Die erste Woche in Santa Cruz do Sul


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Published: May 10th 2012
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Vor einer Woche sind wir, Sebastian und ich, in Santa Cruz do Sul an der UNISC angekommen. Cristiana hat uns dann zu unseren Familien gefahren. Sebastian ist bei einer Familie mit einem 10jährigen (verwöhnten) Jungen untergekommen. Ich bin in einer Familie mit 2 bildhübschen und supernetten Mädels. Mit der Älteren teile ich mir ein Zimmer. Sie kann ein wenig engisch, daher ist die Kommunikation mit ihr recht gut. Die Jüngere (15J.) kann leider nur portugiesisch, versteht aber ganz gut, wenn wir uns auf deutsch unterhalten. Die Eltern können beide echt gut deutsch. Sie haben beide von klein auf deutsch in ihren Familien gesprochen. Anfangs hat mich das total verplüfft, mittlerweile wunder mich aber gar nichts mehr...(später mehr).



Die erste Woche haben Sebastian und ich gut hinter uns gebracht. Man könnte schon fast sagen, dass wir hier richtig angekommen sind und das es außer der Sprache keine Hürden mehr für uns gibt. Das Wochenende hat das seinige dazu beigetragen, aber erstmal von vorne.



Am Montag mittag sind wir dann in unsere Familien gekommen und wurden beide superlieb aufgenommen und empfangen. Am nächsten Tag war gleich mal ein Feiertag und wir konnten uns erstmal den restlichen Montag und den kompletten Dienstag an unsere Familie gewöhnen und sie sich an uns. Die älteste Tochter (Eliana) hat einen Freund namens Junior. Junior sieht mit seinen blonden Haaren und den grünen Augen alles andere als brasilianisch aus, aber das war keine Ausnahme, was ich in den folgenden Tagen beobachten konnte. Junior, Eliana, Fernanda (meine 15jährige „Schwester“) und ich spielten den ersten Tag abend Fingerklopfen mit Rußstempeln (Flaschenkorken) anstatt die Hand zu „verhauen“. Am ersten Mai bin ich mit Sebastians Familie auf das Oktoberfestgelände gefahren. Dort war ein kleines Fest (wie bei uns am 1. Mai eben). Am Mittwoch war dann unser erster Uni-Tag. Wir wurden von Cristiana durch die Uni geführt und haben uns mit Andreas getroffen und unseren „Praktikumsplan“ besprochen. Die nächsten Tage sollten wir das Institut, die Leute und ihre Projekte kennen lernen. Außerdem sollten wir uns ein Bild von der Struktur der UNISC machen. Damit fingen wir auch gleich noch am Mittwoch an. Das Ganze gestaltete sich etwas schwierig, da die meisten Leute fast bis überhaupt kein Englisch sprachen oder verstanden (deutsch auch nicht, das wir auch nicht erwartet hätten, was hier aber doch recht oft vorkommt, dass die Leute deutsch sprechen können). Zusätzlich waren die Leute anfangs sooooooo mega schüchtern, das gibt’s gar nicht. Ich habe glaub ich seit anfang der Reise nach Costa Rica irgendwie mein Adrenalinvorrat für die nächsten Monate aufgebraucht gehabt. Mich hat wirklich seit Wochen nichts mehr vom Hocker gerissen, was natürlich schade ist, da mir dadurch die freudige Erwartung und Vorfreude auf das was kommen wird fehlte. Der Vorteil war aber, dass ich ÜBERHAUPT NULL Probleme hatte (weder in Costa Rica, noch in Brasilien) auf die Leute zuzugehen. Und so war es auch bei den Brasilianern. Es wurde dann aber auch von Tag zu Tag besser und so wurden Seb und ich auch gleich überall mit eingeladen und integriert, SUPER!! Hier sollte vllt kurz gesagt werden, wie so ein Unialltag aussieht. Morgens um 8-12Uhr und Mittags um 13.30-17.30Uhr wird gearbeitet oder auch gelernt. Studieren ist hier mega teuer (ca. 1000-2000 R$/Monat-> ca. 400-800 Euro pro Monat!!!!). Daher arbeiten die Studenten meist den ganzen Tag. Abends wird dann studiert. Von 19-22Uhr sind fast alle Vorlesungen (für Biologen alle), echt der Hammer! Tagsüber haben die Studenten also im Institut gearbeitet und abends waren sie in ihren Vorlesungen. Auch in der Grundschule gehen die Kids nachmittags zur Schule und nicht morgens wie bei uns. Komisch aber wahr! Am Donnerstag waren wir dann also direkt mit der Biologengruppe in einer Studentenkneipe/Restaurant und haben dort billig gefuttert und Bier gekippt. Danach ging es dann zur Vorlesung bei Andreas. Schon komisch, aber da man (ich zumindest) abends eh nicht mehr so auf der Höhe ist, macht das dann auch kein großer Unterschied, ob man Müde von der Arbeit im Institut ist oder durch die paar Bierchen, die man getrunken hat;-)



Freitag morgen sind wir mit Leonardo, der im Biotechnologieinstitut arbeitet, mitgegangen. Er hat uns die Leute vorgestellt, die uns begeistert das Institut gezeigt haben (hier zu nennen wäre Joel, der dieses Jahr für einen Monat in Engand war und deshalb supergerne Englisch sprechen wollte mit uns. Und „Davidsen“, der Professor der Anatomie, der leider kein Englisch oder Deutsch spricht uns aber nächste Woche mit in seine Anatomievorlesung mitnimmt. Vorlesung ist etwas falsch. Es gibt in der Anatomie eine Pflichtvorlesung auch für Biologen. Andreas hat uns das Institut schon gezeigt und wir wollten danach unbedingt den praktischen Teil einer Vorlesung dort miterleben. Das Anatomieistitut besteht aus mehreren Räumen, wobei in den meisten Räumen Leichen und Leichenteile rumliegen oder die Räume zum Präparieren oder Konservierung der Leichen verwendet werden. Ich habe sowas noch nie in meinem Leben gesehen!!! Ca. 10 Leichen (Männer und Frauen) in einem Raum. Die Leichen werden 3 Wochen dort für Präpkurse oder für Untersuchungen verwendet, dann werden sie wieder in Formalin eingelegt, um sie dann wieder nach 3 Wochen für weitere „Bearbeitungen“ zu nutzen. Zum Teil waren bei den Leichen schon die Haut abgezogen und einige Organe freigelegt. Bei Anderen waren aber Haut und Haare noch dran. Zumindest teilweise. War schon gewöhnungsbedürftig und auch wenn mich die Pathologie oder Gerichtsmedizin schon immer gereizt hat, muss ich sagen, dass es einem ganz schon Überwindung gekostet hat sich das Ganze ohne Grauen anzusehen. Na auf jeden Fall werden wir dann nächsten Freitag mehr sehen...).



In der Biotechnologie haben wir dann Leonardo bei seiner Arbeit mit den Pilzen und ihren Enzymen zugesehen.



Abends zum Essen ging es zu unseren Gastfamilien. Nach den Vorlesungen hatten die Biologen noch vor Party zu machen. Seb war auch nicht mehr wachzukriegen, als ich um 22Uhr vor seinem Haus stand und die Familie erstmal wachklingelte. Also bin ich alleine los! An der Uni hab ich mich dann mit Cleder, Jose und Josia getroffen, die mich mit ins Zentrum nahmen. Ich brauche jetzt nicht den ganzen Abend wiederzugeben, nur folgendes sei gesagt:



Mir gings am nächsten Morgen nach kurzer Nacht wirklich beschissen. Ich habe wirklich schon lange nicht mehr so einen Kater gehabt und konnte es auch gerade noch zurückhalten mir die Getränke vom Vorabend und der Nacht „durch den Kopf gehen zu lassen“. Eigentlich wollte ich mit Eliana und ihrem Freund auf ein Fußballspiel. Statt dessen bin ich wieder in mein Bett verschwunden und habe bis nachmittags geschlafen. Ich hätte bestimmt bis abends durchgeschlafen, wenn mich nicht meine Gastfamilie geweckt hätte. Sebastian und 2 Amigos würden in der Küche auf mich warten... Ich habs überhaupt nicht gecheckt. Ganz ehrlich, ich dachte eigentlich, dass ich damit abgeschlossen hätte. Der nächste Lebensabschnitt hat begonnen. Ich habe einen festen Freund und ich denke die Zukunft sieht Kinderchen und ein Heim, wie auch immer das aussehen mag. Die Nächte durchfeiern und was alles dazugehört hatte ich ja bereits schon zur Genüge gehabt, gell Mama;-). Vielleicht erklärt das Alter der meisten Leute (19-23Jahre) etwas meinen neuen Lebenswandel;-). Ne Spaß, so viel hat sich nicht geändert, aber ich muss sagen, Sebastian und ich genießen die Zeit hier, werden auch ordentlich arbeiten, aber auch unsere Integrationsaufgabe und den interkulturellen Austausch gründlich pflegen.



Kurz und gut, ich zog mich schnell an und dann ging es wieder mit den Jungs auf die Piste. In einem Ort hier ganz in der Nähe war für einige Wochen ein rießges Mate (Chimmarrou)-Festival. Ein Fest zu Ehren vom Nationalgetränk der Brasilianer und speziell der Leute aus Rio Grande do Sul.



Chimmarrou ist eine Art Tee (Matetee), der hier IMMER und ÜBERALL von ALLEN getrunken wird. WIRKLICH!!! In der Uni, im Institut wird Mate aus sogenannten „Evra Mate Kräuter“ getrunken. Bei den ganzen Festen auf denen wir waren wird Mate getrunken. Jede Familie hat einen Matekübel und eine Thermoskanne mit heißem Wasser dabei. Wirklich JEDE Familie. Sowas habe ich auch noch nie erlebt! Mate ist ein Tee aus „speziellen Kräutern“. Was da genau drin ist weiß keiner so richtig, hat ne aufputschende Wirkung wie Kaffee und ist in einigen Länder sogar verboten. Hier wird es aber fleißig getrunken und Sebastian und ich können sich auch gar nicht dagegen wehren (nicht das wir das vorgehabt hätten;-)).



Das Mate-Festival war wirklich shcön. Viele Bands, tolle Dinge zu Essen und zu Trinken. Wir haben einfach alles probiert! Caipirinha ist auch so ein Nationalgetränk, dass sich auch die Väter zum Fußballspiel gucken zusammenbrauen. Allerdings nicht so harmlos wie bei uns in Deutschland. Obwohl ich Caipi mag, war mir das zuviel Alkohol. Caipi wird hier auch mit Ananas, nicht nur mit Lemon und Zitrone gemacht. (siehe Bild). Caipiritas sind cocktailähnliche Getränke mit Milchshakekonsistenz. Eben eine andere Art Cocktail. Dann hab es ganz ganz viel Süßes. Da wurde es mir dann fast schlecht, aber wenn jemand auf Süßes steht, dann ist das ein Schlaraffenland für denjenigen. Das Essen hier ist an sich auch anders und ich muss sagen das brasilianisch Küche einfach toll ist. Z.B. Xis. Eine Art Dönerverschnitt. Na eigentlich auch wieder nicht... Rundes Milchbrötchen etwas aufgebacken. Drin dann Fleisch, Mais, Erbsen, Soße,... könnte als „gesunder“ Hamburger durchgehen. Dann noch „Relaise“. Das haben wir mal gekocht Flori! Plätterteig oder sowas ähnliches als Taschen zusammengelegt und mit Fleisch gefüllt. Nachdem wir dann auch noch auf dem Fest tanzen konnten, wurde der Abend für mich als vollkommen gelungen abgestempelt.



Am Sonntag besuchten wir die Schwester von Guido, meine Gastvater. Guido hat 8 Geschwister. Was das heißt könnt ihr euch vllt vorstellen. Es waren nur 2 Schwestern und Guido mit seiner Familie und trotzdem war das Haus voll. Auch die Mütter der Gastgeber waren mit da. Es gab Fleisch am Spieß! Und zwar nicht wie bei uns, sondern 1Meter-Spieße mit so richtigen Fleischsstücken dran. Rind und Schwein. Dann noch Hühnchenkeule. Und das war nur das Fleisch!! Danach Nachtisch und nach einer kurzen Pause Kaffee und Kuchen. Ich wurde richtig satt:-). Wieder daheim angekommen hatte ich so ein schlechtes Gewissen, dass ich gleich mal zur Uni auf das Sportgelände gelaufen bin, um dort ein paar Runden zu drehen. Morgen beginnt unsere 2. Woche hier in Brasilien. Mal gespannt wie es weiter geht...

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