3 Tage blau in Chefchaouen und Asilah


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February 26th 2024
Published: February 29th 2024
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Mja, tatsächlich haben wir hier seit Beginn der Reise keinen Tropfen Alkohol zu uns genommen, ich wegen der Schwangerschaft und Dennis....naja weil es einfach auch keinen gibt und weil er beschlossen hat, dann auch gleich mal Alkohol fasten zu können. Also "leider" sprechen wir hier nur von Häusern ( und Türen und Treppen und Gehsteigen und Moscheen und Brunnen und und und), die blau waren aber dafür war das um so schöner. Chefchaouen, die "blaue Stadt" hoch oben im Rif Gebirge war mein heimlicher Favorit der Reise, wenn auch weit davon entfernt ein Geheimtipp zu sein. Trotzdem besticht der kleine Ort mit nur 60.0000 Einwohnern durch seine malerisch in blau und weiß getünchte Medina und die wunderschöne Lage am Fuß des Djabal Ech Chaouen mit seinen beiden Doppelgipfeln, die wie Schafshörner hinter der Stadt aufragen und sie malerisch umrahmen. Die Fahrt hier her, insgesamt waren wir knapp 3 Stunden unterwegs, war auch wieder idyllisch und sehr abwechslungsreich - und zu unserer Freude war die Straße auch durchgehend geteert und in gutem Zustand. Zwischendurch gab es haarsträubende "Schwertransporte" zu sehen, meistens alte Mercedes Busse, die durch ihre waghalsig verzurrte Dachladung um das Doppelte erhöht waren. Und obwohl gefühlt alle 20 km irgendwo eine Polizeikontrolle stand, gerne vom entgegenkommenden Verkehr mittels Lichthupe angekündigt, wurden diese Fahrzeuge scheinbar nie aus dem Verkehr gezogen. Wir hatten bisher allerdings auch Glück und wurden nie rausgezogen, etliche Berichte, die Dennis vor der Reise gelesen hatten, erzählten von vorgetäuschten Geschwindigkeitskontrollen, mit denen Ausländern bei diesen Kontrollstellen ein paar hundert Dirham aus der Tasche gezogen wurden. In Chefchaouen (gesprochen: "T-schauen") angekommen, beziehen wir unsere winzige Ferienwohnung, die natürlich ebenfalls eine blaue Tür hat und in einer blau getünchten Gasse liegt, und aus zwei kleinen Schlafzimmern, einem Wohnbereich mit gemütlicher Couch und Mini-Küchenzeile sowie einem winzigen Bad besteht. Zum Glück gibt es auch eine Klimaanlage/Heizung, denn hier oben in den Bergen ist es schon jetzt tagsüber mit 11 Grad um einiges kühler als in Moulay Idriss. Unser Mietauto parkt in einer überfüllten Garage mitten im Getümmel. Die Handbremse durften wir nicht anziehen und das Auto wurde stattdessen mit groben Steinen vor dem Wegrollen gesichert. Auf diese Weise wird es offenbar hin und hergeschoben, wenn jemand vor oder hinter uns ausparken will. Sehr findige Geschäftsidee, so bekommt man natürlich die Doppelte Menge Fahrzeuge in seiner Parkgarage unter. Auch hier muss man viel auf und ab steigen, wenn man die Medina erkundet aber es ergeben sich immer wieder unglaublich schöne Fotomotive in den wirklich sehr gepflegten Gassen Chefchaouens. Kein Wunder, dass die hippe kleine Stadt mit ihren gemütlichen Plätzen voll Cafés und Restaurant-Terrassen hoch über den Dächern der Stadt viele junge ausländische Touristen und auch jede Menge Tagesausflügler aus Fés und Tanger anzieht. Heute abend wollen wir aber in unserer Unterkunft kochen, die Kinder freuen sich schon den ganzen Tag auf die guten altbekannten Nudeln mit Pesto, die sie sich im Supermarkt in Fés ausgesucht haben, und wir darauf, mal nicht verzweifelt irgendein essbares vegetarisches Gericht für unsere Tochter im Restaurant auftreiben zu müssen, denn das ist hier in Marokko tatsächlich nicht immer ganz einfach. Sandwich mit Pommes drin war bisher das abgefahrenste, was man uns für Sie andrehen wollte. Schmeckte übrigens so eklig wie es sich anhört. Wir trinken also noch ein Tee und einen frisch gepressten Saft, Marlenes neuester Favorit ist übrigens Avocadosaft, in einer der verglasten Dachterrasse am trubeligen Place Outa El Hammam und Schauen dem bunten Treiben auf dem Platz von oben zu, bevor wir es uns in unserer Unterkunft gemütlich machen. Am folgenden Montag wollen wir eigentlich eine Wanderung am und zum nahegelegenen Wasserfall in Akchour, etwa 20 km von Chefchaouen machen, aber als wir aufstehen nieselt es schon leicht. Bei gerade mal neun Grad und einem angeblich recht schlüpfrigen Terrain, mit Flussüberquerungen an Seilen auf Baumstämmen, nicht das ideale Wetter um in einem Flusstal zu wandern. Aber die Kinder haben sich schon so darauf gefreut und da wir auch keinen besseren Plan haben und ja schließlich nicht aus Zucker sind, beschließen wir mal zum Ausgangspunkt der Wanderung zu fahren und dann zu sehen, wie weit wir laufen können. Leider wird das Wetter immer schlechter je länger wir fahren und als wir nach einer guten halben Stunde in Akchour am Wanderparkplatz angekommen sind, regnet es in Strömen. Nagut, wir haben ja einen Schirm und Kapuzen, wir laufen also mal los, in der Hoffnung dass es aufhört und wir auch durch Bäume und Felsüberhänge im Lauf der Wanderung möglicherweise vor dem Regen geschützt werden. Das Flusstal ist wirklich wunderschön. Ein türkisfarbener Fluss windet sich durch hohe Felswände, an denen sich lichte Waldstücke mit kleinen Sandbuchten abwechseln, die bei schöneres Wetter zum Baden einladen würden. Am Wegrand finden sich zu Anfang noch diverse kleine Teeküchen und die bunten Plastikstühle kleiner Cafés stehen traurig im Regen auf dem Sand der Badebuchten. Leider merken wir sehr schnell, dass es hier keinen Sinn macht, weiterzugeben. Wir sind schon nach wenigen hundert Metern klatschnass und der Untergrund ist rutschig und voller tiefer Pfützen. Es ist so schade, weil es einfach eine super schöne Wanderung geworden wäre, wenn es doch nur trocken wäre. Aber es macht keinen Sinn. Wir kehren also um und verbringen den Nachmittag in unserer Unterkunft mit dem Trocknen der Kleider und diversen Karten- und Hörspielen auf der Couch. Gegen 16 Uhr klart es wieder etwas auf und wir machen uns, jeder mit einem neuen trockenen Paar Schuhen an den Füßen nochmal auf in die Altstadt. Wir laufen noch ein bisschen durch die heute wie leergefegten Gassen und gehen in einem ziemlich hippen Restaurant etwas essen, in dem auch Marlene mal diverse vegetarische Optionen hat. Im Anschluss gibt es noch einen Nutella-Crêpe auf die Hand und so sind wir einigermaßen mit unserem verregneten Tag versöhnt. Am Folgetag geht es für uns nach dem Frühstück in einem kleinen Café, dass bei unserer Unterkunft inklusive ist, an die Küste wo das Wetter etwas milder und sonniger sein soll. In Asilah, einem kleinen Küstenort, knapp 50 km südlich von Tanger, wollen wir andalusisches Flair und Meeresluft einatmen und einen entspannten Tag verbringen. Dafür haben wir in einem tollen Hotel eine Suite mit eigenem Pool gebucht, der mit 130 Euro/Nacht teuerste Aufenthalt unserer Reise. Asilah ist zwar bei ausländischen Touristen recht unbekannt, hat allerdings eine bewegte Geschichte. Es war bereits unter den Phöniziern, später dann unter den Römern bekannt, wurde 843 von den Normannen niedergebrannt, dann islamisiert, 1471 von den Portugiesen erobert, kurze Zeit dem marokkanischen Reich zugeschlagen, dann von den Spaniern eingenommen, ab dem 17. Jahrhundert hatten wieder die Marokkaner das Sagen und schließlich von 1911 bis 1956, bis zur Unabhängigkeit Marokkos, war die Stadt noch einmal spanisch. Das spanische Erbe sieht man überall in der Medina, die von einer mächtigen Stadtmauer noch vollständig umgeben ist. Überhaupt ist die Medina nicht zu vergleichen mit der in Fés, die eng, laut, etwas düster und trubelig ist. Hier stehen freundliche blau-weiß getünchte Häuser in den blitzsauberen Gassen, die breit und luftig daherkommen. Überall riecht man das Meer und alles ist sehr entspannt hier. Wirkliche touristische Sehenswürdigkeiten gibt es nicht, aber in Asilah haben sich viele Künstler niedergelassen und so herrscht hier eine etwas alternative Atmosphäre. Wir streunen ein bisschen durch die Gassen, in denen man erstaunlich unbehelligt bleibt von aufdringlichen Händlern und Restaurantbesitzern. Stattdessen gibt es viele kleine Galerien, deren Besitzer draussen vor der Tür malen und werken und auch viele der Hauswände sind mit riesigen bunten Wandbildern bemalt. Unser Riad ist eine wunderschön eingerichtete Villa im spanischen Stil mit einem bepflanzten Innengarten mit Brunnen, diversen Terrassen auf mehreren Etagen und vielen gemütlichen Sitzgruppen auf allen Ebenen des Hauses. Unsere Suite zieht sich über zwei Etagen und es gehört eine große Terrasse mit kleinem Privatpool dazu. Das Wasser ist natürlich ziemlich kalt, denn auch wenn hier über Tag 16-20 Grad herrschen, so ist es abends doch immernoch kühl. Den Kindern ist das ziemlich egal und während wir ein bisschen in der Sonne entspannen, planschen sie bis sie Gänsehaut haben. Wir laufen auch noch eine Runde zum Stadtstrand, der jedoch nicht sehr schön liegt und ziemlich vermüllt ist. Da dort zudem der Wind pfeift, bleiben wir nicht lange. Mittags essen wir nur einen kleinen Snack weil wir abends auf Empfehlung vieler vorheriger Gäste das Abendessen im Riad gebucht haben. In einem kleinen Raum mit Blick in den Garten ist unser Tisch mit Kerzen gedeckt und unser persönlicher Kellner freut sich, dass er mit uns sein Deutsch üben kann. Er lernt seit 4 Monaten Deutsch an der Universität und möchte gerne in Deutschland arbeiten. Er erklärt uns alle Speisen auf Deutsch und freut sich, als die Kinder mit ihm in der Küche plaudern. Für die beiden haben sie leckere belegte Baguette gemacht und Dennis und ich bekommen ein viergängiges traditionelles marokkanisches Menü. Als erstes gibt es Dchicha, die relativ geschmacksneutrale traditionelle Gerstensuppe haben wir schon oft in Restaurants und sogar einfachen Garküchen als kostenlose Vorspeise serviert bekommen. Hier ist sie etwas raffinierter gewürzt und wird mit Zitrone gereicht. Außerdem gibt es eine klebrige Süßspeise dazu, deren Name ich leider vergessen habe. Es ist auf jeden Fall irgendein in Fett ausgebackener Teig, der vor Honig trieft. Laut Yousef, unserem Kellner, isst man das alles zusammen und tatsächlich wird es so zu einem ziemlich abgefahrenen Geschmackserlebnis im Mund mit der Säure der Zitrone, der leicht salzigen Suppe und der klebrigen Süße dazu. Danach gibt es Oliven und drei verschiedene "Salate" mit Fladenbrot. Zum einen einen Auberginensalat, einen ziemlich scharfen grünen Paprikasalat (ja, hab ich wirklich gegessen) und mit Harissa marinierte gekochte Möhren. Alles sehr lecker und reichhaltig, sodass wir schon kämpfen, als uns zwei zischende Tajines auf den Tisch gestellt werden. Wir hatten morgens zwischen verschiedenen Zutaten wählen können und haben uns für eine Fischtajine und eine Lammtajine mit Backpflaumen entschieden. Beide sind geschmacklich völlig unterschiedlich und wir teilen sie uns. Unten gefüllt mit verschiedenen Gemüsen, die in ihrem eigenen Saft geschmort wurden sind Fleisch und Fisch schonend in der Tajine gedämpft und zerfallen förmlich auf der Gabel oder spätestens auf der Zunge. Zum Nachtisch gibt es dann noch für uns alle vier eine hausgemachte Panna Cotta mit frischem Orangenmus oben drauf. Obwohl wir wirklich fast platzen müssen wir diese Schüssel auch noch leeren weil es so gut schmeckt und wir sind froh, dass wir nur noch ein paar Schrithe durch den Garten in unser Bett fallen müssen weil wir zu mehr wirklich nicht mehr in der Lage wären. Morgen verlassen wir Asilah schon wieder und haben eine relativ lange Fahrtstrecke von über 500 km Richtung Süden vor uns.


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