Tena


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South America
December 7th 2009
Published: December 7th 2009
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04.12.2009


15:50

Arbeitseinsatz im Paradies:
Bepackt wie die Maultiere (das angekuendigte Pferd, das unsere Siebensachen tragen sollte, blieb leider ein leeres Versprechen) brachen wir vorgestern auf:
45 Minuten mit dem Bus bis Tena, dann eine weitere halbe Stunde mit dem Taxi nach Serena, einer kleinen Comunidad westlich von uns, und von dort aus etwa zwei Stunden zu Fuss tiefer in den Wald, der mit einer Hoehe von 650m ueber dem Meeresspiegel bereits Anzeichen des Uebergangs zum Bergregenwald zeigte, unter anderem dick bemooste Staemme und Steine sowie viele Epiphyten.
Dort besitzen die Mitarbeiter der Fundacion ein Grundstueck, das sie als Schutzwald deklarieren wollen. Fuer diesen Antrag wurden gestern und heute die Grenzen von zwei Topographen vermessen, und wir leisteten die Vorarbeit, gingen die Grenzen ab und schlugen sie dort, wo die tropische Vegetation wieder den Besitz von dem schmalen Pfad ergriffen hatte, wieder frei. Dabei ging es bergauf und bergab, von Stein zu Stein huepfend ueber Fluesse und ueber umgefallene Baumstaemme balancierend ueber Sumpf, wir wateten durch Baeche, schlugen uns mit der Machete durch Gestruepp, abwechselnd nass von Schweiss und nass vom Regen, mal auf die Ortskenntnis Oswaldos und mal auf das GPS von Robby vertrauend.
Auf aehnliche Weise bewegten wir uns fort, um Samen von Chonchus - Wertholzbaeumen - zu sammeln, die wir in unserer Baumschule heranziehen wollen, damit sie in ein paar Monaten im Rahmen eines Wiederaufforstungsprojektes auf bislang agrarisch genutzte Flaechen gepflanzt werden koennen.

Schmutzig wie selten zuvor in meinem Leben, nach Schweiss stinkend, von Aesten und Dornen zerkratzt, von Muecken und anderem Getier (mich hat zum ersten Mal auch eine Conga erwischt) zerstochen und zerbissen, aber mit dem berauschenden Gefuehl von Lebendigkeit tauchte ich nach jeder dieser Touren in das kalte Wasser des Flusses ab, in dessen Naehe wir uns niedergelassen hatten, und der die Hauptattraktion dieser wunderschoenen Region darstellte. Die beeindruckende Stroemung liess ein gefahrloses Bad nur in den Seitenbereichen zu, in denen grosse, aus den Anden herantransportiere Bloecke die Fliessgeschwindigkeit bremsten. Das Wasser war eiskalt und glasklar, und das donnernde Geraeusch der Stroemung loeschte selbst das allgegenwaertige Konzert der Insekten und Amphibien aus, das mich seit fuenf Wochen begleitet.

Der Fluss bedeutete fuer uns nicht nur eine willkommene Abkuehlung in der schweisstreibenden tropischen Hitze, sondern war zugleich auch unsere Dusche, Spuele und - abgekocht - unser Trinkwasserlieferant. Habe ich zuvor bereits die Cabañas unserer Station fuer einfach gehalten, wurde ich hier nochmal eines Besseren belehrt: Auf dem Boden aus festgestampfter Erde der grob zusammengezimmerten Huette, die uns Unterschlupf bot, standen zwei selbstgezimmerte Bettgestelle ohne Auflage - jede Matratze wuerde hier sofort verschimmeln - und ein Holzregal. Unser Herd war eine offene Feuerstelle, unsere Toilette das Gehoelz hinter der Huette, unsere Tische und Baenke bauten wir uns nach Belieben aus Holzkloetzen und Brettern auf, und unsere abendliche Skatrunde fand bei Kerzenschein statt. Unsere Verpflegung hatten wir uns aus Tena mitgebracht und wurde durch frisch gepflueckte Chilischoten und Zitronen ergaenzt. Ramiros Familie, die ebenfalls gerade anwesend war, fischte und jagte sich dagegen das Essen selbst, und so kamen wir in den Genuss, das zarte Fleisch frisch erlegten Guerteltiers probieren zu duerfen, das Ramiro uns anbot.
Wir waren zu acht: Wir fuenf Praktikanten und die festen Mitarbeiter Robby, Ramiro und Oswaldo. Zusammen mit der wechselnden Anzahl von Ramiros Familienmitgliedern und den zwei Topographen wurde es recht kuschelig in der kleinen Huette: die meisten verteilten sich mit Isomatten auf Boden und Bettgestelle, waehrend Ramiro, Oswaldo und ich unser Lager in dem von uns mitgebrachten Zelt bezogen.

Ich glaube, eine der wertvollsten Erfahrungen, die ich hier im Praktikum machen darf ist die, wie wenig man eigentlich zum Leben braucht und wie viele Dinge, die wir in Deutschland als essentiell ansehen, eigentlich Luxusgueter darstellen. Diese Erfahrung praegt bereits mein Verhalten: Wasser ist fuer mich zu einem so wertvollen Gut geworden, dass man davon moeglichst keinen Tropfen vergeuden sollte, und auch Dinge des alltaeglichen Bedarfs verbrauche ich bewusster: wie lange doch eine Shampooflasche ausreichen kann und wie lange eine Zahnpastatube, wenn man nur so viel verwendet, wie man wirklich benoetigt. Armut und Umweltprobleme sind hier so allgegenwaertig, dass ich selbst solche angeblichen Banalitaeten mit anderen Augen betrachte. Man koennte so vieles tun in diesem Land, um den Armen ein einfacheres Leben mit mehr Chancen zu verschaffen und die natuerlichen Ressourcen zu schonen, aber die meisten guten Ansaetze scheitern an der Korruption und der Kommerzialisierung, an der Gier der Machtinhaber im In- und Ausland nach noch mehr Macht und Geld.
Ecuador - das Paradies mit grossen Problemen.


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26th January 2010

q hijos de puta... estas congas
was? du wurdest von einer Conga erwischt? krass, tat's sehr weh? hab von oswaldo immer nur so horrargeschichten gehört, dass das zwei wochen lange wehtun soll und so...
27th January 2010

Huhu Christin!
naja, 2 Wochen ist stark uebertrieben... aber die Nacht danach war nicht besonders schoen - Schmerzen von der Biss-Stelle in der Hand bis hoch in den Hals und in die Herzgegend. Zu meinen Lieblingstieren zaehlen Congas spaetestens seit dem Biss nicht mehr! ;o)

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