My Eurovision: Workaway in Europa - Step 5: Treviso


Advertisement
Italy's flag
Europe » Italy » Veneto » Treviso
October 18th 2016
Published: October 19th 2016
Edit Blog Post

Tag 69 – Willkommen in der Familie

Wegen der schlechten Busverbindung musste ich schon um sechs aufstehen. Im Dunkeln packte ich die letzten Sachen ein und schlich die Treppe hinunter. Ich wollte gerade schauen, wo denn der restliche Kuchen abgeblieben war, um doch noch schnell etwas zu frühstücken, da kam Manuela in die Küche und meinte, wir würden in die Bar gehen. Zu mehr als einem „okay“ war ich so früh am Morgen noch nicht im Stande. Deni und Fabienne waren auch kurz aufgestanden, um mir tschüss zu sagen. Manuela hatte mir ein Stück Kuchen für die Fahrt eingepackt, und auch noch ein Sandwich gemacht, total nett von ihr. Kurz nach halb sieben fuhren wir los. Fabienne winkte noch, bis wir in der nebligen Dunkelheit verschwanden.

Da die Bar Posta, wo Manuela Stammkundin war, geschlossen hatte, gingen wir in die Eisdiele (wo es allerdings zu dieser Jahreszeit kein Eis mehr gab). Wir tranken Kaffee und Manuela nahm ein Stück Pizza; das wollte ich zum Frühstück aber noch nicht und nahm lieber ein mit Marmelade gefülltes Croissant.
Dann fuhren wir zur Bushaltestelle. Es war total dunkel dort und auch sonst überall, wo die Kinder zur Schule liefen. Manuela stieg aus und fragte die Schüler, ob das jeden Morgen so sei. Als diese bestätigten, regte sie sich auf - das konnte doch nicht wahr sein! Es waren sogar Straßenlampen am Parkplatz installiert, aber vermutlich waren die noch nicht angeschlossen oder so.
Als der erste Bus schließlich kam, stand „Reggio Emilia“ auf der Anzeige. Wir fragten nach, ob er bis Reggio Emilia durch fuhr. Offensichtlich schon, komisch - diese Direktverbindung hatte ich im Internet nicht gefunden. Eigentlich hätte ich den Bus nehmen, in Felina eine knappe Stunde warten und dann mit einem anderen nach Reggio Emilia fahren müssen.
Gut so, allerdings war ich dadurch schon um Viertel vor neun am Bahnhof, mein Zug fuhr erst um 11.14 Uhr.

So ging ich in die Cafeteria und bestellte mir einen Orzo. Fabienne hatte uns nämlich, auf Rebeccas Tipp hin, immer Orzopulver mit heißer Sojamilch zum Frühstück gemacht, und das war sehr lecker gewesen. Dieser Orzo hier war jedoch eher wie ein Espresso, ohne Milch, aber egal. Es war ein Schluck Warmes und nun konnte ich mich guten Gewissens mit meinem ganzen Gepäck an einem Tisch niederlassen, meinen Laptop rausholen und in Ruhe Blog schreiben.
Als ich fertig war, ging ich schon mal zum Gleis und aß meinen Kuchen. Mit meiner schweren Reisetasche die ganzen Treppen zu laufen war übrigens kein Problem, weil fast immer irgendjemand kam und mir schnell half.
Der Zug kam pünktlich und ich erreichte Bologna sogar schon einige Minuten früher. Ich fand gleich das richtige Gleis, konnte mich sogar schon in den Zug setzen und begann zu lesen. Nach einer Weile dachte ich mir, dass die zehn Minuten schon lange vorbei waren. Doch ich befahl mir, nicht auf die Uhr zu schauen, um mich nicht verrückt zu machen. Irgendwann war ich mir sicher, dass wir schon viel zu lange standen. Na toll, da würde ich den Anschlusszug in Venezia auf jeden Fall verpassen. Als wir endlich losfuhren, hatten wir dreißig Minuten Verspätung. Ich googlete schnell die Zugverbindung, und sah, dass die Züge fast alle Viertelstunde nach Treviso fuhren. So nahm ich dann einfach den übernächsten Zug, auf meinem Ticket stand zum Glück weder Zugnummer noch Zeit, also ging das problemlos.

In Treviso lief ich schnell ins Bahnhofsgebäude, um ein Busticket zu kaufen. Valeria hatte mir nämlich geschrieben, dass es dort billiger sei. Ich fragte in drei Läden, bis ich schließlich einen erwischte, wo sie Tickets verkaufen. Dann rannte ich nach draußen zur Haltestelle, da der Bus jede Minute kommen sollte.
Auf der Anzeigetafel war die Linie komischerweise nicht aufgeführt. So fragte ich ein paar Leute, ob der Bus denn hier fuhr, und ein Afrikaner, der gleich Englisch mit mir sprach - ich dachte erst wegen mir aber vermutlich auch wegen ihm - war total nett und schaute noch mal für mich auf den Busplan und versicherte mir schließlich, dass der Bus hier kommen würde. Ein paar Minuten später kam er dann auch und ich rief Valeria kurz an, um zu sagen, dass ich gleich da sein würde.
Sie hatte mir zwar geschrieben, dass die Haltestelle „Porto di Fiera“ hieß, aber irgendwie gab es in italienischen Bussen nicht so eine schöne Anzeige wie bei uns, und eine Ansage wurde in diesem auch nicht gemacht, und so fragte ich vorsichtshalber drei Mal, ob ich hier schon aussteigen musste. Beim zweiten Mal dachte ich eigentlich wirklich, ich müsste raus, weil da ein Lidl war und Valeria irgendwas davon geschrieben hatte, aber der Busfahrer meinte, es wäre erst eine Station weiter.
Als ich ausgestiegen war, sollte ich der Straße S. Osvaldi folgen, aber ich sah keine Straßenschilder, zumindest nicht dieses. Nachdem ich ein paar Minuten in die falsche Richtung gelaufen war, kramte ich die Adresse aus und ließ mich mit GPS von Google Maps führen. So hatte ich zwar einen etwas anderen Weg genommen, aber Hauptsache, ich war beim richtigen Haus gelandet. 😊

Ich klingelte und Valeria sagte irgendwas durch die Gegensprechanlage, wahrscheinlich, dass sie gleich öffnen würde. Dem war ich mir recht sicher, nach ein paar Minuten dann nicht mehr so sehr, da das Tor immer noch verschlossen war. Doch dann summte es und ich ging durch den Garten zum Haus und wurde sofort schwanzwedelnd von Cimurrino begrüßt. Valeria zeigte mir schnell das Haus und dann musste sie kurz weg, um Rita aus dem Kindergarten abzuholen. So konnte ich mich erst einmal in Ruhe in meinem Zimmer einrichten.
Es war total schön, ziemlich groß, mit richtigem Schreibtisch und zwei Spiegeln, das Bett war schon bezogen und ich konnte sogar alle meine Sachen in den Schrank räumen. Und der WLan-Code war auch da, und das Internet funktionierte auch gut. Tutto perfetto!

Als Valeria wiederkam, aßen Rita (3) und Nina (1) einen kleinen Snack, und dann wollten sie einen Spaziergang machen, da ging ich natürlich gerne mit. Nina und ich waren schon fertig und wir warteten im Eingangsbereich. Als ich schließlich herausgefunden hatte, dass sie die Sandalen anziehen wollte, und dass sie die Söckchen auch noch brauchte, machte ich das schon mal. Dann lief sie nach draußen und ich ging ihr hinterher. Von meinem Vorschlag, auf Mamma zu warten, hielt sie offenbar nichts. Wir gingen erst zum Hund und dann öffnete sie ein kleines Tor, griff nach meiner Hand und führte mich ums Haus herum. Dort begutachtete sie dann ausgiebig ein paar Gartenhandschuhe und spielte mit ein paar Steinchen.
Schließlich kamen auch Valeria und Rita und wir machten uns auf den Weg. Nina wurde im Kinderwagen geschoben, während Rita auf ihrem Dreirad fuhr. Ich hatte auch ein Auge auf sie und schob sie ab und zu an, wenn sie nicht vom Fleck kam weil es etwas bergan ging. Einmal fuhr sie mit einem Rad in ein kleines Loch und kippte um, doch ich sah es zum Glück rechtzeitig und fing sie auf.
Im Gegensatz zu ihrer kleinen Schwester, die mich sofort angestrahlt hatte, war Rita vorerst distanziert. Sie hatte schlechte Laune gehabt, als sie nach Hause gekommen war, und hatte sich auch geweigert, mir ihren Namen zu sagen.
Wir gingen am Flussufer entlang in Richtung Innenstadt. Es war richtig schönes Wetter, bestimmt zwanzig Grad und Sonne, und so waren recht viele Leute unterwegs. Außerdem war auch noch eine Art Kirmes, und wir gingen bis zum ersten Stand, wo die Kinder eine Zuckerperlenkette bekamen und wir eine Frittelle aßen. Das war so ein frittierter Teigfladen mit Zucker, anscheinend eine italienische Spezialität.

Wieder zuhause bat Valeria mich, noch ein bisschen mit den Kindern draußen zu bleiben. Rita war nun aufgetaut und lud mich in ihr Spielhaus ein, wo sie uns etwas zu Essen kochte. Nina war erst bei uns und lief dann aber wo anders hin. Rita wollte unbedingt, dass ich im Häuschen blieb und auf das Essen aufpasste, aber ich fühlte mich nicht wohl bei der Sache und ging Nina hinterher; sie war ja wirklich noch ziemlich klein. Rita kam mit und versuchte uns beide zu überzeugen, zurück zu kommen, und zog an meiner Hand. Ich meinte, dass ich Nina nicht alleine lassen wollte, und da kamen schon Valeria und Renzo aus dem Haus.
So lernte ich ihn auch kennen. Sie wollten kurz ein paar Sachen einkaufen und fragten, ob ich kurz auf Rita aufpassen könne. Nina wollte lieber mitkommen.
Klar doch. Ich freute mich - dass Valeria mir nach so kurzer Zeit schon ihre Tochter anvertraute, musste ja heißen, dass sie mich mochte und ich mich bisher richtig verhalten hatte, denn sie schien wirklich eine gute Mutter zu sein.
So gingen Rita und ich wieder ins Häuschen und kochten weiter, und sie war selig. Sie war die Mamma, die das Feuer unter dem Herd anfassen konnte, ohne sich zu verbrennen. Ich war dazu degradiert, die sorella zu sein, die dies nicht konnte. Während sie kochte und die Zutaten zusammensuchte, musste ich auf die Pfanne auf dem Herd aufpassen.
Als sie dann wiederkamen, kam Nina auch wieder zu uns. Sie spielten zusammen aber man konnte sehen, wie Rita ihre kleine Schwester herum kommandierte beziehungsweise bestimmen wollte. Sie stritten auch kurz und kreischten sich danach aus Spaß gegenseitig an. Schließlich lief Nina weg und als ich kurz darauf nachsehen gehen wollte, machte Rita ein Spiel daraus, versteckte sich hinter meinem Rücken und wir schlichen uns an. Ich war erleichtert, als ich sah, dass Nina bei Oma Lina auf dem Sofa saß, die unten wohnte. Als die beiden Schwestern sich sahen, kreischten sie sich wieder an, und Nina kam kurz mit zu uns, bis sie wieder zu Oma lief. Das wiederholte sich ein paar Male.

Schließlich rief Valeria uns zum Essen. Ich fragte, wo das Besteck sei, und deckte gleich den Tisch, nachdem sie mir alles gezeigt hatte – ich war wirklich beeindruckt von dem ausgeklügelten System, alles war sortiert, Plastikbehälter hier, Glasbehälter dort, da Müsli, hier Nudeln… Und das galt nicht nur für die Küche; in dem großen Regal an der Wand waren alle Spielsachen in ungefähr zwanzig Kisten mit italienisch-englischer Aufschrift sortiert, und auf dem Balkon befand sich ein regelrechtes Mülltrennungszentrum.
Zum Abendessen gab es Kürbissuppe mit Orzo –hey, das kam mir bekannt vor, diesmal handelte es sich jedoch um gekochte Körner. Nun wollte ich aber echt mal wissen, was Orzo eigentlich bedeutete. Mein Übersetzer kannte die Antwort: Gerste.
Renzo fragte mich ein paar Sachen und kam schließlich auch darauf zu sprechen, dass ich ihnen ja schon eineinhalb Jahre im Voraus geschrieben hatte. So gab ich zu, troppo tedesca zu sein, woraufhin er mir seine Philosophie zu Charaktereigenschaften, die alle zu Qualitäten entwickelt werden konnten, darlegte.

Ich war echt froh, dass ich mittlerweile recht viel Italienisch verstand. Deshalb auch noch mal ein großes Dankeschön an Fabienne, die die ganze Zeit Italienisch mit mir gesprochen und mir dadurch sehr geholfen hat. Besonders für die Kommunikation mit den Kindern schon beim Spielen war das echt von Vorteil.
Renzo sprach sehr langsam und ich konnte bis auf ein, zwei Wörter alles verstehen, was er sagte. Auch das, was Valeria mir alles erklärt hatte, hatte ich kapiert. Renzo korrigierte mich immer, denn sie wollten mir helfen, mein Italienisch zu verbessern.
Sie baten mich jedoch trotzdem, auch mal Englisch mit den Kindern zu reden beziehungsweise einzelne Dinge englisch zu benennen. Ich war beeindruckt, als sie mir erzählten, dass manche Workawayer ja nur Englisch sprachen und Rita schon recht viel verstand, auch wenn sie nur wenig sprach. Aber immerhin! Mit drei!

Abends kochte Renzo uns noch Roibuschtee mit Soja-Reis-Milch. Als ich in die Küche ging, um meinen Becher in den Abwasch stellte, saßen er und Rita am Tisch und aßen Maronen. Ich setzte mich kurz dazu und pellte auch zwei.
Dann packte ich mein Päckchen aus, in dem neben sich neben den Zugtickets aus Frankreich einige vegane Leckereien und andere Nettigkeiten verbargen. Ich packte alles wieder ein, damit Rita beim erneuten Öffnen dabei sein konnte. Das hatte ich nämlich versprechen müssen, da sie schon die ganze Zeit, die das Päckchen hier lag, so neugierig war.
Als ich schließlich mit meinem Handy auf dem Bett saß, kamen Rita und Nina in mein Zimmer. Sie setzten sich auf mein Bett und nuckelten an ihren Flaschen, in der sich warme Milch mit Honig befand, die sie jeden Abend bekamen. Nachdem mein Bett schließlich etwas bagnato war, und sie nicht mehr trinken wollten, war es dann auch Schlafenszeit. Um zehn Uhr abends erst! Da ich auch ziemlich müde war, ging ich wenig später auch ins Bett.

Advertisement



20th October 2016

Hey, congratulations zu einem photography award ?
20th October 2016

Haha danke! Ich habe vor einer Woche oder so eine Mail bekommen, wo das stand, und dann hab ich herausgefunden, dass es wohl 4 Stufen gibt wo man sich hocharbeiten kann oder so :)

Tot: 0.109s; Tpl: 0.012s; cc: 13; qc: 34; dbt: 0.064s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1; ; mem: 1.1mb