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July 7th 2007
Published: August 9th 2007
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Saalfeld, 7.7.2007

Liebe Leser!

Ich bin wieder in Deutschland. Diese Zeilen konntet ihr in verschiedenen Foren bereits seit zwei Wochen lesen. Nun endlich auch auf diesen Seiten. Mit diesem Eintrag möchte ich meinen Travelblog schließen und mich von euch auf dieser Ebene verabschieden und den Menschen danken, die dieses Jahr zu dem gemacht haben, was es war…eine unvergessliche Zeit.

Es fällt mir schwer meine Gefühle und momentane Stimmung in Worte zu fassen. Denn auch wenn ich physisch angekommen bin, so schwebe ich mental noch immer zwischen diesen beiden Welten, die unterschiedlicher nicht sein können.
Wenn ich gefragt werde zu erzählen wie es war, fällt mir in dem Moment meist nur eines zu sagen ein: „Es war schön!“. Doch das drückt nicht einmal im Geringsten das aus, wie es wirklich war. Nur, wie soll ich Leuten berichten, was ich erlebt und gesehen habe, erklären, was ich empfinde und erfahren habe, wenn ich es noch nicht einmal selbst verarbeitet habe. Es ist etwas anderes einen Reise- oder Alltagsbericht zu verfassen oder eine Geschichte oder Anekdote aus dem Leben zu erzählen, als einen abschließenden Bericht über eine Reise in die Gefühlswelt zu schreiben. Dennoch möchte ich jeden erneut dazu einladen mit
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Septembermir auf diese Reise zu gehen und die Dinge zu sehen, zu entdecken und das Schöne aber auch Traurige an den verschiedenen Augenblicken zu erkennen, welche mein Jahr so besonders gemacht haben. Von diesen Augenblicken gibt es viele. Alles fing mit der Ungewissheit an, welche mich durch die ersten zwei oder auch drei Monate begleitete, bis ich nach mehreren Umzügen die Praktikantenwohnung auf dem Schulgelände der Deutschen Humboldt Schule mein zu Hause nennen konnte. Umgeben von Mauern und Security blieb das wohlige Gefühl jedoch zunächst aus. Ich fühlte mich eingeengt, eingeschränkt in meiner Bewegungsfreiheit und suchte nach einem kleinen Stückchen Freiheit, welche ich auf einer Schaukel im Park fand. Doch je länger man hinter diesen „schützenden“ Mauern wohnt, gewöhnt man sich an den Umstand ständig unter Beobachtung zu stehen, dafür aber geschützt zu sein. Besonders wenn man wie ich längere Zeit alleine in der Wohnung lebt, lernt man die Gesellschaft von Wachmännern zu schätzen, solange diese ihre Grenzen wissen, was die persönliche Näherung betrifft. 😊 Einmal mehr lernte ich so die Mentalitätsunterschiede der Ecuadorianer und Deutschen kennen. So lebenslustig, freundlich, hilfsbereit und offen die Ecuadorianer sind, so verschlossen und zurückhaltend scheinen die Deutschen zu sein, besonders wenn es um den
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Oktobergewissen Sicherheitsabstand geht. Allein die Begrüßung fällt in diesen Ländern wesentlich herzlicher aus, als im kühlen Deutschland. So wird einem nicht die Hand ausgestreckt, sondern gleich die Wange hingehalten für ein Küsschen, wobei ich bis heute noch nicht herausgefunden habe, ob man nun ein oder zwei Küsschen schenkt, denn das war jedes Mal anders und damit sehr verwirrend für mich. Vielleicht wirken die Deutschen deshalb arrogant und kühl. Doch bald schon gewöhnte man sich auch an diese Art der Begrüßung, was mir, nun wo ich wieder in Deutschland bin, auch sofort aufgefallen ist…die Armlänge! Doch es ist nicht nur die Armlänge, die die Unterschiede spürbar machen. Auch im Mann-Frau-Verhältnis gibt es bedeutende Unterschiede zwischen den Kulturen. Während es in Deutschland völlig normal und fast schon alltäglich ist mit dem anderen Geschlecht befreundet zu sein, so bedeutet ein netter Abend in gemischter Gesellschaft gleich ein Rendezvous und ein tiefes Interesse an der anderen Person. Entsprechend fallen die Worte „Ich liebe dich“ und „du bist etwas ganz besonderes“ wesentlich schneller bei Südländern. Auch die Hartnäckigkeit darf dabei nicht unterschätzt werden. Ein nein, wird nicht immer gleich als nein hingenommen. So kann es passieren, dass auch noch nach wochenlanger Funkstille nicht aufgegeben wird.
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NovemberUnd wie ich erfahren durfte ist das nicht nur bei Ecuadorianern so, sondern eine generelle Eigenschaft der Südamerikaner. Diese Hartnäckigkeit zieht sich noch weiter durch. Auch bei der Tanzaufforderung ist ein „nein“ des anderen kein Hindernis dennoch die Person auf die Tanzfläche zu schleppen und zu den Rhythmen von Salsa, Merengue, Cumbia oder Reggaeton hin und her zu schleifen. Da darf man sich nicht wundern, wenn man vorsichtig wird bei jeglichen Annäherungen. 😊
Dennoch ist es genau diese Art der Annäherung, die die Menschen zu ihrer warmherzigen Art bringen und sie sofort ins Herz schließen lassen. Schon bei den Kindern ist dieses Gefühl der Nähe extrem ausgeprägt, was ich in meiner Arbeit in der Grundschule spüren durfte. Bei einem Gang über den Humboldtplatz konnte ich einer Umarmung eines oder mehrerer Kinder oder einem lauten Rufen nicht entkommen. Und es waren diese Umarmungen, die das Eis zwischen der deutschen Welt und meiner neuen Umgebung damals brachen.
Das Aufeinandertreffen verschiedener Mentalitäten beschränkt sich allerdings nicht nur auf die beiden unterschiedlichen Kulturen, sondern ebenso auf die Zusammenstellung der jeweiligen Praktikantengruppen. Hier treffen vielfältige Charaktere aufeinander die es heißt kennen zu lernen und mit denen man lernen muss umzugehen. Jeder einzelne von ihnen spielt
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Dezemberdabei eine besondere Rolle. Denn mit jedem einzelnen verbinde ich einen speziellen Augenblick, auch wenn die eine Beziehung intensiver war als die andere. Doch gerade das miteinander Auskommen scheint mich in meinem Charakter gefestigt und gestärkt zu haben. Und jeder einzelne hat sein kleines Stückchen dazu beigetragen. Der eine mehr, der andere weniger.
Die verschiedenen Leute, die man während einer solchen Erfahrung kennen lernt bekommen irgendwann einen eigenen Status. Die einen bleiben flüchtige Reisbekanntschaften, andere entwickeln sich von Reisebekanntschaften zu Freunden, zu denen man auch nach der Rückkehr noch Kontakt hat, andere zählt man sofort zu seinen engeren Freunden. All diese Menschen haben zu meiner Entwicklung in dem Jahr beigetragen. Doch es sind diese engeren Freunde, von denen ich gelernt habe, über meine eigene Person, bezüglich meiner Ansichten, meiner Prinzipien und Ziele. Dabei haben mich vor allem Mily und die ersten Monate bereichert und meine Sichtweise vieler Dinge beeinflusst. Durch sie lernte ich auch die andere Seite des Lebens kennen. Eine Seite, die nicht nur von materiellen Dingen lebt und beeinflusst ist, sondern die vielen kleinen Kostbarkeiten schätzt. Ohne die Freundschaft zu Mily wäre meine Erfahrung nicht komplett gewesen. Ebenso wenig wie ohne die Freundschaften zu den anderen Praktikanten und
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Januarbesonders zu Roomy. Ihr habt mir erneut gezeigt, dass oft der erste Eindruck täuscht und seid zu einem wichtigen Teil meiner Ecuadorerfahrung geworden. Ich danke jedem einzelnen von euch für die persönlichen Augenblicke (die berühmten „10“, „no demasiado rapido señor“, „listas…ya“, „komm, eine Runde schaffst du noch“, Glück im Spiel…, „du hast den Farbfilm vergessen…“) und all die anderen schönen Zeiten. Es war mir eine Ehre euch noch kennen lernen zu dürfen. Seid gewiss, dass ihr immer in meinen Gedanken seid und euch ein kleiner Fleck in meinem Herzen sicher ist. Ein weiterer Dank gilt auch meiner Mentorin, Judith, welche mit ihrer chaotischen, aber liebevollen Art dazu beigetragen hat, dass mein Praktikum so erfolgreich und lehrreich war. Einer der wichtigsten Menschen für uns im Colegio war Patricio. Gemeinsam mit seiner Frau kümmerte er sich um unser Wohl und um jedes Leid, das uns plagte. Deshalb gilt auch ihm ein ganz besonderer Dank! Genauso wie Annemarie und Dilma aus der Administration. Auch sie hatten stets ein offenes Ohr für unsere Probleme und Anliegen und boxten uns aus jeder prekären Situation wieder heraus. Ohne die beiden würde ich heute vielleicht nicht einmal hier sitzen und diese Zeilen verfassen, sondern einen Brief an
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Februardie Deutsche Botschaft von der Immigrationsbehörde schreiben. 😊 Aber auch den hier ungenannten Menschen, die Wesentliches zu dieser wundervollen Erfahrung beigetragen haben, möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen.



Während meines Aufenthaltes konntet ihr mich begleiten durch alltägliche Lebenssituationen, schulischen Alltag und auf meinen Reisen. Ich hoffe, ich konnte euch auch heute ein Bild dessen vermitteln was das Land, die Menschen und die ganze Erfahrung für mich bedeuten. Mit jeder neuen Zeile und dem Gedanken an das vergangene Jahr stieg ein Lachen, ein Schmunzeln, aber auch Tränen und vor allem die Sehnsucht in mir auf. Besonders beim sortieren meiner vielen Fotos verstärkte sich mit jedem Neuen mein Gemütschaos und machte das Auswählen der besten Bilder des jeweiligen Monats quasi unmöglich, da jedes einzelne Bild eine eigene Geschichte erzählt. Geschichten, die für Außenstehende wahrscheinlich nicht greifbar sind, aber für mich einen wichtigen Moment widerspiegeln. Doch genau diese kleinen Insiderstories komplettieren das Jahr und machen es zu dem, was es immer sein wird…unvergesslich.


…wieder zurück…


anja




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23rd July 2007

süsse, du hast mich mit deinen worten ja so gerührt. hab richtig pipi in den augen. ich freue mich , mit dir zu telefonieren . hoffentlich bald
21st August 2007

unglaublich
Anja, du solltest eigentlich Bücher schreiben.

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