Wind gegen Mensch- Strandtage in Oualidia und Essaouira


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Published: March 4th 2024
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Nach der bislang längsten Fahrtstrecke, die wir aber mit Hilfe von der "Schule der magischen Tiere" und "Benjamin Blümchen"-Hörbüchern gut rumbekommen haben, erreichen wir am späten Nachmittag Oualidia, einen kleinen im Ausland recht unbekannten Strandort an der Atlantikküste. Der ziemlich unspektakuläre Ort punktet mit seiner Lage an einer riesigen Lagune, die zum Baden einlädt, weil sie die rauhen Atlantikwellen so sehr zähmt, dass Baden mit Kindern hier problemlos möglich ist. Daher kommen in der Hauptsaison hier auch hunderttausende Marrokkaner im Jahr zum Badeurlaub, jetzt in der Nebensaison soll es allerdings angenehm ruhig sein. Außer den vielen einheimischen Touristen kommen auch sehr viele Spezies an Zugvögeln hier her und Flamingos soll es auch ab und an in der Lagune geben. Ob das Wetter zum Baden aber wirklich warm genug sein wird, daran haben wir Zweifel, aber zumindest für ein bisschen Beachlife sollte es reichen. Ich hatte eigentlich nur nach einem netten Zwischenstopp auf der langen Fahrt vom Norden in den Süden entlang der Atlantikküste gesucht und war dann zufällig über Oualidia in einem Blog gestolpert. Der hat mich direkt angesprochen und so haben wir zwei Nächte hier in einem netten modernen Apartment mit Blick auf die Lagune gebucht. Ich nenne diese Art von Wohnflair gerne "Arabo-Chic", was heisst dass alles gefliest und dafür dann mit meist etwas kitschigen plüschigen Polstermöbeln in rauhen Mengen "aufgehübscht" wird. Also aus unserer Sicht etwas zwischen kitschig und gesichtslos clean. Aber meistens super sauber und für zwei Nächte hier mangels wirklicher Alternativen völlig okay. Das Dreiparteienhaus, in dem die Wohnung sich befindet, liegt an einem kleinen Platz mit einer hübschen blau- weißen Moschee und einigen kleinen Garküchen, einem Hier-gibts-Alles-Markt, einer Motorradwerkstatt und einem Restaurant. Wir sind sehr gespannt, wie laut man den Muezzin bei uns in der Wohnung hören wird (Spoiler: so laut als würde er neben unserem Bett stehen und nur für uns singen). Die Kinder lieben die riesige Couchlandschaft im Wohnbereich auf der locker 25 Personen Platz finden würden, und wir lieben die bodentiefen Fensterfronten mit Lagunen- Blick und dass wir so viel Platz und zwei getrennte Schlafzimmer haben.

Wir fahren nach dem Einzug noch an die Lagune und genießen die Abendstimmung an dem wunderbar weiten Strand, der sich an einer kleinen Landzunge nach rechts entlang der Lagune und nach links kilometerlang entlang des wilden Atlantiks erstreckt. Da die Flut gerade erst zurückkommt, sind noch einige kleine Gezeitenbecken in den Felsen vorhanden, in denen wir nach Muscheln und anderen Meerestieren schauen können und die Kinder genießen es auch einfach nach der langen Fahrt, den langen und recht sauberen Strand entlang zu rennen und den Wind im Gesicht zu spüren. Davon gibt es hier nämlich jede Menge und so sind die 20 Grad Außentemperatur gefühlt doch ein bisschen weniger. Am Pier stehen ein paar einfache bunte Buden, an denen frische Austern verkauft werden, für die die Lagune hier bekannt ist. Ich hätte wirklich Lust welche zu probieren, verzichte aber schwangerschaftsbedingt natürlich darauf und sonst macht sich niemand aus der Familie was aus Austern, daher können wir leider nichts zu der Qualität der Schalentiere sagen. Dafür gehen wir zum Seafood Essen im Anschluss in ein schickes Lokal am Hang, von dem man auch einen fabelhaften Blick auf das Meer hat. Die Kinder bekommen eine Pizza und Dennis und ich essen frische Calamari und dann Pizza mit Shrimps bzw. gegrillten Oktopus.

Am nächsten Morgen schmeißen wir zwei Maschinen Wäsche an und trödeln ein bisschen in der Wohnung herum. Gegen Mittag fahren wir dann an den Strand und entscheiden uns nach kurzem abwägen für den Atlantikstrand, da in der Lagune bei Ebbe wirklich kaum Wasser ist. Die Kinder spielen mehrere Stunden in und am Wasser und wir sitzen in der Sonne und lassen uns vom Wind ordentlich durchpusten. Der Strand hier ist bis auf ein paar Strandspazierer und einen Angler, der ziemlich haarsträubend oben auf einem Felsen steht, menschenleer. Dennis steigt mal zu ihm hoch und ist überrascht, dass der Mann dort ein kleines Feuer gemacht und ein paar Plastikstühle aufgestellt hat, und gerade einem älteren Ehepaar frisch gefangenen und gegrillten Fisch serviert. Wir essen noch eine Kleinigkeit in einem kleinen Café am Strand und fahren dann zurück zu unserer Wohnung, wo wir eine kurze Sonnenpause machen und dann gegen halb sechs einen kleinen Weg von unserem Haus runter an die Lagune steigen, wo auf einem kleinen Felsvorsprung ein Motorboot liegt, das Rundfahrten durch die Lagune anbietet. Gerade als wir unten ankommen fährt der Mann, mit dem wir am Vorabend schon kurz gesprochen hatten, an uns vorbei, dreht aber auf unser Winken sofort um und nimmt uns an Bord. Wir fahren eine Dreiviertelstunde durch die Lagune und sehen die Austern Farmen, eine kleine Siedlung auf der anderen Seite der Halbinsel und diverse Vögel, unter anderem weiße und schwarze Reiher und Löffler sowie ziemlich viele Möwen und kleinere Vögel. Neben den Flamingos soll es hier auch Kormorane und Eisvögel geben, bis zu 400 Vogelarten sind im Frühjahr hier heimisch. Die Lagune, die umgebenden Salzmarschen und Sümpfe stehen dazu seit den 1970ern unter Naturschutz und nur die Austern Farmer leben in kleinen einzelnen Hütten im Naturschutzgebiet. Bis auf den kurzen Strandabschnitt am Ort ist die Lagune weitgehend unberührt und die Fahrt ist zwar auch wieder so windig, dass die Kinder sogar ihre Mützen aufziehen müssen, aber auch sehr schön. Nur Flamingos waren leider keine da. Dafür ist im Ort auf jedem Baukran, jedem Laternenmast und jedem höheren Gebäude ein Storchennest und die Kinder machen sich einen Wettbewerb daraus, wer zuerst das nächste Storchennest sieht. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist es leider sehr bedeckt und so ändern wir unseren Plan, noch einmal an die Lagune zu gehen kurzer Hand und machen uns nach dem Frühstück direkt auf den Weg zu unsrem nächsten Ziel, der Surfer-Hauptstadt Marokkos: Essaouira.
Nach knapp drei Stunden erreichen wir Essaouira, aber leider nicht ohne auch endlich unsere erste Erfahrung mit der marokkanischen Polizei zu machen. Wir fahren gerade von der Mautstrasse ab, da folgt auf ein Schild "80" nach ungefähr 20 Metern "60" und direkt darauf "40". Da am folgenden Kreisel allerdings schon von weitem die Polizei zu sehen ist fährt Dennis extrem regelkonform. Als dann jedoch nur ca. 50 Meter vor unserem Auto ein Polizist mit einer Laserkamera auf die Straße springt und diese ungefähr eine Sekunde vor sein Auge hält und auf uns richtet, wissen wir, dass wir geliefert sind.
Selbst ohne, dass man wie wir vom Fach ist, kann man sich sicher ausrechnen, dass diese "Messung" nur ein fake sein kann aber es kommt wie es kommen muss. Der Gendarm behauptet, Dennis wäre 80 statt 60 gefahren und, dass das 300 Dirham kostet (ca. 30 Euro). Er drückt ein paar Mal auf seinem Gerät herum und zeigt mir irgendwann die Zahl 80. Aha. Ich bin so wütend über diese so offensichtlich lächerlich falsche Messung, dass ich ihm am liebsten mein Zertifikat vom Laserlehrgang unter die Nase gerieben hätte aber leider reicht mein französisch wirklich nicht aus, um ihm ernsthaft zu sagen, was alles falsch an seiner "Messung" war. Und da wir vermutlich sowieso keine Wahl hätten, außer zu bezahlen, machen wir das dann auch. Genauso auch der Marokkaner hinter uns, der uns wenigstens das Gefühl gibt, dass wir nicht die einzigen sind, die dieser Masche ausgeliefert sind oder, dass man das nur mit den Ausländern so praktiziert. Allerdings hatten wir auf den ersten Fahrten extra eine Geldbörse mit nur 100 Dirham präpariert die wir bei der Kontrolle vorzeigen wollten und uns dumm stellen wollten, in der Hoffnung, dass sie sich mit den 100 Dirham zufrieden geben weil die Konversation mit den Ausländern so mühsam ist. Aber natürlich haben wir gerade heute vor der Abfahrt Geld geholt und vergessen die großen Scheine wegzupacken, sodass der Polizist schon als Dennis seinen Führerschein zieht, unsere dicke Brieftasche sieht. Wir Anfänger. Ich frage mich noch eine Weile, ob er vielleicht sonst einen anderen Preis genannt hätte.
In Essaouira muss man auch wieder vor der Medina auf einem großen Parkplatz außerhalb der Stadtmauer parken. Ganze 10 Euro müssen wir hier für 2 Tage und Nächte bezahlen aber dafür haben wir nur ein paar Meter zu unserem Riad von dort. Das Riad Morosko ist super schön und gepflegt und zum Begrüßungstee gibt es sogar Kekse. Wir haben ein helles Zimmer mit einem gemütlichen großen Bett und einem Bad auf der unteren Ebene und dann führen zwei Steile Stiegen jeweils links und rechts auf eine Galerie mit Fenstern und jeweils einem weiteren Bett. Die Kinder lieben die Zimmeraufteilung, schnappen sich jeder ein Galeriebett und nehmen sofort die Treppen zum Spielen in Beschlag. Neben dem außergewöhnlichen Grundriss unseres Zimmers bietet das Riad noch eine wunderschön bepflanzte Dachterrasse, die sich ebenfalls über drei Ebenen zieht und viele Sitzmöglichkeiten bietet. Hier wird auch das Frühstück serviert. Unser erster Nachmittag in Essaouira kann am besten mit den Worten "vom Winde verweht" beschrieben werden. Mit 22 Grad und Sonne ist hier zwar schönstes Strandwetter aber der Wind pfeift so heftig am Meer, dass man quasi einen kleinen Sandsturm ins Gesicht gepustet bekommt, sobald man sich in Windrichtung dreht. Auch in den schnurgeraden Gassen der Medina pfeift der Wind ganz schön, zumindest da wo sich am Ende der Straße ein Stadttor zum Meer öffnet. Und das ist hier zu mehreren Seiten hin der Fall. Essaouira's Medina hat aus meiner Sicht genau die richtige Mischung aus herausgeputzten Gassen, hippen Läden, Galerien und Cafés und den ursprünglichen Garküchen, Handwerksbetrieben und dem altmodischen Marktstand auf einem Handkarren dazwischen. Der endlose Atlantikstrand direkt vor der Tür, ziemlich viele alternative Leute und Surfer prägen den ganz besonderen Flair der Stadt. Trotz allem Trubel ist es hier entspannt und so genießen wir zwei recht touristische Tage. Wir gönnen uns eine Massage, Marlene lässt sich wieder Henna malen, bummeln durch die Läden und gehen auf ganz besonderen Wunsch der Kinder abends zum "Italiener" zum Pizza essen statt zum "Marokkaner". Einen Nachmittag fahren wir vor den Toren der Stadt mit einer privaten Quadtour durch die Dünen was das bisherige Highlight für die Kinder ist. Marlene, die bei mir vorne mitfährt, kann garnicht mehr aufhören zu juchzen wenn es hoch und runter durch den weichen, warmen Sand geht und als wir später unten am festen, ellenlangen Strand zurückfahren feuert sie mich kontinuierlich an, mehr Gas zu geben (wobei ich schon fast 40 km/h fahre). Es macht wirklich viel Spaß und wir düsen durch die Dünen bis die Daumen schmerzen. Im Anschluss sind wir dann nochmal am Strand, wo es einen kleinen etwas schäbigen Spielplatz gibt und die Kinder ein bisschen toben können. Heute windet es nicht ganz so heftig, sodass man auch schön am Strand zurück in die Stadt spazieren kann. Bei einem alten Mann ohne Zähne kaufen wir dort noch frischgepressten Granatapfel- und Zuckerrohrsaft - so muss sich Urlaub anfühlen.
An unserem "nicht italienischen Abend" essen wir übrigens das aus meiner Sicht bisher leckerste marokkanische Essen: Tomatensalat mit kleinen mit Ziegenkäse und Honig gefüllten Teigtaschen zur Vorspeise und danach teilen Dennis und ich uns eine tomatige Tajine mit Lammhackbällchen und pochiertem Ei und eine mit Sardinenhackbällchen, scheinbar eine lokale Spezialität. Beides schmeckt fantastisch. Danach gibt es am Strassenstand noch einen Crepe aus dem die Nutella nur so heraustrieft und wir gehen zufrieden ins Bett.
Mein persönliches Highlight ist aber, dass ich in Essaouira in einem klitzekleinen Elektroladen sogar noch ein neues Ladekabel für meine Kamera bekomme, nachdem meines mir in Chefchaouen kaputt gegangen war und ich schon befürchten musste, dass die restlichen Urlaubsbilder nur noch Handybilder werden.

Nach unseren fünf Tagen am Meer geht es morgen über Marrakesch in die Berge des Atlas-Gebirges.






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