My Eurovision: Workaway in Europa - Step 5: Treviso


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October 28th 2016
Published: October 28th 2016
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Tag 79 – Sozialpolitisches Saftpressen

Nachdem die Wohnküche aufgeräumt war, sollte ich das Sofa auseinandernehmen und absaugen, und dann wieder richtig herrichten. Anschließend wendete ich die Windeln, die Valeria mittlerweile samt der Gummis zusammengenäht hatte, und steckte die letzte offene Seite zu.
Daraufhin wischte ich die Kakis sauber, wälzte sie in Grappa und tütete dann immer je vier in eine mit dem heutigem Datum beschriftete Plastikbeutel ein. Sie wurden dann im Kühlschrank gelagert, wo sie durch den Alkohol noch etwas weiterreiften.
Im Prinzip war das eine einfache Tätigkeit, aber ich war mal wieder zu blöd, die Plastiktüten aufzufrimeln. Es handelte sich um eine Rolle, bei der man die Gefrierbeutel einzeln abreißen konnte. Das war ja kein Problem, aber bei mir haperte es am Öffnen der Tüten, da die beiden Folien aneinander hafteten und sich nicht lösen wollten. Ich war ja bei meinem Sommerjob auf dem Erdbeerfeld schon manchmal ins Schwitzen geraten, wenn ein Kunde die Schalen in eine Tüte haben wollte. Aber diese Tüten waren noch tausendmal schlimmer! Also musste ein Trick her. Ich nahm eine Schere zur Hand und machte einen kleinen Schnitt in die offene Seite. Dort war es dann etwas einfacher, einen Anfang zu finden,
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ein Schwarzer Schwan :)
um die Folien voneinander zu lösen. War jedoch immer noch knifflig genug (oder ich stellte mich einfach dumm an), jedenfalls dauerte das Öffnen der Tüte wohl länger als die gesamte andere Prozedur. Aber schließlich waren alle Kakis eingetütet.

Valeria war mittlerweile mit den Kindern am Tomatensauce kochen, und ich kümmerte mich noch um die Wäsche, die sie mir zum Falten hingelegt hatte. Nach dem Essen (Valeria stellte den Kindern übrigens immer Pasta, Suppe - wo allerdings meistens auch Nudeln drin waren - oder Reis zur Auswahl; was anderes aßen wir hier nicht wirklich. Meistens gab es mittags Pasta und abends Suppe. Es waren aber immer andere Nudeln, und Salat und Brot mit Aufstrichen gab es eigentlich auch immer noch dazu.) zeichnete ich noch fünfzehn weitere Windelteile auf Stoff auf und schnitt sie aus.
Renzo hatte mir am Morgen eigentlich noch aufgetragen, zwei Liter Saft zu pressen, doch als ich in die Küche kam meinte er, ich hätte jetzt frei. Er würde es an meiner Stelle machen, doch ich bot an, ihm noch zu helfen.

Dabei unterhielten wir uns und er erzählte mir einiges über seine Weltanschauung, Spiritualität, wie auch immer man es nennen will. Wir redeten unter anderem über Tomaten-Sklaven in Süditalien und er erklärte mir schließlich seine Auffassung des OM-Zeichens.
Was ich euch nicht vorenthalten will, ist eine Werbekampagne von LIDL Italia, die da lautet:
Non cambia stile di vita, cambia supermercato!
Mein erster Gedanke war, wie dumm – ist ja eigentlich eine Anti-Werbung für Lidl! Fing man nämlich an, seine Lebensmittel statt bei Lidl bei beispielsweise Natura Sì zu kaufen, verbesserte man ja auch schon etwas, da die Produkte nachhaltig angebaut und fair gehandelt sind. Dafür brauchte man das eigene Konsumverhalten jedoch nicht erheblich zu verändern.
Renzo erklärte mir jedoch, dass es genau andersherum gemeint sei, da es auf die Wirtschaftskrise anspiele. Wenn man weniger Geld habe, müsse man eben den Supermarkt wechseln, und konnte dann den gleichen Konsum für weniger Geld betreiben.
Also richtig was für Dumme, bloß den verschwenderischen Lebensstil beibehalten und nichts Fundamentales ändern, die Augen vor den Problemen der Politik und Gesellschaft beziehungsweise der Welt verschließen, alles von sich schieben und weitermachen wie bisher.
Was für eine tolle Erziehungsmaßnahme von Lidl, musste man ja sagen. Aber damit kriegten sie die Kunden vermutlich, es ging ja schließlich überall immer nur ums Geld.
Dass
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Wohl doch eher kein Cache...
man auch einfach etwas sparsamer leben konnte, beziehungsweise weniger Nahrungsmittel wegschmeißen und gewisse Dinge wiederverwerten konnte, war den meisten Menschen eben noch völlig fremd…
Renzo arbeitete ja in einem Recyclingzentrum oder so, und heute hatte er zum Bespiel eine ungeöffnete Dose gutes Kaffeepulver mitgebracht. Das Verfallsdatum war zwar abgelaufen, aber der Kaffee war ja trotzdem noch lecker! Wir hatten auch eine brandneue, vollkommen funktionstüchtige Marken-Küchenmaschine im Schrank stehen, die Renzo vor der Verschrottung gerettet hatte. Die Menschen waren schon echt seltsam…

Da wieder richtig schönes Herbstwetter war, machte ich mich um vier noch mit dem Fahrrad auf den Weg. Ich fuhr wieder die Via Alzaia entlang, dieses Mal nach links, Richtung Sile. Ich nahm die erste Brücke und fuhr dann weiter zu einer Kirche, wo ein Geocache sein sollte.
Ungefähr dort, wo der Cache auf der Karte eingezeichnet war, entdeckte ich einen kleinen Plastikeimer, genau wie der von Renzos Cache. Allerdings sah der Inhalt mehr nach Müll aus. Ich schaute trotzdem vorsichtshalber rein, denn etwas anderes fand ich nicht. Es war dann irgendein elektronisches Teil, eine leere Verpackung sowie eine Tüte mit weißem Pulver. Packte ich wohl mal schnell wieder zurück…
Ich schaute nochmal mit dem GPS und ging dann noch ein Stückchen weiter, wo ich die richtige Dose in der Kirchmauer entdeckte. Ins Logbuch eingetragen, und dann schnell weiter. Ich fuhr die Runde am Fluss weiter, überquerte die Brücke und machte mich auf den Rückweg. Auf der Alzaia kamen mit zwei Polizisten auf Motorrädern entgegen. Also ich hab nichts verbrochen, war bloß geocachen!
Ich setzte mich dann noch auf eine Treppe direkt am Fluss und zeichnete in der Abendsonne. Dreimal blieb jemand stehen, um mir über die Schulter zu gucken. Kurz vor sechs fuhr ich dann zurück; da hatte ich das Wetter ja noch gut ausgenutzt.


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