Ferien (Sainte Marie / Ile aux Nattes)


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Africa » Madagascar
June 21st 2012
Published: June 22nd 2012
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Ich möchte wieder einmal allen herzlich danken, die uns schreiben, sei es hier via Blog oder per Mail – es ist immer eine Freude, von zu Hause zu lesen! Auch wenn wir fast keine Mails beantworten – das nähme schlicht zu viel Zeit in Anspruch – wir schätzen es sehr.

Die letzte Woche haben wir im Paradies verbracht, Ferien vom Reisen, sozusagen:



14.6.

Um 5.30h werden wir abgeholt, die Kinder meinen, im Hotel gehe das früh-Aufstehen wesentlich besser als im Zelt. Gemeinsam mit einer amerikanischen Familie und einem Franzosen fahren wir im Minibus nach Ivango, 150km nördlich von Tamatave. Weil die Strasse in schlechtem Zustand ist dauert die Fahrt dennoch dreieinhalb Stunden, wir verschlafen aber alle einen guten Teil davon. Am Hafen müssen wir uns sage und schreibe drei Mal registrieren, bis die jeweiligen Beamten unsere Personalien notiert haben dauert es eine kleine Ewigkeit. Endlich werden wir in ein Schnellboot verfrachtet und es geht los zur Ile Sainte Marie. Die See ist rau, Plastikeimer machen die Runde. Der Regen peitscht von oben, die Gischt von unten, wir sind froh in der trockensten Ecke ganz vorne zu sitzen. In Ambodifotatra, dem Hauptort der Insel, werden wir sogleich von einer Schar Taxifahrer, Guides und Hotelanbieter umringt und bequasselt. Wir lächeln und nicken und schauen uns all die tollen Angebote an und klammern unser Gepäck fest, damit es nicht gleich in ein Fahrzeug geladen wird. Schliesslich fahren wir mit zu einem Hotel, sind aber etwas enttäuscht, weil die Bungalows nicht direkt am Strand stehen. Der Taxifahrer führt uns zum „Natiora“, und hier passt einfach alles: ein geräumiges Bungalow mit drei (!) Doppelbetten und einer riesigen gedeckten Terrasse, keine 10m vom Strand entfernt. Und wir sind ganz alleine hier! Die weiblichen Hotelangestellten fallen über E her („quelle poupée!“), die Eigentümer, Ernesto aus dem Südtirol und seine madagassische Frau, Nina, offerieren uns gleich einen Litschi-Schnaps – dabei ist es erst halb drei und wir haben noch nichts gegessen. Aber was soll's, wir werden heute nur noch faul herumliegen. Wir sitzen auf unserer tollen Terrasse und betrachten den nächsten tropischen Regenguss, spielen, lesen und geniessen es einfach. Als der Regen etwas nachlässt stürzen sich die Kinder ins Meer, von Ernesto mit Schnorchelausrüstungen ausgestattet. Plötzlich gibt's einen Mords-Radau, das zahme Lemurenpärchen ist von seiner Siesta erwacht. Sie setzen sich zu uns, beobachten uns neugierig und spazieren kurzerhand in den Bungalow, um unser Gepäck zu inspizieren. Irgendwann werden wir zum Znacht gerufen, danach schreiben wir alle Tagebuch, während der Regen immer noch aufs Dach trommelt. So lässt es sich leben!



15.6.

Ausschlafen, gemütlich zmörgelen, dann überredet Nina die Kinder zu einem Spaziergang. Sie gehen etwas widerwillig mit, lieber möchten sie jetzt baden. M und ich stellen unsere Liegestühle unter die Palmen am Strand und geniessen die Ruhe. Sie sind lange weg und wir machen uns darauf gefasst, dass sie sich beklagen werden wegen der langen Wanderung. Doch nach drei Stunden kommen sie freudestrahlend zurück: sie waren gar nicht spazieren, sondern Quadfahren! Sie haben das Waisenhaus der Insel besucht und dort Biscuits verteilt, sie waren bei einem Wasserfall, haben in einem Restaurant Cola getrunken, und Nina hat den Mädchen schöne Frisuren geflochten. Jetzt aber wird gebadet und geschnorchelt. Die Sonne scheint heute und die Sicht ist gut, man sieht viele Korallen und Fische. Am Nachmittag fährt Ernesto ins 20km entfernte Städtchen und nimmt mich mit, um einzukaufen und Geld zu holen. Er sagt er brauche etwa zwei Stunden, wir machen ab, dass ich mich schon mal zu Fuss auf den Heimweg mache und er mich dann auflade. Ich mache also meine Kommissionen, schlendere über den Markt und spaziere dann gemütlich der Strasse entlang. Ich geniesse den Einblick in die kleinen Innenhöfe und den Ausblick auf das Meer, beantworte die zahlreichen Fragen der Leute. Ich lasse die letzten Häuser hinter mir, dichtes Gebüsch säumt jetzt die Strasse. Die Sonne geht langsam unter, das heisst die zwei Stunden wären längst um, doch Ernesto kommt nicht. Ich marschiere weiter, zweimal halten Motorradfahrer und bieten mir an mitzufahren, mehrmals fragen mich Leute besorgt, ob ich ein Problem habe. Nein, nein, alles bestens, aber wo bleibt Ernesto? Es beginnt leicht zu regnen. Ich überhole Leute, die aus dem Wald herauskommen und in ihre Dörfer zurückkehren: barfüssige Kinder, Frauen mit Babys auf dem Rücken und schweren Bündeln auf dem Kopf, Männer mit grob gehauenen Brettern auf dem Buckel. Mittlerweile ist es stockdunkel, ich bin seit fast drei Stunden unterwegs, habe Durst und Blasen an den Füssen. Etwa zwei Kilometer vor dem Hotel kommt mir Nina auf dem Quad entgegen: Ernesto hat angerufen, seine Sitzung hat viel länger gedauert... Nach dem Znacht installiert Nina den Kindern einen Film auf dem Compi, Ernsesto spendiert einen Kokoslikeur und die beiden gesellen sich zu uns für einen Schwatz.



16.7.

Baden, lesen, spielen, etwas Schule, essen, auf der Veranda sitzen und die Aussicht geniessen – uns gefällt es hier! Nur das Wetter spielt nicht ganz mit, immer wieder regnet es. Nach dem Znacht spedieren wir die Kinder ins Bett, D übernimmt heute das Vorlesen, denn: M und ich gehen in den Ausgang! Ernesto und Nina laden uns in die Disco ein! Das können wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Auch die beiden Gärtner und ein Küchengehilfe begleiten uns, sie stürzen sich in Abendgarderobe: ein frisches T-Shirt und ein Paar saubere Flip-Flops. Meine Vorbereitung besteht darin, den Kragen meiner atmungsaktiven Bluse hochzustellen und Anna-Leas namibische Ohrhänger zu montieren. Bis allerdings Nina bereit ist, wir noch einen Ingwer-Schnaps gekostet haben (jetzt haben wir wohl dann die ganze Palette durch), eine Freundin abgeholt und die Insel durchquert haben ist es schon halb elf... Eine madagassische Discothèque ist gleich wie eine schweizerische: laute Musik, buntes Licht und Tanzfreudige zwischen am-Rand-herum-Wippern bis enthusiastisch-die-Arme-Schlenkerern. Und doch ganz anders: der Musikmix reicht querbeet von amerikanischen Hits über Reggae, Country und Latin bis zu einheimischen Liedern. Wo die Leute aber so richtig ausflippen, ist bei minutenlangen Buschtrommel-Sessions. Einige geraten regelrecht in Trance. Zum Runterkühlen gibt's zwischendurch dann wieder Standard-Tänze und Polonaisen. Es gibt noch mehr Unterschiede: die Frauen sind schöner (die Männer leider nicht unbedingt) und tanzen wesentlich besser. Und das Essen: immer wieder stellt uns jemand Häppchen hin, Fleischspiesschen, frittierte Gemüse-Teigtaschen, Rübensalat. Irgendwie muss man ja bei Kräften bleiben, denn sitzen bleiben gilt nicht! Wir fallen in unserer Wanderkleidung und den Trekkingschuhen nicht weiter auf, ausser vielleicht, dass wir mehr nach Moskitospray als nach Deowolke riechen und einen Kopf grösser sind als alle anderen. Wir sind aber nicht die einzigen Weissen, einige Expats beider Geschlechter mit ihren einheimischen Partnern und zwei, drei andere Touristen lassen sich ebenfalls zum Mittanzen überreden. Um drei Uhr ist der Spuk vorbei. Zum Glück, wir sind erschöpft!



17.6.

Wir hören den Regen und drehen uns nochmals im Bett. Aua, Muskelkater... Als wir später frühstücken hält Odette, eine der Angestellten, Lemuren-Wache, die frechen Viecher stehlen uns sonst das Brot vom Teller und den Fruchtsaft aus dem Glas! Spielen und lesen auf der Veranda, irgendwann wird's den Kindern aber zu langweilig und sie springen trotz Regen ins Meer – warm genug ist es alleweil. Eine ausgedehnte Schulstunde, nochmals ein paar Kapitel lesen – die Hängematte ist der begehrteste Platz heute. Ich wasche ein paar T-Shirts, Marco packt sich einen Schirm und erkundet die Umgebung, Regenwald im wörtlichsten Sinn. Auch während des Nachtessens strömt es, wir schieben unseren Tisch in die Mitte der Restaurant-Terrasse, weil es seitlich hereinspritzt. Immerhin: welch lauschiger Ort, um einen faulen Regensonntag zu verbringen!



18.6.

Auch heute morgen regnet es, wir dachten, dies sei die Trockenzeit?! M und ich packen zusammen, während Odette den Mädchen kleine Zöpfchen nach afrikanischer Art flicht. Bei E dauert das 40 Minuten, bei A anderthalb Stunden... Es hat wohl keinen Sinn auf eine Regenpause zu warten, Nina fährt uns ans südliche Ende der Insel, wo wir eine Piroge (Einbaum) chartern, die uns auf die kleine Ile aux Nattes bringt. Und siehe da: kaum sitzen wir im Boot, hört der Regen auf! Obschon die beiden Inseln nur ungefähr 200m auseinander liegen, sind sie völlig unterschiedlich: Ste Marie ist hügelig, der Regenwald reicht bis direkt ans Meer, der Strand ist felsig und voller Korallen-Kiesel. Aux Nattes ist flach, mit einem weissen Sandstrand rundherum. Direkt an diesem Sandstrand mieten wir nun ein herziges Bungi – weil wir auch hier die einzigen Gäste sind, handeln wir ein zusätzliches Bett und einen Rabatt aus – und hüpfen sogleich in die Fluten. Mittlerweile strahlt die Sonne als sei sie nie weggewesen. Als wir später auf der Veranda sitzen und den Sonnenuntergang bestaunen setzt sich ein kleiner, magerer Hund zu uns, legt zutraulich die Schnauze auf unsere Schoss und weicht nicht mehr von unserer Seite. Zum Znacht gibt's frischen Fisch.



19.6.

Frühmorgens hören wir wieder das vertraute und wenig willkommene Trommeln auf dem Dach, doch als wir aufstehen scheint bereits wieder die Sonne. Über Ste Marie hängen aber immer noch dichte Wolken, offenbar regnet es dort tatsächlich mehr. Wir geniessen einen gemütlichen Ferientag mit baden, lesen und essen und einem Spaziergang quer über die Insel. Wenn auch einige der zahlreichen Resorts recht luxuriös aussehen – wenige Meter dahinter liegt ursprüngliches Madagaskar: Bambushütten, lehmige, von vielen nackten Füssen glattgetrete Trampelpfade, grossäugige Kinder und struppige Hühner, Reis- und Maniokfelder. Alle Resorts sind leer, wir sind die einzigen Touristen auf der ganzen Insel! Die Saison beginnt erst in ein paar Wochen, wenn die Buckelwale vor den Inseln Halt machen. Zwar könnte es schon jetzt Wale geben, sagt man uns, doch bisher hatten wir kein Glück. E meint, für Leoparde und Wale müssten wir eben später wiederkommen. Als wir zurückkommen liegt der kleine Hund auf der Terrasse vor unserem Bungi und wartet auf uns. Wir nennen ihn Faly, „glücklich“ auf madagassisch, auch wenn er nicht unbedingt einen solchen Eindruck macht. Wir lassen den Tag mit einem Kartenspiel ausklingen und sehen den klaren Sternenhimmel erst, als der Generator abstellt. Das war einer der Pluspunkte beim Zelten: man ist der Nacht näher, erlebt sie intensiver. Doch ein richtiges Bett mit sauberen Leintüchern und einem Moskitonetz sind auch nicht zu verachten.



20.6.

Es ist leicht bewölkt und wir erkunden nochmals die Insel. Es gibt keine Strassen, nur besagte Trampelpfade, bei Ebbe kann man aber dem Strand entlang rundherum laufen. An der südlichen Spitze der Insel essen wir in einem schönen, leeren Resort Zmittag. Die sechs Angestellten, die alle auf Kundschaft warten, sind etwas enttäuscht als wir nur etwas Kleines essen wollen, decken uns aber trotzdem einen wunderschönen Tisch mit Blumenarrangements. Es gibt hier auch zahme Lemuren, die Kinder müssen wieder ihre Getränke verteidigen. Ein kurzer, aber intensiver Regenschauer lässt uns etwas länger verweilen, doch schon bald strahlt wieder die Sonne. Auf dem Rückweg machen wir deshalb an einem besonders hübschen Stück Strand Halt, die Kinder vergnügen sich im türkisfarbenen Wasser, bauen Sandburgen und suchen Muscheln. Ein fussballgrosses Prachtsexemplar wird zurückgeschleppt, die Diskussion, ob es mit nach Hause kommt oder nicht dauert noch an. Faly empfängt uns mit wedelndem Stummelschwanz. Nochmals ein exquisites Abendessen, packen und dann früh Nachtruhe, morgen müssen wir um 4.15Uhr aufstehen...



21.6.

Das Aufstehen klappt gut, der „Piroguier“ ist parat und gondelt uns in kompletter Dunkelheit über die Meerenge zurück nach Ste Marie. Drüben wartet auch schon das bestellte Taxi und fährt uns zum Hafen. Viele, viele Leute warten dort, wir befürchten, dass die alle ins Boot gepfercht werden. Doch alles geschieht nach Vorschrift, drei Viertel davon verabschieden nur ihre Angehörigen. Eine schwerkranke Frau wird auf eine Bank gebettet, sie muss erst noch die anderthalbstündige Schaukelfahrt zum Festland erdulden, bevor sie ins Spital gebracht werden kann! Die Busfahrt zurück nach Tamatave verzögert sich um Stunden, weil eine Brücke eingestürzt ist. Zu Fuss ist sie noch begehbar, also buckeln alle ihr Gepäck rüber und warten drüben auf einen Bus aus der Gegenrichtung. Die Wartenden beschaffen der Dorfbevölkerung unerwartete Einnahmen, sofort zirkulieren Kinder und Jugendliche und verkaufen Früchte und Getränke. Unsere Kids sind ständig von einer Schar Gaffer umringt, das und das lange Warten zehrt etwas an ihren Nerven. Die einheimischen Reisenden hingegen legen einmal mehr die bewundernswerte Geduld und Gelassenheit an den Tag, die wir immer wieder beobachten können: Regen, zu wenig Platz im Bus, eine Panne, ein Unfall – es ist wie es ist, man erträgt, was man nicht ändern kann, irgendwann wird's schon wieder besser. In Tamatave checken wir in „unser“ Hotel ein, die Kinder verziehen sich hinter die elektronischen Medien, während M und ich den morgigen Ausflug organisieren.


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