From Sea to Sky


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North America » Canada » British Columbia
September 8th 2018
Published: September 11th 2018
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Nachdem wir wieder Festland unter den Rädern haben, starten wir vom Fährterminal in Richtung Norden auf dem berühmten Sea-to-Sky-Highway, der seinem Namen wirklich alle Ehre macht. Während links neben uns der Pazifik tiefblau schimmert, türmen sich im Norden und Osten schon die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains auf, und das Panorama ist atemberaubend. Da wir auf der nur 40 km langen Strecke zu unserem Tagesziel insgesamt locker 30 Minuten im Stau stehen, haben wir auch genug Zeit, die Aussicht zu genießen. Im Alice Lake Provincial Park haben wir erneut Glück und bekommen wieder den vorletzten freien Stellplatz. Hier ist nun wirklich tiefstes Bärenland und überall stehen etliche Schilder mit Verhaltensvorschriften, um Probleme zwischen Menschen und Bären vorzubeugen. Für Zeltcamper gehen die Hinweise so weit, dass zum Beispiel abgeraten wird, in den gleichen Kleidern zu Schlafen, in denen man gekocht hat. Ich bin hier eigentlich ganz froh um unseren Camper, auch wenn man uns versichert, dass schon seit „ein paar Tagen“ kein Bär mehr gesichtet wurde. So sehr diese Tiere mich faszinieren, so respekteinflößend sind sie doch auch. Am irritierendsten finde ich dabei eigentlich, dass die Verhaltensvorschriften für ein Zusammentreffen mit Grizzly- und Schwarzbären genau gegensätzlich sind. Beim Grizzly soll man sich
Alice LakeAlice LakeAlice Lake

"Girl on a Tree"
bei einer Attacke am besten tot stellen, beim Angriff eines Schwarzbären wiederum sich groß machen, laut werden, Steine werfen, also einen, aus Bärensicht ernstzunehmenden Gegner darstellen. In beiden Fällen soll das den Bären zum Rückzug bewegen, den Grizzly weil er sich langweilt, wenn er um seine Beute nicht mehr kämpfen muss, den Schwarzbären weil er hoffentlich denkt, dass er den Kampf gegen dich verlieren würde. Aber wie zum Teufel soll ich Laie erkennen, was für einen Bär ich da im Ernstfall vor mir habe?? Um es kurz zu machen, auch hier bleiben ein paar Streifenhörnchen unsere einzige Tierbegegnung des Tages. Wir verbringen den Nachmittag am kleinen Badestrand des Sees, der dunkelgrün zwischen dichtem Tannenwald eingebettet liegt. Das Wasser ist recht kühl, aber da es recht warm ist, gehe ich trotzdem eine kleine Runde schwimmen und klettere zum Abschluss noch auf einen umgestürzten Baum, der weit in den See hinein ragt. Von hier hat man einen wundervollen Blick und kann noch die letzten Sonnenstrahlen genießen. Dennis geht gegen Abend noch eine kleine Runde im Wald auf dem „Four Lakes Trail“ laufen, allerdings mit Bärenglocke und ich muss zugeben, dass ich auch ein bisschen nervös werde, als er zu der angekündigten Rückkehrzeit noch nicht wieder da ist. Zum Glück war allerdings nur ein besonders steiler Berg und kein Bär der Grund für die Verspätung und so können wir am nächsten Morgen zu dritt weiter in Richtung Norden starten. Wir kurven heute zum ersten Mal in die Berge und überqueren einen kleinen Pass. Hier sieht es teilweise aus, wie man Kanada aus zahllosen Bildern kennt: leere schnurgerade Straßen, links und rechts dichter dunkelgrüner Wald und am Horizont immer irgendein meist schneebedeckter Gipfel. Ab und zu eine Farm, ein paar Holzhäuser, ein tiefblauer See. Im kleinen Lillooet, einem Dorf mitten in den Bergen, machen wir Zwischenstopp, um einzukaufen und zu tanken. Donald schluckt ganz schön ordentlich, insbesondere dann wenn wir uns bergauf schieben. Mit 17,5 Litern auf 100 km/h können wir uns rühmen, spritsparend gefahren zu sein. Danach geht es zum Glück etwas schneller voran und wir schaffen es über unser angepeiltes Tagesziel hinaus bis nach Clinton, einen ehemaligen Postkutschenstopp am Cariboo Highway. Der Ort an sich ist recht unspektakulär, hat aber durchaus seinen Charme und was viel wichtiger ist: einen Campingplatz mit Waschmöglichkeit. Nach einem kleinen Zwischenfall auf der heutigen Fahrt riechen zwei Familienmitglieder und ein Kindersitz nämlich nach Erbrochenem und Marlene hat
Spahat FallsSpahat FallsSpahat Falls

Wells Gray Provincial Parc
nichts mehr Sauberes zum Anziehen. Nachdem wir zwei Waschmaschinen belegt haben, gehen wir noch ein bisschen in den Ort, in dem tatsächlich die Zeit stehen geblieben scheint. Es gibt eine Hauptstraße mit einer Ampel; ein Motel, einen Campground, eine Kirche, diverse Tante-Emma-Trödelläden sowie einen Baumarkt, eine Bar und einen Liquor Store. Irgendwie gefällt es uns hier und wir erstehen im Baumarkt auch unser lang gesuchtes fehlendes Campingutensil: eine Wäscheleine für drei Dollar. Der Besitzer unseres Campgrounds, ein kauziger Typ mit dickem Bart und Bauch hatte uns beim Registrieren schon berichtet, dass es heute Abend ein Barbeque-Buffet in der Kneipe am Campground gebe, und wir unbedingt kommen müssen. Und da wir hier zum ersten Mal einen Stromanschluss haben und somit unser Babyphon benutzen können, ist die Entscheidung schnell getroffen und wie sich herausstellen soll, war sie eine Gute. Es duftet schon herrlich in der Kneipe mit dem passenden Namen „Roadkill“ als wir hereinkommen und nachdem wir unser Fleisch bestellt haben, dürfen wir uns am Beilagenbuffet bedienen so oft wir wollen. Es gibt deftiges Cowboyessen, süße gebackene Bohnen, ein Püree aus Blumenkohl und viel Käse, ein selbstgemachtes sehr buttriges Kartoffelpüree, indischen Reis und große fleischige gründe Tomaten, die mit viel Knoblauch eingekocht
Unsere erste BärinUnsere erste BärinUnsere erste Bärin

Wells Gray Provincial Parc
sind und einfach himmlisch schmecken. Wir holen uns drei mal nach, weil alles so gut schmeckt und neben Dennis‘ Steak und meinen Spare Ribs erst mal gar nicht genug Beilagen Platz auf dem Teller haben. Am Ende bezahlen wir mit Getränken und Nachtisch gerade mal 35 Euro. Völlig selig von unserem kinderfreien Dinner-Date schlafen wir an diesem Tag mit dicken Bäuchen ein bis uns gegen 4 Uhr ein mehrfach donnerndes Hupen weckt und wir feststellen, dass hinter dem Campground Zugschienen den Highway queren. Naja, irgendeinen Haken gibt es halt immer. Am nächsten Tag starten wir bei himmlischem Wetter in den Wells Gray Provincial Parc. Dieser über 5000 qkm große Park ist bekannt für seine Seen und Wasserfälle und gleich kurz hinter dem Eingangstor befindet sich der für mich schönste Wasserfall, „ Spahat Falls“. Der Spahat Creek vereint sich hier mit dem Clearwater River, der seinem Namen übrigens alle Ehre macht, und schießt dabei aus einem Loch in der Felswand spektakulär in eine tiefe Schlucht. Von mehreren kleinen Aussichtspunkten kann man ihn bewundern. Danach fahren wir weiter und kurz darauf steht eine kleine Kolonne Fahrzeuge am Wegesrand und jede Menge Menschen halten ihre Kameras aus den Fenstern und laufen aufgeregt am
BärBärBär

Wells Gray Provincial Parc
Straßenrand hin und her. Als wir näher kommen sehen wir auch warum. Eine Bärenmutter mit zwei Jungen streift seelenruhig etwa zehn Meter von der Straße entfernt durchs Unterholz. Und jetzt kann ich auch meine Aussage von oben korrigieren: Schwarzbären sind einfach viel kleiner als ich sie mir vorgestellt habe und sogar einem halb blinden Stadtkind wie mir dürfte selbst in Todesangst der Unterschied zu den kolossalen Grizzlys auffallen. Die Bärin lässt sich auch vom Klicken der Kameras und dem hektischen „Hast du das drauf, hast du das drauf…ach Gott, wie schön, ich wein‘ gleich“- Gequäke einer deutschen Touristin nicht beeindrucken. Nach ein paar Minuten ist der Spuk vorbei und die Bären verschwinden in den Wald. Eine wunderschöne Begegnung, für die sich der Umweg in den Wells Gray Provincial Park jetzt schon gelohnt hat. Aber auch sonst ist es sehr schön hier. Wir kurven über weiche Erdwege durch den endlosen Wald und bewundern noch die springenden Lachse, die an einem kleinen Wasserfall erfolglos versuchen, entgegen der Strömung zu ihren Laichgründen zurückzufinden. Irgendwie hatten wir uns das allerdings etwas spektakulärer vorgestellt, denn die Lachse sind recht klein und es sind auch keine Bären zur Stelle, um sich den leichten Fang einzuverleiben, wie
Clearwater LakeClearwater LakeClearwater Lake

Wells Gray Provincial Parc
man das oft aus Dokumentationen kennt. Trotzdem ist es wirklich interessant und auch ein bisschen traurig, wie diese armen Tiere am Ende ihres Lebenszyklus‘ so erbärmlich scheitern und dann in großen Mengen am Fuße des Wasserfalls vor Erschöpfung sterben. Gegen Nachmittag erreichen wir dann den Clearwater Lake wo wir über Nacht bleiben. Am nächsten Morgen ist es zugezogen und nieselt leicht aber wir starten trotzdem zu einer kleinen Wanderung zu den Sticta Falls und den hoch über dem Clearwater Lake liegenden Ospreys Lookout. Wir schaffen es trockenen Fußes zurück zum Camper aber dann ziehen dunkle Regenwolken auf und es gießt wie aus Eimern. Die Helmcken Falls, die sich ebenfalls spektakulär in einen Canyon ergießen, erahnen wir daher nur hinter einer riesigen Nebelwolke aus Gischt und Regen und auch den Spaziergang zu den Dawson Falls, die zwar nicht sehr tief fallen aber dafür 90 Meter breit sind, halten wir wetterbedingt eher kurz. Eigentlich wollten wir noch eine zweite Nacht hier bleiben und rund um die Helmcken Falls ein bisschen wandern, aber da das Wetter immer schlechter wird, und der Tag noch jung ist beschließen wir es auszunutzen, dass Marlene schläft und so weit in Richtung Jasper National Parc zu fahren, wie
Sticta Falls HikeSticta Falls HikeSticta Falls Hike

Wells Gray Provincial Parc
wir kommen. Tatsächlich fährt es sich ganz gut und dank des seelenruhig schlummernden Kindes kommen wir noch etwa 150 km weiter, wo wir in Blue River übernachten, einem kleinen Kaff, das aus kaum mehr als dem Campground besteht, auf dem wir bleiben. Den Rest des Nachmittags verbummeln wir gemütlich im Auto und der prasselnde Regen auf dem Camperdach macht es richtig gemütlich. Am nächsten Tag ist das Wetter immer noch nicht viel besser und so fahren wir außer einem kurzen Kaffee- und- Spielplatz-Zwischenstopp kurzerhand durch bis in den Jasper National Parc mitten in den Rocky Mountains. Hier wollen wir mindestens eine Woche bleiben und die spektakuläre Natur genießen.







Kanada Fakt Nummer Zwei: Immer wenn du denkst du fährst das größte Schiff am Platz, kommt von irgendwoher noch ein omnibusgroßer Megacamper angefahren, der noch einen Truck hinter sich her schleppt. Oder ein Boot. Und schon fühlst du dich echt mickrig in deinem Sieben-Meter-Gefährt.


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Helmcken FallsHelmcken Falls
Helmcken Falls

Wells Gray Provincial Parc
Dawson FallsDawson Falls
Dawson Falls

Wells Gray Provincial Parc


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