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Published: April 5th 2008
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Kodaikanal Lake
Tourist boats take a dip in the Kodai lake Wenn man zu einem griechischen Hund ‘Katze’ sagt, setzt er sich hin. Vorausgesetzt, er ist gut erzogen.
Heute war wieder so ein Tag, der ganz anders lief als er ursprünglich geplant war. Allzu viel Plan hatten wir eigentlich gar nicht, aber ein Frühstück und Mietfahrräder wären erstmal nicht schlecht. Die Nacht war kühl und die bereitgestellte bläuliche Wolldecke war so feucht und stockig, dass sie keine echte Hilfe gegen die Kälte war. Zudem stank sie so unsäglich, dass ich versuchte möglichst viel Stoff meines mittlerweile komplett zerrissenen Fleeceschlafsäckchens zwischen mich und das blaue Schimmelungeheuer zu bringen.
Die feuchten Häuser haben einen Grund: der Inder an sich denkt nicht besonders weit. Wenn der Papa das Haus schon zu Monsunzeiten gebaut hat, machen wir das auch. Der ohnehin aus Sparsamkeit mit viel Sand versehene Zement hat dann in dem feuchten Bergklima keine Chance auszutrocknen. Dächer bekommen die Hütten hier in der Regel erst gar nicht spendiert, und weil man später ja noch auf die Idee kommen könnte, eine Etage draufzusetzen, werden die ‘Dächer’ ebenerdig gebaut, sodass das Wasser stehenbleibt. An der Unterseite der Hütte ist keine Drainage, ein das Haus abschließender kleiner Graben, aus dem das Wasser ablaufen könnte. Roland, Shye und ich haben heute Hütten gesehen, die waren so feucht, dass man es keine zehn Minuten darin ausgehalten hätte - aber von außen noch nicht einmal verputzt waren. Aber der Reihe nach.
Irgendwie war ich der erste, der heute morgen wach war, obwohl die anderen beiden Genossen deutlich früher eingeschlafen sind. Für den Sonnenaufgang hat es um 10 nicht mehr ganz gereicht, aber immerhin bekam ich ein paar der wenigen Sonnenstrahlen des Tages ab, als ich mich mit einem Plastikstuhl auf unsere Terasse setzte. Die Aussicht konnte ich dabei nicht genießen, denn ich bekam meine Augen noch nicht weit genug auf. Die Welt um mich versank eine Viertelstunde in grellweißer Verblendung. Das könnte sich zu einer frühsenilen Bettflucht auswachsen, dachte ich mir, allerdings gräbt eine Schwalbe einer anderen noch keinen Frühling.
Ich verzichtete aus Prinzip auf eine Kaltwasserdusche und wusch mich stattdessen leidlich hier und da. Ein bisschen stinken macht gar nix. Da ich aber mittlerweile an einem Punkt bin, an dem ich mich nur noch zwischen ziemlich ekelhafter und bemerkenswert widerlicher Wäsche entscheiden kann nahm ich mir feste vor, heute so etwas wie eine Wäscherei zu finden. Meine letzten Klamotten zog ich an. Roland und Shye machten es ähnlich, und so sah man wenig später drei Jungs mit großen Wäschetüten in ihren Händen und Lächeln in ihren vom Schicksal gezeichneten Gesichtern Richtung Innenstadt wandern.
Wir fanden eine Wäscherei, die für ein bisschen weniger als ein Vermögen unsere Klamotten bis morgen Abend waschen würde. Jetzt darf es mal nicht mehr regnen, dachte ich mir und guckte besorgt in den ziemlich grauen Himmel. Bei einem echten Filterkaffee (allerdings so unglaublich süß, dass man instinktiv das Gesicht wie beim Biss in eine saure Zitrone verzog und man den Geschmack des Kaffees nur erahnen konnte) im südindischen Jerome-Äquivalent lernten wir mal wieder ein paar Weiße kennen - einen Franzosen, einen grenzdebilen Belgier in Baggypants und US-Army-Jacke und mit Sternwartenbrille sowie einen Deutsch-Griechisch-Mischling - Mario. Vor dem konnte man ziemlich Angst haben, denn er war ziemlich muskulös, hatte einen Veteranenhaarschnitt und Tattoos von oben bis unten. Wie sich im weiteren Laufe des Tages herausstellen sollte, war er zudem Thaiboxtrainer und harmlos wie ein rundgefressener Gecko in der Abendsonne.
Wir weihten ihn in unsere Zimmersorgen ein und er meinte, dass man im Dorf Vattakanal ein paar Kilometer weiter ganze Häuser für ein Drittel des Preises unseres Zimmers mieten könne. In Vattakanal hätte er die letzten Tage mit seinem Wohnmobil gestanden, bis er von der Waldaufsicht weggescheucht wurde. Jetzt wolle er sich irgendwo dort einen legalen anderen Platz suchen und bot uns die Mitfahrt an, sodass wir ein bisschen nach einer Hütte gucken konnten.
Mario hatte ein totschickes Campmobil und manövrierte das Gefährt dem Fahrbahnzustand angemessen zart durch die Ozeane vollgelaufener Schlaglöcher. Zu allem Unglock vergisst der Inder auch noch alle fünfhundert Meter einen Speedbumper allerfiesester Sorte im Asphalt, was dazu führte, dass Shye und ich wie bei der Fahrt nach Kodaikanal im hinteren Teil eines Busses zum Spielball der Physik wurden und eine Achterbahnfahrt umsonst bekamen.
In dem Kaff selbst geht irgendwie nicht allzu viel ab, es ist aber ein guter Platz um ein paar Tage auszuspannen. Wir fanden eine herrlich grüne Hütte mit einer herrlich grünen Terasse, einem echten Dach und angemessener Sauberkeit. Wir haben eine Kochnische mit Gaskocher, einen kleinen Kamin in der Ecke und eine wahnsinnige Aussicht - vorausgesetzt, es ist keine Wolke im Vorgarten. Ich freu mich schon auf die vielseitige Fauna: Skorpione und Giftschlangen, Spinnen sowieso und vielleicht sogar einen Leopard.
Der Rückweg geriet in einen sintflutartigen Regenschauer. Moritz ließ uns nicht im Regen gehen und setzte uns wieder in Kodaikanal ab, wo Roland und ich, der Regen hatte wieder aufgehört, noch eine ausgiebige Runde um den dampfigen See von Kodaikanal drehten. Dabei sind ein paar tolle Bilder entstanden. Wir hatten ein später noch ein großartiges indisches Essen in einem der besseren Restaurants der Stadt und der Abend endete erschöpft beim Blick von unserer Terrasse auf die immer noch pulsierenden Straßen - weit unten im Tal.
Mehr Bilder und die ganze Geschichte auf www.twelve02.de
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