Der älteste Ort Marokkos- aber nächstes Mal nehmen wir die Mautstraße


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February 24th 2024
Published: February 26th 2024
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Am Morgen regnet es wieder in Fés sodass uns der Abschied nicht allzu schwer fällt, trotz der herzlichen Gastgeber in unserem Riad und des fabelhaften Frühstücks.
Allerdings wird es uns garnicht so leicht gemacht, von hier weg zu kommen. Die Fahrer der Petit Taxi am Rande der Stadtmauern zucken alle nur mit den Schultern und winken ab als wir ihnen die Adresse der Mietwagenfirma in der Cité Nouvelle zeigen. Obwohl alle ein Smartphone in der Hand haben, mit dem sie im nullkomma nichts die Adresse hätten recherchieren können, und wir als Touristen doch die perfekten Opfer sind, um einen schönen Umweg einzulegen und ein paar Dirham draufzuhauen will sich scheinbar niemand die Mühe machen, uns dorthin zu fahren. Oder es könnte auch sein, dass sie einfach die lateinischen Buchstaben der Adresse nicht lesen können und die Straße nicht kennen. An meinem nicht mehr ganz so eleganten Schulfranzösisch kann es ja wohl nicht liegen, oder?! Dennis geht kurzerhand zurück ins Riad und lässt uns von dort einen Transport zum Festpreis buchen. Und das war am Ende eine sehr gute Wahl denn der weiß zwar auch nicht wo die Straße ist, gibt aber die Adresse wenigstens in sein Telefon ein und fährt uns dorthin. Das nächste Problem ist allerdings, dass an der Adresse keine Autovermietung ist und unter der Nummer von Hertz die auf unserem Voucher steht, auch niemand dran geht. Unser Fahrer fragt sich so durch und wird zwei Mal um die Ecke geschickt. Leider ist zwar dort "irgendwas mit Autos" aber es hat geschlossen und so probiert er immer wieder die Telefonnummer bis dort eine nette Dame dran geht. Die sagt uns dann, dass es die Abholstation nicht mehr gibt aber wir am Bahnhof an der Station unser Auto bekommen könnten. Unser netter Fahrer fährt uns daraufhin zum Bahnhof von Fés und wartet bis wir sicher sind, dass wir dort unsere Buchung einlösen können. Er war also am Ende jeden Cent wert, allein schon weil er etwas englisch konnte. Als wir endlich unser Auto, einen kleinen Dacia, übernommen haben atmen wir auf und machen uns auf die Reise in die Berge. Unsere nächste Station ist Moulay Idriss, die angeblich älteste Siedlung Marokkos. Ein gewisser Herr namens Moulay Idriss soll sie im Jahr 788 gegründet haben und wird seitdem als Gründer des marokkanischen Königreichs verehrt. Terrassenförmig in grüne Hügel eingebettet liegt die kleine Stadt aber vorallem sehr schön und befindet sich in unmittelbarer Nähe der größten römischen Ausgrabungsstätte Marokkos, der Ruinenstadt Volubilis (Oualili). In Moulay Idriss befindet sich ein Mausoleum für eben diesen Moulay Idriss zu dem viele gläubige Muslime pilgern. Manche sagen sogar, dass drei Pilgerfahrten nach Moulay Idriss eine Fahrt nach Mekka ersetzen. Nach einem kurzen Stopp in einem riesigen Supermarkt, in dem wir uns mit Baguette, Käse, verschiedenen Arten frischen Oliven, Müsliriegeln, Obst und Wasser eindecken, fahren wir aus der Stadt heraus und die Umgebung wird mit der Zeit immer ländlicher aber auch ärmlicher. Links und rechts zunächst Orangenbäume, später Olivenbäume. Irgendwann geht es in einem kleinen Dorf von der Hauptstraße ab und fortan auf einer Art Feldweg, der aber zumindest geteert ist, weiter. Hier kommt uns kilometerlang kaum ein Auto entgegen, dafür der eine oder andere Eselskarren. Am Straßenrand weiden Schafe, ab und zu auch Kühe, Kinder auf Fahrrädern düsen zwischen losen Häuseransammlungen herum und freilaufende Hunde stehen gemächlich von der Straße auf als wir uns hupend nähern. Insgesamt ist die Landschaft viel grüner als wir sie uns hier im Norden Marokkos vorgestellt hatten. Wir schrauben uns langsam in die Höhe und plötzlich endet die Straße in einem kleinen ärmlichen Dorf in einer Mischung aus festgestampftem Lehm und Schotter. Zu Anfang fährt es sich darauf noch ganz gut doch einige Kilometer hinter dem Dorf wird es immer schlammiger und rutschiger und die Straße besteht dann plötzlich wieder aus groben Steinen. Mit unserem nicht gerade geländetauglichen Kleinwagen fühlen wir uns plötzlich hier nicht mehr so wohl. Jetzt bloß nicht stehen bleiben. Während die Kinder es total aufregend finden wie Papa sich teilweise trotz durchgedrücktem Gaspedal im Schritttempo den Hügel hoch schiebt, überlege ich mir immer öfter, wo hier der nächste Mensch wohnt, der uns beim Schieben helfen könnte, falls wir im Matsch hängen bleiben, denn ich bin mit meinem Babybauch sicher keine große Hilfe. Außer dem gelegentlichen Schäfer oder Kuhhirten der alle paar Kilometer am Wegrand sitzt, und genauso nett wie irritiert zurückwinkt wenn wir ihn grüßen, sehen wir hier nämlich auf sechs haarsträubenden Kilometern keine Menschenseele. Gott sei Dank schaffen wir es aber irgendwie in den nächsten Ort und atmen wirklich laut auf, als die Straße zumindest wieder halbwegs geteert ist. Unsere App, die uns diese Strecke statt der 11 Minuten längeren "Mautstraße" empfohlen hat, haben wir in den letzten Minuten etliche Male verflucht. Nachdem die Straße dann nach ein paar Kilometern voll Schlaglöcher plötzlich zu einer hervorragenden zweispurigen "Schnellstraße" wird und wir plötzlich fast 70 km/h fahren können, beschließen wir zukünftig dann doch eher die Mautstraße zu wählen. Moulay Idriss liegt wirklich idyllisch an einem Hang und wir fahren von oben in den Ort hinein bis zum "Grand Place Mohammed VI", wo wir von einem "Parkanweiser" einen "Stellplatz" am Straßenrand zwischen einem geparkten Eseln und einer Garküche zugewiesen bekommen. Erstmal sind wir uns nicht sicher ob das so ganz offiziell ist aber der Kerl hat eine Art Warnweste an und kassiert auch von anderen Parkenden 20 Dirham, sodass wir schließlich dran glauben dass wir hier wirklich stehen dürfen, und ihm auch 20 Dirham in die Hand drücken. Unsere Unterkunft liegt in der Medina und vom Grand Place geht es ziemlich viele Treppenstufen hinauf zu unserem Gästehaus, der "Colombe Blanche". Gott sei Dank haben wir für die eine Übernachtung nur unsere Rucksäcke mitgenommen und den Koffer im Auto gelassen. Die Colombe Blanche ist ein richtiger Homestay, die Gastgeber wohnen im gleichen Haus und sind sehr nett. Wir dürfen uns ein Zimmer aussuchen und die Kinder wählen das Zimmer im obersten Stock des kleinen Riad, direkt neben der Dachterrasse. Auch hier haben wir einen tollen Ausblick über die kleine Stadt. Nachdem wir mal wieder einen Willkommenstee getrunken haben, gehen wir vorbei am prächtigen Mausoleum Moulay Idriss (das leider nur Muslimen zugänglich ist) runter auf die Grand Place. Hier dampft es aus etlichen kleinen Garküchen am Rande des Platzes, ein Haufen Kinder spielt Fussball und kleine Buden verkaufen jede Menge Kerzen und Devotionalien. Die Temperaturen sind hier etwas kühler als in Fés aber es ist dafür schön sonnig. Mats und Marlene spielen bestimmt eine halbe Stunde Fangen und Verstecken auf dem schönen Platz und wir inspizieren die Möglichkeiten fürs Abendessen. Das Zentrum von Moulay Idriss ist sehr überschaubar und die Marktstände und Läden verteilen sich lediglich auf den Platz und eine etwa 200 Meter lange Straße. Hier fahren noch mehr Eselskarren als Autos. In den Teestuben am Straßenrand sitzen, wie in muslimischen Ländern üblich, nur Männer. Wir sehen kaum ausländische Touristen. Durch ein paar kurvige kleine Gassen steigen wir den Hügel hinauf, in der Hoffnung irgendwo eine schöne Aussicht zu haben aber es ist auch hier wieder ein verrücktes Labyrinth aus Gängen und Tunneln und als wir schon kurz davor sind aufzugeben lotst uns ein kleiner Junge mit Gesten und wenigen französischen Worten zu einer "Terrasse panoramique", in diesem Fall ein höchstens 10 qm grosser Betonblock der sich zwischen zwei Hauseingängen hinausschiebt und einen grandiosen Blick, jedoch kein Geländer oder ähnliches bietet. Ismael, unser kleiner Guide, bewegt sich hier sehr sicher aber pfeift immer wieder unsere Kinder von der Kante zurück, noch bevor wir selbst es tun, was irgendwie drollig ist weil er mit seinen neun Jahren kaum größer als Marlene ist. Er macht auch tatsächlich ein ganz nettes Familienbild von uns und hat sich die 2 Dirham, die Dennis ihm gibt, nachdem er wie zu erwarten war, nach der Besichtigung um Geld bittet, wirklich verdient. Der Ausblick auf Moulay Idriss und in die Ebene ist beeindruckend und wir hätten ihn niemals ohne seine Hilfe gefunden, zumal es an diesem untouristischen Ort auch keine Beschilderung dazu gibt. Wir essen in einer einfachen und nicht gerade blitzsauberen Garküche am Straßenrand aber es schmeckt vorzüglich und Dennis und ich schaffen unseren riesigen Grillteller mit den, über Holzkohle gegrillten Hähnchenspießen, würzigen Lammhackspießen, gegrillten Auberginen und scharfen Kartoffelplätzchen sowie frischem Tomatensalat kaum. Die Kinder essen beide ein riesiges Sandwich mit Hühnchen bzw. Käse und Pommes dazu und am Ende bezahlen wir mit Getränken nur knapp über 20 Euro. Auch in der Abendsonne ist der Grand Place wunderschön und Dennis spielt mit den örtlichen Kids noch eine Runde Fussball während unsere Kinder wieder Wettrennen und Verstecken spielen bis die Sonne untergeht. Am nächsten Morgen gibt es ein reichhaltiges Frühstück mit Baguette, gekochten Eiern, dicken teigigen Pfannkuchen, Schmalzgebäck, Marmeladen, Honig und Oliven, dazu Obst, Saft, Tee und Kaffee. Und dann bekommen die Kinder noch zum Abschied ein Nazar-Amulett als Glücksbringer geschenkt. Um neun Uhr Morgens ist der Grand Place noch wie ausgestorben, das Lebem beginnt hier einfach später, das haben wir schon in Fés gemerkt. Wir machen uns auf den Weg ins nur 10 Minuten entfernte Volubilis (Oualili), die größte römische Ausgrabung Marokkos wo wir um halb 10 noch fast alleine sind. Das Gelände ist seit 1997 UNESCO Weltkulturerbe und hatte zu seiner Blütezeit um die 10.000 feste Einwohner. Ein Triumphbogen, das antike Forum und hunderte Wohnhäuser mit teils wunderschön erhaltenen Mosaiken und Badebecken verteilen sich auf den Hügeln nur 2,5 km unterhalb von Moulay Idriss und sind auf dem weitläufigen Freigelände für 6 Euro pro Person zugänglich. Die Kinder lieben es über die kleinen Mäuerchen zu klettern und zu balancieren und die Mosaiken zu besichtigen. Das Forum mit einer langen Säulenreihe ist sehr beeindruckend und die Mosaiken, die zwar mit Seilen abgesperrt sind aber ansonsten der Witterung schon seit so langer Zeit ausgesetzt sind, sind noch erstaunlich farbenfroh. Am schönsten ist aber die Vegetation, die die Ruinen teilweise wieder erobert hat und derzeit in den schönsten Farben blüht. Wie ein riesiger gelb orangener Blütenteppich ziehen sich kleine bodennahe Blumen über die Steine und Wiesen und überall summt es von hunderten Bienen. Dazwischen wuchern wilder Raps, der ebenfalls schon blüht, und stachelige Sukkulenten die lange weiße Blüten in die Höhe schießen. Als wir gegen 11 wieder in Richtung Ausgang schlendern, kommen uns plötzlich etliche Reisegruppen entgegen und wir sind froh dass wir jetzt schon durch sind mit der Besichtigung. Jetzt geht die Reise weiter ins Rif Gebirge im Norden Marokkos, wo wir die blaue Stadt Chefchaouen besuchen und ein bisschen wandern wollen.


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Volubilis


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