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Published: April 16th 2018
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Von Medellín habe ich wahrlich ein zwiegespaltenes Bild: Die Stadt ist durch den Großstadtdschungel sehr eindrucksvoll, sie liegt in einem Tal, umzingelt von Bergen, alles erscheint frisch grün, die Gebäude sind wortwörtlich durchwachsen von Büschen und Bäumen. Sie genießt einen guten Ruf, ist momentan definitiv sehr hip - auch wenn das Time Magazine es vor 20 Jahren noch als "
the most dangerous city on earth" und vor 10 Jahren noch als "
bad-ass town" betitelt hat. Und das zurecht, wer ein paar Minuten Zeit hat sollte
diesen Artikellesen, er erklärt die Geschichte Medellíns kurzweilig, die nicht zuletzt sehr bekannt wurde auf Grund von Pablo Escobar's Lebensmittelpunkt und Ermordung.
Die Stadt hat viele Anreize, wäre definitiv einen längeren Besuch wert - allerdings war die Planung und Umsetzung dieses (Kurz-)Trips für mich bislang bei weitem die schwierigste. Allein schon damit angefangen, dass ich ursprünglich Medellín als zweite Option neben Nicaragua betrachtet hätte und mich dann schlussendlich für Nicaragua entschieden habe, weil mir die Eindrücke bei meiner Recherche nicht zusagten... Als ich dann hier in Kolumbien von vielen Seiten gehört habe, dass Medellín für einige Leute die schönste Stadt Kolumbiens ist - und ich ebenso in Bogotá bei Red Bull erfahren habe, dass sie davon
überzeugt sind, dass Medellín der beste Tourstop wird - hat sich das Bild langsam gewandelt. Auf einmal stand Medellín als Destination auf meinem Plan.
Die nächste Hürde war dann die Datumsfindung: Da Red Bull Kolumbien dieses Jahr zum ersten Mal ein Neymar Jr's Five Turnier austrägt war die Planung der genauen Daten noch ziemlich chaotisch. Eine genaue Aussage - geschweige denn irgendeine Antwort - auf manche Anfragen zu bekommen war unmöglich. Somit habe ich nach mehrmaligem Nachfragen Flüge für Medellín gebucht, allerdings für ein Datum das wenige Tage später wieder geändert wurde. Diese Änderung hat nicht nur all meine Pläne für meine letzten zwei Wochen in Kolumbien über den Haufen geworfen, nein, die Flüge waren auch nicht stornierbar. Beim nächsten Versuch buchten dann meine Kollegen den Flug über ihre Agentur, allerdings wurden mir die genauen Daten und Flugzeiten erst 48 Stunden vor Abreise geschickt.
Zwei Tage vor Anreise für ein Wochenende eine Unterkunft in einer "In-Stadt" wie Medellín zu finden war dann die nächste Goliath-Aufgabe. Hotelpreise in dem Viertel steigen bis zu 700€ pro Nacht, was ich in Kolumbien
noch nie gesehen habe. Meine erste Unterkunft wurde mir dann binnen der 24-Stunden Frist pünktlich nach 23 Stunden wieder
storniert, wonach ich einen Tag vor Anreise immer noch keine Unterkunft hatte... Glücklicherweise habe ich über AirBnb ein tolles Apartment ganz in der Nähe gefunden, eines das sich direkt einbuchen lässt ohne die Bestätigung des Gastgebers abwarten zu müssen. Mit diesem wohligen Gefühl ging ich dann Donnerstagabend mehr oder weniger gut vorbereitet schlafen, immerhin musste ich um 05:00 Uhr früh aufstehen um meinen Frühflieger aus Santa Marta zu erreichen. Und dann kam die nächste Hiobsbotschaft: Die Gastgeberin wollte mir, mit dem Vorwand die Preise im System wären falsch, den doppelten Zimmerpreis verrechnen. Ich solle nach Ankunft einfach bar bezahlen. Dass das klar gegen die AGBs spricht war eindeutig, allerdings war mir zu dieser frühen Stunde kurz vor Abflug nicht nach Diskussionen zumute. Nach einem Telefonat mit AirBnb vom Flughafen aus und einer E-Mail nach meiner Ankunft in Medellín war dann doch alles geklärt und schlussendlich konnte ich in meinem neuen Domizil einziehen. Aber irgendwie doch alles nicht so einfach mit Medellín. Beim Rückflug Sonntagnacht hätte ich dann auf Grund von Straßensperren fast meinen Flug versäumt, nach heftigen Turbulenzen und einer holprigen Landung in Santa Marta sind wir dann noch dazu eine Stunde lang im komplett dunklen Flugzeug festgesessen, da der
Flughafen wohl ein komplettes Blackout hatte und dadurch die gesamte Elektronik versagt hat.
Nun aber zur eigentlichen Geschichte: Medellín. Dort angekommen habe ich Beverly getroffen, eine Weggefährtin mit der ich ein paar Tage zuvor in der Ciudad Perdida war. Sie ist Britin, lebt hier in Medellín und gibt Englischunterricht - dieser Ort war für sie das Ende einer längeren Südamerika-Reise und ist nun ihr neues Zuhause. Sie hat mir tolle Tipps zur Stadt gegeben, hat mir unter anderem einen lokalen Künstler empfohlen, Cesar, der verschiedenste Werke in seinem Haus in Medellín ausstellt. Viele der bekanntesten Graffitis rund um Kolumbien sind von ihm, also war klar, dass ich ihm einen Besuch abstatten musste. Was für ein Ausnahmetalent!
Am Samstag und Sonntag war es dann so weit: Die ersten Neymar Jr's Five Qualifier in Kolumbien. Ich muss an dieser Stelle einräumen, dass ich im Vorfeld so meine Bedenken hatte, gerade weil die Kommunikation mit den Kollegen so schwierig war und auf mich alles eher chaotisch wirkte. Vor Ort war ich dann positiv überrascht, die Kollegen hatten alles super im Griff. Als ich allerdings nach Andrea "mielconejo" fragte, der Kollegin mit der ich noch vor 2 Wochen gearbeitet hatte, wurde mir
mitgeteilt, dass sie nicht mehr für Red Bull arbeitet. Und nachdem es in den letzten Monaten schon einige Kollegen gegeben hat, die stillschweigend verschwunden sind, drängt sich mir die Frage auf, wo das Problem in diesem Team liegt...
Ein kleines bisschen touristisch hab ich mich auch bewegt, bei meiner Free-City-Tour durch die
comuna 13. Da ich nur einen halben Tag Zeit hatte um mich frei zu bewegen, habe ich Beverly gebeten mir etwas zu empfehlen und dieser Ort war es absolut wert zu verweilen... Die Anreise dort hin habe ich mit der Metro gewagt - Medellín hat das einzige Metro-System in ganz Kolumbien, das muss man gesehen haben. Da das gesamte Verkehrsnetz, die Infrastruktur sowie viele öffentliche Einrichtungen erst im letzten Jahrzehnt erbaut wurden, ist alles topmodern und steht im starken Kontrast zu allem was ich bisher in Kolumbien gesehen habe. Auch die Menschen ticken anders, man hat sofort ein Großstadtfeeling, aber auf eine leichte, heitere und offene Art. Als allenreisende
morena (weiße, blonde Frau) falle ich hier zwar nach wie vor auf, bekomme aber kaum Beachtung. Wenn, dann nur im positiven Sinne, denn die Kolumbianer hier haben sich offenbar in einer moderneren Art der freundlichen Zurückhaltung geübt. Wahrscheinlich
ein Resultat des Wandels und des zunehmenden Einzugs der Touristen und Expats in diese Region. Allein in den letzten 10 Jahren ist die Bevölkerung von 4 Millionen auf 5 Millionen angestiegen - Medellín gilt als eine der aufstrebendsten Städte ganz Südamerikas. Ich kann verstehen warum.
Die aktuelle Geschichte der
comuna 13 ist geprägt von Armut und Gewalt, Unterdrückung und Anschlägen. Vor wenigen Jahren (2012/2013) konnten die Guerilla-Truppen allerdings vertrieben werden, seit dem herrscht hier Aufschwung und Lebensfreude. Die Häuser wurden in bunten Farben bemalt, die Menschen strahlen vor Freude und Glück. Tragischerweise haben fast alle Familien hier angehörige die ermordet wurden oder auf wundersame Weise verschwunden sind, weil sie (unsichtbare!) Gebietsgrenzen überschritten haben und daraufhin entführt wurden. Bis heute sind noch über 500 Menschen abgängig die einst hier wohnten. Unser Guide, David Alexander, ist selbst hier aufgewachsen und hat die Zeit der Veränderung miterlebt... die Art und Weise wie er die Geschichte des
barrios erzählt ist sehr ergreifend und man merkt, wie sehr ihm die
comuna 13 am Herzen liegt. Diese Faszination ist echt - und sie steckt an. Ein friedlicher Ort, geprägt von Straßenkunst und -kultur. Was für ein schöner Ort um meine Kolumbienreise zu beschließen.
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