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Phnom Penh...
...liegt eigentlich ganz friedlich am Fluss "Sieam Reap". Kambodscha - ein Land, ein Name. Ein Name, der gerade als Kind Begeisterung bei mir hervorgerufen hat. War doch eines meiner liebsten Kinderbücher
Mit dem Fahrrad durch Kambodscha. Ein Buch in dem die Geschichte eines Jungen erzählt wird, der mit seiner Rikscha Kambodscha durchquert. Die Illustrationen haben bei mir als Kind Assoziationen hervorgerufen, die ebenso toll und positiv waren, wie sie im Buch bunt waren. Und es war ein sehr buntes Buch! Heute, nach anderthalb Tagen in der Hauptstadt
Phnom Penh, kann ich leider nur feststellen wie frustrierend es ist, mein heutiges Bild den Kindheitseindrücken gegenüberzustellen.
Zwar habe ich keinen wirklichen Einblick ins Land, aber nach dem Besuch der
Killing Fields und des berüchtigten Gefängnisses
S 21 in Phnom Penh steht fest, dass ich noch nie so geschockt von einem Land war wie heute vo Kambodscha; und noch nie so viel Frust über die "Schlechtheit der Welt" empfunden habe. Die Gräueltaten der
Roten Khmer, deren Hintergrund ich bisher nie richtig gekannt habe, sind in ihrer Wirkung mit dem Eindruck vergleichbar, den ich nach dem Besuch von
Auschwitz und Birkenau hatte. Zu dieser tristen Stimmung, die mich seitdem in diesem Land befällt kommt der Verlust meiner Impressionen. Weg sind sie, meine
Doch die Idylle von diesem "Park" ...
...ist eine trügerische. In Wirklichkeit ist es der Zellentrakt von S. 21. Kindheitsbilder von dem kambodschanischen Jungen, der vor einer sinkenden, roten Sonne durch ein buntes Reisfeld radelt...
Als
Pol Pot 1975 die Macht übernahm, waren die Menschen in Kamboscha zuerst froh. Schliesslich hatte das Land massiv unter dem Vietnamkrieg der Amerikaner gelitten. Die Amis hatten neben Zielen in Vietnam selbst auch kambodschanisches Territorium bombardiert, um die dortigen Truppenbewegungen des
Vietcong nach Südvietnam zu stoppen. Folge waren auf kambodschanishcer Seite nicht nur Tote und Verletzte, sondenr eben auch tausende Flüchtlinge, Furcht vor Krieg im eigenen Land und der Wunsch nach politischer Veränderung. Was aber unter den neuen kommunistischen Machthabern und ihrem Anführer Pol Pot folgte, war ein Genozid.
Pol Pot strebte eine agrarische Gesellschaft aus Bauern an. Nicht nur, dass deswegen jeder Kambodschaner gezwungen wurde Bauer zu werden. Auch wurden alle Städte abgeschafft, die per se dem ländlichen Ideal im Wege standen. Massenhafte Zwangsumsiedlungen waren die Folge. Die massenhafte Betroffenheit der Kambodschaner führte jedoch in keinerlei Hinsicht auch zu massenhaften Protesten. Im Gegenteil, wer es wagte zu opponieren wurde als Regimegegner abgestempelt - was einem Todesurteil gleichkam.
Das gleiche Todesurteil wurde neben den Querdenkern auch pauschal über alle Intellektuellen und Reiche ausgesprochen, die dem neuen Ziel des
Bauernstaates im
Wer in S 21 seine Zelle verliess,...
...tat dies zumeist unfreiwillig und auch nur damit er im... Wege standen. Umgebracht wurde jeder, der als Zeichen seiner Intellektualität eine Brille trug, Bücher besass, Bildung vorzuweisen hatte oder sich auf andere, hahnebüchende Weise, "verdächtig" gemacht hatte.
Ebenfalls auf der Liste der zu "eliminierenden" Personen standen Reiche. Jeder der es zu Wohlstand gebracht hatte oder dessen dicker Bauch zumindest auf genug Geld für Essen hindeutete wurde zusammen mit den anderen Feinden des Kommunismus im Gefängnis eterniert. Weil die Roten Khmer die Gefahr jedoch nicht nur in den sogenannten "Verdächtigen" selbst sahen, wurde immer auch gleich die komplette Familie des "Verdächtigen" mit inhaftiert. Wer nicht in der Haft starb, wo er gefoltert, misshandelt und gedemütigt wurde, der wurde in Todeslager verlegt. Das bekannteste erhielt den treffenden Name
Killing fields und liegt ausserhalb von Phnom Penh. Die Funktion, wie der Name schon sagt, war im Grunde genommen die gleiche wie die der Vernichtungslager während des Holocausts. Nur wurde in Kmabodscha nicht wie in Nazi-Deutschland nach einer "sauberen, effizienten und massenahfte Tötungsmethode" gesucht. Die Roten Khmer legten Wert darauf, dass jeder einzelne Inhaftierter "per Hand" zu Tode geprügelt wurde. Sofern er mit seinen Angehörigen inhaftiert war, galt die Anweisung ihn vor deren Augen totzuschlagen.
Die Dokumentation dieser Gräueltaten ist sehr ausführlich und
sogenannten "Verhörtrakt"...
...nach den Folteranweisungen auf den Schautafeln alles das zugab, was schliesslich seine... für mein persönlichen Eindruck viel zu detailliert. Vielleicht habe ich aber gerade durch die vielen perversen Details den ganzen Nachmittag in einer Art Dämmerzustand verbracht. Besonders nachgedacht habe ich über die Passivität anderer Staaten in den Jahren 1975 bis 1979 - denen die Umstände genauso bekannt waren wie während des Holocausts.
Warum hat keiner was getan? Steht das Recht eines Landes auf Selbstbestimmung so hoch, dass man nicht einschreiten darf, wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinfen? Oder waren für die UNO, die reichen Länder und die sonst so um die Menschenrechte besorgten amerikansichen Weltpolizisten im Falle von Kambodscha einfach leider keine Bodenschätze in Gefahr? So dass man lieber still hielt und die Drohungen darauf redzierte, dass man böse war und vielleicht auch einen Brief schreiben würde in dem dann stehen würde, wie böse man war. Ach, es ist doch zum Kotzen!
Von den 8 Millionen Menschen, die 1975 vor Pol Pots Machtergreifung in Kambodscha gelebt hatten wurden bis zur Befreiung durch den Einmarsch der Vietnamesen im Jahr 1979 geschätzte 2 bis 3 Million Menschen umgebracht; ein Viertel der gesamten Bevölkerung! Da die Menschheit ja leider nicht aus der Vergangenheit lernt, kann ich nur ein
...Ermordung...
...in den "Killng fields" und sein Ende in einem der... zynisches Fazit ziehen: es war das Pech der kambodschanischen Brillenträger, Bauchträger, Bücherleser etc., dass sie sich zum Leben gerade ein Land ausgesucht haben, in dem wegen fehlender Bodenschätze eine Intervention für andere Länder gerade nciht interessant war. Sogar der Einmarsch der Vietnamesen 1979 erfolgte nicht, weil Menschenrechte verletzt wurden, sondern weil die Roten Khmer frech geworden waren und im Süden Vietnams ein paar Gebiete besetzt hatten, die sie für Kambodscha reklamiert hatten...
Ich beobachte wie sich die manchmal ironische Berichterstattung meiner lezten Blogeinträge in eine resignativ-zynische verwandelt. Das ist hoffentlich nur vorübergehed. Darum stimme ich auch "Kanada-Michael" zu (den ich heute lieber nicht Chuck nenne), der ein genauso bedrückendes Fazit zieht wie ich. Er schafft es jedoch, dem ganzen noch einen Ansatz zu verleihen, der wenigstens für den Moment so etwas wie Ablenkung verspricht. Am Ende unserer Weltschmerz-Diskussion sagt er: "Oh, sometimes this world is a complete toilet - let's get drunk!"
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