Auf ausgetrampelten Pfaden nach Vientiane


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Asia » Laos » West
July 3rd 2008
Published: July 24th 2008
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Ich schreibe diese Zeilen in meinem ersten klimatisierten Zimmer seit ich Vietnam verlassen habe, im sehr netten, familiären BK Guesthouse in Paksan, nach einem langen 150 km Ritt von Vientiane. Dies ist der erste Tag nach über zwei Wochen, an dem mein Fahrrad wieder fit genug für eine lange Etappe war, nach gründlicher Reparatur in einem expatgemanagten Fahrradladen in Vientiane.
Anstatt Rad zu fahren habe ich mich seit Nong Khiaw klassisch als Backpacker fortbewegt, mit Bus und Boot, immer in guter Gesellschaft, auf gut ausgetrampelten Pfaden.
Von Nong Khiaw nahm ich zunächst das Boot ins anderthalb Stunden flussaufwärts gelegene Muang Ngoi Neua, der wohl am kompliziertesten auszusprechende Backpackerhangout Asiens, ein abgelegenes Dorf ohne Straßenanbindung, Betongebäuden oder zuverlässiger Stromversorgung, dafür mit einem guten Dutzend einfacher Guesthouses - größtenteils in der 'Holzhütten mit Hängematten' Variante für 15-30.000k.
Ich schätze in der Hochsaison wird die Anzahl der Backpacker hier kaum geringer sein, als die der Dorfbewohner, aber im Moment geht es auch in Muang Ngoi sehr ruhig zu - so um die zwanzig werden es im Durchschnitt gewesen sein.
Gründe den Ort zu besuchen gibt es definitiv jede Menge: es ist billig, es gibt Hängematten mit Flussblick, man kann trekken gehen, die Gegend ist landschaftlich sehr schön, und selbst für ein im allgemeinen so entspannten Land wie Laos geht es in Muang Ngoi, auch dank fehlender Autos und Motorräder, doch extrem entspannt zu... und Opium ist ebenfalls einfach aufzutreiben.
Ich wollte hier eigentlich nach den harten Bergetappen nur relaxen - ein paar Tage mit Büchern in der Hängematte - aber ich traf Sarah und Nick, mit denen ich die Tam Coc Radtour gemacht hatte, wieder und ließ mich zu einem 2-Tages Trek überreden, obwohl ich nicht über geeignetes Schuhwerk verfügte. In der Trockenzeit wäre das kein Problem gewesen, aber im Moment besteht der Pfad eigentlich nur aus Schlamm, Kot und Matsch, es ging oft steil bergauf und bergab, es waren Flüsse zu durchqueren... eine echte Trekkingtour eben, und darauf war ich absolut nicht vorbereitet. Um es kurz zu machen, diese zwei Tage waren so mit die härtesten meines Lebens. Zweimal sechs Stunden barfuß (Flip Flops waren untauglich) durch den Dschungel, blutüberströmte Füße von den zahlreichen Blutegeln und Schnittwunden, steinige Passagen durch Flüsse, Moskitoinvasionen, schlammige Rutschpartien auf dem Hosenboden den Berg hinunter... ein echtes Abenteuer. Trotz der Leiden (ich hatte zudem noch eine schmerzhafte Entzündung im Fuß) war der Trek selber eigentlich wirklich schön. Wir übernachteten in einem abgelegenen, aber sehr sauberen Hilltribe Dorf, jeder hatte sein eigenes Zimmer mit Matratze und Moskitonetz, und wir hatten eine gute, internationale achtköpfige Gruppe zusammen, mit deren Mitgliedern ich, in verschiedenen Konstellationen, zum Teil bis Vientiane weiterreiste. In Nong Khiaw waren wir noch zu siebt, in Luang Prabang zu fünft, in Vang Vieng und Vientiane waren dann noch ich , Adi aus Israel und Tina aus Deutschland übrig. Obwohl wir alle vom trekken ziemlich fertig waren, war der letzte Abend auf Pennys Veranda sehr gesellig, und Nick, Sarah, ich und Mikael aus dem Baskenland tranken Opium Tee, was sich für die anderen drei als schlechte Idee herausstellte. Ich wachte nach einer sehr interessanten, psychedelischen Wachtraumnacht am nächsten Morgen mit einem schweren Kopf, aber ohne sonstige Nebenwirkungen auf, für die anderen war der Tag im Eimer (d.h abwechselnd schweissnass im Bett oder sich übergebend auf der Toilette). Immerhin schafften es alle noch auf das Boot zurück nach Nong Khiaw.
Am Tag darauf nahmen Adi, Tina und ich das Boot nach Luang Prabang, eine recht teure (110.000k), aber wirklich schöne Bootsfahrt, zunächst auf dem Nam Ou, dann auf dem Mekong. Ebenso wie die weitaus berühmtere Slowboatfahrt zwischen Houay Xay und Luang Prabang ist dies im Endeffekt (aufgrund des Preises) ein reines Touristenboot, mit dem Unterschied, dass man hier nicht wie Sardinen in der Büchse zwischen Unmengen von Backpackern sitzt, sondern gemütlich - wir waren zu sechst auf dem Boot - mit Stuhl und Sitzkissen die schöne Landschaft genießen kann.
Die letzten zehn Tage verbrachte ich auf der laotischen Tourismusachse Luang Prabang - Vang Vieng - Vientiane, dem Laos der Tourgruppen und 18-jährigen Gap Year Engländer, eine Welt für sich, weit weg vom Rest des Landes, ein Urlaubs- und Wohlfühlparadies für Jedermann mit echtem Cappuccino, Gourmetrestaurants und kaltem Bier zu jeder Tageszeit. Aber auch hier machte sich die Nebensaison sehr positiv bemerkbar, Luang Prabang war ruhiger, schöner und atmosphärischer, als ich es je zuvor erlebt hatte, und in Vang Vieng wollten einen die Guesthouseinhaber fast mit dem Lasso einfangen.
Während ich bei meinem ersten Besuch in erster Linie auf Kultur und Sightseeing aus war, und beim zweiten Besuch mit dem Fahrrad unterwegs war, erlebte ich die Gegend diesmal wiederum auf völlig andere Art und Weise, nämlich in klassischer Backpackermanier.
In Luang Prabang heißt das den Vormittag mit einem hervorragenden Cappuccino in der Joma Bakery beginnen, tagsüber dann möglichst entspannt die Zeit verbringen, vielleicht mit einem Spaziergang durch die herrliche Alststadt und entlang des Mekongufers, oder vom Phousi Hügel die Aussicht genießen. Ansonsten möglichst eine Weile in irgendeinem der zahlreichen schönen Cafés oder Restaurants verbringen, und abends liegt die Herausforderung darin - vielleicht nach einem leckeren BBQ und billigen Cocktails im Lao Lao Garden - die Sperrstunde um 23.30 Uhr zu umgehen, um dann irgendwann betrunken in der berühmt-berüchtigten Bowling Alley zu landen, für gewöhnlich der einzige Ort der Stadt, der bis 2 Uhr nachts geöffnet hat; unnötig zu erwähnen, dass die wenigsten Kunden hier hingehen, um Bowling zu spielen. Glücklicherweise zeigte das Tam Tam Garden die EM Spiele live auf einem Großbildschirm (hat sicher viel Bestechungsgeld gekostet), so dass wir es zweimal schafften bis um 4 Uhr morgens auszugehen, eine ziemliche Leistung im ansonsten eher amüsierfeindlichen, konservativen Luang Prabang.
Empfehlenswert war mein Guesthouse, das Mixay, unter franco-laotischer Leitung, sehr familiäre geführt, nicht weit vom Nachtmarkt und dem Mekongufer gelegen, mit gutem Preisleistungsverhältnis. Ein geräumiges, einfaches Zimmer mit großem Bett und Badezimmer mit Warmwasserdusche kostete 50.000k.
Ein typischer Backpacker in Vang Vieng schaut 'Friends' in einem der 'same same' Farang Cafés, trinkt Happy Shakes und verbringt den Nachmittag mit 'Tubing', der Nummer 1 Aktivität des Ortes. Ich beschränkte mich auf Letzteres und muss gestehen, dass ich entgehen meiner Befürchtungen einen Riesenspaß dabei hatte. Die Sache mit dem Traktorschlauch den Fluss hinunter zu treiben ist in Wirklichkeit nur ein Vorwand - ein sehr guter allerdings - für ein riesiges Trinkgelage in den Bars am Flussufer. Es gibt kaltes Beer Lao, Buckets voll mit billigem Whisky und Coke, und als Krönung Schwingtrapeze, mit denen man sich aus luftigen Höhen in den Fluss stürzen kann, eine sehr lustige Angelegenheit, vor allem nach ein oder zwei Buckets. Abends wird dann im Jaydee's, oder besser in der schönen, atmosphärischen Bucket Bar am Fluss weiter getrunken und getanzt. Die Sperrstunde um 24 Uhr spielt in Vang Vieng keine allzu große Rolle, da alle schon mittags anfangen zu trinken und die wenigsten überhaupt bis Mitternacht durchhalten.
Die letzten Tage in Vientiane verbrachte ich damit, bevor es wieder in abgelegenere Gefilde geht, noch einmal die kulinarischen Vorzüge einer Stadt zu genießen, die was Qualität und Angebot angeht zu den besten in Asien gehört, mit einem Preisleistungsverhältnis von dem man in Europa nur träumen kann. Guten Kaffee zu finden ist in Vientiane einfacher als sonstwo in der Region, das gleiche gilt für günstigen Wein.
Besonders gut gefielen mir das Full Moon Café mit seinen 'East meets West' Tapas und Le Côte d'Azur mit den vielleicht besten bezahlbaren Holzofenpizzas (um die 50.000k) in Südostasien. Gute Sushi gibt es noch immer im Fujiwara und für preiswertes 'Pub Grub' wie Potato Wedges ist das Sticky Fingers kaum zu schlagen. Trotz der gastronomischen Vielfalt auf Großstadtniveau ist Vientiane auch im Jahre 2008 noch immer eine der entspanntesten, angenehmsten Hauptstädte weltweit.



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