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Published: October 5th 2015
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Nach langer Vorbereitung ist es soweit - meine Reise nach Osten, soweit der Osten reicht, hat begonnen. Und welcher Ort wäre passender für den Übergang von Europa nach Asien als Istanbul, der riesige Schmelztiegel am Bosporus (Platz 23 auf der Liste der größten Metropolen der Welt), der sich über beide Kontinente erstreckt! Es ist nun bereits mein fünfter Tag in der Stadt, und bereits jetzt kommt es mir vor, als würden mich Welten von meinem alten Leben und der alten Heimat trennen. Es wird also Zeit auf die ersten Tage zurückzublicken, während ich auf der Dachterrasse meiner Unterkunft im Stadtteil Beyoglu sitze und Chai schlürfe.
Tag eins begann mit der Ankunft auf dem im asiatischen Teil gelegenen Flughafen Sabiha Gökcen. Und mit IM meine ich, daß die Häuser bis zur Landebahn reichten und die Dächer bei der Landung SEHR nahe erschienen. Die anschließende Fahrt mit dem öffentlichen Shuttlebus Richtung Taksimplatz (auf der europäischen Seite) im abendlichen Stoßverkehr war gleich ein echter Crashkurs zum Thema Verkehr in Istanbul. Jeder Einwohner dieser Stadt scheint einen motorisierten Untersatz zu besitzen, mit dem er sich mit Begeisterung in den endlos scheinenden zähflüssigen Kolonnenverkehr stürzt, der alle wichtigen Straßen fest im Griff hat.
Aufgelockert wird das Ganze durch schneidige Spurwechsel, Überholmanövern auf den Begrenzungsstreifen/durch sonstige Lücken und herzhaftem Hupen bei jeder Gelegenheit. Als ich nach einer halben Ewigkeit am Zielort ankam, stellte ich fest, daß sich auf diese Weise auch problemlos Fahrzeuge jeder Art durch die Menschenmassen einer (mehr oder weniger) Fußgängerzone drängeln können. Wer sich hier ans Steuer setzt, braucht Nerven aus Stahl - wer zu Fuß geht übrigens auch!
An den nächsten Tagen unternahm ich ausgedehnte Stadtbummel zur Erkundung der Umgebung und auch der Sehenswürdigkeiten im Stadtteil Sultanahmed. Dabei muß man mir trotz aller Vorkehrungen (kein Stadtplan, kein LonelyPlanet-Reiseführer, keine umgehängte Kamera und keine Bauchtasche) gleich angesehen haben das ich 1. kein Türke und 2. neu in der Stadt bin. Denn allein am ersten Tag kamen immer wieder hilfsbereite Einheimische auf mich zu, um mir günstige Tickets und Touren anzubieten, die frisch aufpolieren Schuhe neuerlich zu putzen und das Lokal ihres Bruders, den Laden ihres Onkels und den Club ihres Schwagers zu empfehlen. Eigentlich alles ein alter Hut und in jeder Stadt dieser Erde das Gleiche. Das erfrischend Neue daran war jedoch, daß dies seltener geschah als ursprünglich befürchtet und es meines Erachtens nach nie übermässig aufdringlich war.
Respekt!
Samstag abend stürzte ich mich mit einigen gerade kennengelernten Globetrottern/-innen ins hiesige Nachtleben. Unser Ziel war dabei die hiesige Einkaufsmeile/doch-nicht-ganz-Fußgängerzone Istiklal Caddesi und ihre Seitengassen. Wie sich herausstellte, war auch alle anderen Einwohner des Viertels dorthin unterwegs. Und mit gutem Grund, den dort war wirklich was los. Auf der Promenade selbst reihten traditionelle Musikanten und Straßenkünstler aller Art aneinander. Die direkt durch die Massen fahrende Straßenbahn (da würden die Fahrer vom Wiener 13A, die sich schon vor einem kurzen Stück Mariahilferstraße fürchten, aus dem Staunen nicht mehr rauskommen) zog einen offenen Waggon nach, auf dem während der Fahrt stundenlang eine Band auftrat. Über ganze Straßenzüge reihen sich Lokale und Clubs aneinander, randvoll mit bunt zusammengemischtem Partyvolk. Und das Ganze in einer lockeren und friedlichen Atmosphäre. Vermutlich weil zwar überall Alkohol ausgeschenkt und konsumiert wird, aber kaum "über den Durst" getrunken wird. Zum Abschluß der Nacht schlossen wir uns den Einheimischen an und besorgten uns eine herzhafte Portion Köfte. Auf diese Art und Weise läßt sichs feiern!
Um auch ein Mindestmaß an Sehenswürdigkeiten zu absolvieren, besuchte ich zu guter Letzt noch die Hagia Sophia oder Ayasofya Müzesi, wie man hier sagt. Obwohl ich sonst
eher ein Sightseeing-Muffel bin, hat mich dieses Bauwerk wirklich beeindruckt. Zufälligerweise habe ich kurz vor Reisebeginn eine Dokumentation darüber besehen. Dadurch konnte ich praktischerweise mein eigener Tourguide sein und zur Abwechslung ein wenig sparen 😉 Dieses anderthalb Jahrtausende alte Bauwerk, das im Laufe seiner Geschichte die größte Kathedrale seiner Zeit und danach eine bedeutende Moschee war, ist seit der Zeit der Staatsgründung der modernen Türkei bis zum heutigen Tage ein Museum. Es grenzt an ein Wunder, daß dieser gewagte Bau die Jahrhunderte überstanden hat - hat aber wohl mehr mit den Instandhaltungsmaßnahmen zu tun, die Römer, Osmanen und Türken durchführten. Gegenwärtig laufen immer noch umfangreiche Renovierungsarbeiten. Interessant sind besonders die nebeneinanderliegenden christlichen und islamischen Symbole, Mosaiken und Kalligraphien, die im Laufe der Geschichte entstanden. Interessantes Detail am Rand: umfangreiche Beschädigungen der christlichen Mosaike fanden nicht etwa unter osmanischer Herrschaft statt, sondern durch christliche Kreuzfahrer, als diese (das damals ebenfalls christliche) Konstantinopel plünderten. Gibt einem irgendwie zu denken...
Last but not least: keine lange Reise wäre perfekt ohne den kalten Hauch einer kleinen Panikattacke, verursacht durch eine Mischung aus Kulturschock und Ungewißheit, was die nähere Zukunft wohl so bringen mag. Auch diese habe ich nun bereits erfolgreich hinter mich gebracht. Doch wie heißt es schon in der fünfbändigen Trilogie "Per Anhalter durch die Galaxis": "Keine Panik" und "Du mußt immer wissen, wo dein Handtuch ist"! Dann wird alles gut 😉
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Chri
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Klingt recht interessant...
Danke für deine Reiseeindrücke, Markus. Lass uns auch weiterhin an deinen Erlebnissen teilhaben!