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Mit dem kanadischen Sommer—Frühling gibt es in Kanada nämlich nicht—stand auch endlich unser lang ersehnter Umzug in unser neues Appartement in Uptown Waterloo an. Nach einem ganzen Tag Packen und Putzen und drei Autofahrten später waren wir dann endlich in unserem neuen Appartement angekommen. Dort haben wir uns dann mit unserem Vermieter Brad zur Schlüsselübergabe getroffen. Er hatte die Schlüssel vergessen… Also hat er uns bis abends erst mal seinen Generalschlüssel für das gesamte Gebäude überlassen. Als er dann später kam hatte er hunderte von Schlüsseln in diversen Gefrierbeuteln dabei und musste dann über eine halbe Stunde jeden Schlüssel ausprobieren um dann festzustellen, dass er nur einen Haustürschlüssel hat und dass er die anderen wohl nie zurückbekommen hat. Um den Schlüssel nachmachen zu lassen hat er uns also nochmal für einen ganzen Tag seinen Generalschlüssel überlassen. Vor ein paar Tagen haben wir dann unter Umständen die ich an dieser Stelle nicht näher erläutern möchte (Tequila) herausgefunden, dass Brad uns offenbar Kopien von seinem Generalschlüssel und nicht von unserem Haustürschlüssel gemacht hat!
Wir haben noch zwei weitere Mitbewohnerinnen, die allerdings den Sommer über nicht da sind und erst im September wiederkommen. Wir kommen also abends dort an und noch bevor wir
irgendetwas auspacken, fangen wir erneut an zu putzen. Unsere Mitbewohnerinnen haben es nicht gerade sauber hinterlassen und wir kennen jetzt zumindest schon mal ihre Haarfarben… Nach einigen Tagen Putzen, Second-Hand Möbel Shopping und Einrichten fühlen wir uns jetzt aber pudel wohl in unserem neuen zu Hause! Das Beste ist neben der unschlagbaren Lage—mitten in der Innenstadt, wo alle Cafés, Restaurants, Pubs und Bars und Geschäfte sind—unsere Dachterrasse! Die haben wir auch schon mit einem ersten BBQ und einigen durchzechten Nächten eingeweiht. Das BBQ war möglich da auf der Dachterrasse ein Grill in fragwürdigem Zustand steht und niemand weiß wem er eigentlich gehört. Dank einer Meisterleistung an kanadischer Ingenieurstechnik haben wir den Grill dann auch tatsächlich anbekommen und es geschafft essbares zuzubereiten. Jedoch muss man in Kanada sehr lange suchen um Würstchen zu finden die keine Geschmacksrichtung wie Ahornsirup oder Bacon haben. Ansonsten war ein weiterer kulinarischer Höhepunkt unser Schnitzelabend letzte Woche. Als Dankeschön für die Hilfe von unseren kanadischen Freunden beim Umzug haben wir sie zu uns zum Abendessen eingeladen und was wünschen sich Kanadier von Deutschen zu essen neben Schwarzwälderkirschtorte? Natürlich Schnitzel! Also haben wir für unsere Gäste Schnitzel geklopft—so sehr, dass unsere Nachbarn an die Decke geklopft haben—und
Bratkartoffeln gebraten. Dabei ist mir aufgefallen, dass dies eines der Dinge ist, die man auch wenn man schon seit Jahren alleine lebt, einfach nicht selber kocht sondern nur bei Mama isst. Also haben wir vorher beide unsere Mamas nach dem ultimativen Schnitzelrezept befragt und sind ihren Anweisungen brav gefolgt und es hat geklappt! Zwar hat unsere Wohnung noch zwei Tage nach Imbissbude gerochen aber es war köstlichst und auch wieder mal ein Stück Heimat 6000km entfernt.
Über Victoria Day haben Sam und seine Eltern uns eingeladen das lange Wochenende mit ihnen in ihrer Cottage am lake Kasshabog zu verbringen. Eine Hütte irgendwo im Nichts am See ist übrigens eines der kanadischsten (zumindest in Ontario) Dinge überhaupt und das war es dann auch! Wir sind ca. vier Stunden nördlich in Richtung Peterborough gefahren, der See liegt am Canadian Shield. Dort angekommen sind wir dann mit dem Boot zum Haus gefahren, da es auf einer Insel im See liegt. Es war umwerfend schön und genau das was man sich vorstellt wenn man an Kanada denkt: Wald, ein riesiger See, klares Wasser und mehr oder weniger Nichts (auch kein Handyempfang). Wir waren sogar in 12°C kaltem oder wie der Kanadier sagen würde
warmem Wasser schwimmen; ich fühle mich jetzt sehr kanadisch!
Gemeinsam mit unserem Department waren wir außerdem in Stratford, wo jedes Jahr im Sommer ein Theaterfestival stattfindet und haben uns die Physiker angesehen. Bis auf ein paar Ausspracheprobleme bei den zugegebenermaßen fiesen deutschen Namen, war es ziemlich gut. Endlich wieder Theater! Das ist doch etwas was ich an Deutschland im Allgemeinen und an Mannheim im Speziellen vermisse! Stratford ist ein sehr schöner Ort und irgendwie ein bisschen „europäischer“ als z.B. Waterloo.
Es war allerdings mein zweites Mal in Stratford. Das erste Mal war nicht so wirklich geplant. Es ist jetzt schon einige Wochen her; Melle, Cati und ich wollten ursprünglich nach Cambridge (bitte lasst euch durch die Namen nicht irre führen, ja es ist 2015 und ich bin in Kanada ;-) ) um dort einen Freund von uns zu sehen, der einen Auftritt in einem der Pubs hatte. Wir dachten uns also, dass wir früh los fahren und uns dann noch in Ruhe die Stadt angucken. Die Busverbindung nach Cambridge ist allerdings eher bescheiden, mehr dazu später, weshalb wir mit Melles Auto Carl gefahren sind, es war Carls erste Fahrt. Long story short, wir sind über eine Stunde in
die falsche Richtung gefahren und kamen dann in Stratford anstatt in Cambridge raus. Wir haben das Beste daraus gemacht und so das Beste Eis in Stratford gefunden. Als wir dann wieder losgefahren sind hat Carl auf einmal komische Geräusche gemacht, die während der Fahrt immer schlimmer wurden. Dennoch haben wir es gerade so nach Cambridge geschafft. Der Mechaniker am Telefon (sowas passiert natürlich immer sonntags) meinte dass es nichts Schlimmes wäre und dass wir nachher einfach vorsichtig nach Hause fahren sollen. Nach vier Stunden Irrfahrt haben wir also erst mal das Konzert genossen. Anschließend wollten wir einfach nur nach Hause fahren, Carl allerdings nicht. Er ist einfach nicht mehr angesprungen. Also mussten wir doch den Bus nehmen. Was mit dem Auto 20 Minuten gedauert hätte (vorausgesetzt natürlich man fährt in die richtige Richtung) dauerte mit dem Bus anderthalb Stunden inklusive einmal umsteigen. Und wir haben ihn selbstverständlich genau verpasst. Nach diesem Tag mit der Aussicht mindestens eine Stunde auf den Bus zu warten, brauchten wir wirklich dringend etwas Alkoholisches. Was sich jedoch an einem Sonntagabend nach 00:00 in Cambridge als ziemlich unmögliches Unterfangen entpuppte. Alkohol wird hier grundsätzlich nicht im Supermarkt oder an der Tankstelle verkauft sondern nur in bestimmten
Geschäften (braune Papiertüten und so) und diese Geschäfte schließen natürlich am Sonntag um 22:00, weil dann braucht man ja keinen Alkohol mehr?! Es hatte auf jeden Fall alles geschlossen und als wir die Hoffnung schon fast aufgegeben hatten, haben wir noch eine Bar gefunden die offen hatte. Wir sind also nichts wie rein und nach ein paar Tequila war dann alles nicht mehr ganz so schlimm. Bis wir uns dann mal umgeschaut haben und festgestellt haben, dass wir in der abgewracktesten Karaokebar der Welt gelandet sind wo sich mittelalte Arbeitslose Sonntagnachts zulaufen lassen, Billard spielen und irgendwer auf einer Bühne steht und Celine Dion singt, während ein alter Hippiepirat an der Bar seinen Vodka trinkt und der leicht übergedrehten Barfrau, die mit drei Bestellungen gleichzeitig schon überfordert ist, seine Lebensgeschichte erzählt. Anderthalb Stunden und nach einer atemberaubenden Befreiungsaktion von Melles Handy, welches kurzzeitig unter dem Bussitz gefangen gehalten wurde, später war ich dann um 02:00 morgens wieder zu Hause; nur zehn Stunden nachdem wir nach Cambridge aufgebrochen sind.
Ansonsten genieße ich den Sommer hier in vollen Zügen und Morgen geht endlich das Reisen los! Gestern Abend sind meine Eltern in Toronto gelandet und in den nächsten zwei Wochen reisen
wir zusammen durch Ontario bis nach Québec City!
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