Ein Zimthuhn, ein Schatzhaus und eine Schießerei?


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October 2nd 2013
Published: October 2nd 2013
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Mit dem Taxi sind es etwa 1,5 Stunden von der Grenze nach Wadi Musa, den kleinen Ort am Eingangstor zur antiken Stadt Petra. Wir hatten dem jungen Taxifahrer erlaubt seine Freundin mitzunehmen, aber die beiden stritten die ganze Zeit, also mussten wir irgendwann anhalten damit der junge Mann seiner Freundin zur Versöhnung einen Tee am Straßenrand kaufen konnte. Dann mussten wir nochmal anhalten, damit er die mitgebrachte Minze, die seine Freundin auf dem Schoß hielt mit Wasser aus dem Kofferraum gießen konnte, schließlich hielten wir nochmal, weil er pinkeln musste und dann noch mal wegen einer Polizeikontrolle. So dauerte es doch ein bisschen länger aber gegen 17 Uhr kommen wir in Wadi Musa an, wo wir ein preiswertes jordanisches Hotel gebucht haben. Es gibt hier nicht viele Optionen neben den allgegenwertigen internationalen Luxushotels, die gut 200$ die Nacht kosten, aber unser Hotel sollte sich als echter Glücksgriff herausstellen.

Hier oben in den Bergen ist auch direkt das Klima etwas angenehmer als in Eilat. Es könnte fast sein, dass man morgens in Petra noch einen Pullover braucht.

Ich will mal wieder meinem Tick nachgehen und einen Kochkurs belegen und tatsächlich schaffe ich es noch, uns auf den um 18.30 Uhr beginnenden Kurs im "Petra Kitchen" zu buchen.

Und so lernen wir verschiedene jordanische Mezze (warme und kalte Vorspeisen) zuzubereiten und eine Hauptspeise die sich "upsidedown" nennt, und aus Reis, Hähnchen und verschiedenen Gewürzen, darunter auch zwei TL Zimt(!!) besteht. Das Zimthähnchen schmeckt irgendwie nach Weihnachten und ist nicht ganz unser Fall aber sonst ist alles sehr lecker, wenn auch sehr mächtig. Außerdem macht einfach das Schnibbeln und gemeinsame Kochen viel Spaß und durch die anderen Teilnehmer, die alle schon länger da sind, bekommen wir schon mal einen kleinen verbalen Vorgeschmack auf das, was uns morgen in Petra erwartet. Unter anderem sind sich alle einig, dass touristisch derzeit sehr wenig los sei, dies bestätigen uns auch die Köche des Petra Kitchen. Sie gehen davon aus, dass die meisten ausländischen Touristen aufgrund der Unruhen in Syrien und Ägypten ausbleiben. Es ist eine sehr schwere Zeit für die Menschen hier, die zum großen Teil vom Tourismus leben. Man sagt uns hier sehr offen, dass man sehr dankbar dafür ist, dass wir "strong enough" waren und trotzdem gekommen sind, was ich sehr rührend finde.

Für uns als Touristen ist es natürlich eine tolle Aussicht, dass wir uns nicht wieder, wie in Jerusalem, mit tausenden Reisegruppen durch Petra schleppen müssen, aber die Leute hier tun mir schon leid und ihre Sorge, dass die Situation erstmal so bleiben wird, ist ihnen ins Gesicht geschrieben.

Und so entscheiden wir uns, dass es völlig ausreichend ist, wenn wir um acht Uhr vor den Toren Petras, etwa 20 Gehminuten von unserem Hotel, stehen, auch wenn diese schon um 6 Uhr öffnen.

Wir zahlen den horrenden Eintrittspreis von 50 Dinar pro Person ( ca. 55 €, Jordanier zahlen übrigens 1 Dinar) und machen uns den 2km langen Weg durch den "Siq" einen engen Canyon, der uns direkt ins Tal von Petra führt. Das erste Stück werden wir noch von Pferden getragen, dieser kleine Ritt ist im Eintrittspreis inbegriffen. Der Mann, der unsere beiden Pferde führt möchte danach allerdings ein Trinkgeld von "mindestens 3 Dinar pro Reiter", was wir schon sehr unverschämt finden. Er bekommt zwei Dinar (etwas über 2€) und ist sichtlich unzufrieden, aber ich muss sagen, dass ich nicht bereit bin 7 € dafür zu geben, dass jemand 500 m neben meinem Pferd hertappt, insbesondere dann nicht, wenn es so eingefordert wird.

Das soll aber auch die einzige unangenehme Erfahrung dieses Tages bleiben und
Das Ende des SiqDas Ende des SiqDas Ende des Siq

Und der erste Blick aufs Schatzhaus
als wir dann durch den immer enger werdenden Siq auf das Schatzhaus, das berühmteste Gebäude Petras zulaufen, ist sie längst vergessen. Diese Stadt ist einfach zauberhaft und wir laufen den ganzen Tag in den Ruinen herum, bestaunen prächtig erhaltene Gräber und Tempel, besteigen etliche Berge und Aussichtspunkte, trinken ab und zu einen "Hospitality-Tee" bei einer der vielen Händler (und kaufen dann natürlich auch etwas), bewundern die prächtig bekleideten Beduinen auf ihren Eseln oder Kamelen und deren Wohnstätten in den Sandsteinhöhlen -zumindest von Weitem. Etwa 50 Beduinenfamilien leben noch hier im Tal, Petra ist also keine tote Stadt, und das merkt man auch. Überhaupt besteht ein großer Teil von Jordaniens Bevölkerung immernoch aus Nomaden oder Halbnomaden.

Insgesamt sind wirklich sehr wenige Touristen unterwegs, auch wenn sich das in dem riesigen Tal natürlich auch verläuft. Dennoch sind wir oft an Orten, an denen wir das Gefühl haben, die einzigen Touristen hier zu sein. Natürlich stürzen sich die Besitzer der 'Eseltaxis' und die Händler gerade deshalb auf uns, aber alle sind sehr freundlich und zurückhaltend, wenn man ablehnt. Nachdem wir den heftigsten Anstieg zum sogenannten Kloster, dem für mich beeindruckendsten Gebäude in Petra, hinter uns gebracht haben, kehren wir in einem kleinen Beduinencamp ein, wo wir eine köstliche Hummusplatte mit Tomaten und Pittabrot für 5 € essen, die uns beide für den Rest des Nachmittags pappsatt macht. Man könnte hier im Tal aber auch für rund 20€ pro Person im Camp des schicken Mövenpickhotels am Buffet essen.

Gegen 17 Uhr haben wir so viel gesehen, dass wir keine neuen Eindrücke mehr aufnehmen können und insbesondere unsere Füße wollen das auch nicht mehr. Wir schlendern zurück, genießen noch ein paar Augenblicke am Schatzhaus, wo wir jetzt fast ganz alleine sind und fahren dann vom Haupteingang mit dem Taxi zurück zu unserem Hotel. Das liegt nämlich von dort aus 2 km steil bergauf und das muss jetzt wirklich nicht auch noch sein. Unser Taxifahrer macht uns direkt für den nächsten Tag ein gutes Angebot für die Fahrt zur Grenze und so "buchen" wir ihn für den kommenden Tag für 40 Dinar. Die offiziell von der Regierung festgesetzte Rate für die Fahrt liegt bei 55 Dinar. Nach einer erfrischenden Dusche, das Duschwasser ist rostbraun von dem ganzen auf der Haut mitgeschleppten Sand, gehen wir dann noch in einem sehr netten und guten kleinen Restaurant essen. Der Chef persönlich bedient uns und erklärt uns seine Philosophie, mit der er vor 3 Monaten erst das Restaurant eröffnet hat: frisches,preiswertes, hausgemachtes Essen. Wir sind überzeugt, bestellen seine Empfehlung, dürfen zuschauen, wie es in der offenen Kücke zubereitet wird und bekommen dann einen kunstvoll arrangierten Teller mit köstlicher jordanischer Hausmannskost vorgesetzt. Am Ende werden wir noch auf einen Tee eingeladen und auch hierbei erfahren wir wieder, wie schlecht es derzeit im Tourismus läuft und wie froh die Menschen hier um die paar Touristen sind, die trotz der derzeitigen Situation im Nahen Osten nach Petra reisen.

Ich bin jetzt sehr froh, dass wir uns dafür entschieden haben zu fliegen, denn bis zum Abflugtag hatten wir uns selbst ja die Option gelassen, die Flüge gegebenenfalls verfallen zu lassen, sollte sich die Situation hier verschärfen.

Nach dem Essen gehen wir noch auf einen Drink in die Cave Bar, die zu einem schicken Hotel gehört und wie der Name schon sagt in einer alten nabatäischen Höhle untergebracht ist. Die Location ist der Wahnsinn, was man leider weder von den Mojitos noch von den Preisen sagen kann.

Wir haben eine etwas unruhige Nacht, was daran liegt dass gegen drei Uhr vor dem Hotel lautes Hupen und dann mehrfach das eindeutige Knattern von Maschinengewehren zu hören ist. Da wir keine Ahnung haben was wir davon halten sollen, liegen wir noch eine Weile mit einem mulmigen Gefühl im Magen wach, bis die Schüsse sich entfernen. Da draussen ansonsten alles ruhig bleibt, beschließen wir, dass sich wahrscheinlich nur ein paar betrunkene Soldaten einen Scherz erlaubt haben und schlafen irgendwann doch wieder ein.

Der Grenzübertritt am nächsten Morgen klappt genauso schnell und problemlos wie auf dem Hinweg, als ich kurz an einer der Stationen warten muss, weil Christian Geld wechseln geht, bekomme ich sogar von einem der Zöllner noch einen Tee gebracht. Was für ein nettes Volk, diese Jordanier!!


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