Part XI: Back to the North feat. Mordor!


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Published: June 15th 2014
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Mein Weg von Christchurch nach Picton ist hauptsächlich nur in einem Auto gewesen. Ein Koreaner, der auch in den Norden
reisen will, nimmt mich mit. Sein Englisch ist eher begrenzt, also sind unsere Konversationen intellektuell auch weniger
anspruchsvoll - natürlich auch mal okay, hehe - und es stellt sich heraus, dass sein Hauptreiseziel wohl das Fischen ist. Immer
wenn ich frage, wo er bisher gewesen sei, wo er als nächstes hin wolle, nennte er dann einen Namen und ich frage warum
und er antwortet: "Fishing!" Mit einem Grinsen und diesem total enthusiastischen asiatischen Unterton in der Stimme. Ich
finds witzig. Die Mittagspause in Kaikoura mit Fish&Chips hat ihm natürlich sehr gefallen. In Picton angekommen denke ich
mir, das kostenlose Internet im Fährhaus zu nutzen um Hostels in Wellington anzurufen, aber es stellt sich heraus, dass alle
Hostels in der Stadt restlos ausgebucht sind. Kein Problem, denke ich mir, denn ich habe ja mein Zelt, aber auch hier wieder
eine Enttäuschung. Der einzige Campingplatz, der noch was frei hat, liegt 30 km entfernt in Upper Hutt. Also plane ich
schonmal, den Zug zu nehmen. Nicht die beste Lösung, aber eine akzeptable. Was mich dann erwartet, ist aber die
perfekteste Lösung von allen Lösungen in der Situation! Auf der Fähre sitze ich neben einer jungen Frau, die eifrig in
Papieren blättert. Die Überschriften haben alle etwas Pädagogisches an sich und da ich wohl interessiert bin, frage ich mal
nach. Schwimmtraining für Kinder und dessen Effekt auf das Wachstum sowohl innerlich als auch äußerlich. Okay. Sarah
heißt sie. Sarah, die Schwimmtrainerin, die wegen der geringen Bevölkerungsdichte ab und zu auch mal auf die Südinsel
reisen muss um zu arbeiten. Aber kein Problem, denn der Arbeitgeber zahlt. Als sich unser Gespräch auf mich verlagert,
erzähle ich ihr, dass ich mich wohl nach Upper Hutt begeben werde. Und sie so: Waaaas? Bist du irre? Das ist ja total weit
noch zu so später Stunde! Tja, was soll ich machen? Ich gehe aufs Deck um mir die Marlborough Sounds anzugucken, die die
langsam verschwindende Südinsel verkörpern. Als ich wieder nach unten komme, fragt Sarah, ob ich bei ihrer Familie
übernachten wolle. Ich so: Echt? Ernsthaft? Sie: Ja, du könntest zwar ein böser Rüpel sein, aber so siehst du beim besten
Willen nicht aus. Also komm, geht klar von Andrew (Mann) und Cohen (Sohn) aus. Juhu! Als wir bei ihr zuhause in Porirua
ankommen und ich das Wohnzimmer betrete, hängt Andrew auf der Couch und guckt Fussball. Hier fühl ich mich wohl! Nicht
Rugby, bääh! Fussball! Der Sport, der zu Recht FUSSball heißt, nicht so wie American Football oder Rugby, auch Football
genannt. Der Sport, bei dem man den Ball noch mit dem Fuss berührt. Hmm. Am nächsten Morgen frühstücken wir
zusammen und leider muss ich schon früh zu Bus, denn am Abend werde ich in Te Puke sein um bald wieder anzufangen zu
arbeiten. Mir wurde am Telefon gesagt, dass eine Stelle am nächsten Tag anfangen würde und wenn ich bis dann da sei,
hätte ich sie sicher. Als Imker. Also denke ich mir, dass es besser ist, den Bus zu buchen, denn an einem Tag 600km zu trampen
ist echt riskant. Auf dem Weg dorthin, schenkt mir Sarah eine Koru-Kette. Es heißt, dass diese Maorischnitzereien ihre Kraft
erst entfalten, wenn man sie schenkt. Und was auch immer der Schenkende intendiert gegenüber dem Beschenkten, das
bewirken die Ketten. Die Koru steht grundsätzlich für Neuanfang und da ich Sarahs erster internationaler Hausbesuch bin,
passt das wohl ganz gut. Bei dieser Familie fühle ich mich pudelwohl und willkommen!
Dann sitze ich für etwa sechs Stunden im Bus auf dem Weg nach Te Puke in der Bay of Plenty. Zwischendurch wache ich mal
aus meinem Schlaf auf und merke, dass wir uns in der Wüste befinden. Im Zentrum der Nordinsel befindet sich nämlich eine
Sand- und Steinwüste. Das gibt es auch nur in Neuseeland, dem so abwechslungsreichsten Land. In Te Puke angekommen
laufe ich bis zum Hostel, das erschreckenderweise sehr einem Gefängnis mit Ausgang gleicht. Die Betten sind unbequem, die
Duschen dreckig und die Küche äußerst unhygienisch. An der Rezeption wird mir gesagt, dass ich am nächsten Morgen wegen
der Arbeit wiederkommensolle, ich soll aber schonmal für eine Woche bezahlen, da ich hier ja arbeiten will und somit
langfristig bleiben würde. Auch für Geschirr und Bettlaken muss man zusätzlich bezahlen. Ich komme nicht drumherum und
bin auch ehrlich gesagt etwas naiv, denn so dubios wie der Ort erscheint, kann ich mir eigentlich denken, dass hier nichts
Gutes im Schilde geführt wird. Nachts ist es laut, in der Küche entdecke ich ein Ameisennest und am nächsten Morgen wird
mir offenbart, dass es den Job, der mir versprochen worden ist, nicht gibt. Zwar wende ich ein, dass die Vereinbarung gewesen
sei, dass ich mich einmiete und dafür den Job bekomme, aber die Frau lächelt nur mies und sagt, sowas habe sie nie vereinbart.
Im Internet lese ich die TripAdvisor-Bewertung für das Hostel und die etwa 99,9% negativen Bewertungen sprechen mir aus
der Seele. Dafür habe ich gelernt, vorher nun Bewertungen zu lesen. Nach vier von bezahlten sieben Nächten fliehe ich und
fange an zu wwoofen. Dabei handelt es sich ums freiwillige Helfen auf Farms oder in Gärten und im Austausch für die Arbeit
erhält man Unterkunft und Verpflegung. Zuerst bin ich für vier Tage bei einer alten Maorifrau, Hoki, und kümmere mich um
ihren Olivenhain. Ich jäte Unkraut und füttere die Tiere, drei Kühe, ein paar Schafe und den Hund Olga. Hokis Haus ist
momentan an eine alleinerziehende Mutter und ihre Tochter vermietet und so wohnt sie selbst in der Wwoofer-Unterkunft.
So kommt es, dass ich mein Zelt aufschlage und im Garten schlafe. Bei Hoki gefällt es mir gut. Sie ist nett und verständnisvoll
und wir führen ein paar tolle Gespräche. Nach vier Tagen leitet sie mich an ihre Schwester Norma weiter, die auch Wwoofer
aufnimmt. Hoki setzt mich am Morgen in Mt Maunganui ab und ich werde dort am Nachmittag von Normas Tochter Iris
abgeholt. In der Zwischenzeit klettere ich auf dem Mt Maunganui und genieße den Ausblick von dort über die ganze
Halbinsel auf der die Stadt liegt. In Kaihere, bei Norma, Greg und Iris zuhause angekommen, erfahre ich gleich einen
Upgrade, was die Unterkunft angeht. Ich wohne in einem Wohnwagen und fühle mich da ganz wohl! 😊 Greg managt eine
20 000 ha große Sheep und Cattle Farm, also Schafe und Vieh. Ich helfe ihm ein bisschen und zusammen bauen wir Zäune,
zählen Tiere und - das absolute Highlight - scheeren Schafe! Das Neuseelanderlebnis schlechthin, denn mit einm Schaf-zu-
Einwohner-Verhältnis von 11-1 gibt es hier sehr viele Schafe!! Auf der Farm leben 1000 Schafe und an jedem Tag schaffen die
Scheerer, die in Gangs arbeiten und echt sehr harte Jungs sind, etwa 500, also müssen wir an zwei Tagen in den Schuppen.
Leider darf ich nicht selbst scheeren, weil ich als Unerfahrener die Kehle der Schafe gefähreden würde. Aber die Wolle
sortieren, pressen und die Schafe in die Gehege treiben, das sind meine Aufgaben. Ich muss zwar sehr früh aufstehen, aber
dennoch bin ich froh, denn soetwas erlebt man ja nicht alle Tage. Die fünf Tage bei Greg, Norma und Iris sind also gut und ich
reise dann weiter
nach Pirongia, wo ich die nächsten zwei Wochen beim Hausbau von Geoff mithelfen würde. Greg setzt
mich in Hamilton ab, wo ich dann von geoff abgeholt werde. Sein Haus liegt wunderbar am Fuße des Mount Pirongia. Geoff
kommt aus England und ist vor sechs Jahren nach Neuseeland gezogen, hat dort drüben alles aufgegeben und baut jetzt hier
sein Haus. Es ist unglaublich unordentlich, aber das gehört bei ihm offenbar zum Hausbau dazu. Auch einen Pool und noch
besser, einen Pizzasteinofen hat er. Mit Lucile, der Französin, die zur gleichen zeit da ist, aber leider kein Wort Englisch kann,
haben wir eine angenehme Woche. Schon bald aber fängt Geoff an nervig zu werden. Egal, was Lucile oder ich machen, es ist
falsch und wir werden mit einer Ungeduld verbessert, die ganz schön nervenberaubend ist. Er scheint immer so Phasen zu
haben, aber seine Ungeduld ist echt bemerkenswert. Auch wenn es darum geht, mit der armen Lucile zu reden. Ich nutze
Hände und Füße und meine Italienisch-Kenntnisse um mögliche französische Worte zu bilden, was erstaunlicherweise sogar
einigermaßen funktioniert. Geoff allerdings hat als Muttersprachler natürlich nicht so das Gefühl dafür, welche Worte in
Englisch zum Beginnerlevel gehören. Wüsste ich in Deutsch auch nicht unbedingt. Aber so Worte wie "spate" für das Teil, mit
dem man die Pizza in den Ofen schiebt, die kenne ich ja nicht mal. Naja, Lucile ist schon bald recht genervt, aber sie hat nur
noch ein paar Tage. Zugegeben, es ist natürlich nicht alles schlecht und wir haben auch viel Spaß zusammen. Zu dem
Zeitpunkt, an dem ich das hier schreibe, ist allerdings noch einiges Anderes mit Geoff vorgefallen und so kann es sein, dass
meine Portraitierung hier ein wenig davon beeinflusst sein könnte. Nach einer Woche bei Geoff - Lucile ist inzwischen nach
Melbourne in Australien gereist - kommen noch zwei deutsche Mädchen an. Jackie aus Heidelberg und Charlene aus
Schüttorf (gar nicht weit von Münster). Da Geoff tagsüber arbeitet, können wir uns unsere Arbeitszeit quasi beliebig einteilen
und so gleicht das ganze mehr einem entspannten Arbeitsurlaub. Wir müssen noch die Insulierung (Glaswolle) ins Dach
einbauen und ich sag euch, zumindest denjenigen, die noch nicht die Bekanntschaft der Glaswolle gemacht haben: Das ist das
teuflischste Teufelszeug, besonders bei 30°C im Dachboden - ohne Ventilation. Das staubt natürlich ungemein und man muss
die ganze Zeit husten und bekommt so gut Luft wie bei einer fetten Erkältung. Wegen der Hitze sind auch Schutzbrille und
Mundschutz sehr unangenehm. Aber das hier soll ja kein Beschwerdebrief an irgendjemanden sein, sondern nur die Realität
dieser Reise widerspiegeln (gut, was? Die ein oder anderen von euch denken vielleicht ich habe ein Jahr Sommer, Palmen,
Sonnenschein, .. nein. 😊 ). Der beste Tag war unbestritten, als wir zusammen die Küche neu planen und einrichtn dürfen und
Geoff uns da überraschenderweise tatsächlich ganz freie Hand lässt. Mit dem leicht studentisch angehauchten Design am
Tagesende ist er - erneut überraschend - zufrieden. So geht auch meine zweite Woche in Pirongia schnell ihrem Ende zu.
Meine nächste Station wird Owhango in der Nähe des Tongariro National Parks, der auch als Drehort von Mordor aus dem
Herr der Ringe bekannt ist.
Meine Gastgeberin Rosemary holt mich nach einer aufregenden Tramp-Erfahrung in Taumarunui ab. Dorthin bin ich auf der Ladefläche eines Kleintransporters gekommen. Bin hinten natürlich ordentlich durchgepustet worden und die vorbeifahrenden Autofahrer haben meist schön nett gewinkt. Zu der Zeit ist auch eine weitere Deutsche bei Rosemary, Alina aus Köln, und so ist es irgendwo im Nirgendwo 40km von der Hauptstraße im Busch gelegen nicht ganz so langweilig. Auch die Nähe zum Whanganui National Park ist super, denn die Natur ringsherum ist größtenteils unberührt und man fühlt sich wirklich mal abgeschieden. Nach drei Tagen bietet Rosemary an, uns ihr Auto zu leihen um das Tongariro Crossing flexibel und unabhängig von Bussen und natürlich kostengünstiger zu machen. Das Tongariro Crossing ist die selbsternannt beste Tageswanderung Neuseelands und besticht mit 20 km Wandern über vulkanische Hochebene und wüstenartiges Terrain. Es handelt sich hierbei übrigens um die selbe Wüste, die ich schon vorher angesprochen habe. Nach etwa zweistündiger Wanderung kommt man auf die Hochebene und kann in der Ferne sogar Mount Taranaki sehen. So weit kann man sehen! Das sind bestimmt 250 km. Bald schon kommt man zu der Abzweigung, die hoch auf den Ngauruhoe führt. Das ist der Schicksalsberg aus Herr der Ringe. Da man nur zwei Stunden für Hin- und Rückweg braucht, will ich mich daran machen und Alina bleibt auf dem Hauptweg, wir treffen uns später wieder. Auf dem Weg zum Gipfel realisiert man, dass es sich tatsächlich um einen noch kürzlich ausgebrochenen Vulkan handelt. Denn irgendwann hört der Weg auf und man krabbelt durch Aschefelder weiter in Richtung Gipfel. Zwei Schritte hoch, einer wieder runter. Bald kommt man aber zu einem festgeronnenen Lavafeld, so dass man darauf bequem weiterlaufen kann. Oben angekommen erwarten einen grandiose Ausblicke und ein beeindruckender Krater, den man nur betritt, wenn man sich in ernsthafte Lebensgefahr begeben will. Auf dem Weg nach unten kann man dann einfach durch die Asche den Berg hinuntersurfen. 1 1/2 Stunden hinauf und eine halbe Stunde hinab. Nach der Durchquerung des South Craters treffe ich Alina wieder und sie macht eine Pause, während ich bis zu den Emerald Lakes und zurück wandere. Da das Auto ja an einem Ende des Wanderweges, der zwei Enden hat, steht, müssen wir wieder zurück und fahren dann erschöpft, aber glücklich und begeistert von der Schlnheit dieser Landschaft, wieder zurück zu Rosemary. Nach weiteren drei Tagen reise ich auch dort ab und mache mich - erneut trampenderweise - auf den Weg nach Wellington, wo ich Sarah, Andrew und Cohen besuche. Wir haben drei schöne Tage zusammen und ich komme endlich dazu, mir Wellington mal genau anzusehen. Schöne Stadt und definitiv besser als Auckland! Die Zeit vergeht viel zu schnell und so ist bald schon der Tag da, an dem es für mich langsam aber sicher in Richtung jener Stadt geht um meinen Flieger nach Australien zu betreten. Doch vorher: Taranaki!

Euer Jan

P.S.: Dies ist der vorletzte Teil des Blogs!


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NgauruhoeNgauruhoe
Ngauruhoe

Schicksalsberg


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