Advertisement
Published: September 12th 2014
Edit Blog Post
Im südwestlichen Teil von Sulawesi wohnen hauptsächlich die Bugis, traditionell ein Stamm von Seefahrern. Die sollen in der fernen Vergangenheit westliche Seefahrer, zum Beispiel der britischen East India Company, so unbarmherzig terrorisiert haben, dass diese ihre Angst vor den "bugi men" mit nach Hause brachten. ("Bogeyman" heißt auf Deutsch soviel wie der 'schwarze Mann', was man ja aber heute gar nicht mehr sagen darf, aber "Butzemann" klingt viel zu nett.) Laut Wikipedia sind Etymologen aber anderer Meinung, da es den Begriff "bogeyman" wohl schon Jahrhunderte vor der europäischen Kolonialisierung Südostasiens gegeben haben soll, als der Westen sicher noch nichts von den Bugis gehört hatte.
Unser Führer ist auch ein Bugi, aber sehr nett. Vor allem kennt er sich auch in unserem Zielgebiet, Tana Toraja, dem Land der Toraja, sehr gut aus, da seine Familie hierher kommt. Nur verstehen tut man ihn häufig schlecht, da er Englisch mit sehr starkem lokalen Akzent spricht. Man muss halt beim Zuhören ein wenig Phantasie gebrauchen, zwischen den Zeilen lesen und auch ein wenig den gesunden Menschenverstand einsetzen.
Die Toraja sind übrigens Christen und deshalb gibts hier auch wieder Hund zu essen, diesmal unter dem Synonym "RW". Eine Erklärung für diese Abkürzung konnte ich
aber nicht rauskriegen. Auch wenn sie Christen sind, gestalten sie den Umgang mit ihren Toten noch sehr traditionell.
Hier noch mal ein bisschen Wikipedia: "Die Toraja glauben, dass ein Erdenleben nur ein Übergang, und nur das Jenseits von Bedeutung ist. Beim Tod eines Menschen verlässt die Seele zwar den Körper, aber verbleibt in der nächsten Umgebung. Der Leichnam wird darum einbalsamiert und im hinteren Teil des Hauses aufgebahrt bis das Begräbniszeremoniell vollzogen werden kann, teilweise erst Jahre später. Um so höher der Status, um so länger wird der Leichnam im Haus aufbewahrt und um so höher ist die Erwartung an eine besonders große Beerdigung."
Bei einer Beerdigung werden möglichst viele Wasserbüffel geschlachtet und das ist nicht nur eine sehr blutige Angelegenheit, es kann auch so richtig ins Geld gehen. Wenn man es sich leisten kann, kauft man auf dem Viehmarkt - auf dem wir übrigens auch waren - einen rosa-grau gefleckten oder sogar einen Albino Büffel. Die können dann schon mal mehrere 1000 Dollar kosten. Zur Beerdigung kommt das ganze Dorf und die gesamte Familie, wohnt sie auch noch so weit weg. Das können mehrere hundert Personen sein, für die provisorische Unterstände mit Sitzgelegenheiten gebaut werden müssen. Man
kann sich vorstellen, dass das alles sehr gut durchdacht sein muss und das dauert halt.
(Wikipedia: "Solche Feierlichkeiten können zum finanziellen Ruin führen. Das Schlachten von Dutzenden von Wasserbüffeln und Hunderten von Schweinen mit einer Machete ist der Höhepunkt der aufwendigen Todfeier mit Tanz und Musik und Jungen, die das spritzende Blut in langen Bambusrohren auffangen. Es wird genau buchgeführt, wer der Gäste wie viele Schweine als Geschenk zur Beerdigung mitbringt, stirbt jemand aus deren Familie so ist das Geschenk mit gleicher Geste zu vergelten. Auch der indonesische Staat verdient mit und ein Beamter zählt die gebrachten Gaben am Eingang um die zu zahlenden Steuern zu berechnen.")
An der Stelle habe ich mich dann ein bisschen verrannt und einen halben Vortrag zu den Toraja geschrieben. Aber wen das interessiert, der kann das alles im Internet nachlesen oder warten, bis ich meine Fotoshow fertig habe. Hier nur so weit: wir haben einen sehr guten Eindruck von dem Totenkult der Toraja bekommen. Wir haben ihre Gräber gesehen, die in Felswände oder Höhlen gehauen werden. Überall lagen, hingen, kippelten hölzerne Särge herum, blanke Schädel und Knochen, die aus morschen Kisten herausgekullert waren, waren schön säuberlich aufgereiht, umgeben von Opfergaben - alte
Geldstücke, Stoffreste von Kleidungsstücken, Plastikflaschen, die wohl ehemals voll waren und vor allem Zigaretten. Dir Toraja glauben nämlich, dass sie diese Dinge mit ins Jenseits nehmen können. Aus diesem Grund sind auch viele Gräber von reichen Leuten geplündert worden. Auch die Tau Tau, aus Holz geschnitzte Ebenbilder der Toten, die vor den Gräbern auf Balkonen aufgestellt wurden, sind - von westlichen Antiquitätensammlern!! - geklaut worden.
Eine Höhle oder Felswand gehört immer zu einem Dorf. Junge Leute aus dem Dorf begleiten die Touristen und erklären die Bräuche. Auf meine Frage, ob sie das nicht etwas irritierend finden würden, sagte unser Guide, an dessen Familienangehörigen wir auch vorbei kamen, diese würden sich über Besucher freuen. Na ja, eigentlich verdient halt das ganze Dorf daran und der Umgang mit dem Tod ist eben anders.
Interessant und auch ein bisschen makaber waren die "Baby Graves". Das sind bestimmte Bäume, in deren Stämme die Gräber für Kleinstkinder (alle die noch keine Zähne haben) geschnitten werden. Die Kinder sollen noch "gemeinsam mit dem Baum wachsen" können, sagt man.
Wir haben zwar keine eigentliche Begräbniszeremonie miterlebt, aber einmal das Areal am letzten Tag einer großen Beerdigung. Die Blutspuren vom Büffelschlachten und der riesige Kochtopf
waren noch zu sehen. Die zwei Särge - man hatte mit der Zeremonie des Ehemannes so lange gewartet, bis die Frau auch gestorben war - standen noch auf der extra erbauten Plattform, unten davor Tau Tau der preiswerten Variante, "Vogelscheuchen" mit Kleidungsstücken der Verstorbenen und Fotos als Gesichter.
Außergewöhnlich sind die traditionellen Familienhäuser der Toraja, Tongkonan genannt, abgeleitet von dem Wort 'tongkon' = 'sitzen'. Tongkonans sind der Platz, an dem man sich trifft, um Angelegenheiten von Bedeutung für die Gemeinschaft zu besprechen, und sie dürfen nicht verkauft werden.
Zu der Form der Dächer gibt es eine schöne Legende. Bei ihrer Ankunft mit Booten aus dem Norden wurden die Toraja von einem heftigen Sturm überrascht und ihre Boote so stark beschädigt, dass sie sie als Dächer für ihre neuen Häuser verwendeten.
Vorne an den Tongkonans gibt es einen Pfahl, an den Büffelhörner übereinander angebracht sind, je mehr desto mächtiger und wichtiger ist die Familie.
Wir haben mehrere Dörfer, einzelne Tongkonans, Reisspeicher, Felsengräber und Höhlengräber besichtigt, aber am schönsten war eine kurze Wanderung von Batutumonga Richtung Lokomata, einfach so durch die Landschaft, kleine Gehöfte, und an einer Schule (!) vorbei, wo gerade Schulschluss war. Klar, dass ich da
mal reinschauen musste. Schüler und Lehrer waren begeistert von unserem Besuch und wollten unbedingt Fotos mit uns machen.
Advertisement
Tot: 0.129s; Tpl: 0.012s; cc: 23; qc: 76; dbt: 0.0613s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1;
; mem: 1.2mb