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Published: February 21st 2008
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Liebe Leute zu Hause
Der Sueden Chiles hat uns so empfangen wie von saemtlichen Reisefuehrern vorausgesagt: mit Regen. Der Regen, der in der patagonischen Steppe im Sueden Argentiniens fehlt, faellt hier und das nicht zu knapp, den Anden und dem Pazifik sei Dank. Die Fahrt von El Calafate nach Puerto Natales fuehrte ueber teilweise abenteuerlich schlechte Naturstrassen und der Grenzuebertritt war eine typisch suedamerikanische Angelegenheit, d.h. er benoetigte insgesamt fast zwei Stunden und mehrere auszufuellende Formulare.
Wir blieben zuerst nur eine Nacht in Puerto Natales, um unseren geplanten Trek im Nationalpark Torres del Paine vorzubereiten und gingen dann gleich weiter nach Punta Arenas, da wir noch genuegend Zeit und wieder mal Lust auf „Stadt“ hatten (aber nicht mehr genuegend Zeit fuer Ushuaia).
Punta Arenas ist die suedlichste Kontinentalstadt der Erde und wie man diesem etwas an den Haaren herbeigezogenen Superlativ entnehmen kann, hat die Stadt sonst nicht wirklich viel zu bieten. Nachdem wir die drei Sehenswuerdigkeiten (Plaza, Friedhof - der war wirklich noch schoen - und Schafhirten-Denkmal) besichtigt hatten, hingen wir hauptsaechlich im aeusserst gemuetlichen und coolen Hostel und in Cafés rum und sammelten unsere Kraefte fuer die bevorstehende Wanderung, womit der Abstecher nach Punta Arenas dann doch
noch seinen Zweck erfuellt hatte.
So kehrten wir dann voller Energie und Vorfreude nach Puerto Natales zurueck und starteten trotz durchzogenen Wettervorhersagen zu unserer fuenftaegigen Wanderung im Parque Nacional Torres del Paine. Fruehmorgens um 7 wurden wir vom Bus bei unserer Hospedaje abgeholt und nachdem alle Passagiere an Bord waren, ging's dann richtung Guarderia Laguna Amarga. Dort musste man die horrende Eintrittsgebuehr bezahlen und bekam dafuer eine Wanderkarte. Weiter gings zum Lago Pehoe, wo wir einen Spaziergang zum Salto Grande machten und einen Vorgeschmack davon bekamen, was "windig" hier heissen kann...
Eine Stunde spaeter fuhren wir mit dem Catamaran und etwa hundert anderen Wander- und Campervoegeln ueber den wunderschoen tuerkisfarbenen See zur Hosteria Paine Grande. Die Sonne liess sich nur kurz blicken - meist war das Wetter an diesem Tag ziemlich grau und regnerisch, so dass unsere gesamte Regenausruestung zum Einsatz kam. Die Wanderung fuehrte uns in gemaechlichem Auf und Ab zum Glaciar Grey, wo wir dann im nebenan gelegenen Campamento in einem gemieteten Zelt uebernachteten. Am Abend wurde es schon empfindlich kalt, so dass wir froh waren, dass man sich im herzigen Refugio von aussen und innen aufwaermen lassen konnte (1-2 Pisco sours mit tausendjaehrigem Eis vom
Hausgletscher (!!) zeigten ihre Wirkung..).
Die Nacht wurde dann wirklich bitterkalt: es regnete und schneite sogar! Zum Glueck haben wir beide so schoen warme und kuschlige Schlafsaecke, weswegen wir richtig ausschlafen konnten. Bei einem etwas improvisierten Zmorge genossen wir die Aussicht auf den Lago Grey mit seinen im wahrsten Sinne des Wortes sehr coolen Eisbergen und die frisch verschneiten Berge rundherum. Fantastisch!!
Bevor wir uns wieder auf den Weg zurueck zur Hosteria Paine Grande machten, wanderten wir hoch zum Mirador des Glaciar Grey. Schon wieder ein Gletscher denkt Ihr jetzt sicher - aber wir beide kriegen nicht genug von denen! Diese unglaublich vielfaeltigen Eisformen und Farben koennten wir stundenlang bestaunen, wenn es dann nur nicht so kalt waere...
Auch die zweite Nacht verbrachten wir im gemieteten Zelt, dieses Mal im Campamento Paine Grande. Es war zwar nicht mehr so kalt, dafuer aber ziemlich windig (ergo laut im Zelt). Zum Fruehstueck leisteten wir uns dann aber das Desayuno completo in der Hosteria - schliesslich hatten wir einen langen Tag vor uns: ca. 10 Stunden Weg bis zum naechsten Refugio, wobei wir allerdings den Abstecher (3 h hoch und 2 h runter) ins Valle Francés ohne den grossen Rucksack
machten. Wir hatten recht Glueck mit dem Wetter und genau als wir oben am Ende des Tales, d.h. am Fusse der Cuernos del Paine, angekommen waren, kam die Sonne raus! Wieder einmal ein paar Sonnenstrahlen zu spueren tat richtig gut (abgsehen davon, dass es so auch bessere Fotos gegeben hat...;-) ), bis dahin war das Wetter naemlich ziemlich grau gewesen.
Wieder unten im Tal bei unserem Rucksack angekommen, setzten wir unseren Weg noch 2 Stunden in richtig warmem Sommerwetter dem Ufer des Lago Nordenskjold entlang bis zum Refugio Los Cuernos fort. Dort hatten wir schon zwei Betten im Refugio reserviert. Weil uns das Zelten aber gefallen hat, ueberlegten wir, ob wir nicht doch lieber ein Zelt nehmen sollten. Zum Glueck haben wir's nicht gemacht!! Nachdem wir die Annehmlichkeiten des Refugios (warmes Abendessen und Duschen mit warmem Wasser) genossen und schlafen gegangen waren, wurden wir um halb 5 Uhr morgens von einem mega Sturm geweckt. Die ganze Huette und sogar die Hochbetten wackelten im heftigen Wind! Der Sturm liess erst so gegen 9 etwas nach, so dass wir uns dann um zehn Uhr doch auf den Weg machten.
An diesem Tag erlebten wir, was wir schon an vielen Orten
gelesen und von vielen Leuten gehoert haben: dass man in diesem Nationalpark zum Sklaven des Wetters werden kann. Als wir loswanderten wurden wir von vorne von der Sonne beschienen und von hinten regnete es und in den Nacken. Schon nach kurzer Zeit verschmachteten wir fast in unseren Regenklamotten, konnten uns aber nicht entscheiden sie auszuziehen, bis wir wirklich fast einen Hitzeschlag erlitten. Dieser Regen aus einem praktisch wolkenlosen Himmel dauerte ungefaehr 2 Stunden. In dieser Zeit war der Wind schon recht stark - aber das war nichts verglichen mit dem, was noch folgen wuerde...
Ploetzlich kamen wir an einen Bergbach, der unueberquerbar schien. Wir sahen zwar, dass ein Draht uber das Bachbett gespannt war, an dem man sich festhalten konnte, aber genau an dieser Stelle war der Bach reissend. Wahrscheinlich ist das sonst ein relativ friedliches, kleines Baechlein, aber wegen dem Sturm in der Nacht und dem vielen Gletscherschmelzwasser von der Hitze, wurde daraus ein reissender Fluss. Irgendwie wusste niemand von den Wanderern wie man dieses Hindernis ueberwinden konnte - bis uns ein Guía ("Bergfuehrer") vormachte, wie und wo man von Stein zu Stein huepfen konnte. Sah bei ihm eigentlich recht einfach aus... Manu war richtig mutig und ging
gleich hinten nach - und ich versuchte es ihm gleichzutun. Leider waren wir beide nicht so geschickt wie der Guía: wir mussten beide in den Bach stehen, da wir sonst wahrscheinlich von diesem verd... Wind samt Rucksack in den Bach gewindet worden waeren!
Nach diesem Adrenalinaustoss lagen die Nerven fuer kurze Zeit ein bisschen blank und wir mussten uns zuerst mal ein bisschen Sammeln, das Wasser aus den Schuhen schuetten und die Socken auswringen. Mit voellig durchnaessten Schuhen und aufgeweichten Fuessen ging es weiter.
Der Wind wuerde immer staerker und unberechenbarer. Eigentlich hatten wir Rueckenwind, doch die Boeen kamen mal von der einen Seite, mal von der anderen. Traegt man einen Rucksack (= groessere Angriffsflaeche) kann dies ziemlich unangenehm werden. Nachdem es zuerst mich und danach Manu fast vom Weg gewindet hat und auch das Festhalten an irgendwelchen Baeumchen nicht viel brachte, legten wir uns eine neue Taktik zu: sobald wieder eine von diesen fiesen, extrem kraeftigen Windstoessen kam, legten wir uns baeuchlings in Windrichtung auf den Boden und vergruben unser Gesicht mit den Haenden um zu verhindern, dass wir all den Staub und Dreck in Augen, Nase und Mund bekamen. Natuerlich kamen wir so nicht mehr sehr
schnell voran und es wurde sehr anstrengend. Ein- bis zweimal hatten wir sogar richtig Angst, weil diese Windboeen z. T. bis zu einer halben Minute angedauert haben und man nie so recht wusste, wann die naechtste ueber einen hinwegfegt.
Da man mit dem Wind auch keine Pausen machen konnte und es immer noch recht heiss war, waren wir ziemlich schnell am Anschlag und beschlossen, uns den Kapriolen des Wetters zu beugen, unseren Plan zu aendern und den kuerzeren Weg zu nehmen. Anstatt zum Campamento Chileno zu wandern, gingen wir zur naeher gelegenen Albergue Las Torres. Dort haben wir dann gleich Vollpension gebucht und Andreina musste nach diesem ganzen Stress erst mal schlafen gehen und sich erholen.
Unser Entscheid entpuppte sich denn auch als goldrichtig: Am naechsten und letzten Tag wurden wir mit (fuer hiesige Verhaeltnisse) richtigem Traumwetter belohnt. Es war schoen angenehm warm, aber nicht zu heiss und der Himmel erstrahlte bis auf wenige Zierwolken in schoenstem blau. Auch der Wind hielt sich in Grenzen und so machten wir uns in Begleitung von zwei Romands, die wir in der Albergue kennengelernt hatten auf die nun etwas laengere Etappe zum Fusse der Torres del Paine, die dem Park ihren
Namen gaben. Dieser letzte Abschnitt war wunderschoen und wir wurden fuer die Strapazen der vergangenen Tage mit einer grandiosen Aussicht auf die famosen Torres del Paine belohnt.
So kehrten wir dann muede aber sehr zufrieden spaetabends nach Puerto Natales zurueck und fielen - sogar noch ohne Essen zu gehen - direkt ins Bett.
Heute Abend steht uns bereits ein weiteres Abenteuer bevor: Um Mitternacht geht es auf die Navimag-Faehre, die uns in drei Tagen in den Norden nach Puerto Montt und damit wohl auch wieder in ein etwas gemaessigteres Klima bringen wird. Wir freuen uns beide darauf!
Liebe Gruesse vom anderen Ende der Welt
Andreina & Manuel
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Brigitte
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Hallo Sportsfreunde
Da werde ich ja richtig neidisch. 5-tägige Wanderungen gibt es hier leider nirgends - und 10 Stunden würde ich wohl auch nicht durchhalten, aber ihr habt ja trainiert. Wir haben auch gerade unseren ersten Besuch in einem Nationalpark in El Salvador hinter uns mit der Besteigung von zwei Vulkanen. Um unsere Sicherheit zu gewährleisten hat uns die Tourismuspolizei begleitet - mit Pistolen und allem. Andere Länder, andere Sitten. Die Übernachtung in der Hütte war dann aber sehr unangenem: kalt, zugig, staubig, feucht und dunkel wegen Stromausfall. Wie es scheint, ist die Infrastruktur in Argentinien und Chile schon viel besser entwickelt. Weiterhin gute Reise!