Der wilde Norden: Von Ometepe nach Las Peñitas, Estelí, Somoto


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Central America Caribbean » Nicaragua
February 13th 2018
Published: February 13th 2018
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Zwei Wochen später und es ist geschafft, ich bin um einige Erfahrungen reicher, habe viel von Land und Leuten gesehen, Freunde wieder getroffen und weiß sogar im Groben wies weiter geht. Aber dazu weiter unten mehr. Zuerst möchte ich euch wieder kurz zusammenfassen, was mich auf dieser Rundreise am meisten beeindruckt hat - wie immer sind diese Erlebnisse ganz eng an Menschen gebunden:



OMETEPE:

So sehr ich diese fantastische Insel auch ins Herz geschlossen habe, diesmal war die Zeit dort eine kleine Herausforderung. Mit Regenwetter, stürmischem Wind und nassfeuchter Kühle haben wir wirklich nicht gerechnet. Insofern war der erste Nachmittag als Einstimmung eher ruhig - und diente mehr zur Planung einer alternativen Route über die Insel. Vulkanbesteigungen bei dem Wetter werden nicht empfohlen, die lose Erde wird ganz schnell matschig, der Aufstieg zur Schlammschlacht. Die Wanderer die nach 10 Stunden zurückgekommen sind waren von oben bis unten in Dreck gehüllt - in einem Land ohne Waschmaschinen auf Rundreise mit leichtem Gepäck nicht unbedingt zu empfehlen... insofern haben wir umgeplant: Die Insel einen Tag mit dem Motorrad, einen Tag zu Fuß und mit dem kleinen öffentlichen Bus erkundet. Der fährt so ca. 3x am Tag (wer weiß das schon so genau?) und nimmt jeden mit, der am Straßenrand steht und winkt. Die Motorradtour war der Hammer! Und das Wetter zum Glück besser als noch am ersten Tag. Buckelige Erdpisten so weit das Auge reicht, da kann man die Fahrt im Schritttempo super genießen, die vielen Kühe, Hunde, Katzen, Schweine, Esel, Pferde, Hühner, Frösche, Vögel, Schlangen... auf der Straße bewundern. Hier auf der Insel ist jeder willkommen, es ist genug Platz für alle und Zeit für mehr... Alles folgt seinem natürlichen Weg, seinem natürlichen Rhythmus - und wenn das heißt, dass man von einer Horde Kühe auf der Straße begleitet wird, findet man entweder eine alternative Route (durchs Gebüsch) oder fügt sich dem Fluss der Herde.

Wir sind zum Wasserfall San Ramón am Fuß des Vulkan Maderas gewandert, haben frischen Kaffee, Schokolade und viele Smoothies probiert - mit Abstand den besten in der Finca La Magia. Meine Freundin Mari - eigentlich aus Italien, sie arbeitet aber auf Omtepe - hat uns glücklicherweise die Finca ihrer Freunde empfohlen und ich bin unendlich froh, dass wir ihrer Empfehlung gefolgt sind. La Magia ist wahrlich ein magischer Ort, bewirtschaftet von einer Costa Ricanerin und einer Spanierin (Beatriz). Die beiden haben uns liebevoll empfangen, die Finca gezeigt und uns einmalige frische Smoothies mit selbstgemachtem Yoghurt serviert. Die kleine Maus in dem Foto (sie ist 4) hat mir eine Privatführung durch ihren Garten Eden gegeben, dabei darauf bestanden meinen Helm zu tragen und die meiste Zeit musste ich auch einen kleinen Welpen an der Leine mit ausführen. Ich war ihre neue Freundin - und sie war bei dieser Tour ganz klar la chefe (der Boss). Und wenn sie mich gerade nicht an der Hand geführt und belehrt hat ("Tengo qué enseñarte..."), hat sie sich in meinen Schoß gekuschelt und mir Fragen gestellt. Was für ein kleines Paradies auf Erden, was für eine tolle Familie.

Am dritten Tag waren wir dann zu Fuß und mit dem Bus unterwegs - allerdings hat das auch sehr viel Warten mit sich gebracht. Genug Zeit um mit den mitreisenden Nicas ins Gespräch zu kommen... Den Nachmittag nach unserer langsamen Anreise haben wir im Ojo de Agua verbracht, einem Dschungel-Freibad das zugegebenermaßen eine Touristenattraktion ist, aber für entspannte Stunden gerade gut passt. Darauf folgte allerdings noch ein aufregender Abend: Pizza Night im El Zopilote (unserem Eco-Dschungel-Hostel). Und weil die Stimmung so gut war, haben wir uns ganz spontan zu einer musikalischen Jam-Session formiert, Ian hat mit drei Gitarristen gespielt (Nica, Canada, Schweden, USA) und ich mit einigen anderen Gästen gesungen. Eine lange Nacht vor einem langen Tag, denn die Reise von Ometepe nach Las Peñitas war doch dann ein etwas größerer Katzensprung: Taxi, Fähre, Bus, Taxi, Minibus, Lastenwagen, Lastenwagen und noch gute 20 Minuten zu Fuß... Alles in allem waren wir 9 Stunden unterwegs. Genug Zeit zum Grübeln, Landschaft genießen, Schreiben, Schlafen.





LAS PEÑITAS:

Mal wieder zurück in meinem liebsten Ort (Teil III) und ich kann euch eines verraten: Es war nicht das letzte Mal.

Angekommen is Las Peñitas haben wir bei meinen Freunden Shawn und Erin eingecheckt; sie sind vor einem Jahr aus Canada hier her gezogen und haben ein Haus mit 3 Gästezimmern, Hängematten, Pool und Terrasse direkt am Strand. Ein toller Ort um zu entspannen und sich wohlzufühlen. Wir haben natürlich Kimberlie getroffen, eine Nacht mit Merengue und Salsa verbracht (ich nur passiv) und es uns gut gehen lassen. Las Peñitas gibt mir alles, was ich momentan brauche: Ruhe, Sonnenschein, Meeresrauschen, freundliche Menschen - Expats und Nicas leben hier im Einklang, dazu gibt es kaum Touristen. Man badet neben Pelikanen, hüpft durch die Wellen und wird immer wieder von Hunden bewedelt. Und jetzt kommt das beste: Ich darf diesen Ort für eine Woche mein Zuhause nennen. Nachdem sich meine Reisepläne spontan (berufsbedingt) wieder geändert haben und ich doch erst am 25.02. in die USA muss, habe ich beschlossen meine letzte Woche in Nicaragua nochmal zu genießen und nicht zur Arbeit nach Managua zurückzukehren. Das heißt: Meine Tage sind gezählt, noch 4x schlafen in Managua, dann muss ich Abschied nehmen. Lola wird mir unglaublich fehlen...





DER NORDEN:

Der letzte Teil unserer Reise - Somoto, Estelí und Matagalpa. Ich habe im Vorfeld viel über den Norden gehört, es wäre alles ganz anders, ein bisschen rauer, wilder, natürlicher. Viele Berge, Wälder, Agrikultur. Und ich muss sagen: Mir gefällts dort!

Wir hatten das Glück, dass Shawn und Erin am selben Tag wie wir zum Cañon de Somoto fahren wollten, also sind wir kurzerhand gemeinsam gefahren: 6 Leute in einem Truck, drei Kanadier, zwei Amis und ich. Ein schönes Gefühl in deren Mitte als bindendes Glied zu sitzen, das sind jeder für sich tolle Menschen, die ich unter glücklichen Umständen auf meinen Wegen getroffen habe. Wir hatten (obwohl wir uns alle eigentlich kaum kennen) einen mega lustigen Tag, mit zwei Mal vier Stunden Roadtrip durch schönste Landschaft, vorbei an Estelí, nach Somoto. Dort hat uns unser Guide auf seinem Moto erwartet und zum Ausgangspunkt unserer Tour begleitet. Dieser Guide, Daniel, wurde Erin von Freunden empfohlen und war wirklich ein Glücksgriff. Er ist mit uns durch den ganzen Canyon gewandert, geschwommen, hat uns alles gezeigt und erklärt, wir hatten eine gute Zeit in dem bildschönen Areal. Es war zugegebenermaßen hin und wieder etwas kalt in dem Fluss, aber das war ja auch zu erwarten. Erin und Shawn haben mir im Vorfeld erzählt, dass Daniel wohl auch eine Finca mit Kühen und Pferden nahe des Canyons hat, da musste ich natürlich noch genauer nachfragen. Leider hat sich allerdings herausgestellt, dass die Finca nicht bei uns am Weg liegt, also mussten wir am späten Nachmittag Abschied nehmen ohne die Finca zu sehen. Ian und ich sind in Estelí geblieben für ein paar mehr Wanderungen , die anderen sind nachts noch im Truck zurück nach León gefahren. Glücklicherweise darf ich ja wieder nach Las Peñitas zurückkommen, also gibt es noch ein Wiedersehen... León Teil IV ich komme!

Am nächsten Tag war wieder sehr früh Tagwache, immerhin wollten wir sofort mit einer Tagestour in die Berge starten. Das Treehuggers - ein Öko-Tourismusbüro / Caffe - hat um 07:00 geöffnet, da hat man uns gleich offenbart dass die 1-Tagestouren um 05:30 starten, wir also zu spät dran sind. Wer hätte das gedacht... Der nette Kollege dort, Nelson, hat unseren Besuch allerdings gleich zum Anlass genommen uns eine Geschichtestunde zu geben: Er hat uns von seiner Zeit im Bürgerkrieg bei den Sandinistas erzählt und von seiner Odyssee nach Amerika, als er ausgewandert ist und am Weg mehrmals fast gestorben wäre. Das ganze in schönstem Nica-Spanisch und geschlagene zwei Stunden lang. Als wir dann um 10:00 endlich unsere Wanderung für den Folgetag gebucht haben, sind wir ehrlich etwas erschöpft aus dem Treehuggers rausgegangen. Ian kam ein Ruhetag gerade recht, er ist also in Estelí geblieben, während ich zumindest nach Matagalpa (einen Nachbarort) fahren wollte. Bei der Bushaltestelle abgekommen ist mir dann aber eingefallen, dass ich doch eigentlich gerne Daniels Finca sehen wollte, also hab ich ihn kurzerhand angerufen. Das Gespräch war kurz, freundlich, und nachdem ich quasi schon am Weg zu ihm war, sagte er nur: Bleib bis Somoto im Bus, ich hol dich dort ab. Ich dachte die Fahrt wäre 30 Minuten, tatsächlich war ich erst 2 Stunden später in Somoto. Ich hab im Bus auch gleich gefragt, wann der letzte Transfer zurück nach Estelí fährt, da sagte man mir 17:00 Uhr. (Es gibt hier weder Haltestellen noch Fahrpläne, alles passiert nach persönlicher Auskunft, Erfahrungswerten, Hora Nica, Wetter, Laune und dem Glücksprinzip. Busse fahren auch nicht immer dieselbe Route, geschweige denn zur angegebenen Destination.)

Als ich also zum ersten Mal realisiert habe, dass wohl nur wenige Stunden für die Besichtigung der Finca bleiben, dachte ich noch: "...na gut, etwas kanpp aber da kann man schon was machen". Am Busbahnhof stand Daniel schon grinsend mit zwei Motorradhelmen bereit - ich dachte eigentlich wir wandern zur Finca, am Vortag hatte er mir noch den Weg aus dem Canyon gezeigt. Tatsächlich waren wir gute 45 Minuten mit dem Motorrad unterwegs: 25 Minuten auf dem Panamerican Highway und weitere 20 Minuten offroad steil bergauf mit mehreren Flussquerungen. Es war eine tolle Fahrt mit grandiosen Ausblicken, dass meine Zeitrechnung allerdings völlig falsch war stellte sich nach und nach heraus. Als Daniel dann fragte wie lang ich auf der Finca bleibe, musste ich ihm sagen, dass ich um 17:00 Uhr mit dem letzten Bus zurück muss, woraufhin wir beide nur lachend den Kopf geschüttelt haben. An dem Punkt gab es eh kein zurück mehr, allerdings war der Zeitaufwand für so einen Kurzbesuch doch beschaulich. Wir haben dann am Ende des befahrbaren Weges das Motorrad abgestellt und nach weiteren 45 Minuten Wanderung bergauf durch die wunderschöne Landschaft sind wir (endlich) bei der Finca angekommen. Es war mittlerweile 14:00 Uhr - mein Spontantrip der eine geschätzte Stunde dauern hätte sollen, hat ganze 4 Stunden inkl. Bus, Moto und Wanderung gedauert. Die Tour und die Finca war es allerdings allemal wert: Daniel hat rund 80 Kühe, 4 Pferde, Hunde, Katzen, Hühner, ein hübsches kleines Häuschen und das gesamte Land rund um den Canyon. Wirtschaftlich gedacht eine Goldgrube (Touristen würden es hier lieben) aber es ist einfach nur ein weites, unberührtes Paradies mit endlosem Ausblick über das Hügelland und den Canyon bis nach Honduras. Seine Familie lebt von den eigenen Erzeugnissen - was klar ist, wenn man den weiten Weg bis ins Dorf bedenkt - und produziert auch Käse den ich ganz frisch probieren durfte. Mir dämmerte schön langsam auch, dass ich den armen Kerl mit meiner Spontanaktion am Sonntag um 10:00 Uhr nicht nur um seine Freizeit beraubt habe, sondern auch 1 1/2 Stunden runter ins Tal zitiert und beim Bus warten hab lassen... ich hab mich sowieso tausend mal entschuldigt, weil ich keine Ahnung hatte wie weit der ganze Weg ist (für mich und ihn) aber er sah das ganz easy: Hora Nica - Zeit hat hier wirklich eine andere Bedeutung. Auf der Finca wurden wir dann auch von seiner Mama verköstigt, die natürlich gar nicht verstehen wollte warum ich so bald wieder gehen muss. Für nur eine Stunde den weiten Weg zur Finca zurückzulegen macht ja auch wirklich keinen Sinn - wie recht sie hat... Um auch wirklich das beste draus zu machen, sind wir von der Finca aus noch zu zwei Miradores (Aussichtsplattformen) gewandert und haben es auch irgendwie geschafft noch ein paar Meter auf Daniels Pferden zurückzulegen. Kurz danach haben wir uns aber tatsächlich wieder auf den Weg ins Tal gemacht - mit frischem Queso im Gepäck - und ich hab grad und grad noch so den letzten Bus erwischt. Was für ein Traumtag!

Die allerletzte Etappe führte Ian und mich dann am nächsten Morgen um 05:00 nach Miraflor - einem Ort in den Bergen der für die vielen Fincas bekannt ist. Hier gibt es nur zweimal am Tag einen Bus (um 05:30 und um 14:00 Uhr) der schön langsam die Bergstraße bergauf alle kleinen Comunidades anfährt und vereinzelt auch Touristen bei den Fincas abliefert. Die Fahrt durch die Bergdörfer ist gigantisch, auch wenn das Wetter leider eher kalt und regnerisch war, daher auch der Ausblick auf 1.400 Metern sehr trüb. Im Ortsteil La Pita angekommen haben wir unseren Guide Faustino getroffen und erstmal Nica Frühstück aufgetischt bekommen. Von dort aus sind wir dann gute 6 Stunden lang gewandert, wortwörtlich über Stock und Stein, durch verschiedenste (Regen-)Wälder, Vegetationen, vorbei an allerlei Weidevieh. Angekommen im Parte Abajo (dem höchsten Teil) von Miraflor haben wir spontan noch eine Schule besucht. Die Kinder hatten gerade Pause und waren mit Fußball und Tanzen beschäftig. Die Kleinen waren von dem Überraschungsbesuch natürlich ganz begeistert und haben mich gleich bei den Händen genommen und in die Mitte ihres Tanzkreises gestellt. Salsa und Merengue standen am Programm - und das mit nicht mal 8 Jahren. Die haben wirklich Rhythmusgefühl im Blut und sich bei meinen Tanzversuchen kaputtgelacht. Stunden später wurden wir dann, zurück am Ausgangspunkt, mit Mittagessen versorgt bevor der Bus uns wieder zurück nach Estelí gebracht hat. Und da kehrte dann um 18:00 Uhr ganz schnell Ruhe ein, nach zwei so langen Wandertagen...





Es war eine wirklich spannende Reise, mit vielen Eindrücken die mir noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Jetzt freu ich mich schon auf meine Lola, aufs Wäschewaschen und Packen - denn ganz bald gehts wieder nach Las Peñitas zurück bevor ich dann die nächste Etappe antrete: Fort Lauderdale.

Fotos gibt es wie immer ganz viele weiter unten zu bestaunen.


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