Usbekistan 2015 © Bernhard Sonnleitner


Advertisement
Asia
March 28th 2015
Published: April 13th 2015
Edit Blog Post

Usbekistan
Studienreise: 28. März - 6. April 2015

Sa/28.03.
Flug Wien–St.Petersburg – Taschkent mit Rossiya Airline.

So/29.03.
Ankunft in Taschkent um 00:20 Uhr. Einreise sehr schleppend, die Usbeken, die den weitaus überwiegenden Teil der Reisenden ausmachen, werden penibel kontrolliert, insbesondere vom Zoll. Wir benötigen infolge der chaotischen Abfertigung 2 Stunden für die Einreise.
Dima unser usbekischer Guide wartete geduldig. Er ist Russe mit kirgisischer Mutter. Er ist ein sehr junger Mann, der Germanistik studiert hatte. Er sollte sich als außerordentlich gebildeter und belesener Kosmopolit herausstellen. Seine Umsicht und sein Humor gepaart mit dem nicht versiegenden Informationen über seine Heimat sollten die Reise zu einem spannenden aber auch vergnüglichen Erlebnis machen.
Transfer zum Hotel. Zimmerbezug um 2:15.
Übernachtung im Hotel im Ramada-Hotel in Taschkent, sehr schön.

Fahrt Taschkent – Samarkand mit dem Bus über die sog. Autobahn. Wir fahren durch die ehemalige sog. „Hungersteppe“ am Syr-Daria, das seit der Zarenzeit kolonisiert wurde und in der Sowjetzeit durch gewaltige Bewässerungskanäle erschlossen wurde. Die Bauarbeiten wurden groß teils durch Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangene ausgeführt. Es wurde ursprünglich fast nur Baumwolle angebaut, später auch Weizen. Die exzessive Entnahme von Bewässerungswasser aus dem Syr-Daria hat wesentlich zur Austrocknung des Aralsees beigetragen. Heute sind die riesigen Flächen der ehemaligen Kolchosen an die ehemaligen Landarbeiter, die sich heute Farmer nennen, vom Staat verpachtet. Die Menschen leben hier unter sehr ärmlichen Bedingungen in den Kolonisten - Dörfern, die noch aus der frühen Sowjetzeit stammen. Die Bearbeitung erfolgt mit bescheidenen maschinellen Mitteln, teilweise noch mit tierischer Arbeitskraft und sehr viel Handarbeit. Baumwolle und Weizen muss zu festgelegten Preisen an den Staat verkauft werden, alle übrigen Produkte - die allerdings nur auf sehr geringen Flächen angebaut werden - dürfen privat auf den lokalen Märkten verkauft werden. Gelegentlich sieht man sogar Glashauskulturen, auch einzelne kleinere Traktoren sind auf den großen Feldern im Einsatz.

Nachmittags erreichen wir Samarkand und machen beim Observatorium des Ulug Beg halt. Die unterirdischen Bereiche des zerstörten Observatoriums wurden erst 1908 von einem russischen Hobbyarchäologen wiederentdeckt und werden im Rahmen eines Museums präsentiert.
Ulug Beg, der Enkel des großen Amir Timur war nicht nur ein mächtiger Herrscher, der von Samarkand aus das riesige Reich Timurs 40 Jahre beherrschte (1409 – 1449), sondern auch ein begnadeter Wissenschaftler und Astronom. Seine Erkenntnisse, die er aus Beobachtungen in seinem Observatorium gewonnen hatte, dienten später großen europäischen Astronomen, wie z.B. Tycho Brahe als Grundlage ihrer Erkenntnisse. Er hatte angeblich selbst in der von ihm gegründeten Medresse in Samarkand unterrichtet.

Ein kalter Wind treibt uns schnell ins Hotel, wo ein ausgezeichnetes usbekisches Abendessen auf uns wartet: Salate, Samsa (Teigtaschen mit faschiertem Rindfleisch), Hühnerspieß und Kuchen. Dazu gibt es heimisches Bier und natürlich Wodka.

Exkurs Bevölkerung:
Mit über 30 Mill. Einwohnern ist Usbekistan der bei weitem bevölkerungsreichste Staat der 5 zentralasiatischen Republiken. 80% sind Usbeken, nur 5% Russen ca. 5% Tadschiken, alle anderen, wie Kirgisen, Uiguren, Tataren, Koreaner usw. machen die restlichen 10% aus. Die usbekische Sprache, die seit der Unabhängigkeit mit lateinischer Schrift geschrieben wird, ist offizielle Landessprache, alle öffentlichen Aufschriften, Wegweiser, Straßenbezeichnungen etc., sind nur in lateinischen Buchstaben, kyrillische Schrift ist im öffentlichen Raum kaum anzutreffen. Dennoch ist Russisch noch immer die Lingua Franca, die von fast allen verstanden wird.

Exkurs Religion:
88% der Bevölkerung bekennen sich zum Islam (Sunniten sufistischer Richtung). Durch die lange kommunistisch-sowjetische Tradition ist die Religion heute im privaten Bereich und im Brauchtum verankert und hat keine öffentliche Bedeutung.
Dabei hatten sich in den zentralasiatischen Regionen, vor allem in Samarkand und Buchara, vor dem Einfall der Mongolen im frühen 14. Jh., also im Gebiet des historischen Mawrannahr bedeutende islamische Rechts- und Glaubensschulen entwickelt. Ihre Hauptrichtung, der Hanafismus griff verstärkt auf regionale Sitten und Gebräuche zurück, lockerte deutlich die Sitten des Alltagslebens und vertrat mehr Toleranz im Umgang mit Andersgläubigen. So wurde der Islam auch für nichtarabische Völker attraktiv und trat seinen Siegeszug in Zentralasien an. Der Einfall der Mongolen zu Beginn des 13. Jh. beendete diese Blüte der moslemischen Philosophie, drängte die Religion in den Untergrund und lies eine mystische Richtung, den Sufismus entstehen. Amur Timur griff bei der Errichtung seines Reiches mit Ende der Mongolenherrschaft im ausgehenden 14. Jahrhundert stark auf diese Glaubensrichtung zurück und festigte den Islam in Zentralasien. Auch die Missachtung des Islam durch die russisch-zaristische Kolonisation und die spätere Unterdrückung durch die Sowjets konnten den Islam aus dem Alltag der zentralasiatischen Völker nicht verdrängen. Nach der Unabhängigkeit 1992 blieb Usbekistan ebenso wie die anderen zentralasiatischen Republiken ein laizistischer Staat, allerdings mit stark im Alltag verankerter religiöser Tradition.
Im Übrigen ist die Religionsausübung für alle Konfessionen, also neben den Muslimen vor allem für die Orthodoxen, aber auch sonstige Christen, Buddhisten etc. völlig frei. Propaganda bzw. Missionierung sind verboten.



Mo/30.03.
Samarkand
Als wir heute Morgenaus dem Fenster blicken, trauen wir unseren Augen nicht: 10 cm Neuschnee, -6°C, waagrechtes Schneetreiben. An eine solche Wettersituation Ende März können sich selbst die ältesten Usbeken nicht erinnern.
Bei Schnee besuchen wir den Registan - Platz, dessen Medresen trotz Kälte und beißendem Wind einen überwältigenden Eindruck hinterlassen: die Gebäude wurden zuletzt 1996 restauriert und erstrahlen heute wieder in ihrem ursprünglichen Glanz, nachdem sich die Restauratoren immer näher an die vergessenen Techniken der Baumeister des 15. – 17. Jahrhunderts herangearbeitet hatten. So kommt man heute den wunderschönen Naturfarben der ursprünglichen Kacheln mit chemischen Farben schon sehr nahe. Mit der Ulug Beg – Medresse (1420) bilden die 200 Jahre später erbaute Schirdor-Medresse und die Tilya-Kari-Medersse den wohl schönsten und eindrucksvollsten Platz Zentralasiens, wenn nicht der gesamten islamischen Welt.

Wir kämpfen uns durch den Schneesturm und über die schneeglatten Straßen in ein Teehaus wo wir uns bei Porsch (Rote Rüben-Suppe) und Tee aufwärmen, bevor wir das

Mausoleum des Herrschers Timur - Gur Emir bewundern können. Das Mausoleum, das Timur eigentlich für seinen Lieblingsenkel errichten ließ, diente schließlich als seine eigene Grabstätte. Es ist mit seiner doppelwandigen, gerippten Melonenkuppel und seiner kunstvollen, leuchtend blauen Fließendekoration wohl eines der schönsten Bauwerke der islamisch orientalischen Sakralbaukunst. Amir Timur (1336 – 1405) gilt als Begründer der Usbekischen Nation und genießt, obwohl er eigentlich ein sehr grausamer Eroberer und Herrscher war, großes Ansehen.

Das Abendessen in einem orientalischen Lokal in einem typischen Gebäude der russischen Kolonialstadt ist ein besonderes Erlebnis: es gibt typische usbekisch-russische Speisen: würzigen Krautsalat, knusprige Teigrollen mit Gemüse und als Hauptspeise Schaschlik (Fleischspieße). Neben einigen Touristengruppen essen hier vor allem einheimische Gruppen von Männern, die offensichtlich bei viel Wodka und reichlichen Essen Geschäfte machen oder politisieren. Wenn man auch nur in oberflächlichen Kontakt kommt wird man sofort überschwänglich willkommen geheißen und zu Wodka und Essen eingeladen, obwohl keiner ein Wort des anderen versteht.
Über die nicht geräumten, eisglatten Straßen ist selbst die kurze Fahrt ins Hotel ein Abenteuer. Übernachtung wieder im Orient Star Hotel, wo man rührend bemüht ist, mit Elektrostrahlern in den Zimmern die Kälte der Nacht erträglich zu machen.





Di/31.03.
Samarkand
Wir schauen uns die Ruinen von Afrosiab, der alten Hauptstadt der Sogder an, die von Tschingis Chan dem Erdboden gleich gemacht worden war und seither ein von Sand überdeckter Trümmerhaufen ist, in dem man die Grundrisse der damals 2000 Jahre alten und bedeutenden Stadt noch erkennen kann. Das neue Samarkand wurde dann 100 Jahre später von Timur auf dem aktuellen Platz wiedergegründet. 1912 begannen die archäologischen Ausgrabungen. Bei Straßenbauarbeiten am Rande von Afrosiab hatte man anfangs der 1960er Jahre 1300 Jahre alte Wandmalereien mit Szenen aus dem Leben der Sogder Herrscher entdeckt, die wir im Afrosiab Museum im Original bewundern.

Die Gräberstadt Schahisenda besuchen wir danach. Wunderschön sind die türkisfarbenen Schmuckelemente, die Majolikafliesen und Fayencenmosaike in leuchtenden Farben. Schahisenda ist eine ganze Straße von Grabbauten. Eine Reihe von den Timuridenherrschern nahestehenden Persönlichkeiten hat dort ihre letzte Ruhestädte gefunden. Wir bewundern hier die Schönheit und Vielfalt der islamischen in höchster Vollendung.

Heute erleben wir die Steigerungsstufe zu Schneesturm, das ist feuchtkalt bei +2°, Regen und Wind. Trotzdem besuchen wir die Ruine der Moschee Bibi Khanum; diese Moschee wurde von Timur (1365-1405), dem großen Kriegsherrn mongolischer Herkunft, zu Ehren seiner Lieblingsfrau gebaut. Die Gigantomanie Timurs umranken viele Legenden den Bau betreffend. Entgegen dem Rat der Architekten und Baumeister, und entgegen allen statischen Wissens mussten dieses Bauwerk in seinen gigantischen Dimensionen errichtet werden, doch es begann schon bald einzustürzen und verfiel schon bald nach der Fertigstellung. Die in mühsamer Arbeit bereits rekonstruierten Baugruppen vermitteln einen guten Eindruck von der einstigen Größe dieses Komplexes, jedoch lässt die UNESCO wegen der aus statischen Gründen exzessiv verwendeten modernen Materialien das restaurierte Gebäude nicht als Welterbe gelten. Wir lassen wir die Farbenpracht der einstmals schönsten Moschee des Orients auf uns wirken.
Dann geht es in den Alltag auf den gegenüberliegenden Bazar. Zahlreiche Verkäufer trotzen dem Hundewetter, der Kälte, dem Regen, den vereisten Wegen und dem Matsch. Ihre sonst so farbenfrohe Kleidung, mit den bunten Kopftüchern, den Tjubeteikas (Kappen) und Turbanen ist heute durch die schweren Stoff- oder Pelzmäntel so wie das trübe Wetter etwas eintöniger geworden.
Am Abend verkosten wir usbekischen Wein in einer staatlichen Weingenossenschaft. Er schmeckt entweder leer und ist mit zu viel Säure versehen oder ist viel zu schwer und süß, kurz nicht unser Geschmack. Dazu kommt der russische Scharm des Verwalters bei der Weinpräsentation, der das Engagement mit dem der Wein produziert wird, zu repräsentieren scheint. Interessanterweise wird in dem Wein-Staatsgut das Andenken an den Gründer des Weingutes, den die Bolschewiken 1917 vertrieben hatten, hoch gehalten.
In einem privaten Familienlokal essen wir heute ein typisch usbekisches Menü mit Plov (Reisfleisch), dessen Genuss allerdings durch die Kälte im ungeheizten Speisesaal getrübt wird.

Übernachtung wieder im Orient Star in Samarkand

Mi/01.04.
Samarkand ––Buchara
Heute morgen ist es schon wärmer, der Schnee und das Eis sind weg. Doch es gibt dichten Nebel. Wir fahren über die sog. Autobahn durch das Tal des Kara-Darya. Die Autobahn ist schlechter als ein Feldweg, denn sie besteht nur aus Schlaglöchern. Faszinierend, wie die zahlreichen LKW-Fahrer aber auch unser Fahrer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h durch das Gewirr an Löchern manövrieren. Bei Navoi machen wir Pause, besichtigen Ruinenstätte Rabat i Malik, die einmal ein Karawanserei gewesen sein könnte und essen in einem pompösen Hotel in der Mitte von Nirgendwo, das angeblich der Unterbringung von Geschäftsleuten dienen soll. Wir setzen unsere Reise fort durch weite, der Wüste abgerungene Baumwollfelder. Bei Gishduvan besuchen wir eine alte Töpferwerkstatt, wo ein beherzter Tschetschene altes Wissen über die Töpferkunst aus der Zeit Ulug Begs vor den kollektivierungswütigen Kommunisten in die Zeit nach Sowjetunion gerettet hat.
Am Rande von Buchara steht schließlich noch der Sommerpalast des letzten Emirs von Buchara „Sitora Machi Chosa“ auf dem Programm. Er hatte unter der Protektoratsmacht Russland dort ein Leben in Saus und Braus geführt, bevor er vor den Bolschewiken nach Afghanistan geflohen ist.
Buchara. Abendessen im Hotel und Übernachtung im Omar Khayyaml Exkurs Bildung: mitten in der historischen Altstadt (UNESCO Weltkulturerbe)

Exkurs Bildung:
Wie in allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion ist das Bildungswesen staatlich. Auf die 9-jährige Grundschule folgen 3 Jahre Lyceé oder Fachschule (Berufsausbildung). Bis zu diesem Punkt ist Schulbildung gratis. Für die Universitäten gilt Aufnahmebeschränkung, die durch Aufnahmeprüfungen – im ganzen Land am 1. August – sehr restriktiv gehandhabt wird. Das Studium kostet etwa $ 1000 pro Semester, was sehr viel ist (Monatseinkommen $ 350).

Do/02.04.
Buchara
Die Oasenstadt Buchara. Bei einem Spaziergang in der Altstadt durch die engen Gassen, vorbei an den mit bläulichem Mosaik verkleideten Medresen und Moscheen gewinnen wir bleibende Eindrücke von der Stadt. Erstes Ziel ist die die Ulug beg – Medrese, die erste die der gelehrte Herrscher gegründet hat.
Der Kalankomplex: Das einzeln stehende Kalan-Minarett stammt aus dem 11. Jahrhundert und wurde bei der Eroberung Bucharas durch Chingis Chan nicht zerstört. Mit 45m ist es des höchste Usbekistans. Die Moschee Kalan stammt aus der Zeit nach den Timuriden (Beginnendes 16. Jh.) und ist in dieser Tradition großartig und eindrucksvoll. Die gegenüberliegende Medrese Mr-e-Arab bildet ein perfektes Spiegelbild der Moschee und formt zusammen mit dem Minarett einen der schönsten Plätze des Orients.
Im Nordwesten der Altstadt befindet sich die Zitadelle (Ark), auf einem künstlichen Hügel über der Wüste thronend, stand dort seit den 6. Jh. nach Chr. bis 1920 die Festung und Residenz des Herrscher von Buchara. Nur ein kleiner Teil ist erhalten, der Großteil wurde von der Roten Armee zerstört.
Wir besuchen die Bolo-Hauz Moschee, eine aktive Moschee gegenüber der Zitadelle, was sich als völlig problemlos darstellt und unterhalten uns mit dem Mullah.
In der Altstadt rund um das Wasserbecken – Laby Hauz herrscht eine wunderbar entspannte Atmosphäre. Mit Blick auf das angrenzende, wunderbare Bauensemble von Moscheen und Medresen gibt es am Wasserbecken gelegen ein Restaurant, wo wir in der Sonne sitzend das Ambiente des Platzes genießen und unser Mittagessen einnehmen können. Die Einheimischen spielen Domino, trinken Tee oder plaudern entspannt am Wasser sitzend. Früher war das Wasserbecken, das vom Bewässerungskanal gespeist wird, einzige Wasserquelle für die Stadt, wodurch zahlreiche Krankheiten, wie der Spulbandwurm, verbreitet worden waren.
Im letzten Licht des sonnigen Tages besuchen wir noch das Mausoleum der Samaniden (900 n.Chr.), eines der wenigen erhaltenen Gebäude aus der vorislamischen Zeit, Grabstädte der Herrscher der ersten nichtarabischen Dynastie; der Baustil erinnert an einen zoroastrischen Feuertempel.

Abendessen in einem kleinen, privaten Familienrestaurant mit Nawrus (würziges, im Steintopf gedämpftes Flesch mit Gemüse und Erdäpfel). Da es im Hof zu kalt ist, bewirtet uns die Familie in Ihrem Wohnzimmer. Vom Vorspeisensalat bis zum Wodka ist alles da, wirklich sehr gemütlich und gut.
Übernachtung in Buchara.
Buchara (F, A)

Fr/03.04.
Buchara – Chiwa
Am Morgen besichtigen wir noch die Reste der kleinen 4-Säulen Medresse Chor Minor aus 1807, die durch ihre unüblich schlanken 4 Türme mit türkisblauen Kuppeln auffällt.

Fahrt nach Chiwa. Die Straße führt zunächst durch die schier endlose Wüsten- und Steppenlandschaft West-Usbekistans. Wir essen in einem mehr als primitiven „Road House“ in „the middle of nowhere“ Schaschlik oder Lagmann Suppe. Nach dem feldwegartigem ersten Teilstück der Strecke folgt völlig unvermittelt eine nagelneue, 4-spurige Autobahn, die von deutschen Firmen errichtet wurde.
Dann erreichen wir die Oasen am Amu Darja und es geht in die Provinz Choresm. Hier ist dicht besiedeltes Gebiet mit intensiv bewirtschafteten Gemüse- und Obstgärten und klein gegliederten Feldern.
In dem uralten Kulturland am Unterlauf des Amu Darja wurde auch der berühmte persische Universalgelehrte Arzt und Philosoph Awizena(arab.: Ibn Sina) geboren (10. Jh. n.Chr.) Er beschäftigte sich auch mit Psychologie und Psychiatrie und hatte zahlreiche Werke in verschiedenen Wissenschaften wie Mathematik, Astronomie, Geometrie, Chemie, Physik, verfasst. Er schrieb hauptsächlich auf Persisch und Arabisch und beeinflusste viele europäische Gelehrte der frühen Neuzeit.

Unterwegs begegnen uns immer wieder Kamele und Reiter mit beladenen Eseln.
Abendessen im Hotel und Übernachtung in Chiwa im Orient Star Hotel, das in einer alten Medresse untergebracht ist. Mit der Kälte der Nacht in den Zimmern, für die man hier nicht wirklich eingerichtet ist, kann man sich ansatzweise das Leben der Studenten vorstellen, das gar nicht romantisch, sondern sehr entbehrungsreich war.

Exkurs Familie und Gesellschaft:
Die usbekische Gesellschaft ist eine sehr traditionelle, vor allem auch dadurch bedingt, dass 75% auf dem Lande leben. Ehen werden immer noch Großteils arrangiert, für die Hochzeit wird ein Großteil des Familienvermögens ausgegeben. Erst die jüngste Generation, die im Ausland, in den Städten Russlands, Koreas, Amerikas oder sonst wo arbeitet, bricht mit dieser Tradition, ebenso mit den traditionellen Rollenbildern in der Familie, da die Frauen in den Städten berufstätig und vielfach auch recht gut ausgebildet sind.
Die Mahalla: die traditionelle Nachbarschaft der Usbeken ist ursprünglich eine soziale Einrichtung, die Bedürftige versorgt. Mittlerweile bedient sich der Staat dieser Institution, indem er der Mahalla einen Rechtsstatus gegeben hat und ersetzt so das Sozialsystem, das ohnedies nicht zu finanzieren wäre und lässt diese auch diverse administrative Aufgaben erledigen. Jeder Bürger Usbekistans gehört - ob er will oder nicht, in der Stadt oder auf dem Land, ob Usbeke, Russe oder Tatschike, etc. - einer Mahalla an. Das mag in sozialen Härtefällen gut sein, ist aber wegen des Einblickes, den die Mahalla in alle persönlichen, privaten und Familienverhältnisse hat, sicher nicht unproblematisch.

Sa/04.04.
Chiwa
In dem einzigartigen, bewohnten Freilichtmuseum mit seinen Palästen, Minaretten und Moscheen scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Ganztägige Besichtigung in Chiwa mit Besuch der Festung Khone Ark (Ark = Festung), Minarett Kalta Minar, des Pahlovon-Mahmud - Mausoleum, Shergozi-Khan-Medrese, Dschuma-Moschee, Uch-Avlya-Mausoleum und Tasch-Hauli-Palast.
Abendessen im ehemaligen Sommerpalast des letzten Emirs von Choresm und Übernachtung in Chiwa wieder im Orient Star, der ehemaligen Medresse.

Exkurs: orientalische Gelehrte des Mittelalters
An allen Ecken trifft man im heutigen Usbekistan auf die Spuren verschiedener Gelehrter des Hochmittelalters. Die Grenzen waren offen, Persisch und Arabisch, die gängigen Sprachen zwischen Zentralasien und Arabien konnte man in Fürsten- und Gelehrtenkreisen überall, und so gab es einen regen Austausch der Wissenschaften. Die Herrscherhäuser überboten sich aus Prestigegründen im Fördern der Gelehrten, was ein außerordentlich förderliches Klima für die Wissenschaften schuf.
Gleich vor dem Osttor von Chiwa bewundern wir die Statue eines berühmten Sohnes der Stadt: Der Mathematker Abu Dschafar al-Choresmi, (ca. 780 – 850 n.Chr.) lebte fast sein ganzes Leben in Bagdad, und erwarb sich dort den Beinamen „al Choresmi = der aus Choresm, dessen latinisierte Form den mathematischen „Algorithmus“ bezeichnet. Er erfand die Ziffer „0“ und führte sie in das Zahlensystem ein.
So/05.04.
Chiwa –Urgentsch –Flug nach Taschkent
Nach dem Frühstück Transfer zum Flughafen in Urgentsch (ca. 35 km von Chiwa entfernt) und Flug nach Taschkent.
Stadtführung in Taschkent. Die Stadt wurde durch das Erdbeben von 1966 völlig dem Erdboden gleich gemacht. Entsprechend modern ist die Erscheinung der Stadt. Wir sehen moderne Boulevards und neue Sakralgebäude alten Stils. Lebenswerte Wohnviertel bekommen wir in der 3 Mill.Ew. – Metropole nicht zu Gesicht.
Das Abendessen bei einer usbekischen Familie ist mit einer authentischen Tanz- und Folklorevorführung bereichert und sehr stimmungsvoll. Wie immer gibt es typisch Usbekisches und diesmal herrlichen usbekischen Wein.
.
Mo/07.04.
Frischmachen im Hotelzimmer für den Nachtflug;
00:30 Transfer zum Flughafen; bei der Ausreise durchlaufen wir in alter Nostalgie noch einmal echte Bürokratie sowjetischer Provenienz. Für die diversen Ausreisekontrollen brauchen wir eine Stunde. Sehr spannend um diese Tageszeit…
Flug Taschkent – St.Petersburg-Wien mit Rossiya Air, einer Tochter von Aeroflott. Der bescheidenen Qualität der Verpflegung und dem russischen Charme der Flugbegleiter begegne ich mit dem Verschlafen des Nachtfluges. Sonst pünktliche und problemlose Flüge.


Additional photos below
Photos: 128, Displayed: 34


Advertisement



Tot: 0.078s; Tpl: 0.02s; cc: 12; qc: 23; dbt: 0.0444s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1; ; mem: 1.1mb