Ganesha


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India's flag
Asia » India » Maharashtra » Mumbai
September 13th 2005
Published: September 14th 2005
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SchreinSchreinSchrein

Das war der Schrein bei der Familie am Sonntag. Danach wurden wir bis zum Anschlag mit indischem Essen abgefüllt :-)
So jetzt ist es aber wirklich Zeit mal wieder zu schreiben.
Zur Auflockerung erstmal ein paar Gerüchte plus Wahrheiten:

Viele Inder denken, ein Foto würde Ihnen einen Teil ihrer Seele nehmen


Glatte Lüge, ich habe noch keinen getroffen. In Wahrheit wollen immer möglichst viele mit auf allen Fotos sein und bedanken sich anschließend. Das gilt noch mehr, wenn man filmt. Sicher gibt es irgendwo vielleicht auch mal das Gegenteil, aber wenn man ganz normal dezent fotographiert oder einfach fragt muss man sich keine Gedanken machen. Selbst bei religiösen Dingen freuen sich die meisten richtig, wenn man fragt, es zeigt ja auch in gewisser Weise ein Interesse.

Alle Afrikaner können irgendwie gut und alle Südamerikaner Salsa tanzen


Wahr keine Diskussion.

Die deutschen Jugendlichen sind international für Seriosität, Langweiligkeit oder überhaupt irgendetwas bekannt


falsch, in Wahrheit sind die Deutschen dafür berühmt, dass sie Flaschen, besonders Bier mit einem Feuerzeug aufmachen können. Das kann sonst niemand, es fasziniert ungemein und ich habs bestimmt schon 5 Leuten beibringen müssen.

Inder sind unpünktlich


Falsch. In Wahrheit ist nur ein einziger Inder immer unpünktlich. Da Indien aber so verzahnt ist, müssen alle anderen auf ihn warten und verspäten sich dadurch selbst. So breitet sich die Verspätung rapide
GaneshaGaneshaGanesha

Es gibt kein Medium mit dem man diese Energie einfangen könnte, aber wenigstens ein Bild vom Anfang.
aus, aber wenigstens hat jeder eine Ausrede ;-)

Man wird als Ausländer immer von den Rickshawfahrern beschissen


Falsch, wenn man weiß wie, kann man das gleiche tun. Es geht darum, dass sie teilweise aus unerfindlichen Gründen nicht zu bestimmten Orten fahren wollen. Also sagt man ein anderes Ziel, stellt sich blöd und dirigiert sie dann an das ursprüngliche. Danach haben bisher alle breit gegrinst und gelacht so nach dem Motto "Hey warte mal, normalerweise beschwindeln wir doch die Weißen, aber ich kanns ihm jetzt wirklich nicht übel nehmen"

Dänische Wurst hat einen Ruf als pinkes Grauen


Falsch, sie wird in die ganze Welt exportiert und gilt hier als Delikatesse, räusper räusper.

Man kann bei vollem Regen und 4 Windstärker kein Streichholz anzünden


Falsch, die indischen Straßenverkäufer könnten das wahrscheinlich selbst in einer sauerstofflosen Umgebung ohne ihre Hände zu benutzen.

Indien ist ein unglaubliches Land


Wahr :-) und jetzt die Geschichte:

Ganesha Festival


Dieses Festival ist der Grund für endlose Staus und schlaflose Nächte, aber auch beeindruckende Begegnungen und gigantische Stimmung. Es wird zu Ehren von Ganesha gefeiert. Der sieht aus wie ein Elephant und die meisten haben ihn sicher mal in irgendeiner Form gesehen. Während dieses 12 Tage andauernden Festivals haben die meisten Familien Statuen dieses Gottes in verschiedenen Größen bei sich zu Hause. Dies symbolisiert quasi einen Besuch Ganeshas in ihrem Heim. Wir hatten Sonntag die Gelegenheit eine Familie zu besuchen (Photo). Die größeren (bis zu 2 Meter) Statuen werden auf Lastwägen in Schrittgeschwindigkeit durch die Stadt transportiert. Davor tanzen Rotgefärbte zu wilden Trommelrythmen. Man muss sich das ein bisschen wie eine traditionelle „Love Parade“ vorstellen.
Nach 1 ½, 3, 5, 7 1/8 oder 12 Tagen verlassen immer größere Abbilder ihre Standorte. In Wahrheit gibt es zwar feste Zeiten, aber irgendwie erzählt mir jeder etwas anderes 
Die Statuen werden dann feierlich entweder im nächsten Fluss oder praktischerweise im Meer versenkt. Sinn des ganzen ist, nach dem Besuch Ganeschas einen Leerraum zu schaffen, wie er eben entsteht, wenn ein Gast das Haus verlässt, um ihn im naechsten Jahr wieder zu begrüßen.
Kleiner Tipp für den, der unter mangelnder Aufmerksamkeit leidet: Lauf durch eine Straße in Bombai!
Kleiner Tipp für diejenigen, die sich mal wie ein Superstar fühlen wollen: Malt euch einen roten Punkt auf die Stirn und lauft während dieses Festivals durch Mumbai. Wir bekamen einen während des Besuches bei der Familie. Danach sind uns quasi Gruppen von Menschen hinterher gerannt, jeder winkt einem zu und die Tanzenden flippen völlig aus.
Soweit so gut, doch dann brach es über mich herein wie einer dieser berühmten Monsunregen. Am Montag abend verließ ich mein Büro gegen 18.00 Uhr. Was man dazu wissen muss, Hadschi Ali, die Bucht, an deren Rand ich arbeite, ist einer der größten Feierplätze. Ich warf nur einen Blick zur Tür raus und entschied erstmal: “Deinen Laptop lässt du jetzt mal lieber hier“. Also wieder zurück in den sechsten Stock. Dort angekommen wollte ich gerade wieder weg, als mal wieder der Strom ausfiel. Also mit Feuerzeug den Weg durchs Treppenhaus gesucht und raus ins Chaos. Völlig unmöglich hier zwischen tausenden feiernden Leuten eine Bus zu bekommen. Es fuhren zwar ein paar durch die Massen, aber die waren völlig zu, genau wie auch alle Taxis. Also wanderte ich erstmal ein bisschen die Straße entlang. Obwohl der Festzug auf der anderen Straßenseite war, konnte man seine Energie so intensiv fühlen als würde dir jemand mit einem nassen Handtuch ins Gesicht schlagen. Nein mehr als stünde man unter einem kalten Wasserfall, heftig, aber dennoch ungeheuer anziehend und angenehm. Ich stellte mich dann in die Mitte der Straße auf einen umzäunten Mittelstreifen, um von dort ein paar Bilder zu machen. Die Massen tanzen extatisch und alles wird bedeckt mit pulverförmiger, geworfener Farbe. Dazwischen immer wieder Böller, für die dich der deutsche TÜV 10 Jahre in den Knast schicken würde. Lange unbemerkt blieb ich nicht. Als ein paar der Feiernden sahen, dass da ein Weißer steht, der auch noch eine Kamera hat bildete sich in wenigen Sekunden eine riesige Menge, die für die Kamera oder für MICH tanzten. Ich habe nur den Anfang gefilmt, das war etwas, dass man mit seinen eigenen Augen sehen muss. In diesem Moment hatte ich so ein Gefühl und ich wusste was gleich passieren wird. Und eine zehntel Sekunde später hatte ich schon entschieden.
Irgendeiner der tanzenden kannte wohl als erste das englische Wort und nach wenigen Sekunden schrien alle im Takt „Dance“, „Dance“. Wer jetzt denkt, das würde er nie machen liegt falsch. Stellt euch 100 Gesichter eines kleine Jungen vor, der seinen Vater fragt, ob er zu seinem Fussballspiel kommt, 100 Menschen die aus voller Seele und Freundlichkeit strahlen. Also in dem Moment ist dir ein Lieblingshemd egaler als ein verlorenes Streichholz. Ich bin also über den Zaun geklettert und habe mitgetanzt. Unzählige Hände an meinem Körper und die Luft undurchsichtig vor lauter Pulver. Und in dem Moment als ich mich der Gruppe anschloss, nahm Indien sein Schwert der unvorstellbaren Fröhlichkeit, Ausgelassenheit und Freundlichkeit und rammte es direkt in mein Herz. Ich weiß nicht wie lange ich genau getanzt habe. Auf jeden Fall war ich danach völlig mit Farbe bedeckt und absolut übereindruckt. Dann bin ich erstmal ne halbe Stunde aus dem Herzen des Festes spaziert, völlig fertig im Geist, aber überglücklich. Der Heimweg dauerte dann fast zwei Stunden, während mich alle freundlich angrinsten. Ich war ja auch schließlich komplett mit roter Farbe eingerieben.
Zwei Dinge sind noch anzufügen:
1. Niemals werde ich angemessen beschreiben können, was da wirklich passiert ist, ich werde es nie vergessen und ich wünschte jeder von euch wäre dort gewesen.
2. Mein Hemd war im Gegensatz zu allen freien Stellen meines Körpers und meinem roten Rucksack so gut wie sauber, wer weiß warum.


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26th September 2005

wow
hi jonas, wow, also erstmal, dass ich dir hier so -mir nix dir nix- mitten im internet übern weg laufe und dann aber noch viel mehr wow, was indien angeht - das klingt ja alles unglaublich spannend. wie bist du denn auf die idee gekommen nach indien zu gehen - sehr cool, klingt ja wirklich grandios! die frage wie es dir geht, kann ich mir ja eigentich auch sparen, nachdem ich hier die zeilen gelesen habe. ich war jetzt die letzen zwei monate auch gar nicht so weit von dir weg. wenn mich meine erdkunde kenntnisse (herrn buchner sei dank) nicht total verlassen haben, dann ist mumbai doch am arabischen meer und ich war demnach quasi nur auf der anderen seite vom teich - ich habe jetzt übern sommer ein praktikum in abu dhabi gemacht. war auch wirklich sehr interessant, aber was das kulturelle erlebnis angeht, war es wohl eher "india light" (inder gabs dort nämlich auch gefühlte milliarden, aber was die strassenfeste betrifft, hielt es sich doch in engen grenzen). naja, jetzt sitze ich seit einer woche wieder hier im regen in koblenz und versuch mich an den studienalltag zu gwöhnen. ich wünsche dir noch ganz viel spass und das ein oder andere spektakuläre erlebnis bei den indern! hoffentlich sieht man sich mal wieder in münchen. beste grüße. lukas

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