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Published: November 29th 2009
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Am frühen Nachmittag war es an der Uferpromenade ruhig. Eine Englisch-Klasse aus einer der vielen Sprachschulen Yangshuos nutzte das schöne Wetter und hatte den Unterricht nach draußen verlegt, einzelne Menschen standen oder saßen am Ufer und ein paar ganz mutige badeten im Li-Fluss. Ich setzte mich auf eine der Steinstufen, um zu lesen. Wenige Meter entfernt übte eine junge Chinesin Vokabeln. Als sie mich bemerkte, gesellte sie sich zu mir und fragte mich nach einer Vokabel. Sie reagierte etwas erstaunt, als sie feststellte, dass ich das entsprechende Wort auch nicht genau kannte. Ich erklärte ihr, dass ich auch kein Muttersprachler bin.
Für viele Chinesen scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass alle westlichen Ausländer perfekt Englisch sprechen. Wir kamen ein wenig ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass sie extra nach Yangshuo gekommen war, um dort Englisch zu üben. Bei der großen Konzentration von Ausländern in diesem kleinen Ort ist das durchaus verständlich, auch wenn ihr nicht ganz klar war, weshalb ausgerechnet hier so viele Ausländer herkommen würden.
Im Laufe des Gespräch kam Anya dazu, eine Amerikanerin , die ich am Tag zuvor in Yangshuo kurz getroffen hatte. Zufällig arbeitete sie als Englischlehrerin in Yangshuo. Eigentlich ist sie
freiberufliche Fotografin für National Geographic. Zur Zeit ist sie auf Reisen und wollte ihr Visum in Yangshuo verlängern lassen. Hierfür benötigte sie eine Kopie ihres Reisepasses. Der dienst habende Beamte schickte sie daraufhin zu einer Sprachschule auf der anderen Straßenseite, die ein Kopiergerät hat. Als man dort hörte, dass sie Amerikanerin ist, bot man Ihr sofort einen Lehrerjob an, bezahlte für die Visumsverlängerung und stellte ihr ein Appartement zur Verfügung.
Am folgenden Tag machten Anya und ich einen Ausflug nach Shangri-La. Wer regelmäßig mit liest, wird sich vielleicht wundern, dass wir einen Tagesausflug in einen Ort in Yunnan in den Vorgebirgen des Himalajas machen können. Die Lösung ist ganz einfach: Es handelt sich um ein anderes Shangri-La. Die Chinesen gehen mit dem Namen recht inflationär um. Neben dem "offiziellen" Shangri-La in Yunnan (der ehemaligen Gemeinde Zhongdian), gibt es noch ein Shangri-La in Sichuan in der Nähe eines Gletscherparks (natürlich behaupten die Sichuanesen, ihr Shangri-La sei das richtige) und eben jenes Shangri-La bei Yangshuo in Guangxi, das so ganz und gar nichts mit einer tibetischen Welt zu tun hat.
Dieses Shangri-La liegt in der typischen Karstlandshaft Yangshuos an einem kleinen See und tatsächlich handelt es sich nicht um einen
richtigen Ort, sondern eher um eine Art Disneyland für Touristen. Nachdem wir unsere Eintrittskarten bezahlt hatten, wurden wir zunächst auf ein Boot verfrachtet (zum Glück waren wir mit unserer Führerin alleine und mussten nicht eines der durch Tourgruppen überfüllten Boote nehmen).Die Bootstour fuhr an verschiedenen Attraktionen vorbei. Am Ufer stand beispielsweise eine Holzhütte, in der drei Mädchen in traditionellen Kostümen saßen. Sobald sie uns sahen, sprangen sie auf und tanzten einen Volkstanz. An einer anderen Stelle war das Ufer mit Totempfählen dekoriert und wilde halbnackte Krieger winkten uns zu. Im Hintergrund spielte eine der wilden Eingeborenen mit ihrem Handy. Die Landschaft war zwar schön, aber das ganze hatte einen irgendwie seltsamen Beigeschmack.
Was gibt es sonst noch zu berichten? Irgendwie ist es schwierig, aus dieser Stadt wieder weg zu kommen, vor allem wenn man morgens zu spät für den Checkout aus dem Bett kommt, weil in Monkey Jane's Roof Top Bar jede Nacht bis 4 Uhr die Hölle los ist (nicht, dass ich jede Nacht so lange da geblieben wäre, aber trotzdem) Die Bar in Monkey Jane's Guesthouse ist eigentlich recht klein, aber immer proppevoll, weil nahezu alle westlichen Backpacker, die gerade in der Stadt sind, sich jeden Abend
dort zum "Beer Pong" und anderen gesellschaftlichen Aktivitäten treffen.
Da ich normalerweise nicht bis nach 4 bleibe und auch etwas schlafen will, habe ich mir ein etwas ruhigeres Hostel in einer Seitenstraße ausgesucht. Mit ca. 3 Euro die Nacht sind die 6-Bed-Dorms zwar relativ teurer (Monkey Jane verlangt nur 1,50 €, in Shanghai und Beijing zahlt man über 6 Euro, aber das ist etwas anderes) aber es ist ruhig (wenn der Bettnachbar nicht gerade meint, nach dem Barbesuch morgens um halb fünf mit seiner Barbekanntschaft, Karnickel spielen zu müssen unter der fälschlichen Annahme, dass ich davon nicht wach werde) und die Damen von der Rezeption sind super nett und hilfsbereit.
Heute geht es aber wirklich weiter, erstmal nach Liuzhou für voraussichtlich eine Nacht, danach nach Guiping. Gegenüber Yangshuo dürfte das ein ziemlicher Kontrast sein, da dort anscheinend keine westlichen Touristen hinkommen. Jedenfalls haben mich alle angeguckt wie ein Auto als ich nach Busverbindungen gefragt habe und selbst die sonst so geschäftstüchtigen Reisebüros haben mich lieber direkt zum Busbahnhof geschickt. Bin mal gespannt, wie es wird. Ich habe noch 11 Tage in China zur Verfügung...
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