Von Peking in die Wueste


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Asia » China
July 24th 2009
Published: September 7th 2009
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Jiayuguan, 24. Juli 2009

Die Zugfahrt von Peking nach Hohhot, der Provinzhauptstadt der Inneren Mongolei, verlaeuft besser als beim Betreten des Bahnsteigs angenommen. Selbst in einem prallgefuellten Zug zeigen sich die Chinesen diszipliniert, wenn es darum geht, einen reservierten Sitzplatz fuer den Fahrgast frei zu machen. Im gleichen Abteil sitzen einige juengere Reisende. Da einer unter ihnen etwas Englisch spricht, ist der Kontakt schnell hergestellt. Ein weiterer kennt einigermassen die Regeln des europaeischen Schachs (die Chinesen spielen eine eigene Version des Schachspiels). Die darauf folgende Partie auf meinem Reiseschach aus Holz verliere ich aber peinlicherweise.

Waehrenddessen faehrt der Zug durch die herrliche Berglandschaft nordwestlich von Peking, die die natuerliche Grenze zwischen dem chinesischen Kernland und der mongolischen Steppe bildet. Ich erreiche Hohhot, eine vor allem von Han Chinesen bewohnte Stadt, erst nach Sonnenuntergang. Von hier aus unternehme ich einen Ausflug in die weiten Weidegebiete. Die mongolische Bevoelkerung hat in dieser Region die nomadische Lebensform schon seit einiger Zeit aufgegeben. Die Umstellung zum sesshaften Leben bringt aber immernoch Probleme mit sich, wie uns ein Student erklaert, der als Nebenjob Touristen die Weidegebiete zeigt. Die Wueste droht sich hier zunehmend auszuweiten. Die Regierung denkt, dass das Problem auf die Ueberweidung durch die Schafsherden der Mongolen zurueckzufuehren ist. Sie hat darum das Halten von Schafen verboten. Schafsherden sind aber ein zentrales Element in der mongolischen Lebensweise. Unser Fuehrer glaubt nicht an die offizielle Version der Regierung. Die Bevoelkerung hegt Misstrauen gegenueber der Kommunistischen Partei. Die mongolische Familie, bei der wir uebernachten, ignoriert das Verbot, wie viele andere hier, und laesst ihre Schafe nachts im Geheimen in die Steppe hinaus.

Nach einigem hin und her entschliesse ich mich trotz der angespannten Lage in den Westen von China zu reisen. Von Hohhot faehrt mein Zug dem Lauf des Gelben Flusses hoch. Dieser ist eine wichtige Quelle des Lebens in dieser Region und ermoeglicht das Betreiben der Landwirtschaft. Ansonsten wuerden sich die gruenen Felder in reine Wueste verwandeln. Neben der Landwirtschaft ist auch der Bergbau praegend. Riesige Berge abgebauter Kohle warten entlang der Eisenbahnlinie abtransportiert zu werden und lange Gueterzuege, die das schwarze Gold an die Ostkueste bringen rattern an meinem Nachtzug vorbei. Der Energiehunger Chinas ist gross und beim Anblick dieser schwarzen Massen fragt man sich, wieviel das Kyoto Protokoll und CO2 Kompensationsprogramme wirklich erwirken koennen.

Am naechsten Morgen erreiche ich Lanzhou. Waehrend mehreren Jahrhunderten ueberquerten die Reisenden der Seidenstrasse hier den Gelben Fluss. Die Stadt zwaengt sich in dessen enges Tal und ist von vielen Hui bewohnt. Die Hui sind eine muslimische Minderheit in China. Aeusserlich unterscheiden sie sich kaum von den Han Chinesen. Nur deren Kopfbedeckung laesst auf eine andere Herkunft schliessen und in ihren Restaurants nach Schweinefleisch zu fragen ist eine schlechte Idee.

Bevor der Gelbe Fluss Lanzhou erreicht, wird er in Yongjing von einer grossen Staumauer aufgehalten. Das gestaute Wasser bildet einen grossen kuenstlichen See mitten in dieser trockenen Region. Hier liegen die buddhistischen Bingling Si Grotten, die nur ueber dem Wasserweg zu erreichen sind. Versteckt in einer tiefen Schlucht bieten sie ein gut erhaltenes Beispiel fuer die buddhistische Hoehlenkunst, die zu den besten Zeiten der Seidenstrasse entlang ihrer Route florierte. Am Tag, als ich sie besuche ist die Landschaft in ein graues fades Licht getaucht. Ueber dem leicht bewoelkten Himmel laesst sich die partielle Sonnenfinsternis erkennen. Auf den suedlichen Breitengraden der Volksrepublik, in Chengdu, Chongqing und Shanghai verdunkelt der Mond den Himmel in diesem Moment gaenzlich. Man spricht von der laengsten Sonnenfinsternis dieses Jahrhunderts.

Der Weg von Lanzhou in die Taklamakan Wueste fuehrt durch ein breites Tal. Anfaenglich ist es dank Bewaesserungssystemen noch sehr gruen. Je weiter mein Zug aber in den Westen faehrt, desto karger wird das Tal. Ich befinde mich im Hexi-Korridor. Aus geografischen Gruenden bildet er die Hauptachse jeglichen Transports von China in Richtung Zentralasien und ist damit ein zentrales Stueck der Seidenstrasse. Am Ende des Tales erreiche ich Jiayuguan, auch der “Erste und Größte Pass unter dem Himmel” genannt. Die militaerische Festung, die 1372 waehrend der Ming Dynastie erbaut wurde, bildet das westliche Ende der Grossen Mauer. Jene, die frueher im Kaiserreich in Ungnade fielen, mussten das Land durch dieses Tor in die Wueste verlassen. Obwohl ich mir in China nichts zu Schulden habe lassen kommen, verlasse auch ich das Land, und damit Ostasien, durch diese Tuer.


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