Viele Namen, wenig Unterricht und ein Wachpolizist - meine erste Uniwoche


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November 30th 2012
Published: December 1st 2012
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Meine erste Woche Uni ist rum und es war schon relativ aufregend. Ich habe außer Mittwoch jeden Tag von 19-22.30 Uhr Vorlesung, am Freitag zusätzlich eine von 8-12 Uhr. Ist schon ungewohnt so spät erst in die Uni zu gehen und dann erst gegen Mitternacht nach Hause zu kommen... Aber eins nach dem anderen.

Am Montag bin ich mit Paulo extra bisschen früher losgefahren, damit wir Zeit haben den Raum zu finden. Zum Glück haben wir auf dem Campus Tourismus-Leute getroffen, die wir schon früher kennen gelernt hatten und die haben uns geholfen. Spontan sind wir dann erstmal mit zur Erstsemesterbegrüßung gegangen, immerhin sind wir ja auch neu 😊 Zulmira, unsere Studiengangsleiterin, hat die Gunst der Stunde genutzt und uns den anderen vorgestellt - als leuchtendes Beispiel der Internationalität des Studiengangs. Dummerweise blieb es dabei nicht. Plötzlich sollten wir uns vor die 50 anwesenden Brasilianer stellen und was über uns erzählen. Ogott, mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Vor lauter Schreck wusste ich gar nicht was ich sagen sollte und natürlich sind mir die einfachsten Vokabeln nicht mehr eingefallen... Man war mir das peinlich! Aber ich hab versucht das mit bisschen Humor zu überspielen und hab sie tatsächlich
riesige Schneeflocken neben Palmen und Meer - irgendwie will da keine Weihnachtsstimmung aufkommenriesige Schneeflocken neben Palmen und Meer - irgendwie will da keine Weihnachtsstimmung aufkommenriesige Schneeflocken neben Palmen und Meer - irgendwie will da keine Weihnachtsstimmung aufkommen

ABER: die Sterne/Schneeflocken sind aus alten Plastikflaschen hergestellt. So viel Nachhaltigkeit hätte ich den Brasilianern gar nicht zugetraut... ;)
zum Lachen gebracht. Gerade noch gut gegangen. Nachdem wir kurz mit allen gequatscht haben, die uns nochmal persönlich in ihrem schönen Land begrüßen wollten, haben wir beschlossen doch mal zu unserer eigentlichen Vorlesung zu gehen, immerhin war schon fast eine Stunde vergangen. Allerdings stand die komplette Klasse noch vor dem Raum, weil die Professorin nicht erschienen ist. Wir sind mit ein paar Leuten sehr nett ins Gespräch gekommen und haben beschlossen die Zeit sinnvoller zu nutzen indem wir in eine kleine Bar gegenüber des Campus gehen. Der erste Tag war somit ein voller Erfolg! Nur der Heimweg war nicht so toll. Haben uns 22.30 Uhr auf den Weg gemacht, also die Zeit die ich sonst auch aus der Uni komm. Wir sind erst zum Busbahnhof am anderen Ende der Stadt gefahren, um dort dann einen Bus nach Hause zu bekommen. Uns wurde nämlich von allen gesagt, dass um die Uhrzeit unser direkter Bus (der nur 10 Minuten braucht) nicht mehr fährt. Tollerweise mussten wir am Busbahnhof noch 40 Minuten warten. In der Zwischenzeit hat schon immer mein Gastpapa angerufen, weil er sicher gehen wollte, dass ich nicht unterwegs weggefangen werde. Der einzige Vorteil dieses Busses ist, dass er nur 150m von unserem Haus entfernt hält. Also hab ich mir nichts dabei gedacht, das Stück nachts um 12 alleine nach Hause zu laufen. Doch mein Gastpapa hat sich so große Sorgen gemacht, dass er echt mit ner Knarre (!!) vorm Haus auf mich gewartet hat. Er hat gemeint, dass auch das kurze Stück so gefährlich ist, dass er nicht verantworten kann, dass ich da nachts alleine langlaufe. Das hat mich ganz schön erschrocken. Dass wir nicht in der sichersten Gegend wohnen war mir ja klar, aber dass es SO krass ist.... Naja, die Lösung wurde schnell gefunden.

Am Dienstag hatte ich dann tatsächlich Vorlesung, wenn auch mit 45 Minuten Verspätung. Diesmal musste ich quer über den Campus in ein anderes Fachgebiet. Zum Glück hatte einer aus meinem Montagskurs in der gleichen Ecke Vorlesung sodass wir zusammen gehen konnten. Denn nicht nur, dass ich das nicht alleine nicht gefunden hätte - im Dunkeln ist es auch auf dem Campus gefährlich. Da wurden wohl schon so einige Studenten überfallen. Ermutigend. Die Vorlesung selbst (Ökotourismus) war ganz nett, haben inhaltlich noch nicht viel gemacht, aber ich glaube das wird interessant. Der Prof ist auch super, hat schon angeboten mir zu helfen wenn ich Probleme habe mitzukommen und auch mir meine Prüfung zu erleichtern indem ich sie z.B. auf Englisch schreibe. Mal schauen. Im Anschluss sind wir noch mit ein paar Leuten von Montag an den Strand gefahren, da einer von ihnen Geburtstag hatte. Da saßen wir schön im Sand, haben Bierchen getrunken und zu Gitarrenmusik schief gesungen. Hätte nur noch das Lagerfeuer gefehlt :D Da ich mein persönliches Sicherheitsproblem angesprochen hatte, wurden wir alle mit dem Auto bis direkt vor die Haustür gefahren. Schon mal einen Abend rumgebracht.

Am Mittwoch hatte ich ja frei, da wurde dann meine langfristige Lösung für den Heimweg klargemacht: Ich sollte meinen persönlichen Schutzpolizist bekommen, der mich von der Haltestelle nach Hause bringt. Der war deshalb kurz da, um alles mit mir und meiner Familie abzusprechen. Und nun holt er mich jeden Abend mit dem Motorrad an der Haltestelle ab. Ich muss zugeben, dass ich mich so schon sicherer fühle. Aber komisch ist es auch, nen eigenen Begleitschutz zu haben, fühlt sich sehr filmmäßig an. Aber jetzt, da ich rausgefunden habe, dass der direkte Bus doch noch so spät fährt, ist mir das ganz recht. Denn der hält 2km enfernt vom Haus und der Heimweg führt durch eine Favela. Da lauf ich zu keiner Tageszeit gerne alleine durch...

Am Donnerstag hatte ich auch eine Vorlesung, wobei auch hier nichts reibungslos verlief. Wir sind 3-4 mal umgezogen weil jeder ne andere Information über den Raum hatte und scheinbar auch die Professorin wo ganz anders gewartet hat als wir waren. Aber auch hier hab ich das Gefühl, es wird interessant, es geht um Geografie und Umwelt, viel Richtung Umweltschutz und das Zusammenspiel von Tourismus und Umwelt. Wir werden (wie übrigens in Ökotourismus auch) eine Exkursion machen für ein Feldprojekt, wohin haben wir noch nicht entschieden. Nach dem Unterricht hat mich tatsächlich mein Sicherheitsmensch José schon an der Haltestelle erwartet und mich nach Hause gefahren. Hat super geklappt und ich glaube, damit kann ich über die nächsten Wochen gut leben.

Heute musste ich leider ganz früh raus, weil ich wie gesagt freitags auch morgens eine Vorlesung habe. Aber es hat sich gelohnt, die zu wählen: Es geht um Wasserökosysteme, alles sehr auf nachhaltigen Tourismus ausgerichtet. Der Prof ist super, hat Ahnung und ist sympathisch - und spricht Deutsch! Wenn ich mal ein Wort nicht verstanden hab, hat er es mir immer gleich übersetzt, das find ich ja genial. Wir sind aber auch nur 6 Leute in dem Kurs, von denen heute 2 nicht da waren. Das wird fast Privatunterricht. Naja, und das Beste an dem Kurs ist, dass er fast komplett praktisch ausgerichtet ist. Wir werden jetzt jeden zweiten Freitag eine Exkursion entlang der Küste Paraibas machen und den jeweils anderen Freitag unsere Forschungsergebnisse präsentieren, was gleichzeitig unsere Prüfungsleistungen sind. So arbeiten wir die komplette Küste des Bundesstaates ab, insgesamt machen wir 5, evtl. sogar 6 Exkursionen. Ich freu mich jetzt schon wie Bockwurst.

Abends hätte ich dann meine letzte Veranstaltung der Woche gehabt, aber als Paulo und ich am Raum ankamen, hing da ein Zettel, dass die Professorin erst ab nächste Woche da ist. Einmal umsonst zur Uni gefahren. Aber immerhin war ich so schon vor 8 wieder zu Hause und kann mich nun ausruhen nach meiner letzten so kurzen Nacht....

Insgesamt war meine erste Woche also ziemlich zufriedenstellend, ich habe gefühlte 1000 Leute kennen gelernt, deren Namen ich mir bestimmt erst am Ende des Semesters alle merken kann. Aber habe schon in jedem Kurs Leute, die mir helfen und mich über den gefährlichen Campus begleiten, Leute mit denen man mal was unternehmen und mit denen man gut quatschen kann. Und ich habe meinen eigenen sympathischen Schutzpolizisten. Was will ich eigentlich mehr?

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