Die südliche Hauptstadt


Advertisement
China's flag
Asia » China » Jiangsu » Nanjing
September 29th 2009
Published: September 30th 2009
Edit Blog Post

Nach einer weiteren Nacht am Fuße des Huangshan fuhr ich am nächsten Morgen mit einem uralten Reisebus Richtung Nanjing, einer der alten Hauptstädte Chinas. Der Bus war recht eng, aber zum Glück nur zum Teil besetzt, so dass ich ausreichend Platz hatte. Allerdings war die Straße bis wir zur Autobahn kamen ziemlich holprig und fuhr anfangs auch in Serpentinen durch die Berglandschaft, so dass mir leicht übel wurde.

In Nanjing angekommen, musste ich mir dann erst mal eine Unterkunft suchen. Ich hatte nicht vorgebucht und da mir einige Tage zuvor sämtliche Daten vom USB-Stick abhanden gekommen waren, fehlten mir auch die entsprechenden Seiten, die ich aus dem China-Lonely-Planet gespeichert hatte. Wenigstes hatte ich zwei Adressen zuvor aufgeschrieben und ich quartierte mich schließlich in dem Hostel ein, das als erstes auf meinen Anruf reagierte.

Das Fuzimiao-Hostel war laut dem Planet bei chinesischen Backpackern sehr beliebt, und es hieß daher, man solle vorbuchen. Als ich aber nachfragte, war es kein Problem, kurzfristig ein Dorm-Bett zu bekommen.

In der Tat waren in dem Hostel viele Chinesen. Einer von ihnen war Lion wie englisch "Löwe". Jüngere Chinesen bzw. solche die häufig mit Ausländern zu tun haben, geben sich oft englische Namen, da diese für die Ausländer leichter zu lernen sind. Dabei kommt es manchmal allerdings auch zu Skurrilitäten.

Er war Anfang 20 und stammte aus Chengdu. Er sprach hervorragendes Englisch und hatte sich auch einige westliche Höflichkeitsregeln angeeignet, wie z.B. zu fragen, bevor er sich einfach eine Zigarette ansteckte. Laut eigener Aussage war Lion ein Schriftsteller. Er schrieb über den Buddhismus, war aber Atheist. Tatsächlich schien seine Hauptbeschäfigung aber darin zu bestehen, den ganzen Tag in der Lobby zu sitzen, Musik auf dem Laptop zu hören und mit anderen Gästen Bier zu trinken.

Ebenfalls im Hostel habe ich David getroffen. Er war Engländer, genauer gesagt aus London. Wir verbrachten die zweieinhalb Tage meistens gemeinsam. Am ersten Tag besuchte wir die Gedenkstätte für die Opfer des Massakers von Nanjing. 1937 vergewaltigten die japanischen Besatzer zehntausende von chinesischen Frauen und Mädchen, und töteten 200.000-300.000 Zivilisten (je nach japanischer oder chinesischer Zählweise). Die riesige Gedenkstätte dokumentierte den Vorfall sehr ausführlich, teilweise zu ausführlich. Unter vielen Chinesen ist der Hass auf die Japaner immer noch sehr groß. Ein chinesischer Besucher des Memorials wendete sich an mich mit vebitterter Miene und sagte nur: "Japanese, bloody bastards!"

Ein Teil der Ausstellung war auch den ausländischen Geschäftsleuten und Missionaren gewidmet, die durch die Einrichtung einer Schutzzone versuchten, möglichst viele Zivilisten zu retten. Der deutsche John Rabe, Geschäftsführer der Siemensniederlassung in Nanjing und NSDAP-Mitglied, wurde zum Vorsitzenden eines internationalen Komitees gewählt, in dem Angehörige der späteren Weltkriegsgegner gemeinsam saßen. Er selbst nahm auch zahlreiche Flüchtlinge in seinem Haus auf. Eine von Rabes Maßnahmen beinhaltete auch das Aufstellen einer Hakenkreuzfahne auf dem Grundstück seines Hauses, um die mit Nazi-Deutschland verbündeten Japaner vom Angriff abzuhalten. Die Verbindung auf den Bildern des Hakenkreuzes mit der Rettung von Menschenleben wirkte teilweise sehr surreal.

Den folgenden Tag widmeten wir einem leichterem Thema, dem Besuch des Stadtberges mit seinen Sehenswürdigkeiten, wie dem Sun-Yatsen-Mausoleum und dem einzigen Grab eines Ming-Kaisers außerhalb von Peking.



Advertisement



Tot: 0.55s; Tpl: 0.01s; cc: 17; qc: 79; dbt: 0.4757s; 1; m:domysql w:travelblog (10.17.0.13); sld: 1; ; mem: 1.2mb