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Published: January 18th 2018
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Ich stehe in einem rosafarbenen Gewand in der Ecke und sehe den Menschen beim Essen zu. Mit einer Hand wird das Essen vermanscht und anschließend mit einer gekonnten Technik in den Mund befördert. Um mich herum sehe ich ausschließlich Frauen in weiten Gewändern und Kopftüchern. Die Männer sitzen auf der anderen Seite und speisen. Es gibt circa 200 Sitzplätze, bei weitem nicht genug für alle Anwesenden. Ich lecke an meinem rosafarbenen Eis, welches nach Kokos schmeckt und fühle mich ein bisschen verloren. In der anderen Hand halte ich meine Kamera, die aber nicht in der Lage ist einzufangen was ich gerade empfinde. Ständig wollen die Menschen Fotos mit mir machen und drücken mir dafür ihre Kinder in die Hände. Ich lächle und antworte ein Dutzend Mal auf die Frage wo ich herkomme und warum ich hier bin. Es ist die Hochzeit von Atirah und Fahmi und ich kenne beide nicht. Während das Brautpaar im Haus nebenan Fotos mit den Gästen macht setze ich mich an den Tisch und taste mich an das superscharfe Essen heran.
Vor 2 Tagen war ich bei Kuchai, seiner Frau und deren Tochter eingezogen. Nachdem ich morgens mit dem Bus aus Langkawi angekommen war hatte mich
Kuchai in der Stadt aufgesammelt. Ich hatte erst die Fähre nach Alor Perlis genommen, dann den Nachtbus nach Timmeloh und von dort einen lokalen Bus bis nach Jerantut. Ich hatte wenig geschlafen und während meiner Wartezeit am Busbahnhof in Timmeloh morgens um 5 Uhr den wilden Lauten einer Moschee gelauscht. Es war der Tag von Kuchais Umzug, aber ihm machte es nichts aus mich trotzdem aufzunehmen. Ich hatte ihn am Abend vorher über meinenCouchsurfing App gefunden und er war sofort bereit gewesen mich aufzunehmen. Nach einer erneuten Wartezeit von 2 Stunden holte er mich mit seinem Auto in der Stadt ab und wir fuhren zu seinem neuen Haus. Wir trugen ein paar Dinge herein und er zeigte mir mein Zimmer. Kuchai ist gebürtiger Malaiie und arbeitet als Lehrer in einer Grundschule. Da gerade Schulferien waren hatte er Zeit mir seine Umgebung zu zeigen. Direkt am ersten Tag fuhren wir zu einem Wasserfall in seiner Nähe, bevor ich abends seine Frau und Tochter kennenlernte. Wir aßen gemeinsam auf dem Boden mit den Händen. Natürlich verteilte ich den Reis auf dem ganzen Boden, sodass sich Kuchai erbarmte und mir einen Löffel reichte. Zum Frühstück gab es Rothi Canai mit Soße. Das schmeckt
fantastisch. An Tag 2 erkundete ich die Umgebung. Da sich das Haus 4 km außerhalb der Stadt befand hatte ich kaum die Möglichkeit Dinge allein zu unternehmen oder mal durch die Straßen zu schlendern. Ich lief zum nächsten Stand und kaufte ein paar Bananen und ein Eis im kleinen Shop auf der anderen Seite bevor Kuchai und ich wieder auf der Jagd nach Wasserfällen waren und einen Abstecher am Haus seiner Mutter machten. Am Abend erhielt ich eine schwarze Kutte mit Glitzersteinen. Es war der Abend vor der Hochzeit und ich bat Kuchai darum mich mit zu der Zeremonie zu nehmen. In einem kleinen Haus hatten sich Männer und Frauen geschlechtergetrennt im Raum niedergelassen. Viele saßen auf dem Boden den Hauses und sahen dem Priester und Brautpaar bei der Zeremonie zu. Andere wiederum saßen im Garten und aßen. Es wirkte alles sehr wuselig und ich fühlte mich wie ein Zootier, das von allen Seiten gemustert wurde. Nach einem Foto mit dem Brautpaar begonnen die Männer die großen Fleischstücke auf einem Tisch zu zerteilen. Das halbe Dorf bereitete das Essen für den morgigen Tag vor. Die riesigen Töpfe standen auf dem Boden und die Damen begonnen mit dem Gemüse. Kuchais Familie
und ich machten uns auf den Heimweg. Aus der angepriesenen Abfahrt morgens um 10 Uhr wurde 11.30 Uhr.
Nach 2 Stunden verlassen wir bereits die Hochzeit. In Malaysia sind Hochzeiten ein ständiges Kommen und Gehen, man wird auch nicht eingeladen sondern das ganze Dorf kommt einfach vorbei, isst, macht ein Foto mit dem Brautpaar und geht wieder. Zuhause angekommen habe ich kurz Zeit mein Kleid auszuziehen, dann heißt es plötzlich: „ OK, lets go“! Das sagte Kuchai immer aus dem Nichts heraus. Ich schnappe meine Tasche und setze mich ins Auto. Wir fahren zu einem Wasserfall außerhalb der Stadt. 31 km später parkt Kuchai sein Auto mitten in der Pampa. Wir waren durch viele Schlaglöcher und Büsche gefahren, sodass ich froh war, dass er einen 4x4 besaß. Wir laufen auf einer Sandstraße, die vom Regen sehr zerstört ist, auf dem Weg zu einem tollen Wasserfall. Der Weg wird irgendwann von einem Fluss unterbrochen. Kuchai steigt ins Wasser und steht bis zur Hüfte im Fluss. Die Strömung ist so stark, sodass wir beschließen die Felsen flussaufwärts zu klettern und nach einem etwas flacheren Stück zur Überquerung zu suchen. Während wir die Felsen entlang klettern beginnt es zu regnen. Ein Traum.
An einer etwas flacheren Stelle bahnt sich Kuchai einen Weg auf die andere Seite des Flusses. Ich ziehe meine Schuhe aus. In der einen Hand halte ich die trockenen Schuhe, mit der anderen halte ich mich an den großen Steinen im Wasser fest. Kuchai ruft mir zu, dass ich ihm die Schuhe zuwerfen solle. Mit einer gekonnten Bewegung werfe ich im beide Schuhe zu, während ich bis zur Hüfte im Fluss stehe. Puh, ein Glück, er hatte beide sicher gefangen. Zum Abspülen drückt er die Schuhe ins Wasser- Neeeeeeein! Mein Gesicht wird bleich und ich weiß nicht was ich denken soll. Ich beäuge verzweifelt meine nassen Schuhe und entscheide mich barfuß weiter zulaufen! Barfuß durch den Dschungel, na super! Obwohl meine Laune auf dem Tiefpunkt ist laufe ich weiter. Den Gedanken an Spinnen versuche ich zu verdrängen, bis auch schon die erste auf meinem nassen Schuh klettert. Ich schreie und Kuchai spielt den Retter. Der Regen läuft mir ins Gesicht und die nassen Klamotten am Körper kleben. Wenn ich jetzt nach Hause fliegen könnte würde ich es sofort tun.
Wir erreichen nach 90 Minuten schlussendlich den Wasserfall. Eine absolute Augenweide. Umgeben von Felsen prasselt das Wasser herab. Nach baden
ist mir nicht mehr, denn meine Klamotten würde ich nie wieder anbekommen. Wir verbringen noch einige Zeit am Wasserfall bevor wir uns auf den Rückweg machen. Meine nackten Füße verschwinden immer wieder im Laub des Dschungels. Kuchai sondert sich ab und beginnt seinen Körper in einer gebrochenen Pipeline zu waschen. Dann fragt er nach meinem Handykompass, positioniert sich bei 292° und fängt an zu beten. Drei mal fällt er zu Boden und steht wieder auf. Immerhin erreichen wir bereits nach einer Stunde Kuchais Auto. Völlig durchnässt machen wir uns auf den Weg zu einem Markt. Vorher halten wir noch kurz an der Moschee, wo Kuchai für einige Minuten verschwindet. Auf dem Markt kaufen wir unter anderem Fisch und Hühnchen fürs Abendbrot. Zu Hause angekommen ersehene ich mir nichts sehnlicher als eine Dusche und meine frittierte Kartoffel zum Abendbrot. Mein Aufenthalt bei Kuchai ist nahezu beendet, denn mein Bus nach Taman Negara verlässt Jerantut morgen Mittag.
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Andrea
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Rosa steht dir aber besser als Schwarz ;-)
Ich finde es immer wieder erstaunlich, mit wie viel Gastfreundschaft du überall aufgenommen wirst. In Deutschland kaum möglich...