Blog 8: ein Monat Beijing: kurzer Rückblick und Projekt "Freunde finden"


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October 16th 2012
Published: October 16th 2012
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Und schon ist ein Monat rum. Das Wetter kühlt auch hier langsam ab und kratzt nur noch selten die 20Grad Marke an. Der Smog jedoch unverändert. Ich würde sagen, dass Stuttgart dagegen das reinste Naherholungsgebiet inklusivem Luftkurort ist. Ich feiere mittlerweile circa einmal in der Woche ein Sonnenfest, wenn der blaue Himmel über Peking mal wieder zu sehen ist.

Die anfängliche Euphorie des „Neuen“ hat sich nun etwas gelegt. Nichts desto trotz begegnen einem auch nach 4 Wochen immer noch jeden Tag Dinge, die einen vor neue Herausforderungen stellen – vor allem in dieser Stadt. Seien es wie gehabt kommunikative, kulturelle oder soziale Aufgaben, die sicherlich nicht immer ganz einfach, aber unglaublich lehrreich sind.

Wenn ich alleine an meine erste Nacht in meiner ersten Wohnung hier zurückdenke, weiß ich bis heute noch nicht, ob ich lieber weinen oder lachen soll. Ich ärgere mich immer noch darüber, dass ich keine Fotos gemacht habe – ihr glaubt mir das ja sonst im Leben nicht. Achja, übrigens spielen Hanni&Nanni mittlerweile auch wieder eine gar nicht so unwichtige Rolle in meinem Leben – dazu mehr aber ein ander Mal.

Natürlich sollt ihr hier nicht den Eindruck gewinnen, dass ich tagtäglich um mein Überleben kämpfen muss und das Peking eine einzige Herausforderung darstellt. Nein, natürlich verlangt so ein Tripp einem etwas ab. Aber mit der schon einmal erwähnten Lockerheit und mit ner guten Portion Humor überlebt man hier doch ohne weiteres Nachdenken. Denn neben dem Kennenlernen von Hanni&Nanni, neben meinem Überlebenskampf auf der Straße, neben Geduldsproben wenn es um Vertragsverhandlungen geht, neben kleinen Chinesen, denen man am liebsten den Hals umdrehen möchte, wenn sie einen mal wieder in die falsche Richtung geschickt haben und einem die gesamte Kompetenz im Montagsmaler abfordern, gibt es hier auch Situationen, die auf eine etwas andere Art unvergesslich bleiben werden.

Unter anderem habe ich Anfang Oktober zufällig von M&P erfahren, dass die China Open (grosses Tennisturnier) gerade in Peking stattfinden. Natürlich habe ich mich gleich auf die Beine gemacht und es mir nicht nehmen lassen Maria Sharapova, Li Na, Angelique Kerber, Florian Meyer und Novak Djokovic im Viertelfinale Live zu sehen – falls dies jemand von euch zufällig verfolgt haben sollte: wenn ihr einen Deutschen unter tausenden von Chinesen gehört habt, der vor allem Florian Meyer und Angelique Kerber lautstark angefeuert hat – ja. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass ich das gewesen bin. Vor allem im Spiel von Meyer gegen den Chinesen Zhang musste ich ja schließlich die deutsche Fahne hoch halten.

Nun gut – kommen wir zum Thema erste soziale Kontakte finden. Da sich Fan Pu ja mittlerweile als Partybremse entlarvt hat, war ich selbst gezwungen mich auf die Straßen zu machen, um ein paar neue soziale Kontakt zu knüpfen – könnt ihr euch nebenbei noch an die Szene erinnern, in der ich vor lauter Naivität glaubte, dass mir ein Verkäufer im Supermarkt weiter helfen könnte? Ja? - Dieser naive Optimismus machte sich auch wieder bei meinem neu ins Leben gerufenen Projekt: „Freunde finden“ breit. Denn es stellte sich im Nachhinein als nicht gerade die leichteste Übung heraus, in einem Viertel neue Leute kennen zu lernen, in dem ich in den ersten drei Wochen vielleicht einen Ausländer vorbei huschen hab sehen.

Nach einem am ersten Abend kläglich gescheiterten Versuch in meinem Viertel Freunde fürs Leben zu finden gab ich meinem Projekt am Folgeabend noch eine zweite Chance, bevor ich nach Regensburg in die Selbsthilfegruppe „MOFs – du bist nicht alleine“ (MOF = Mensch ohne Freunde) zurück geflogen wäre. Nach eingehender Recherche, wo sich denn in Peking das Viertel befindet, in dem sich die meisten Ausländer aufhalten (also auch das am westlichsten orientierte Viertel ist), wurde mir erst klar, was für ein Glück ich eigentlich hatte. „Heyyyyy – super. Direkt auf der anderen Seite der Stadt“. Und wieder hieß es: Immer schön an dein Yin und Yang denken. Voller Tatendrang ging es dann mit dem Bus (ich muss euch mal eine Audioaufnahme der Busansage schicken – sagenhaft – stellt euch einfach einen Chinesen vor, der gerade eine durchzechte Wasenparty hinter sich hat und 3 Maß zu viel getrunken hat) zur nächsten Ubahn Station und von dort aus nach „San Li Tun“ in das besagte Ausländerviertel. Nach einer halben Stunde fahrt standen doch drei sehr westlich aussehende Kerle in der Bahn neben mich. Als ich den deutschen Akzent aus ihrer englischen Unterhaltung raushörte habe ich mich quasi wie ein Löwe auf seine Beute gestürzt. Es stellte sich dann auch heraus, dass dies zwei Deutsche Praktikanten (Max und Clemens) und ein Franzose (Jerome) waren. Lustigerweise machte es sogar für mich selbst im Nachhinein den Eindruck, als ob ich den ganzen Tag in der Ubahn rumgefahren wäre und auf potentielle Opfer gewartet hätte – soweit wäre es dann wahrscheinlich erst am nächsten Tag gekommen. Nach einer weiteren halben Stunde trafen wir dann auch schließlich in San Li Tun ein, um das ein oder andere gemütliche Bier zu trinken. Wir hatten es spaßig. Diese Jungs kennen gelernt zu haben stellt sich bis heute auch noch als glücklicher Zufall heraus.

Letzte Woche wurde das Projekt aufgrund erster Erfolgsaussichten weiter vorangetrieben. "Freunde finden Vol.2" folgte dann als ich zum Praktikantenstammtisch der Deutschen Aussenhandelskammer (AHK) für deutsche Praktikanten in Beijing ging. Auch da ergaben sich sehr nette Kontakte. Mittlerweile erhielt ich auch häufig die Bestätigung, dass ich im Hardcore-Chinesen-Viertel lebe. Aber gut. Alles andere wäre ja was für Anfänger und für Leute, die zum ersten Mal in Beijing, geschweige denn in Asien sind..mhhh...ja - So nehme ich zumindest in 4 Monaten Peking das an chinesischer Kultur mit, wofür andere 6 Monate oder noch länger brauchen.

Am folgenden Tag hab ich mich mit den Leuten der AHK gleich wieder zum Empfang in der deutschen Botschaft anlässlich der Nachfeier des Nationalfeiertages getroffen. Zum ersten mal wieder Spaetzle mit gutem Rinderbraten – und das sogar mit Messer und Gabel - herrlich.

Donnerstags sind dann ganz zu meiner Freude Arbeitskollegen vom Fraunhofer aus Stuttgart angereist, um mit dem Kooperationspartner aus Beijing (bei dem ich das Praktikum absolviere) einen 3 Tages Workshop zu halten. Die Freude bestand zum einen darin, mal wieder ein paar bekannte Gesichter zu sehen und zum andern, dass ich meine Knast-Matratze meines Appartments fuer 3 tage gegen ein 5 Sterne Luxus Bett eintauschen durfte – der Himmel auf Erden Freunde. Ich sags euch.

Nunja. So viel erst mal als kleiner Status-Zwischenbericht. Zu den einzelnen Erlebnissen gibt es natuerlich jede Menge Details zu berichten - Ich weiss, dass die Blogs normalerweise mit mehr Witz gefüllt sind – aber schliesslich muss es ja in Zukunft wieder Steigerungen geben koennen. Und glaubt mir, ich habe auch fuer die naechsten paar Berichte wieder genug Material gesammelt, um eure Bauchmuskeln ein bisschen zu strapazieren.

Herzliche Freude und Gruesse aus dem Land der Metropolen

Philipp

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