Advertisement
Der Schamane mit dem Klingelton
... und sein Helfer mit der Rangers-Jacke Brennende Kerzen, kreisfoermig angeordnet auf einem geschwaerzten Opferstein; darum verstreut Bluetenblaetter. Ein Schamane schwenkt brennenden Weihrauch, der Geruch verbreitet sich ueber den Platz. Dazu gemurmelte Worte in Kakquichel, waehrend verschiedene Riten ausgefuehrt werden. Neben dem Schamanen, der ein buntes Tuch um den Kopf geschlungen hat, steht ein weiterer Indigena. Er traegt eine blaue New York Rangers-Jacke und blickt in unsere Richtung. Sein Daumen und Zeigefinger machen eine typische, reibende Bewegung: Geld!
Denn wir sind Touristen, die Fotos von dieser heiligen Zeremonie machen moechten. Wenn es denn eine waere- denn ausser uns ist noch ein Kamerateam vor Ort mit einem offiziellen Fuehrer der INGUAT, der guatemaltekischen Touristen-Info. Der Platz des Rituals, Pascual Abaj, liegt nahe dem Bergdorf Chichicastenango. Er ist tatsaechlich eine schon seit Zeiten der Maya bestehende Opferstaette, und auch heute noch bringen Indigena-Familien hier Opfer dar, vor allem Kerzen und Bluetenblaetter in unterschiedlichen Farben. Doch diese Ablaeufe sind fuer die lukrative Touristenindustrie zu unspektakulaer, so dass die INGUAT besonders tolle und dafuer nicht so heilige Rituale bestellt. Erst einmal vielleicht enttaeuschend, aber andererseits wuerde man von einer wirklichen Zeremonie keine Fotos machen (wollen). So sind eigentlich beide Seiten gut bedient: Wir bekommen schoene Bilder, die Schamanen und weiteren Beteiligten
Geld. Wahrscheinlich gar nicht mal so wenig: Waehrend wir zuschauten, unterbrach der Schamane seine Zeremonie kurzfristig um einen Anruf auf seinem schicken kleinen Mobiltelefon entgegenzunehmen.
Chichi ist bekannt fuer das Nebeneinander von katholischem Glauben und dem "heidnischen" Glauben der Maya. Selbst die Kirche im Zentrum wurde auf dem Fundament eines alten Tempels erbaut, die Stufen existieren noch heute . Dort finden, ebenso wie in der Kirche, aehnliche Rituale statt wie oben beschrieben- da musste die katholische Kirche einige Kompromisse eingehen 😊.
¿Que busca?- Ein Tinnitus der besonderen Art
Ein weiterer Touristenmagnet ist Chichi wegen seines riesigen Marktes, der zwei Mal woechentlich stattfindet. Sonst ein verschlafenes, eher graues Staedtchen erwacht an diesen Tagen der Verkaufsinstinkt in scheinbar jedem Bewohner der Stadt: Geht man durch die Gassen, in denen vor allem Kunsthandwerk angeboten wird, laeuft geht einem ein "Que busca? Buen precio para Usted!" (Was suchen Sie? Ich mache Ihnen einen guten Preis!) voraus. Nach einigen Marktkilometern hat man einen entsprechenden Tinnitus. Allerdings findet einige Ecken weiter auch der Markt fuer die Einheimischen statt, wo Seife, Huehner und alles andere Notwendige verkauft wird.
Die Stadt der zankenden Nonnen
Weil Maerkte toll, aber auch unglaublich anstrengend fuer nicht handels- und
huhngewohnte Europaer sind, sind wir am gleichen Tag weiter nach Antigua gefahren. Wenn Chichi die Touri-Marktstadt ist, dann ist Antigua die Touristenvorzeigestadt ueberhaupt. Sie gehoert zum UNESCO-Weltkulturerbe, und eingebettet in eine idyllische, europaeisch anmutende koloniale Stadt sind Dutzende von Klosterruinen. Die Stadt war bis 1773 voll von Kirchen, Kloestern und Konventen- in diesem Jahr zerstoerte ein grosses Erdbeben fast die gesamte Stadt. Doch selbst die Ruinen geben noch ein Gefuehl fuer die damalige Groesse und Bedeutung und man kann sich vorstellen, dass damals einiges los war: Die Nonnen von Santa Clara z.B. waren weniger fuer die Einhaltung ihres Keuschheitsgeluebdes als fuer die Streitigkeiten im Konvent bekannt, und im Kapuzinerkloster, in dem den Nonnen eigentlich kein Kontakt zur Aussenwelt erlaubt war, wurden bei Ausgrabungen unterirdische Gaenge zwischen Maenner- und Frauentrakt entdeckt. Im Konvent "Nuestra Senora de la Merced" dagegen ging es ruhiger zu: In einem grossen (mit aeusserst ueppig ausgestatteten Meerjungfrauen verzierten) Brunnen betrieben Moenche eine Fischzucht.
Zu Fuss ueber Lavastroeme
Das mit dem Erdbeben haetten die Gruender der Stadt eigentlich erahnen koennen, wenn auch nicht in der tatsaechlichen Staerke: Denn Antigua ist umgeben von Vulkanen, von denen zwei auch heute noch aktiv sind. Auf einem dieser Vulkane, dem Pacaya,
"Chicken Bus"
Mein Lieblingstransportmittel waren wir gestern- und sind dort ueber Lavastroeme gelaufen! Die abgekuehlte Lava ist sproede und bruechig- unter den Flaechen sind oft Hohlraeume, und wenn man ungeschickt oder einfach nur zu schwer ist, kann man auch mal einen halben Meter einbrechen. Doch nicht die ganze Lava ist abgekuehlt- an vielen Stellen spuert man auf einmal, wie durch einen Spalt die Hitze des fluessigen Lavastroms aufsteigt, und manchmal schiebt er sich rotgluehend ueber die Oberflaeche. Man kann bis direkt an den Rand eines solchen Stroms gehen, aber nach wenigen Augenblicken wird es einfach unertraeglich heiss. Das ist wirklich atem(be)raubend und gewaltig.
Noch einige hitzige Anmerkungen
Auch wenn es nahe der Lava heiss war, bin ich ingesamt doch froh, wieder im gemaessigteren Teil Guatemalas zu sein- ich hatte mich ja in den letzten Blogs ausreichend ueber die karibische Hitze beschwert 😊. Hier in Antigua ist es tagsueber meist warm und sonnig und nachts endlich kuehl- und es gibt kaum Muecken! Ich haette nicht gedacht dass ich mich mal freuen wuerde, von dem Windzug im Bus eine Gaensehaut zu bekommen. Obwohl man hier im Gegensatz zu den Busfahrten in Honduras wenig Gelegenheit hat Wind auf der Haut zu spueren: Die Busse sind wieder
La Merced in Antigua
Ein Meisterwerk des Churriguerismus. Habe ich mir gedacht, als ich diese Kirche sah- und mein Reisefuehrer, der meinen hohen Bildungsanspruechen zum Glueck genuegt, hat es mir bestaetigt. vollbesetzt, und so schwitzt man unterwegs eben wegen der Koerperwaerme seiner Sitznachbarn und wegen des rasanten Fahrstils durch enge Kurven mit beeindruckenden, aber schwer zu geniessenden Ausblicken.
Doch ein letztes Mal werde ich mich noch in die (richtig fiese) Waerme begeben, weil mir zu meiner vollstaendigen Erschliessung Guatemalas noch die Pazifikkueste fehlt. Allerdings werde ich mich da nur kurz aufhalten, um meine letzten Wochen im Inland an einem (noch nicht naeher geklaerten) Ort zu verbringen, der, so meine Idealvorstellung, zu hoch fuer Muecken und Sandfloehe, nicht hoch genug fuer fiese Bergfloehe und vor allem mehr oder weniger kuehl ist.
Advertisement
Tot: 0.119s; Tpl: 0.011s; cc: 8; qc: 56; dbt: 0.0603s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 2;
; mem: 1.2mb