Ladakh


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Asia » India
September 16th 2023
Published: September 16th 2023
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9.9.

Wir werden am Morgen informiert es fahre frühestens um 10Uhr ein Shared Taxi nach Leh, und so besuchen wir noch das kleine Museum, das allerlei Interessantes und auch weniger Interessantes gesammelt hat. Kargil war lange Zeit Knotenpunkt verschiedener Handelsrouten von China und Indien nach Zentralasien. Zeugnisse dieser Zeit wie Sattelzeug der Saumtiere und Kleidung der Säumer aber auch Handelsgüter aus aller Herren Länder sind sorgfältig ausgestellt und beschriftet.

Um 11.30Uhr geht es dann endlich los. Unser heutiger Chauffeur überzeugt durch guten Überblick, vorsichtiges Überholen und wenig Hupen. Auch sein Musikgeschmack gefällt uns, es plärren nämlich ausnahmsweise nicht irgendwelche Bollywood-Schnulzen aus dem Lautsprecher (zu denen die Mitfahrenden dann meist in unterschiedlichen Tonlagen mitträllern und manchmal sogar in angedeuteten Dance Moves auf den Sitzen hopsen), sondern ein fast gregorianisch anmutender, mantramässiger Acapella-Sound. Dank dieser Musik und auch dank der tadellosen Strasse schweben wir regelrecht durch die Gegend, durch wechselfarbiges Gebirge, schmale Schluchten, grüne Täler und bunte Dörfer. Schon bald flattern erste Gebetsfahnen am Strassenrand, es tauchen sporadisch Stupas und schliesslich auch Klöster auf. Wir sind ganz verzückt.





Wir erreichen Leh, Hauptstadt Ladakhs und auf 3500m liegend, noch rechtzeitig für einen Spaziergang durch die Hauptstrasse im Abendlicht, und sind erneut begeistert: eine solch farbige, lebendige und freundliche Stadt haben wir nicht erwartet! Und so viele Leute aus der ganzen Welt! Und es ist immer noch so warm! Zwar zeigt das Thermometer nur 21°, aber in der Sonne fühlt es sich deutlich wärmer an. Sobald diese sich hinter die schneebedeckten Gipfel verzieht, wird es jedoch sofort frisch und wir klauben erstmals unsere Jäggli hervor.

Wir klappern sämtliche Foto- und Mobile-Läden ab auf der Suche nach einem Kabel für unsere alte Kamera, in der Hoffnung den Defekt beim okus beheben zu können. Alle sind sehr nett und hilfsbereit und durchsuchen ihre Gestelle auf der Suche nach dem passenden Stecker, aber leider wird niemand fündig. Schade, diese Kamera machte tolle Portraits.



10.9.

Wir haben mässig gut geschlafen: die vielen Strassenhunde, die tagsüber friedlich im Schatten schlafen, haben nachts mächtig Radau gemacht. Zudem befindet sich direkt vor unserem Fenster eine Gebetstrommel, deren Glocke bei jeder Umdrehung bimmelt – bis Mitternacht und ab 5 Uhr immer wieder.

Beim Frühstück im Guesthouse treffen wir auf eine junge australische Familie und tauschen Tipps und Tricks zum Reisen mit Kindern und Reisen in Indien aus. Nach dieser gemütlichen Runde machen wir uns auf den Weg zum Palast und später zum Kloster oberhalb Lehs. Wir träppelen gaanz langsam die steile Steigung hoch und müssen trotzdem ab und zu halten zum Luft holen. Die Höhe macht sich auch durch stetiges leichtes Kopfweh bemerkbar, aber alles in allem geht es uns gut. Der Palast ist ein eindrücklicher neunstöckiger Bau aus dem Jahr 1600 und ist sehr gut erhalten. Das Kloster ist klein, aber fein, mit prächtiger Aussicht auf die Stadt.

Nach der Mittagspause klappern wir diverse Travel-Agencies ab um herauszufinden, welche Trekkings zu dieser Jahreszeit noch möglich sind. Eine unserer favorisierten Touren führt nämlich über einen Gletscher und wird schon bald für die Packpferde nicht mehr begehbar sein. Wir finden immerhin jemanden, der sich erkundigen will. Wir beauftragen ihn schon mal, uns die Permits zu organisieren, die westliche Touristen für die abgelegenen Regionen benötigen, und buchen eine Taxi-Tour zu verschiedenen Dörfern in der Umgebung für morgen.

Der Aufstieg zur Shanti Stupa ist etwas weniger steil und gelingt uns deshalb deutlich zügiger. Wir erreichen die Stupa gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang: ganz Leh mit Palast und Kloster im Hintergrund, das Indus Tal und die Berge ringsherum, alles ist in warmes Rot getaucht. Mystisch.

Wir haben keine Lust, uns erneut ins Touristen-Getümmel im Zentrum zu stürzen mit all den «Multi-Cuisine»-Restaurants, und so verköstigen wir uns am Stadtrand in einer unscheinbaren Bude mit «local food». Wir bestellen Thukpa (Nudelsuppe) und Skyu (eine Art Knödel mit Gemüse) und sind ganz froh, mal etwas Abwechslung von Curry & Co zu kriegen.



11.9.

Das Taxi steht 5 Minuten zu früh vor der Tür, und so packen wir den Rest des Frühstücks, auf das wir 50 Minuten warten mussten, ein für unterwegs. Erster Halt unserer heutigen Sightseeing-Tour ist Hemis, ein wunderbares Kloster, versteckt zuhinterst in einem kleinen Seitental. Es beherbergt zehn verschiedene Tempel mit unzähligen Buddha-Statuen in allen Grössen und Formen sowie ein informatives Museum mit wertvollen Stücken, die für spezielle Zeremonien zum Teil immer noch benutzt werden. Witziges Exponat ist das Mountainbike, das seine Heiligkeit Gyalwang Drukpa, Lama des Klosters, benutzte für seine «Live to Love -Tour» von Nepal hierher, die er im Namen seines Engagements für Umweltschutz und Frauenrechte unternahm.

Wir besichtigen zwei weitere Klöster, Thicksey mit seiner dreistöckigen Buddha-Statue und Shey mit einer Palast-Kloster-Kombi. Sie sind ebenso spektakulär aber wegen der mittlerweile in Scharen eingetroffenen Touristen nicht mehr ganz so eindrücklich.

Zurück in Leh organisieren wir unseren Trek durchs Markha Valley, morgen geht’s los.



12.9.

Eine holperige Taxifahrt führt uns vorbei am Zusammenfluss des Indus und des Zanskar zum Dorf Chilling, dort werden wir bei der Mündung des Markha-Flusses ausgesetzt. Wir werden nun dem Fluss aufwärts folgen, über den Gongmaru La (La = Pass) und hinten wieder 1200Hm runter, insgesamt 4 Tage, 68km, 2000 Höhenmeter. Die ersten paar Stunden folgen wir einer staubigen Strasse, es gibt kaum Schatten, die Sonne brennt gnadenlos und zusätzlich strahlt die Hitze von den nackten Felsen rund herum. Wir schwitzen und keuchen und haben total den Plausch: endlich sind wir da, auf das Trekking in Ladakh haben wir uns schon jahrelang gefreut! Die Farben und Formen der Felsen sind spektakulär: beige, braun, schwarz, rot, grün, violett, manchmal zackig, manchmal rund, man kann sich kaum sattsehen. Dann taucht wie eine Oase das erste Dorf auf, wir rasten im Schatten einer Weiden-Plantage und beobachten zwei Frauen, die geschälte Weidenäste in Bündeln auf einen Lastwagen laden. Aus einem Rohr neben dem Weg sprudelt Wasser, wir filtern es vorsichtshalber und füllen unsere Flaschen. Das Tal windet sich durch die Berge, ist manchmal schmal mit steilen Wänden, hinter der nächsten Biegung wieder breit und ausladend, mit Getreide- und Gemüsefeldern oder Pappel- und Weidenplantagen (für Baumaterial). Nach sechs Stunden erreichen wir das Dorf Sara, dort finden wir beim «Homestay Dolma» Unterschlupf. Und mehr als das: Dolma, bucklig, schätzungsweise zwischen 50 und 80 Jahre alt, spricht zwar kein Wort Englisch, bedient uns aber mit Schalk und einer Gastfreundschaft, die ihresgleichen sucht. Sofort serviert sie uns Minzentee, Biscuits und kleine, süsse Birnen, dann zeigt sie uns das Waschhaus, wo wir dank eines solarbetriebenen Boilers eine heisse Eimer-Dusche nehmen können. Bald bittet sie uns herein zum Znacht, es gibt erst Mehlsuppe mit Erbsen, dann «Chhutagi», eine Art Pasta mit Gemüse, zum Dessert Wassermelone, und schliesslich bringt sie uns Chang, das selbstgebraute, lokale Bier. Es sieht aus wie fermentierte Milch und schmeckt auch etwa so. Während wir genüsslich unser Mahl verzehren, unterhält sich Dolma mit einem Pferde-Führer, der eine Gruppe Franzosen begleitet, die im Homestay nebenan übernachtet. Die beiden schwatzen, kichern und gestikulieren, dass es eine Freude ist ihnen zuzuschauen, und Dolma schenkt sich und dem Pferdemann eifrig Chang nach (während wir nach dem ersten Glas dankend ablehnen). Schliesslich ziehen wir uns zurück in unser Zimmer, dort stehen Teppiche als Unterlage zur Verfügung sowie Kissen und Wolldecken, und wir richten uns gemütlich ein.



13.9.

Dolma bewirtet uns wieder überschwänglich mit Brot und Sanddorn-Gonfi und Tee, und so wandern wir gestärkt los. Der Tag verläuft ähnlich wie der gestrige, wir rasten im Dorf Markha und verzehren den Lunch, den uns Dolma eingepackt hat: je ein Roti, ein Gschwellter, ein hartgekochtes Ei, ein Apfel, ein Fruchsaft und ein Schöggeli. Der Pferdemann von gestern mit seinen vollbeladenen Packpferden holt uns ein und begrüsst uns wie alte Bekannte. Der Weg wird schmaler, das Tal windet sich weiterhin von Biegung zu Biegung, wir leiden und geniessen jeden Moment. Malerische Stupas und Mani-Mauern (aus verzierten Steinplatten) zieren den Weg. In Hangkar deutet man uns den Weg zum letzten Haus, dort haben sie heute Dienst. Die Homestays im ganzen Tal haben sich nämlich gut organisiert: es gibt ein Rotationssystem, und alle verlangen den gleichen Preis. Heute sind wir allerdings nicht die einzigen Gäste: Sechs Israelis und drei Trekkende aus der Tschechischen Republik sind ebenfalls da. Auch hier ist eine heisse Dusche möglich, und wir essen alle gemeinsam Chhutagi in der Küche am Boden sitzend. Der Holzherd, wo die Gastgeberin nach dem Znacht bereits das Roti fürs Morgenessen und das Lunchpaket zubereitet, wärmt schön, die Israelis bringen uns ein lustiges Kartenspiel bei, und so verbringen wir einen gemütlichen Abend.



14.9.

Die heutige Etappe ist happig, es gilt 800Hm zu bezwingen und die Luft wird immer dünner. Wir machen es im «Swiss mountain hiking style» wie es die andern nachher nennen: langsam aber stetig, in kleinen Schritten, nur so schnell, dass wir mit dem Atmen mitkommen, und machen nur wenige, kurze Pausen. So überholen wir nach und nach alle vor uns gestarteten Trekker und erreichen als erste das Zeltlager in Nimaling auf 4800m. Auch hier wird sofort Tee serviert, dann baden wir im Fluss und ziehen unsere Daunenjacken an, denn jetzt windet es und es ist kalt geworden. Nach und nach trudelt der Rest der heutigen Gäste ein: Trekkende aus Frankreich, Holland, den USA, Indien, unsere Freunde die Israelis und Tschechen, und sogar Fabio, ein weiterer Schweizer - insgesamt rund 30 Personen. Schon bald sitzen wir wieder in einer Runde, trinken Tee und spielen Karten, es ist ein Gaudi. Znacht wird in einem grossen Zelt serviert, um 20Uhr sind bereits alle im Bett in den kleinen Zelten, die bereitstehen. Das Lager wird von Nomaden betrieben, die hier oben den Sommer verbringen und ihre Yaks und Ziegen weiden. Sämtliche Versorgung mit Lebensmitteln geschieht mit Packpferden über den Pass. Auf dem Rückweg nehmen sie leere Gasflaschen und Müll mit (wir tragen unseren selbstverständlich selbst runter).



15.9.

Wir erwachen mässig gut erholt: wir hatten zwar warm genug, es war aber doch recht hart und die Höhe hat uns wieder Kopfschmerzen und einen unruhigen Schlaf beschert. Heute gilt es die letzten, ultrasteilen 400 Höhenmeter zum Gongmaru La zu bezwingen. Die Passhöhe befindet sich je nach Quelle auf 5130 bis 5260m und ist mit Gebetsfahnen geschmückt. Eine fantastische Aussicht auf die umliegenden Gipfel, am prominentesten der Kang Yatse mit 6400m, belohnt uns für die Strapazen. Danach geht es runter, erst steilen Geröllhalden entlang, dann wieder durch ein enges Tal. Der Weg ist mal besser und mal weniger gut befestigt, einige Passagen erhöhen unseren Puls - aber Umkehren ist keine Option, und schliesslich kommen hier auch die Packpferde durch, also schaffen wir das auch. Hinter einer Biegung steht plötzlich eine Herde Blauschafe vor uns, einer Art Gämsen. Verdutzt schauen sie uns an, überqueren dann den Fluss und entschwinden in der Felswand. Nach sechs Stunden erreichen wir das Dorf Chukdo, dort warten bereits Taxis, die die müden Trekkenden zurück nach Leh bringen wollen. Wir möchten allerdings noch bis zum nächsten Dorf wandern, erst dort ist das offizielle Ende des Markha Valley-Treks. Ein weiss-schwarz gefleckter Hund heftet sich an unsere Fersen und begleitet uns. Sobald wir anhalten zum Trinken oder Fotografieren setzt er sich manierlich hin und wartet ebenfalls. In Shang Sumdo angekommen warten wir am Schatten auf ein vorbeifahrendes Taxi. Die ersten beiden sind bereits voll, respektive vorgebucht und deshalb nicht bereit uns mitzunehmen. Doch dann kommen Fabio und sein indischer Freund, und sie sind noch so gerne bereit, das Taxi und natürlich auch die Kosten dafür mit uns zu teilen. So erreichen wir gegen Abend wohlbehalten Leh, wo wir wieder im Puma House absteigen. Zur Feier des Tages genehmigen wir uns ein «Applejuice» - so bestellt man in Leh ein Bier in einem Restaurant, das nicht für den Alkoholausschank zertifiziert ist. Man erhält dann einen Humpen oder eine Büchse in einer schwarzen Hülle.



16.9.

Rekuperieren, Kleider waschen, Schreiben, Weiterreise organisieren - das ist alles, was heute auf dem Programm steht. Bis bald.


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