Final destination - Colombia


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Colombia's flag
South America » Colombia
July 21st 2010
Published: July 21st 2010
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Wehmütig schaue ich auf ein Jahr zurück während dem ich mich am Stand von Taganga an der Karibikküste Kolumbiens vom Winde gemütlich auf meiner Hängematte hin und her schaukeln lasse. Was für ein Jahr. Das beste meines Lebens? Auf jeden Fall!

Hier aber Kolumbien von Anfang an:
Mätsches und ich fahren über Ipiales nach Pasto, nur ein paar hundert km von der Grenze gen Norden. Das sinnentleerte Geschnatter der Australischen Hühner auf der Rückbank ignorierend, geniesse ich eine wundervolle Schluchtenlandschaft welche draussen am Fenster an meinen Augen vorbeizieht. Was sofort auffällt in Kolumbien ist die schiere Anzahl von Ordnungshütern. Man merkt dass es die Regierung ernst meint mit der Sicherheit, ist doch das Image Kolumbiens als Weltdrogenzentrum ziemlich, naja, im Arsch. Ungerecht wie wir finden. Sind wir doch in Bolivien, Peru und Ecuador an fast jeder Ecke von Dealern belästigt worden, hört man hier das bekannte „Coca, Marihuana“ Geflüster von entgegenkommenden schummrigen Gestalten so gut wie gar nicht. Liegt wohl an den exorbitanten Strafen welche bei Drogendelikten drohen.
Leider (am Anfang), zum Glück (am Ende) wird das Schweiz - Honduras Spiel nirgends übertragen und so suchen wir einen Colectivo (Minibus, gebaut für 7, gefüllt mit 12) zur Laguna de la Chancha. Soweit schaffen wir es leider (am Anfang), zum Glück (am Ende) nicht. Denn de Polizischt ufem Töff der höflich nach unseren Pässen fragt wird nur mit leeren Händen und fragenden Augen unsererseits entschädigt. Ein Zustand welcher Herr Pozilist nicht sehr toll findet, und die anderen Fahrgäste des wartenden Minibusses wohl auch nicht. Spätestens nach dem 12. Mal beantworten derselben Frage „ Ja unsere Pässe sind wirklich im Tresor im Hostel“ nehmen wir’s mit Humor und sehen ein, dass wir heute nirgends mehr hingehen. Die Atmosphäre mit den jungen Bullen wird zunehmend lockerer und fruchtet in mehreren Dosen Bier unsererseits.

Unsere Erkenntnis: Kolumbianische Zolipisten sind super drauf.
Ihre Erkenntnis: Lass nie den Schlüssel in deinem Polizeimotorrad während dem du pinkeln gehst.
Der Rest dieser Geschichte überlasse ich Euer Fantasie…

Zurück in Pasto und in Deckung springend bei jedem vorbeifahrenden Pozileitöff ergeben wir uns den fliessenden Rhythmen des Salsa und des Reaggeton und haben riesigen Spass mit den tanzwütigen Kolumbianern welche wir vorhin kenngelernt haben.

Cali rauscht an uns vorbei, nix zu berichten da. Na dann: Bogotá. Unter den Fittichen einer lokalen Hardcore-Trashmatel Band erkunden wir die Barstrasse welche in Lonely Planet so beschrieben wird: „If you kinda like your life - don’t go there!“ Kolumbische Nächte sind lang und feucht und wir das Highlight der Bar und später des Dorfplatzes. Mätsches fliegt verkatert nach Hause am nächsten Tag und ich nehme das Ende in Angriff. Von Patagonien an die Karibikküste Kolumbies war ein schon lange definierter Meilenstein und so möge es sein: 23h Bus mit einem epischen Fehler meinerseits: Kurze Hosen und Flipflops. Eher unangenehm bei 15 Grad vollgas-klimaanlage (die Locals um mich herum haben Daunenjacken und Wolldecke montiert).

Echt karibisches Klima dafür in Santa Marta. Ich treffe eine Gruppe Israelis welche mir von Taganga und von der Ciudad Perdida vorschwärmen, und ich lasse mich mitreissen, packe meinen Rucksack zum tausendsten mal und nehme den Lokalbus nach Taganga. Casa Felipe, mein neues Zuhause im kleinen Fischerdörfchen Taganga. Zuerst mal zwei Tage in der Hängematte ausspannen und nichts tun, lesen, bloggen, sonnen, gut essen.

Dann geht’s los: Mein letztes Abenteuer bevor es nach Hause geht: 5 Tage Dschungel, ja wirklich Dschungel und ich meine ohne-Machete-geht-gar-nichts-Dschungel! Unglaublich. Unsere Gruppe besteht aus Mack und Daša, dem irisch-slowenischen Paar, einer Französischen Grossfamilie (Papa 61, Kinder 24 -32) und sonst noch ein paar weiteren Holzköpfen die nicht der Rede wert sind. Mit dem guten alten Landcruiser (gebaut für 5, gefüllt mit 11) geht’s im Sauna-Kofferraum (40grad ohne Fenster und natürlich ohne Klima) in das zwei Stunden (holper holper) entfernte Mameh o.ä.

Dazwischen darf ich nochmal kurz den Helden spielen als mitten im Hang auf der Holperpiste der Motor zu stottern beginnt um anschliessend ganz den Geist aufzugeben. Ich biete dem Fahrer meine Hilfe an und erkenne nach langem Suchen die defekte Benzinpumpe. Da gerade keine Toyota Landcriuser Ersatzteilshop hier im Dschungel um die Ecke ist, huldige ich meinem Kindheitshelden Mac Gyver und bastle mit dem Reservebenzinkanister, einem Stück Schlauch und natürlich Gaffa Tape einen zweiten Benzintank - auf dem Dach um genügend Druck zu kriegen. Und tatsächlich, zur Freude aller läuft die alte Karre wieder.

Vom Basecamp Mameh aus geht die Wanderung los. Wir schlagen uns durch dichten Dschungel, durchqueren hüfttiefe Bäche, sehen exotische Insekten, Affen, Schuhschachtel grosse Frösche und kämpfen mit unseren Macheten gegen die Eingeborenenstämme. Ok, ohne das Letzte. Dafür beginnt es nach dem Mittagessen (Bananen, Papayas und Annanas) zu regnen. Aber nicht einfach ein kleiner Regen, nein, die Mutter aller Stürme fegt über uns hinweg, Atomregen! Nach 10 Sekunden sind wir alle bis aufs Bikini nass, pflotschnass. Und das soll sich die nächsten Tage auch nicht mehr ändern. Entweder triefen die Kleider und Schuhe vor Schweiss oder von Regen- oder Flusswasser. Keine Chance bei 98% Luftfeuchtigkeit irgendwas zu trocknen, geht einfach nicht.

Die nächsten fünf Tage sind atemberaubend, die Eindrücke gigantisch und die Moskitos gnadenlos. Die Kogi Indianer an denen wir von Zeit zu Zeit vorbeilaufen leben völlig autark mitten im Busch in ihren Lehmhütten und lutschen gemütlich an ihren Porroporro‘s, eine Art ausgehöhlter Kürbis mit einem Ast drinnen, gefüllt mit Cocablätterextrakt.

Übernachtet wird in Hängematten, meistens irgendwo direkt am Fluss. Unser Guide Jose und der Koch Juan leisten fantastische Arbeit, beantworten all unsere Fragen und hauen leckere Mahlzeiten auf den Tisch. Die hunderte verschiedenen Urwaldgeräusche lassen mich jeweils völlig erschöpft aber unglaublich zufrieden einschlafen.

Am 3. Tag, kurz vor dem Ziel, nach dem erklimmen von 2‘500 schmalen und brutal rutschigen Treppenstufen, erreichen wir die mystisch im Morgennebel liegende verlorene Stadt, die ciudad perdida. Sie war Zufluchtsort und heiligster aller Orte der Tyrona Indianer. Die Kombination von tiefstem Dschungel, dessen Geräusche und Gerüche und der Ausstrahlung dieser Archäologischen Stätte lassen mich dahin träumen, wow. Highlight.

Auf dem gleichen Weg geht’s wieder zurück, diesmal jedoch Flussabwärts und nur in zwei Tagen anstatt drei, zurück nach Mameh und dann weiter nach Taganga. Mittlerweile hat der mächtige Regen der letzten Tage ganz Santa Marta und Taganga überflutet. Für die Bevölkerung in den Backstein Häusern nicht weiter schlimm, nasser Keller und fertig. Auf unserem Weg nach Taganga fahren wir jedoch auch durch die Slums, welche vom Regen und Wind völlig zerstört wurden. Traurig sehe ich mit an, wie die ärmsten der Armen nun noch weniger haben und mit aller Kraft versuchen zu retten was zu retten ist. Mein Gewissen plagt mich als ich feststelle, dass ich gerade in 5 Tagen mehr Geld ausgegeben habe um ein bisschen Wald zu sehen als diese Menschen in einem Jahr verdienen werden. Stundenlang barfuss auf den Müllhalden rumwühlen um vielleicht noch eine Petflasche oder eine Aludose zu finden welche sie einem Zwischenhändler für einen Hungerlohn verkaufen können. Das Steak welches wir am Abend, zufrieden mit unserer Leistung, mit einem Bier runterspülen schmeckt mir irgendwie nicht.

Unterwegs zurück nach Bogotá schaue ich noch schnell in Medellin vorbei wo ich doch tatsächlich Luke über den Weg laufe. Mit ihm bin ich vor sechs Monaten durch China und Tibet gezogen und jetzt trinken wir hier zusammen und verrenken uns schier den Hals an den künstlich getunten kolumbianischen Schönheiten. Plastikbrüste hin oder her (oder auf und ab), wir lassen es uns nochmals gutgehen und schwelgen in Erinnerungen.

Nach zwei Tagen in Medellin mache ich mich auf, ja, es ist wirklich soweit, unglaublich aber wahr, der Zeitpunkt ist gekommen, mein nächstes Stück Weg heisst tatsächlich: Heimweg.

Die imaginären Abschiedstränen werden verdrängt von einer unglaublich kraftvollen Vorfreude aufs wieder nach Hause kommen. Eigenes Bett, Familie, Kat, Freunde, Mamma‘s Hackbraten mit Härdöpfelschtock, Töff, … All das liegt nur noch wenige Stunden vor mir, krass.

Mutter Natur hat mich reichlich beschenkt: Die unendlichen Weiten der sibirischen Taiga, die Gobi, die surrealen Nationalparks in Sichuan, die unglaublichen Höhen des Himalaya in Tibet und Nepal, die Gerüche und Geschmäcker der Südostasien Küche, mit dem eigenen Töff durch Vietnam, das Surfen und Hitch Hiken in Neuseeland, der Tango, die Atom-Parties und die Asados in Argentinien, die spitzen Gipfel Patagoniens, die weisser-als-weissen Salzwüsten Boliviens, das erklimmen des Maccu Piccu und das Bananenbootfahren auf dem Amazonas in Peru und schlussendlich das finden einer verlorenen Stadt im tiefsten Kolumbianischen Dschungel.
Und das schönste und wichtigste von allem: Die Menschen! Herkunft, Religion, Stand, Alter, Geschlecht, Local oder Traveller, alles egal. Alle waren sie gut zu mir, egal wo, egal wann.

Alt, fett, runzlig und dement werde ich sein, wenn dieses Jahr in meinem Gedächtnis verschwinden wird. Und ich werde dir bis ans Ende meiner Tage huldigen, oh du schöne Gaia/Pachamama/Mutter Natur. Danke für dieses Geschenk, danke für diese Erinnerungen!

Und du? Dankä fürs läse!



Ipiales - Pasto - Cali - Bogotá - Santa Marta - Taganga - Ciudad Perdida - Taganga - Medellin - Bogotá: 3500km;

Total: 61’880km

Heimweg: Bogotá - Madrid - Genève - Schlieren: 9350km

Total : 71‘230km; Davon auf Landwegen: 42'000 km


Kü usm Flugi überem Atlantik, over and OUT!



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21st July 2010

Was s'läbe verzelt
Hey Kü, Riesige Blog vo enere gigantische Reis. Würdi behaupte ich wär ned nidisch würd i lüge! Aber dir chan is ned niide! Danke 1000ig mal für die Iiblick. UND WELCOME HOME Bier oder Whiskey staht chalt. Your welcome! ANDI

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