Nazca


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February 10th 2010
Published: February 10th 2010
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09.02.2010
19:30



Land unter in Peru. Er begann in Cusco, Aguas Calientes und dem benachbarten Touristen-Highlight Machu Picchu, setzte sich in Puno am Titicaca-See fort und breitete sich nach und nach fast ueber das ganze Land aus: der Regen. Nicht etwa ein bisschen Regen, sondern ein Regen, der Staedte absaufen laesst, Tausende Menschen von der Aussenwelt abschneidet, Haeuser zerstoert, Tote und Verletzte fordert, den Bauern die Felder entreisst und der Wirtschaft, allem voran dem Tourismus, viele Millionen Nuevos Soles Einbussen kostet. Mit besten Gruessen von El Niño.

Ich scheine mich, mit mehr Glueck als Verstand, von Trittstein zu Trittstein durch die Fluten zu bewegen. Die Ueberschwemmungen rund um Cusco mit den ueber 4000 evakuierten Touristen sowie am Titicaca-See setzten zwei oder drei Tage nach meinem Entschluss ein, nicht dorthin zu fahren. Dann begann es in Lima und an der Suedkueste zu regnen, in einer der trockensten Wueste der Welt, waehrend ich in der trockenen Hitze Chiclayos bruetete. In Erwartung von Regen hatten die Bauern rund um Chiclayo bereits Nass-Reisfelder angebaut, mitten in der Wueste - ich dachte, ich traue meinen Augen nicht. Normalerweise regnet es dort ab Anfang Januar maessig fuer etwa 2 Monate, nun warteten alle sehnsuechtig darauf, die Reisfelder verdoerrten oder wurden fuer sehr viel Geld kuenstlich bewaessert. Als ich von Chiclayo nach Lima aufbrach, war der Regen in der Hauptstadt vorbei und Lima praesentierte sich mit blauem Himmel und etwa 32ºC. In der gleichen Nacht brach, wie ich spaeter erfuhr, der Regen in Chiclayo, Piura und Tumbes los, und zwar so stark, dass die Reisfelder abgesoffen sein duerften: Mit Kopfschuetteln betrachtete ich die Bilder in der Zeitung, die Strassen und Pyramiden zeigte, die ich eine Woche zuvor noch besucht hatte. Die Strassen waren zu Fluessen mutiert.
Und als ich dann erfuhr, dass mein Flug nach Arequipa wegen mangelnder Kompatibilitaet der Airline und meiner Kreditkarte storniert wurde, erfuhr ich zugleich, dass es in Arequipa regnet. Mittlerweile sitze ich in Nazca an der Suedkueste - im Trockenen. Welcher Engel haelt denn da den Regenschirm ueber mich?

Nun muss ich nur noch sechs Tage ueberstehen, ohne nasse Fuesse zu bekommen, dann geht mein Flug nach New York, und vielleicht hat Washington D.C., wo ich einen Freund treffen moechte, ja dann auch den Schneesturm bewaeltigt: Jungs, schaufelt mal ordentlich, und bringt den Strom wieder zum Laufen...

Die Zeit rast nun, das Ende meiner Reise rueckt in greifbare Naehe. Noch etwas malade von dem verdorbenen Magen bin ich von Pimentel nach Chiclayo gefahren, wo ich gleich eine knappe Woche blieb, obwohl die Stadt mich fast in den Wahnsinn trieb: ich glaube, Chiclayo ist die lauteste Stadt, die ich bisher erleben durfte. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden taeglich haemmerten Disco-Rhythmen, Autolaerm, Hupkonzerte, klaeffende Hunde und kreischende Menschen auf meine geplagten Trommelfelle ein. Zum ersten Mal in meinem Leben kaufte ich Oropax, um festzustellen, dass die nicht viel ausrichten konnten. Die Umgebung von Chiclayo jedoch hat vieles zu bieten: Die Archaeologen kommen kaum hinterher mit den Ausgrabungen, die Gegend ist uebersaet von Pyramiden aus Kulturen, die wesentlich aelter sind als die beruehmten Inka, die Machu Picchu erbauten. Ich machte einen Ausritt auf einem herrlich weichgehenden peruanischen Pasopferd durch einen dornigen Trockenwald, aus dem die verwitterten Pyramiden herausragen wie riesige broeckelnde Sandhaufen. Zum Teil buddeln Archaeologen darin herum, die schon einige beeindruckende Funde ans Tageslicht befoerdert haben, zum Teil sind sie noch unbearbeitet und uebersaet mit Tonscherben und alten Knochen. Einer der beruehmtesten Funde der Gegend ist das Grab des Señor de Sipán, eines Herrschers der Moche-Kultur, die etwa zwischen 300 v.Chr. bis 700 n.Chr. den noerdlichen Kuestenstreifen des heutigen Peru besiedelten. Als der alte Herr abtrat, wurden ihm fuer das Leben im Jenseits acht Menschenopfer, darunter ein etwa 10jaehriger Junge und drei Maedels zwischen 16 und 18, sowie ein Hund und zwei Lamas mitgegeben. Warum kleckern und nicht klotzen? Man stirbt ja nicht taeglich.
Nachdem ich mich in dem sehr modernen und informativen Museum in Lambayeque zum Thema schlau gemacht hatte, stattete ich auch dem Grab einen Besuch ab: Ein Spaziergang mit Gaensehaut-Effekt. Ich war fast allein in dieser abgelegenen Wuestengegend, und nach dem Laerm Chiclayos kam mir die Stille fast unheimlich vor. Nur ein paar Voegel liessen seltsame Laute von sich, die klangen wie ersterbende Schreie. Der Blick in die Grube mit den Skeletten erledigte den Rest, ich verspuerte das dringende Beduerfnis, jemanden anzufassen, der warm und lebendig ist. Was bringt Menschen dazu, andere Menschen, sogar Kinder, umzubringen oder - wahrscheinlich, da sitzend gefunden - lebend zu begraben?
Ich stellte fest, dass ich fuer ein Archaeologie-Studium nicht geeignet waere: Ich besitze zu viel Phantasie und zu wenig Geduld. Mir ist das alles zu tot und verstaubt. Aber auf jeden Fall war es eine Woche mit interessanten Einblicken in die Vergangenheit.

In Lima fuehlte ich mich erstaunlich wohl. Ich strandete nach einer Nacht im Bus in einem sehr angenehmen Hostel im froehlichen Ausgehviertel Barranco, lernte nette Menschen kennen, landete auf Einladung eines Freundes einer bekannten Peruanerin in einer Folklore-Tanzshow, wurde zu meinem Entsetzen zusammen mit Touristen aus anderen Laendern auf die Buehne gebeten, wo ich Alemania vertreten durfte, indem ich ein spanisches Lob an das peruanische Essen in das Mikro stammelte, das man mir unter die Nase hielt und mit dem Moderator der Show einen Walzer tanzte. Zum Glueck hatte ich bereits zwei Bierchen intus, sonst haette ich die Situation als noch gruseliger empfunden als das Grab des alten Herrn von Sipán.

In Pisco habe ich eine sehr lohnenswerte Bootstour zu ein paar Felseninseln gemacht, wo Seeloewen und unzaehlige Seevoegel leben, die fleissig Guano produzieren. Ansonsten fand ich Pisco schrecklich trostlos: Vor 2,5 Jahren hat ein Erdbeben der Staerke 7,9 die Stadt fast dem Erdboden gleichgemacht, und die Folgen sind nach wie vor unuebersehbar. Auf riesigen Freiflaechen in der Stadt sammelt sich Muell, es stinkt zum Teil barbarisch, viele Haeuser sind nicht mehr bewohnbar und starren einen mit blinden Scheiben an, regelmaessig stoesst man auf Schutthaufen, die mal Gebaeude gewesen sind, und einige Einwohner erzaehlten mir, wie sie verschuettet waren oder sich gerade noch rechtzeitig auf die Strasse retten konnten. Mich hielt hier nicht viel, und ich fuhr weiter gen Sueden.

Tja, und nun sitze ich in Nazca, wo ich heute aus der Vogelperspektive die beruehmten Geoglyphen bewundern durfte. Die winzige Maschine flog abwechselnd Links- und Rechtskurven, damit jeder mal einen guten Blick auf Affe, Kolibri und Co werfen konnte, und ich, die sich ohnehin mal wieder den Magen verdorben hat, kaempfte zum Glueck erfolgreich gegen mein Fruehstueck an, das sich gegen diese unsanfte Behandlung wehrte.

Morgen gehts wieder in noerdliche Richtung, nach Huacachina bei Ica. Dies wird meine letzte Etappe sein, bevor ich wieder in Lima eintreffe, wo mein Flieger nach New York auf mich wartet.




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