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Published: October 9th 2011
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Tibetische Fahrkuenste
(Marco schreibt)
Heute haben wir uns mit dem Landcruiser auf den Weg nach Gyantse und dann weiter nach Shigatse gemacht. Bevor wir von den Highlights dieser Fahrt berichten werden, kommen wir aber zu einem anderen Thema, den tibetischen Fahrkuensten. Auf der tibetischen Strasse laeuft naemlich einiges anders als wir das bei uns gewohnt sind. So ist zum Beispiel bei uns das wohl meist verwendete Bedienelement eines Autos das Gaspedal. Bei sehr vorsichtigen Fahrern kann eventuell auch noch die Bremse in Betracht kommen. In Tibet ist das voellig anders. Das mit Abstand am meisten benutzte Instrument an einem Auto ist...die Hupe. Tibeter hupen bei so ziemlich jedem Anlass. Sie sehen ein anderes Auto, sie hupen. Sie sehen einen Menschen, sie hupen. Beim Ueberholen, Kurven fahren und auch nur mal just for fun, ohne Hupe wuerde hier nix funktionieren. Fuer sie gibt es sogar ein Verkehrsschild, das sie auffordert kraeftig zu hupen. Das Problem ist allerdings, dass sie das Hupen auch oft anderen sinnvolleren Manoevern so gut wie immer vorziehen. Steht zum Beispiel ein Yak auf der Fahrbahn, was durchaus haeufig vorkommt, wird natuerlich nicht gebremst oder gelenkt, denn Bremse und Lenkrad sind nicht so beliebt wie...genau, die Hupe. Stattdessen wird
voll draufgehalten und gehupt. Das Yak schaut dann meist nur gelangweilt und leicht duemmlich aus der Waesche, ruehrt sich aber keinen Fleck. Yaks sind generell sehr stoische Tiere. Allerdings nicht ganz so stoisch wie Felsen und Gegenstaende. Auch die werden voller Inbrunst ausgehupt, bewegen sich aber auch sehr selten. Nur wenn ein Tibeter sich vollkommen sicher ist, dass das Hupen keinen Erfolg bringen wird, bremst oder lenkt er. Vollkommene Sicherheit erlangt der Durchschnittstibeter dabei ca. 5m vor dem Zielobjekt.
Eine weitere Eigenart der tibetischen Autofahrer ist, dass sie ueberall fahren, nur nicht in ihrer Fahrspur. Sie fahren direkt mittig auf der Trennlinie, auf der gegnerischen Spur, neben der Strasse. Aber niemals, wirklich niemals in ihrer Spur. Besonders als wir mit unserem Landcruiser die Bergstrassen Richtung Pass hinaufgefahren sind und sich die Strassen anfingen um die Berge zu schlaengeln, fingen wir an uns Sorgen zu machen. Die eine Kurve war vollkommen uneinsehbar und der Fahrer bretterte mittig zwischen den Spuren die Strasse hinauf. Wir fragten uns, was wohl passieren wuerde, wenn uns mal ein Wagen entgegenkommen wuerde. 3 Kurven spaeter bekamen wir die Antwort.
Der Feindwagen fuhr natuerlich ebenfalls mittig zwischen den Spuren und beide einigten sich sofort auf eine Reaktion.
Natuerlich, warum haben wir uns ueberhaupt gefragt. Sie hupten. Die 5m Zielabstand waren diesmal allerdings schnell erreicht, was dann zum Glueck doch noch zu einem riskanten, aber erfolgreichen Ausweichmanoever fuehrte. Unser Fahrer schien danach etwas nervoes. Deshalb beschloss er, nein, nicht etwa in seiner Spur zu fahren, sondern vorsorglich in jeder Kurve zu hupen. Gut, dass wir zuvor den Horseneck (Pferdenacken) Buddha besichtigt hatten. Dieser kann einem naemlich sofortigen Schutz liefern. Darauf scheinen sich die Tibeter auch voll und ganz zu verlassen. Was soll ich sagen, es hat geklappt.
Die Wohnstaette der Nakra
(Sandi schreibt)
Auf unserem Weg nach Gyantse bekamen Marco und ich unsere Muender kaum zu. Das hatte mehrere Gruende: Zum einen die bereits oben erwaehnten Fahrkuenste unseres Fahrers, zum anderen die bevorzugte "Mundatmung" in 4000 m Hoehe, aber zuguterletzt, weil wir noch nie etwas so Schoenes und Beeindruckendes gesehen hatten. Wir fuhren an den groessten Bergen vorbei, sahen kaum Menschen, vereinzelt mal ein Yak, in der Ferne Gipfel, auf denen Schnee lag und dann... der atemberaubende Yamdrok-See. Die Landschaft sah teilweise so schoen aus, dass es einem irreal vorkam, wo kamen diese Farben her? Da hat jemand ganz tief in seinen Tuschkasten gegriffen. Im Yamdrok-See, glauben
die Tibeter,lebt die Heilige Nakra. Sie ist eine Schutzgoettin. Sie ist halb Mensch, halb Schlange. Und als wir den See in seiner ganzen Pracht bestaunt hatten, glaubte ich auch, dass hier etwas Goettliches mit im Spiel sein muss. Auf dem Weg zum See erzaehlte uns Zunam von den Bestattungsriten der Tibeter. Kinder unter 8 werden an die Fische verfuettert (Seebestattung), alle anderen an die Voegel (Luftbestattung). Dies ist auch der Grund, warum die Tibeter keinen Fisch essen. Diese Bestattungen klingen fuer uns vielleicht sehr makaber, aber ich empfinde sie aus Sicht der Tibeter sehr passend fuer ihren Glauben. Die Buddhisten (aus Tibet) glauben z.B., dass es 6 Formen des Lebens gibt, die ein jeder durchlaufen kann.Die 6 Stufen sind: Hoelle, ewig hungriger Geist, Tier, Mensch, Halbgott, Gott. Zudem kann jeder Buddha werden, der Buddha steht noch ueber dem Gott. Die Vorstellung, dass wir alle in einer gewissen Form gleich sind und es von unserem Verhalten und unserer Einstellung abhaengt, was aus uns wird, empfinde ich als gut.
Auf unserem weiteren Weg erreichten wir dann den hoechsten Punkt, an dem Marco und ich je waren: 5050 Meter.
In dieser Hoehe bestaunten wir einen Gletscher, der bereits ein wenig schmolz. Zunam erklaerte,
dass der Klimawandel auch vor Tibet keinen Halt macht.
Die Eindruecke unserer Fahrt sind schwer in Worte zu fassen und auch die Bilder geben leider nur einen Bruchteil von dem wieder, was man vor Ort gespuert hat.
Inzwischen sind wir in Shigatse angekommen, eine relativ dreckige Stadt. Ein Schlagloch jagt das andere. Mit reichlich Souveniren bepackt brechen wir morgen frueh nach Shegar, einem kleinen Dorf, als Zwischenstopp auf,um dann uebermorgen im Everest Basecamp anzukommen. Dies befindet sich auf 5200 m Hoehe und falls es uns so gut geht wie momentan auf unseren 4000 Metern, werden wir in einem warmen Yakzelt dort eine Nacht verbringen.
Es warten also noch Abenteuer auf uns. Der naechste Bericht folgt dann aus Nepal (12.10.) mit Bildern vom hoechsten Berg der Welt😊
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