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Published: June 29th 2008
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Avenches - Amphitheater
2.000 Jahre alt, und noch immer werden dort Opern aufgeführt. Als Ihr das letzte Mal von mir gelesen habt, saß ich gerade im Zug nach Zürich. Dort holten mich Monica und Scott ab, und wir machten uns direkt auf den Weg gen Frankreich. Da es bereits spät wurde, beschlossen wir, uns zwischen Bern und Genf ein Nachtquartier zu suchen. Wir suchten uns den Ort Avenches im französischsprachigen Teil der Schweiz aus, der Name klang so schön nach „adventure“. Wie sich dann herausstellte, landeten wir in einem historischen Ort, mit einem 2.000 Jahre alten Amphitheater aus römischer Zeit und einer Burg und Kirche aus dem Mittelalter.
Am nächsten Morgen ging es weiter, direkt nach Annecy. Wir suchten uns einen Campingplatz und machten uns dann auf den Weg zum Col da la Forclaz, dem Flugberg von Annecy (natürlich nachdem wir uns den - tatsächlich riesengroßen und praktisch idiotensicheren - Landeplatz angesehen hatten). Schnell aufgebaut, und los ging es, in einen (vermeintlich) herrlichen Flugtag. Während Scott innerhalb kurzer Zeit hoch über dem Startplatz war, musste ich mit meinem Drachen kämpfen. Er hatte einen massiven Linksdreher, kein Spaß, kann ich Euch sagen. Geradeaus flog er überhaupt nicht, wenn ich locker mit Trimmgeschwindigkeit fliegen wollte, tauchte er mir ziemlich hässlich zur linken Seite hin ab.
Avenches - Burg
Wie aus dem Bilderbuch, oder? Aus einer Linkskurve war er kaum herauszubekommen, eine Rechtskurve bekam ich nur mit ganz erheblichem Kraftaufwand hin. An Weiterfliegen war nicht zu denken, so konnte ich nicht nahe genug an den Berg heranfliegen und musste auch übermäßig viel Abstand von anderen Fliegern halten. Außerdem kostete diese Fliegerei enorm Kraft. Also ging ich landen, was ganz schön viel Arbeit war.
Scott hatte dafür einen herrlichen Flugtag gehabt, war kreuz und quer spazieren geflogen und hatte viele schöne Fotos geschossen. Als ich ihm von meinem Problem berichtete, prüften wir zunächst die Segellatten, ob auch alle das gleicht Profil hatten, und die Anströmkante, ob sich da vielleicht das Mylar umgeschlagen hatte.
Am nächsten Tag startete ich halbwegs guter Dinge, stellte aber fest, dass sich nichts geändert hatte. Ich wollte aber weiterfliegen, versuchte es mit einigen (extrem kraftaufwändigen) Rechtskreisen und ließ mich dann in einem Bart doch wieder zu einem Linkskreis verführen. Mit Müh und Not bekam ich den Flügel wieder gerade und machte mich ziemlich erschöpft auf den Weg zum Landeplatz. Scott dagegen machte einen vierstündigen Flug.
Wir hatten nun alle Möglichkeiten geprüft und die Ursache für den Linksdreher nicht gefunden. Scotts Hypothese war, dass sich das Segel verzogen haben
Avenches - unsere Unterkunft
In dieser Jugendherberge haben wir die Nacht verbracht. musste. Letzte Möglichkeit: die Flügelrohrenden verdrehen, so dass auf der linken Seite der Anstellwinkel vergrößert wird, der Flügel damit mehr Auftrieb hat und so der Drachen wieder geradeaus fliegt. Wie gut, wenn man mit einem Ingenieur reist, der noch dazu bei einem Drachenhersteller arbeitet! Und tatsächlich, es funktionierte! Trotzdem, mein Flug war kurz - an diesem Tag war es schwierig hochzukommen, und natürlich soff ich mehr oder weniger postwendend ab. Scott dagegen hatte mal wieder ein paar wunderbare Stunden in der Luft verbracht.
Noch am gleichen Abend machten wir uns über Albertville und Grenoble auf den Weg gen Laragne, wo die Vor-Weltmeisterschaft im Drachenfliegen stattfinden sollte. Da es mal wieder spät wurde, machten wir einen Zwischenstopp kurz hinter Grenoble (diesmal auf einem ganz unspektakulären Campingplatz in einem ganz unspektakulären Ort) und kamen am Samstag Früh in Laragne an.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten, fuhren wir direkt auf den Chabre. Oben trafen wir Davis, der mit Belinda bereits seit einigen Tagen vor Ort war. Ich freute mich riesig, ihn zu sehen. Scott ging direkt fliegen, mir war das Gelände dagegen nicht so ganz geheuer. Der Startplatz ist ein Haufen Steine, und unterhalb gibt es nur Wald und ein Notlandefeld,
Annecy
Blick vom Landeplatz in Richtung Startplatz das recht schmal ist und zudem zu beiden Seiten hin abfällt. Man muss also über die Bäume anfliegen und dann bergauf landen. Trifft man nicht den Punkt, so fliegt man auf der anderen Seite den Berg wieder hinunter und landet am anderen Ende des Feldes in den Bäumen.
Später stellte sich heraus, dass es noch ein zweites Notlandefeld gibt, weiter unten am Fluss. Es erschien mir allerdings sehr weit weg, ich war mir nicht sicher, ob ich da, selbst wenn ich keine Thermik erwischen sollte, hinkommen würde. Idealerweise erwischt man am Chabre direkt nach dem Start den „Hausbart“ (thermischer Aufwind, der immer am gleichen Platz steht), kommt hoch, fliegt über die Ridge hinweg und landet am Campingplatz (der Landeplatz ist riesig). Wenn nicht, muss man in eines der Notlandefelder. Entscheidet man sich für das unten am Fluss, dann hat man nicht viel Zeit, wenn man nämlich schon zu tief ist, kommt man nicht mehr hin.
Wie auch immer, am ersten Tag fuhr ich mit Monica wieder vom Berg hinunter, ebenso wie am zweiten und dritten Tag. Am dritten Tag sah ich mir aber zumindest den Landeplatz am Fluss an, und er erschien mir recht gut landbar. Also überwand
Der Sunrise in Annecy
Hat er nicht leuchtende Farben? Aber er ärgert mich im Moment ziemlich... ich an Tag Numero vier meinen inneren Schweinehund und stürzte mich den steinigen Startplatz hinunter. Thermik erwischte ich praktisch keine, also flog ich mehr oder minder direkt zum Landeplatz - und kam gut hin, uff! Was für eine Überwindung!
In der Zwischenzeit traf ich viele Freunde aus Australien wieder: Jack aus den USA, für den ich beim Bogong Cup gefahren war. Die beiden Jeffs, ebenfalls aus den USA. Dave aus Großbritannien. Hadewych aus den Niederlanden. Das französische Team - Mario, Laurent, Francois, Antoine. Attila (amtierender Weltmeister) und Balazs aus Ungarn. Es war super, sie alle wiederzusehen. Außerdem lernte ich Jamie Shelden kennen, eine Pilotin aus den USA, die bei der Damen-WM für Deutschland fliegen wird, und Nicole, die Fahrerin des US-Teams, die auch gerade mit dem Drachenfliegen begonnen hat. Die Abende verbringen wir gemeinsam, wir kochen zusammen und erzählen und lassen es uns einfach gutgehen.
Am Dienstag Abend war dann die Eröffnungszeremonie für die Vor-WM, etwas länglich mit vielen Reden (die noch dazu überwiegend auf Französisch waren, was nur ein kleiner Teil der anwesenden Piloten spricht). Mittwoch konnte es dann endlich losgehen, der Wettbewerb war eröffnet (wen's interessiert: Die Wettbewerbs-Homepage ist
www.chabre2009.com).
Für den Mittwoch war Westwind
Chabre - Blick nach Westen
Starten kann man hier oben nach Norden oder nach Süden. angesagt, bei dem man vom Chabre nicht starten kann. Also wurde im 40 Kilometer entfernten Aspres gestartet. Ein traumhaft schönes Gelände, der Startplatz ist eine steile Wiese, riesengroße freie Landeplätze sind leicht zu erreichen. Der Tag war traumhaft. Mit meinem Drachen habe ich allerdings kein Glück, wild aufs Fliegen baute ich auf und stellte fest, dass sich die Spitze meines Turmes verabschiedet hatte, weshalb sämtliche Oberverspannungen frei durch die Gegend baumelten. So war an Fliegen nicht mal im Traum zu denken, ich musste innerlich kochend zusammenpacken (und hätte den Drachen am liebsten einfach vom Berg runtergeschmissen, so ein Mist!!!). Wenigstens konnte ich mich am Abend richtig freuen, denn Scott kam mit 20 Minuten Vorsprung als erster ins Ziel.
Am Donnerstag konnte nicht geflogen werden, weil wir starken Nordwind hatten. Den Tag verbrachte ich mit Arbeit, und abends kochten wir bei Jamie und Jack, die zusammen mit dem norwegischen Team ein herrliches Haus mit Pool gemietet haben. Den Pool ließen wir uns natürlich nicht durch die Lappen gehen. Gestern gab es dann Nordwestwind, weshalb wir wieder nach Aspres fuhren. Der Startplatz geht nach Südwest, also musste mit dem Starten gewartet werden, bis sich die Thermik gegenüber dem überregionalen Wind durchgesetzt
Chabre - Blick nach Südosten
Der Startplatz - viele Steine, unterhalb nur unlandbarer Wald. hatte und am Startplatz Wind von vorn war. Um 15.30 Uhr starteten die ersten Piloten. Mir war der Wind zu wechselhaft, einmal mehr beschloss ich, nicht zu fliegen. Für „meine“ Jungs (Scott, Davis, Jack, Jeff und Jeff) war es allerdings ein guter Tag, sie kamen alle ins Ziel, und Scott führt noch immer!
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Klaus
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Schön wieder von Dir zu lesen
Hallo Katha, Mensch ist das schön von Dir wieder spannende Ereignisse zu lesen. Mit Deinem Sunny wünsche ich Dir wieder mehr Glück. Der ist bestimmt immer noch ein bißchen verschnupft, dass Du so unverblümt mit dem Sting fremdgegangen bist.. So ein Drachen ist halt auch nur ein Mensch ;-). Bei mir gibt es in Kurzform folgendes. In Deiner neuen/alten Heimat bin ich jetzt auch schon geflogen. In Neuffen zusammen mit Felix Rühle einen alten Alu-Atos zu Probe und in Althof den gleichen als Beginn einer neuen Liebe :-))))) Dabei habe ich dann auch den Spyder verkauft. Diese WE war ich mit Sabine in Berlin und nächstes WE starten wir zum Comer See für zwei Wochen Urlaub. Dabei nehme ich aber meinen geliebten Sensor mit weil... So, jetzt wünsche ich Dir eine super schöne Zeit und hoffentlich noch ein paar schöne Flüge und happy landings. LG Klaus