanistan lese etwas gruselig.

Und dann erscheint plötzlich wie aus dem Nichts am Horizont das sandsteinfarbene Fort von Jaisalmer das die gesamte Altstadt der kleinen 60.000 Einwohner zählenden Wüstenstadt beherbergt. Die "Neustadt", wo wir ein Haveli Hotel beziehen, hat sich unterhalb des Forts angesiedelt, ist aber genauso wie Fort und Altstadt komplett aus dem goldgelben weichen Sandstein der Region erbaut, wodurch das Stadtbild mit vielen schönen Havelis sehr einheitlich wirkt.
Das besondere an Jasialmer ist aber, dass die Fassaden der Havelis kunstvoll verziert sind, und was von weitem wie Holzschnitzerei aussieht sind in Wahrheit in den weichen Sandstein geschnitze Muster. Überhaupt ist Jaisalmer in meinen Augen eine sehr schöne Stadt, wahrscheinlich die Schönste unserer bisherigen Reise, was vorallem daran liegt, dass mir der warme goldgelbe Farbton der Häuser so gut gefällt.Allerdings ist es hier am Rande der Wüste Thar wahnsinnig warm und wir quälen uns etwas durch die Gassen obwohl bei unserer Ankunft schon die schlimmste Hitze vorbei ist. Trotzdem genießen wir die angenehme und trotz des angeblichen Hypes um Jaisalmer, das als Geheimtip der Rucksacktouristen anfing und heute fast ein Muss für jeden Rajasthanreisenden ist, ruhige und unstressige Atmosphäre in Jaisalmer.
Wir machen noch ein paar Einkäufe, es gibt hier zum Beispiel super schöne Lederwaren aus Kamel- und Ziegenleder, und bummeln ziellos durch die Gassen, was dann letztendlich auch dazu führt, dass mein inneres Navigationssystem irgendwann versagt. Das ist dann der Nachteil wenn alles so schön gleich aussieht 😊
Also fragen wir einen Verkehrspolizisten nach dem Weg und siehe da, wir sind nur 2 Straßen von unserem Hotel entfernt. Der Polizist schlendert mit uns langsam in die Richtung und fragt Christian währenddessen wo wir herkommen und dann (üblicherweise erst die 4. Frage nach "Where do you come from" , "First time in India?" und "You married?") was er beruflich macht in Deutschland. Als Christian ihm antwortet, dass er Polizist ist bittet uns der Mann, doch einen Tee mit ihm zu trinken und wir setzen uns auf eine Bank vor einem der vielen Straßenstände und innerhalb von einer Minute stehen 4 Chai Masala vor uns. Außerdem gesellt sich noch ein weiterer (ziviler) Kollege von unserem neuen Freund Aziz dazu, der jedoch kein englisch spricht. Aziz dagegen spricht sehr gut englisch und erzählt uns einiges aus seinem Leben, unter Anderem ungefragt, dass er Constable sei und 20.000 Rupien im Monat verdient, was etwas mehr als 300 Euro sind - ein gutes Gehalt für indische Verrhältnisse.
Indien gehört zu den (zugegebenermaßen recht vielen) Ländern, in denen ich eher schlecht von der Polizei denke und deswegen auch eher dazu neige nicht zu erzähle was ich beruflich mache, denn auch unter der Bevölkerung, das hat uns unser Fahrer ja auch schon bestätigt, hat die Polizei den Ruf korrupt und bisweilen auch sehr brutal zu sein. Im Gespräch mit Aziz dann schäme ich mich dann ein bisschen dafür mit diesem Blick jeden Polizisten in Indien zu sehen, denn genauso wie ich selbst immer an Hand meines eigenen Handelns gemessen werden will (und nicht als "Die Polizei macht immer dies und das" verallgemeinert betrachtet werden will) sollte man auch hier die Menschen als Individuen sehen. Auch wenn natürlich jeder das Seinige zu dem großen Ganzen beiträgt, gibt es bestimmt überall, auch in der schwärzesten Herde, ein paar weiße Schafe. Im Übrigen zitiere ich einen weisen Mann aus dem Buch, das ich gerade lese "Das Schlimmste an der Korruption ist, dass sie so gut funktioniert".
Am Abend trinkt Christian endlich mit Harish den lange versprochenen Whiskey und Harish erklärt uns dass er uns mag - und er mag nicht jeden seiner Fahrgäste, na da sind wir ja beruhigt!


Am nächsten Morgen besuchen wir noch das Fort, von dem man wirklich eine tolle Aussicht auf die goldgelbe Stadt hat und machen ein paar letzteEInkäufe bevor wir gegen 15 Uhr aufbrechen zu unserer Kamelsafari im 45 Kilometer südlich gelegenen Khuri, einem kleinen noch halbwegs ursprünglichen Wüstendorf.
Die Wüste Thar ist hier keine reine Sandwüste sondern eine, wenn ich das noch richtig aus dem Erdkundeunterricht weiß "halb aride" Wüste, das heißt dass einige Monate im Jahr Niederschlag fällt und deswegen auch einige Vegetation und auch z.B. Kuh- und Antilopenherden dort überleben.
Wenn man das Gebiet in dem Khuri liegt beschreiben soll, gleicht es eher den Dornsavannen Afrikas finde ich, als dem klassischen Bild, das ich bei dem Wort Wüste vor Augen habe. Aber wahrscheinlich kenne ich einfach nur nicht genug Wüsten. Genug davon.
In Khuri erwarten uns schon unsere zwei Kamele, die irgendwie viel größer sind als gedacht, aber ich darf das mit dem rosa glitzer Sitzpolster haben und bin somit doch happy. Trotzdem hab ich etwas Angst als es dann mit unseren beiden Führern in die Wüste geht. Nach etwa einer Stunde stelle ich fest, dass Kamele nicht mal halb so bequem wie Pferde sind und dass es sogra bequemer ist, wenn sie traben als wenn sie im Schaukelschritt vor sich hintrotten. Außerdem macht mein Kamel komische Geräusche beim Wiederkauen, die am ehesten mit dem Geräusch von Sauron aus "Herr der Ringe" vergleichbar sind und mich etwas gruseln, vorallem da er ("it's a boy") dabei seine riesige lila-schwarze Zunge aus dem Maul quellen lässt.
Wir genießen den Ritt und die schöne Landschaft (und mal wieder auch die inzwischen ungewohnte Stille) sind aber still und heimlich ganz froh, dass wir nicht einen Mehrtagesritt gebucht haben, denn das schöne rosa glitzer Sitzpolster glitzert mehr als es polstert 😞 .
Nach etwa 90 Minuten haben wir ein paar schöne Sanddünen erreicht, auf denen wir noch ein Stück entlang reiten um dann irgendwann einen einsamen Fleck zu finden, an dem wir den Sonnenuntergang alleine sehen können. Jetzt macht mein Kamel etwas sehr lustiges, es klappt nämlich zuerst mit den Vorderbeinen ein, sodass ich leicht nach vorne geschleudert werde um dann mit Schwung hinten die Beine einzuknicken und mir das Gefühl zu geben dass ich gleich hinten runter rutsche...
Ich schaffe es trotzdem heile nach unten und wir verbringen die Zeit bis zum Sonnenuntergang mit ein paar Spaziergängen im wunderbar weichen Sand. Auf dem Rückweg ins Wüstendorf legen wir dann ein bisschen an Tempo zu um rechtzeitig zum Abendessen und der Tanz- und Musikshow im Lager zu sein.
Zum Abendessen gibt es übrigens etwas, was aussieht wie weichgekochte Kakteendornen und vom Kellner "Vegetable from the desert" genannt wird.


Dann brechen wir endlich auf zu unserem Nachtlager, jeweils zu sechst sitzen wir auf einem Matratzenberg auf einem Kamelkarren und fahren wieder in die nächtliche Wüste hinaus. Nach 20 Minuten haben wir wieder Dünen erreicht und bereiten dort unser Nachtlager aus einigen Matratzen und ein paar Decken. Am Himmel glitzern tausend Sterne und um uns herum sind nur die Geräusche der Wüste als wir einschlafen. Es ist richtig kalt und mir tun alle Knochen weh als die ersten Strahlen der Morgensonne uns wecken aber es war eine traumhafte Nacht. Und unter einem Deckenberg liegend zuzusehen wie die Wüste langsam erwacht und die Sonne über den Horizont kriecht, die Erfahrung möchte ich nicht mit einer Nacht im Luxushotel tauschen!!!


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