Das letzte Vierteljahr


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May 31st 2010
Published: May 31st 2010
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Ich versuche mal an dieser Stelle die Monate Januar bis Mai kurz zusammenzufassen. 😉 Natürlich mit dem guten Vorsatz ab jetzt wieder regelmäßiger zu bloggen…
Im Januar war Mama also für drei Wochen in Fortaleza, Ceará. Sie fand es heiß. Ziemlich heiß sogar glaube ich. Wir sind dann per Leihwagen ein bisschen an der südlichen Küste entlanggefahren, haben an den schönen Stränden halt gemacht und Sommer, Sonne, Strand genossen. Canoa Quebrada, Morro Branco und all die kleinen unentdeckten paradiesischen Strände dazwischen sind definitiv die highlights in Ceará! Als einzige Gäste in der Pousada in einem mini Fischerörtchen, keine 2 Schritte aus der Zimmertür bis zum Strand - so lässt’s sich leben finde ich.
Als Kontrastprogramm sind wir danach auf abenteuerlustigen Straßen mit mehr Löchern als Asphalt ins Inland in Richtung des Nationalparks „Ubajara“ gefahren. Dort sind wir zwischen Bananen Stauden, Mangobäumen, Papayabäumen, Palmen und Äffchen u.ä. in einer kleinen Pousada untergekommen und haben die Natur pur erlebt. Wunderschön und ganz anders als die Stadt und der Strand. Wir sind also gewandert, haben Höhlen besichtigt, haben den versteckten Wasserfall mit Hilfe einheimischer Cachaça Konsumenten gefunden, haben Affen in freier Wildbahn gesehen, konnten frische Mango vom Boden aufsammeln und mit einer Riesensauerei ablutschen, konnten in Wasserfällen baden und zumindestens ich konnte die Kälte genießen. Morgens gab es ein super duper Früstück im freien unter einem Holzpavillon - ui, da ist der Nebel aus dem Tal aufgestiegen und ich habe es genossen einen dicken Pulli anziehen zu können. Mama fand es immer noch heiß. 😉

Im Schnellverfahren weiter: Nachdem Mama wieder in Deutschland war, hatte ich noch ein paar Tage in Fortaleza, die ich mit allen Freunden, feiern, Strand, Sachen packen, Kurztrip nach Jericoacoara (ein toller Strandort nur mit Sandstraßen und ohne Möglichkeit mit dem Auto hinzukommen - Buggy ist angesagt! Mit Riesendüne zum Sonnenuntergang anschauen, sandboarden, vom Meer ausgehöhlte Felsen) und natürlich einer Abschiedsparty verbracht habe. War alles ganz schrecklich und natürlich wollte ich auf gar keinen Fall weggehen. Tja, bin ich dann doch und zwar morgens um 7 per Bus. Ein filmreifes kulturelles Erlebnis wieder die 14 stündige Busfahrt mit all meinem Hab und Gut, völligst übermüdet, schlechtgelaunt zwecks Abfahrt und Uhrzeit in einem auf 5°C runtergekühlten Bus und mit der Hoffnung auf 14 Stunden Schlaf hatte ich die „im-Bus-bequem-schlafen-Position“ noch nicht richtig eingenommen als mein brasilianischer Sitznachbar auch schon anfing mir seine Lebensgeschichte zu erzählen, denn irgendwie war er halt auch schon mal in Deutschland - tja, da sind wir ja quasi schon Freunde! Er hörte auch bis Recife nicht auf von all seinen Abenteuern zu berichten und nach meinen zu fragen und so hatte ich zwar eine kurzweilige Reise; war am Ende aber immer noch müde.
Seit Februar bin ich also in Recife, Pernambuco - 800 km weiter südlich als vorher. Die Stadt ist schön, dank 2 Flüssen und dem Meer gibt es viele Brücken, Kanäle und Wasser in der Stadt und auch einige alte schöne Gebäude, Theater und Unis sind zu finden. Ein bisschen weiter entwickelt kommt mir die Stadt auch vor - Pernambuco ist das Land mit dem größten Wirtschaftswachstum im Nordosten und es gibt tatsächlich viel Industrie, einen riesigen Hafenkomplex mit vielen Firmen und immerhin ist auch der Präsident Lula Pernambucano. Der Stolz auf das Bundesland ist also ziemlich groß.
Hier habe ich dann den Karneval erlebt, der nichts mit dem Karneval in Rio zu tun hat! Olinda ist ein kleines, sehr schönes Nachbarstädtchen von Recife und berühmt für seinen Straßenkarneval für den man im Gegensatz zu zum Beispiel Salvador auch nichts bezahlen muss. Man geht also einfach hin, hat eventuell ein Kostüm, aber generell möglichst wenig an, denn Februar ist Sommer! Man wird also sterben vor Hitze während man zusammen mit Millionen - Millionen!!! Menschen durch die Straßen und Gassen tanzt. Es ist schlicht unvorstellbar wie viele Menschen zum Karneval hier her kommen und die Party des Jahres feiern. Ausnahmezustand beschreibt es ganz gut! Viel Musik, viele Menschen, viel Sonne, viel Hitze, viel Müll, viele Freunde, viel Tanzen, wenig Schlaf, viel Alkohol und leider auch viele Drogen sind die Hauptmerkmale. Man muss den brasilianischen Karneval aber definitiv gesehen und erlebt haben - und mit den richtigen Leuten hat man tagelang Spaß ohne Ende und vom Tanzen wunde Füße! Es ist Ausdruck der puren Lebensfreude und DAS highlight des Jahres für jeden Brasilianer. Bemerkenswert ist außerdem die Vermischung aller Gesellschaftsschichten, die ich Karneval das erste und einzige Mal hier gesehen habe.

Im März habe ich dann mein Praktikum bei der „Dimensão“ begonnen. Das ist eine kleine consulting Firma, die hauptsächlich Personalauswahl und Trainings für Gruppen/Führungskräfte usw. anbietet. Zwar sind meine Kollegen fast alle Psychologen, aber das macht es für mich eigentlich noch interessanter; denn das Gebiet ist einfach unglaublich interessant und spannend. Ich organisiere ganz viel Material in Form von Texte, Kopien, Büchern usw., beantworte das Telefon, nehme Lebensläufe entgegen, bin bei Interviews und Trainings dabei, mache verschiedenen Tests mit den Kandidaten, mache ein Projekt zu „Interkulturellem Management“ ,schreibe meinen Auslandsbericht für die Uni und natürlich koche ich auch Kaffee wie es sich für eine ordentliche Praktikantin gehört!
Ich kann mir gut vorstellen in dieser Richtung später auch mal zu arbeiten (nicht Kaffee kochen - eher so das Gesamtkonzept^^) und so lerne ich bei der Dimensão ziemlich viel. Im Fall von Personalauswahl geht es hauptsächlich um ein psychologisches Profil und somit um das Privatleben der Personen. So höre ich natürlich auch jede Menge Lebensgeschichten und da bleibt mir immer noch manchmal der Mund offen stehen. Was viele Menschen hier schon erlebt haben ist unglaublich. Oft im negativen Sinne dank Kriminalität, Armut und einfach den Umständen. Man kann es auch nicht übersehen und fängt definitiv an mehr nachzudenken - die Kinder die am Klebstoff schnüffel und sich von außen an fahrenden Bus klammern um nicht zahlen zu müssen; der Mann der mit seinen 2 Kindern (vor Hunger) zitternd beim Grillfest ganz höflich fragt ob er etwas zu essen bekommen kann und dann 4 Teller Reis mit Bohnen verdrückt und viele andere solcher Situation sind das Gegenbild zu Lebensfreude, Samba, Sonne und Strand.
Zurück zu den erfreulicheren Dingen: Mein Arbeitsleben ist hier natürlich schon etwas lockerer - ich arbeite von 8 bis 14 Uhr durch und habe danach frei. 😉 Hinzukommt das Strandhaus meiner Chefin wo wir auch schon gemeinsam das Wochenende mit Radfahren, im Pool plantschen, im Meer plantschen, Caipis trinken, ganz viel essen usw. verbracht haben.
Eine andere Kollegin verkauft auch Kleidung und brachte also 2 Säcke voll „neuster brasiliansischer Mode“ mit ins Büro - da haben wir drei „Mädels“ mal eben 2 Stunden mit Klamotten anprobieren verbracht. Und wenn dann mal das Telefon klingelte, haben wir es unter dem 2 m hohen Kleiderhaufen mitten in Büro gefunden und ganz professionell ein Einstellungsgespräch vereinbart. Vida boa (=gutes Leben) nennt man das wohl! Ganz viel Hilfe, Unterstützung und Hilfsbereitschaft habe ich bei der Arbeit erfahren und da wird gehandelt und nicht nur geredet - das sowohl bei privaten als auch bei inhaltlichen/technischen/geschäftlichen Dingen.

Ende März kamen dann Mama und Papa diesmal zusammen und blieben 2 Wochen lang über Ostern. Ostereier färben und suchen war also auch im Programm! Ansonsten haben wir viel sightseeing gemacht, sind viel Auto gefahren, haben viel im Pool geplanscht, haben viel Billard gespielt und wie immer war es heiß!^^ In Recife selber waren wir natürlich auch im Centrum, was einem Ameisenhaufen gleicht. Märkte mit Obst, Gemüse, Klamotten, Hängematten, Souvenirs, Nüssen usw - alles zusammen in einem riesigen Chaos. Ich mag das, denn langweilig wird es dort nie! Außerdem haben wir ein "Schloss" hier besichtigt, waren im Inland bei Wasserfällen die uns ein einheimischer Guide (ein Freund des Neffen eines Taxi Fahrers den wir im Hotel getroffen haben^^) gezeigt hat und haben natürlich auch den ein oder anderen Strand gesehen. Eine Schifffahrt auf dem Rio Capibaribe hier haben wir gemacht und nebenbei immer die kulinarischen Köstlichkeiten entdeckt. 😉
Während des Besuchs hatte ich frei und konnte so also auch im Hotel/Ferienhaus bleiben und konnte 2 Wochen Urlaub genießen. Danach gings zurück ins Büro...

Meine jetzt freien Nachmittage verbringe ich mit Reisen planen (nächste Woche 4 Tage Salvador, im August eine Woche Rio de Janeiro, …), Handball spielen oder capoeira lernen. Handballtraining gibt’s es 6 Tage pro Woche und das für 3 Stunden! Anstrengend, aber es macht Spaß! Auch wenn ich mich viel blamiere, denn die Mädels spielen schon das beste Niveau hier und da verpass ich öfter mal den ein oder anderen Ball… 😉 Macht aber nix; stört keinen wirklich. Hauptsache ich habe wieder mal einen Ball in den Händen, kann mich bewegen und spielen - und wer weiß, vllt. lerne ich ja hier endlich den erstklassigen Handball zu spielen. 
Passender zu Brasilien ist das capoeira, was ich hier wieder angefangen habe. Zuerst war ich bei der Gruppe, die aber halt in einer „community/comunidade( =favela)“ liegt und nachdem ich dann nicht mehr kam, trainieren wir jetzt am Strand - näher, leichter zu erreichen und sicherer für mich. Und bei Sonnenuntergang mit Sand unter den Füßen capoeira zu lernen ist der Wahnsinn. Den Mond aufgehen zu sehen während ich mittlerweile aus dem Stand in die Brücke komme und mit Hilfe sogar ein FlickFlack hinbekomme hat schon eindeutig was und die Kids die vorbeikommen oder mir helfen sind auch alle lieb, nett, lustig und hilfsbereit. Im Gegenzug zu „Sonderstunden“ capoeira unterrichte ich dann Deutsch. Dabei muss ich ganz schön nachdenken um hinter die Regeln zu kommen die unsere Sprache so hat - aber Spaß macht es und so haben wir Zahlen, Wochentage, Vorstellung, Alter, Herkunft, das Verb „sein“ und so einige Adjektive wie groß, klein, schön, hässlich, müde oder glücklich schon gelernt.  Einen guten deal haben wir da gemacht finde ich!
Die Abende verbringe ich dann meistens zu Hause mit meinen 3 neu gewonnen Schwestern. (Ich wohne bei einer Freundin mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und einer Cousine - 5 Frauen, ein Haus und 2 Hunde ) Telenovela gucken, Kochen, Schnacken usw. - Gott sei Dank wieder ein ganz normaler Alltag - und schließlich bleiben noch die Wochenende zum ausgiebig Feiern, Strand, Reisen usw.
Soweit zu den news aus Brasilien - ich gelobe mal wieder Besserung öfter zu bloggen; allerdings stirbt mein laptop gerade (er geht nur noch an wenn ich ihn in den Kühlschrank lege), d.h. ich weiß nicht genau wie lange ich noch auf ihn vertrauen kann... 😉
Beijos.


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