Blog Take Two


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Oceania » New Zealand
February 4th 2013
Published: February 4th 2013
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Blog Take Two



Nachdem ich hoeflich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Blog dazu gedacht ist, regelmaessig etwas zu posten, konnte ich mich heute dazu durchringen, ein paar Zeilen zu schreiben. Das letzt Mal bin ich bei der Frage stehen geblieben, warum Neuseeland. Das ist jetzt im Nachhinein ein bisschen schwierig. Aber wie das so ist, hat man meist vor der Reise bestimmte Erwartungen. Ich hatte gehofft, wildes ungezaehmtes Land zu finden, naturgewaltige Wasserfaelle, Schafe zu Hauf und aehnliches zu fidnen. Auch hatte ich gehofft, die Kiwis kennen zu lernen. Zu meiner grossen Erneuchterung wurde ich allerdings mit der Realitaet konfrontiert. Was sozusagen als das gelobte Land angepriesen wird ist eigentlich nichts anderes als eine enormes, zaehes Touristen-Konglomerat.

In Reisefuehrern liest man wortgewandte Beschreibungen wie: Neuseeland ist ein Land von atemberaubender natuerlicher Schoenheit. Das steigert natuerlich die erwartungshaltnug. Und wenn man mich also jetzt fragt „Wie ist Neuseeland so?“ faellt mir als erstes ‚fotogen‘ ein. Es ist tatsaechlich schwer, keine guten Fotos zu machen, von all den Staenden, Bergen, Gletschern, Thermalgebieten oder dem dschungelartigen Buschland. Aber Neuseeland – oder Aotearoa, wie es bei den Maori genannt wird, ist vieles mehr und gleichzeitig auch ganz anders. Was die Nation praegt sind unter anderem Maori, Rugby, Schafe, Adventure Sport, alles Outdoor, unermessliche Freundlichkeit,... Ich sehe allesdings das Land mittlerweile ein wenig anders. Die bunte, satte und vielfaelltige Fassade und dann ist da der Blick hinter die Kulisse. Es zeichnet sich ein Bild der Vielfalt ab. In Neuseeland findet sich auf kleiner Flaeche tatsaechlich ein unfassbares Kontingent an Vielfaeltigkeit, aber auch an Widerspruechlichkeit. Man wird immer wieder auf den Umweltschutz aufmerksam gemacht: keinen Muell liegen lassen, wenig Energie und Wasser verbrauchen, solche Sachen eben. Auf der anderen Seite scheint Recycling oft noch ein Fremdwort zu sein. 20 Jahre alte Autos sind keine Seltenheit, der TUV ist auch eher Formsache. Bis vor wenigen Jahren wurde das Abwasser noch ungefiltert in die Seen und Fluesse geleitet. Man wird darauf aufmerksam gemacght, wie wichtig der Wald fuer das oekologische Gleichgewicht ist, wie viele Tiere und Pflanzen der Mensch bereits ausgerottet hat. Gleichzeitig werden tausende von qkm Waldflaeche regelrecht niedergemetztelt. Die Folge davon ist, dass breite Landstriche ueber viele Jahre nicht nutzbar sind, dass der fruchtbare Boden ungebremst abgetragen wird, weil sich die Erde ohne das Wurzelwerk auf dem felsigen Untergrund nicht halten kann. Das naechste Stichwort: Maori. Sicher, die Kultur wird durch verschiedenen Zentren gepflegt und am Leben erhalten. Der Tourist laesst sich von Legenden, Volkstaenzen und Kunsthandwerk bestaunen. Mit angehaltenem Atem und sprachlos lauscht man den sagenhaften Geschichten. Alles eine gekonnte Inszenierung, die sich anhoert wie schoene Geschichten. Gleichzeitig sieht man in jeder Stadt, wie die Maori am Rande der Gesellschaft leben – oder vegitieren. Drogen, Alkohol, Arbeitslosigkeit, ... das sind bei weitem keine Schauergeschichten sondern sind die harte Realitaet. Muetter wuehlen im Muell und suchen Essen, Kinder von 12 Jahren betteln vollkommen betrunken Passanten an, die jungen Maenner sind fett und poebeln durch die Gegend. Am deutlichsten ist mir das starke Ungleichgewicht zwischen der europaeisch staemmigen und der Maori Gesellschaft in Rotorua geworden. Dort hatte ich ein Maori Dorf besucht. Schoen mit Tour und Konzert und verschiedenen Darbietungen. Ein paar Tage spaeter bin ich durch die Stadt gelaufen und bin in einem echten Maori-Bezirk gelandet. Die Menschen dort haben in zusammenfallenden Huetten gehaust, Muell ist ueberall vertreut gelegen, krankheit war oft deutlich sichtbar. Das ist der Alltag von vielen, allerdings nicht nur Maori. Egal ob man krank ist oder alt, man muss arbeiten, ob man kann oder nicht, um nicht obdachlos zu werden. Ich habe einen Mann kennen gelernt, der musste sein Auto verkaufen, um fuer die neuen Hueften seiner Mutter zu bezahlen. Allerdings braucht er sein Auto, um in die Arbeit zu gehen. Der Mann sah ausgezehrt aus, hatte keine Zaehne im Mund und man hat ihm die schwere Arbeit, die er sein Leben lang verrichtet hat, an seinen knotigen Fingern und der schiefen Haltung angesehen. Auch kein Einzelfall. Das moderne Neuseeland ist zwar tatsaechlich gepraegt von einer aufstrebenden Wirtschaft. Das sieht man an dem vielen Vieh auf den Wiesen, an den sauberen Staedten und an den schick gekleideten Leuten, die mit dem Handy am Ohr durch die Strassen eilen. Sieht man allerdings ein zweites Mal hin, sieht man auch viele Menschen, die um das Lebensnotwendige kaempfen. Deshab denke ich, stehen viele Neuseelaender dem Tourismus zwiegespalten gegenueber. Einerseits ist er ein wesentlicher Grundbaustein der Wirtschaft, andererseits kommen die Touristen auch in Horden und ueberschwemmen alles ohen Ruecksicht auf Verluste. So manch einer weiss nicht, sich zu benehem und meint, ihm gehoere die Welt. Durch den hohen Zustrom an Reisenden wurde auch die Preise entsprechen angehoben, sodass fuer den Durchschnittskiwi eine simples Abendessen im einst durchschnittlichen Restaurant unerschwinglich wird. Unterhaelt man sich mit dem ein oder anderen, meinen nicht wenige dazu, dass die Tourismusindustrie, die Leute gierig werden laesst, sodass man sich auch kleine Annehmlichkeiten nicht mehr goennen kann. Dass die beruehmte Gastfreundschaft darunter leidet und man zunehmend auf Ablehnung stoesst, ist da eine logische Konsequenz. Das Thema nuechtern zu betrachten hilft da wenig. Natuerlich traegt der Toursimus zum Wohlstand des Landes bei. Ganze Staedte existieren allein aufgrund dessen. Die Bevoelkerung dagegen bekommt die direkten Folgen allerdings am staerksten zu spueren.

Wenn man mich also fragt, wie ich Neuseeland so finde, bin ich hin und her gerissen. Und so fuehlt sich auch das ganze Land an. Die beruehmten zwei Seiten der Medaille. Konnte man hier das Outdoorparadies fuer sich entdecken, hat die Entwicklung der letzten Jahre ihren Preis gefordert. Von Einsamkeit keine Spur, unberuehrte Landschaft, nur bedingt. Natuerlich ist mir klar, dass sich Erwartungen nur bedingt erfuellen. Und wenn man als Backpacker unterwegs ist, ist es auch klar, dass man vor allem als solcher wahrgenommen wird. Aber dem zu entgehen ist fast unmoeglich, weil man sofort entlarvt wird. Einheimische Reisende grenzen sich davon auch ganz gezielt und bewusst ab: sie sind keine Touristen, sie sind Reisende. Sie wissen wo es langgeht und brauchen keine Tour. Also, auf ins Abenteuer!

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