Alltagsprobleme


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February 21st 2006
Published: February 21st 2006
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Zu allererst möchte ich doch nocheinmal, - um eventuellen Anmerkungen vorzubeugen- unterstreichen wie gut mir hier alles gefällt, dass es mir gut geht und überhaupt ich schon recht zufrieden bin zur Zeit. Bitte zweifelt nicht daran, sonst wäre ich schon lange nicht mehr hier.

Nachdem Ihr ja alle meine Botschaftsphotos schon bewundern konntet, gebe ich euch hier noch einmal einen kurzen Überblick. Es tut mir ja leid, dass ich nicht mehr ganz so viel Zeit habe seitenweise Berichte abzuliefern, doch dies hat zwei Gründe.

1. ich habe viel weniger Zeit. Dies hier ist Moskau, da geht einiges, ich bin immer auf Achse und wohne allein, somit muss man alles auch allein machen (Essen kaufen, etc dies verschlingt in Russland viel Zeit, wo wir uns selbst in Tscheljabinsk oft gut eingeteilt haben). Daneben ist Moskau auch um einiges größer. In Tscheljabinsk (auch eine Millionenstadt) konnte man von unserer Wohnung bis ins Zentrum laufen, doch hier ist alles so eine Dimension, das verschlingt schon sehr viel Zeit. Demnach schaffe ich es auch nur kurze Momentaufnahmen zu präsentieren. Vielleicht wird dies ja besser wenn ich in zwei Wochen hier in der Botschaft fertig bin…
2. Der zweite Grund ist noch viel einfacher. Ich habe mich eingelebt. Es ist nicht mehr außergewöhnlich hier zu leben. Es ist normal. Man nimmt halt so ein Daumentaxi (Ihr erinnert euch wie geschockt ich am Anfang war wegen dem per Anhalter fahren und dann noch bezahlen). Dies ist nun Normalität, ich halte das Auto an (einfach am Strassenrand die Hand heben), ich verhandle kurz über den Preis, ich steige ein, fahre mit und zahle danach. Hier das normalste von der Welt. Für mich halt auch, mir fallen die außergewöhnlichen Dinge nicht mehr so auf. Zum Beispiel auch Metrofahren, so viele Leute, so viel geschubbse, aber nichts mehr aussergewöhnlich. Nun, wo wir grad dabei sind, wurde auch schon einmal in der vollen Metro bedroht weil ich zu laut deutsch geredet habe. Aber wir sind ausgestiegen und das war es. Oder der Kerl, welcher grad noch in die Metro gesprungen ist und die Jacke aber die ganze Fahrt in der Tür eingeklemmt wurde. Dies sind Erfahrungen, aber das ist hier irgendwie normal. Muss man mit umgehen, dafür ist es Russland. Mittlerweile wird das alles von mir nur noch hingenommen, auch wenn ich von Zeit zu Zeit noch ein verschmitztes Kopfschütteln ansetze.

Andereseits, grade das mit den Autos ist nun wirklich ein sehr interessantes System, funktioniert super gut, ist billig, und immer angenehme Gespräche was meinem Russisch auch weiterhilft.

Wobei mir grad noch etwas einfällt, trotz der Normalität sollte man den Respekt und die Vorsicht nicht verlieren. Ich bin neulich Ubahn gefahren und ich steige aus Prinzip niemals in leere Waggons, ist zu gefährlich (hab ich mal in Mexico gelernt). Ich bin auf dem Weg zurück zur Botschaft, in der letzten Metro überhaupt. Steige in einen Waggon und die Bahn fährt los. Ich sitze am Ende des Waggons, da bemerke ich heftige Bewegungen im nächsten Waggon hinter mir (vielleicht 1,5m Luftlinie aber kein Durchgang). Da wurde ein Mann von zwei anderen in der Ecke verprügelt. Er ist dann in der nächsten Station herausgerannt, doch da wurde mir schon anders. Das sind immer so Momente welche Dich auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Aber keine Angst, ich bin weiterhin vorsichtig.

A propos vorsichtig, dennoch muss man von Zeit zu Zeit Risiken eingehen. Ich bin endlich beim Friseur gewesen, auf russisch. War schon eine Erfahrung, habe doch glatte 15 Euro gelassen, für eine Dienstleistung in Russland, einfach nur Herrenschnitt. Zumindest meinte ich dies als ich auf mein Haar zeigte und nur „kurz“ sagte. Sie nickte und stellte mir zwei Gegenfragen. Ich zuckte mit den Achseln. Zufrieden ging sie an die Arbeit. Ich wurde auf einen Stuhl gesetzt und mir wurden die Haare gewaschen, ich rief: „stopp“, zeigte nach draussen und sagte: „kalt“. Sie nickte verständnisvoll, nahm meinen Kopf wieder zurück und wusch mir die Haare. Sie hat mich bestimmt für den absoluten Schnellmerker gehalten, geht zum Friseur und bemerkt dort das es in Russland kalt ist…
Wie dem auch sei, am Ende konnte ich das Waschen stoppen, genauso wie das Gel und weitere teuere Zusatzleistungen, die Haare wurden geschnitten und ich bin zufrieden wieder heim.

Liebe Leute, dies ist der Unterschied zwischen Tourismus und im Ausland zu Leben. Die kleinen Alltagsprobleme.

Danach war ich im Puschkinmuseum, hat mich doch glatt 10 € gekostet, waehrend die russischen Studenten für 0,5€ reinkamen. Aber gut dachte ich, ist halt so für russische Kunst. Doch was mich dann darin erwartete war unglaublich. Alles deutsche Kunst, sogar das Tor der Freiberger Kathedrale, das Schliemanngold, sowie ungefähr 100 weitere Sachen wo immer Germanii dahinter stand. Da bin ich doch kurz mal ausgeflippt. Typisch Russland. Ich muss das 10fache zahlen um meine eigenen Kulturschätze zu sehen? Eigentlich hätte ich da für lau reinkommen müssen und die Russen extra zahlen. Aber, wie so oft in Russland war dann nicht mehr als ein Kopfschütteln meinerseits drin.

Außergewöhnlich war noch, dass ich mich als Gaststudent ausgab und somit fast für 5€ reingekommen wäre. Hatte natürlich keinen Ausweis, nur die (abgelaufenene) Bahncard 50. Die hab ich also hingegeben, und die Kassiererin schaut mich an. Wie schon vorher gesagt, in Russland schlägt Form eben Inhalt, ich also wild gestikuliert und immer wieder Studentui gerufen… Sie schaut mich an - wildes gestikulieren meinerseits - es wurde der Vorgesetzte gefragt.
Der meinte dann nach einem fachmännischen Blick: Dieser Studentenausweis ist schon abgelaufen!
Das ist richtig, nur das es die Bahncard war hat er nicht gecheckt. Ist auch egal, am Ende musste ich zahlen und er hat gewonnen, wenn auch nur knapp.

Muss jetzt leider weg, wir sehen uns aber auch zukünftig hier…

martinowitsch

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