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Published: December 10th 2011
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Trotz der kraefteraubenden Arbeit im Tierheim, komme ich langsam aber sicher in den "Insel-Groove". Man nimmt sich fuer alles mehr Zeit, die innere Uhr tickt bedeutend langsamer und Hektik entsteht nur, wenn man mit Flip-Flops in einen frischen Haufen Hundescheisse steht. Wenn ich Morgens am kilometerlangen Long Beach meine Jogging-Runde drehe, wird klar warum Lanta immer noch ein Geheimtip ist; vereinzelte Bars, Restaurants und kleine Bungalow-Resort saeumen meinen Weg. Keine Club Meds, keine All-Inclusive Touris, kein Laerm und keine Abfallberge. Ein paar streunende Hunde tollen im Meer und die letzten, sich noch nicht in ihre Sandhoehlen verschanzten Krabben, fliehen eiligst und mit erstaunt blickenden Stielaugen vor meinen nahenden Schritten. Ein Fischer steht einsam in der seichten Brandung und hofft auf eine guten Fang. Dazu eine sanfte Brise, das Rauschen des Meeres - und fertig ist das Rezept, welches solche Momente wahrlich unbezahlbar machen. Ich fuehle mich richtig wohl hier. Nicht zuletzt auch deswegen, dass es "nur noch 16x Schlafen" sind, bis Patrizia hier ist!
Koh Lanta liegt suedlich von Krabi, nicht allzu fern der Touristen-Hochburgen Phuket und Koh Phi Phi. Dennoch hat sich die Insel den unverbrauchten Charme eines Ferienparadieses bewahren koennen. Die lokale Bevoelkerung setzt sich vor
allem aus Thais muslimischen Glaubens, sea-gypsies (See-Zigeunern) und chinesisch-staemmigen Thais zusammen. Die Volksgruppen leben seit Jahrhunderten in gemischten Gemeinschaften friedlich zusammen und etablierten somit den weitherum bekannten "Koh Lanta Charme".
Mein "Zuhause" ist das Mook Lanta, ein kleines Bungalow-Resort, lauernd in zweiter Reihe zum Strand. Vertraeumt und verschlafen, verstecken sich die zwar einfachen aber sauberen und mit allem Komfort ausgestatteten Bungalows malerisch hinter Bananenbaeumen. Tom, den Besitzer haben wir bereits bei unserem ersten Besuch letzten Januar kennen- und schaetzen gelernt. Umso freundlicher ist das Wiedersehen. Tom erzaehlt mir vom Bau der neuen Bungalows und dass diese bis in zwei Wochen fertig sein muessen, da sie bereits verbucht sind. Da liegt noch ein dickes Stueck Arbeit vor ihm. Da ich aber schliesslich in Nepal zum Schreiner erster Klasse aufgestiegen bin, biete ich ihm spontan meine Hilfe an. So werde ich nebst nebst Gartenbauer, Hobby-Moench, Mahut und Tierschuetzer eventuell auch noch zum Bungalow-Bauer. Tom stammt urspruenglich aus Khanom an der Ostkueste Suedthailands. Er will mich bei Gelegenheit unbedingt fuer ein paar Tage dahin mitnehmen. Da sage ich natuerlich nicht nein, denn Khanom schlummert touristisch gesehen noch voellig unverbraucht vor sich hin. Ich lass mich ueberraschen!
Ich habe mich mittlerweile an den Arbeitsrhythmus im Lanta Animal Welfare gewoehnt. Die Arbeit bleibt aber dennoch hart; sechs, manchmal auch sieben Tage die Woche, sechs Stunden ohne Pause in bruetender Hitze, Schmutz und Dreck fordern ihren Tribut - ich bin nach meiner Schicht jeweils fixnudelfertig. Und dennoch erfuellt die freiwillige Hingabe fuer einen guten Zweck ungemein. Ich frage mich ab und an, warum fuer mich in dieser Taetigkeit soviel Sinngehalt liegt. Zum einen sind es sicherlich die Leidenschaft und Professionalitaet meiner Mit-Volontaere, welche mich taeglich aufs Neue beeindrucken. Zum anderen ist es wohl meine Passion fuer Tiere. Zu guter Letzt ist es aber vor allem das Wissen, um die Verantwortung, welche uns Menschen im Umgang mit Tieren obliegt. Wir haben vor Jahrhunderten, Tiere wie Katzen und Hunde domestiziert. Wir haben sie zu unseren Gunsten als Maeusejaeger und Wachhunde eingesetzt. Und wir haben sie von uns abhaengig gemacht. Nun muessen wir dafuer Sorge tragen, dass wir unseren Artgenossen ein moeglichst wuerdevolles (tierisches) Leben ermoeglichen. Ich erachte dies als unsere Pflicht. Tiere haben keine Stimme, Tiere haben keine Anwaelte - wenn wir uns nicht ihrer annehmen, wer dann? Das gilt nicht nur fuer Hund und Katz; artgerechte Haltung,
Pflege und Schutz sind das mindeste was wir unseren nahen und fernen Artverwandten schlicht und einfach schulden. Was wir im Gegenzug dafuer bekommen, kann uns kein anderes menschliches Wesen geben; die Zuneigung eines Tieres ist immer ehrlich und nie nur zum Zwecke des eigenen Vorteils vorgetaeuscht. Das einzige mir bekannte Tier, welches berechnend und intrigierend agiert, ist der Mensch.
Als ich gestern meine Nachmittagsschicht angetreten habe, fand ich bei meinem Rundgang durch die Isolations-Station, den kleinen Wurm vom letzten blog (Bild "ich bin krank...") tot in seinem Kaefig vor. Der Katzenschnupfen war staerker als er. Die Besitzer hatten den kleinen Kerl erst gerade vor rund einer Woche adoptiert. Nun bleibt unserer brasilianischen Veterinaerin Julia nur noch, die traurige Nachricht zu ueberbringen - hoffentlich nehmen diese Menschen ein anderes unserer Tiere auf. Gestern wurden wir zudem auf zwei streunende Hunde aufmerksam gemacht. Jon, unser Manager ist daraufhin sofort los, hat die Tiere eingefangen und auf die Station gebracht. Der hintere rechte Unterschenkel des einen Rueden baumelte dabei nur noch von Hautfetzen gehalten, am Rest des Beinstumpfes. Das sieht ganz nach einer Falle eines Wilderers aus. So wie es aussieht, muss das Bein wohl leider amputiert werden.
Neben
diesen traurigen Geschichten, gibt es aber auch viele schoene und lustige Momente, welche wir miterleben duerfen. So wurden unsere Neuzugaenge, die Welpen, gestern das erste Mal gebadet. Ein Schauspiel sondergleichen. Der wuschelige "Chewie" war als erster dran. Anfaenglich eher etwas zuruekhaltend dem unbekannten Element gegenueber, wars nach dem ersten "Taucher" vorbei mit dem Spass am kuehlen Nass - nur raus hier! Wenn ich mich jeweils mit Putzeimer, Wasser, Wischmop, und vielen anderen Utensilien zum Welpengehege aufmache, wirds schwierig; wie komme ich mit dem ganzen Gedings da rein, ohne dass die vier, voellig uebermuetigen Frechdachse aus dem Gehege stuermen? Schrittweise schiebe ich mich als lebendige Mauer zwischen das knapp geoeffnetet Tor hindurch, die Rasselbande sanft von mir wegstossend. Bin ich erst einmal drin, ist vorerst gar nicht an vernuenftige Arbeit zu denken. Da werden von zwei Seiten meine Schuhbaendel attackiert, Die Taschen meiner Shorts angeknabbert, in die Waden gebissen und froehlich geknurrt ud gebellt. Es bleibt mir nichts anderes uebrig, als mich einfach mal fuer 10 Minuten auf den Boden zu setzen und die Racker zu beschaeftigen.
Gestern Abend war es soweit; gegen 19.00 Uhr trete ich mein erstes "sleep-in" im Center an. Ich bin zugegebenermassen etwas nervoes,
da ich keine Ahnung habe was auf mich zukommt. Ich stelle also bei den Hundezwingern mein Klappbett auf, spanne das Moskitonetz und vertreibe mir die Zeit mit Lesen und Internet. Ploetzlich ist in der Ferne das Bellen eines Streuners zu hoeren. Nun gibt es fuer unsere 25 Hunde kein Halten mehr; es wird gebellt, gejault und gewinselt als wuerde soeben der Tag des juengsten Gerichts anbrechen. Nun muss ich schnell handeln, ich stelle mich zwischen die Zwinger und versuche die Tiere mit lauter aber ruhiger Stimme zur Vernunft zu bringen. Gut gemeint, nuetzt aber nix. Nun greife ich auf Katy's Geheimtip zurueck: Ich schnappe mir den Wasserschlauch vom Seitengang nebenan und drehe den Hahn auf. Ich komme noch nicht einmal dazu die Raedelsfuehrer nass zu spritzen, da verstummt auch der lautetste unter ihnen in Sekundenschnelle. Geschafft - na das kann ja noch heiter werden... Kurz nach 20.00 Uhr begebe ich mich auf die erste Kontrollrunde der Patienten in der "Recovery" und "Isolation". Ich fuelle bei Bedarf etwas Wasser nach und wische stark verschmutzte Kaefige aus. Bis zur zweiten Kontrollrunde heisst es warten, warten, warten. Ich beobachte eine grosse Kakerlake, welche haarscharf an meinen Fuessen vorbei in die Kueche stuermt. Wie
schnell die doch sind. Ob die wohl auch fuer die thailaendische Sprintstaffel antritt? Um 23.30 Uhr ist alles soweit erledigt, dass ich mich aufs Ohr hauen kann. Den Wecker stelle ich auf 04.50 Uhr, denn wenn um fuenf Uhr in der frueh der Muezzin von der nahegelegenen Moschee zum ersten Gebet des Tages ruft, geht die Bellerei erst richtig los. Aus diesem Grund stehen wir etwas frueher auf, machen etwas Musik an, setzten uns zu den Hunden und versuchen sie prophylaktisch vor dem Bevorstehenden abzulenken. Schlaftrunken warte ich auf meinen Einsatz. Aber der Muezzin will und will einfach nicht rufen. Ob Muezzine wohl auch mal verschlafen? Nun gut, auch nicht verkehrt, erspart mir und den Hunden eine Menge Aufregung. Ich lege mich wieder auf meine Pritsche. Noch knapp zwei Stunden Schlaf bis die Kollegen von der Fruehschicht kommen. Denkste. Ian, der schwarz-weiss gefleckte Kater, muss gerade jetzt unbedingt laut miauend irgendwie ueber die Absperrung kletternd zu mir kommen. Und zu den Hunden. Na toll. Da geht auch schon das Gebelle los. Der kleine Kater schafft es mit seiner provokanten Herumstolziererei vor den Zwingern eine Hunde-Rebellion auszuloesen - retrospektiv waere mir der Muezzin ehrlich gesagt lieber gewesen. Der ruft nur einmal.
Ian aber, kommt auch nach dem vierten Rauschmiss meinerseits, frischfroehlich mal eben auf ein weitere Runde "Hunde-Anmachen" vorbei und terrorisiert die Meute - wie war das nochmal mit Tiere sind nicht berechnend? Ich glaube bei diesem Exemplar duerfen wir getrost eine Ausnahme machen. So, nun reichts mir aber. Das war das letzte Katzen-Defilee der zugegebenermassen charmanteren Sorte. Ich fuettere den Bengel und stehe auf. An Schlaf ist sowieso nicht mehr zu denken.
Veterinaerische Gruesse
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Schnägg
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Du bisch dä beschti
Min schatz, du schriibsch so cooli blogs, du muesch das wuerklich unbedingt wieterverfolge! Ich freue mich mega wänn ich aendlich bi dir bin und ich alli dini neue fründe, vier- und zweibeinig, kaennelerne doerf. Love u so much.