Wadi Shab - ein kleines grünes Paradies


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Middle East » Oman » Sur
February 16th 2023
Published: February 16th 2023
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Auf dem Weg aus Muskat heraus durchfahren wir schon die ersten Ausläufer des Hajar-Gebirges und fahren auf einer sechsspurig ausgebauten Schnellstraße durch eine Mondlandschaft mit gelegentlichen Häuseransammlungen, die das Wort „Ort“ nicht verdienen. Immer wieder stehen Ziegenherden oder Esel am Straßenrand und immer weniger Autos sind außer uns unterwegs. Gelegentlich überholen wir einen gedankenverloren mit dem Fahrrad über die Schnellstraße tingelnden jungen Mann mit Kopfhörern in den Ohren. Braun ist die vorherrschende Farbe während wir durch, scheinbar wahllos von Riesen durch die Gegend geworfene Steinbrocken, fahren-immer gen Süden und bald sind wir zurück am Meer und die Schnellstraße wird zur Küstenautobahn. Nach nur etwa einer Stunde entspannter Fahrt erreichen wir unseren ersten Zwischenstopp, die „Bimmah Sinkhole“, irgendwo im Nirgendwo. Wir fahren von der Schnellstraße ab und plötzlich ist da ein grüner Park mit Rasenflächen, bewässerten Beeten und Palmen, Picknickpavillons, einem Spielplatz und einem kleinen Café. Auf dem Parkplatz stehen einige Autos und nachdem wir einen kurzen Zwischenstopp auf dem Spielplatz gemacht haben, steigen wir zur Hauptattraktion dieses Ortes hinab: Die Sinkhole erinnert uns an die Cenote, wie wir sie aus Mexiko kennen, und ist tatsächlich ebenfalls eine Süßwassergefüllte Sinkgrube, die durch den Absturz einer Höhlendecke im Kalkgestein entstanden ist, und 50 auf 70 Meter breit ist. Das wunderschöne türkisfarbene Wasser erreicht man über eine gemauerte Treppe und wer sich traut- und angemessene Badebekleidung trägt- kann sich in den bis zu 30 Meter tiefen natürlichen Pool stürzen. Leider habe ich nur meinen Badeanzug und keine „konservative“ Badekleidung in Form einer Leggins und eines T-Shirts griffbereit und eine Art Badeaufsicht kontrolliert hier tatsächlich, dass sich niemand zu sehr entblößt. So gehen wir uns nur mit den Füßen im wunderbar kühlen Wasser abkühlen. Es sind hier auch tatsächlich sehr viele Omani mit ihren Familien vor Ort, die hier picknicken und sich den Tag vertreiben, und von den westlichen Besuchern gehen nur zwei junge Männer ins Wasser, ebenfalls in T-Shirt und Shorts.

Dann fahren wir weiter zu unserer nächsten Unterkunft, einem traditionellen kleinen airbnb ohne großen Komfort aber dafür mit einer Premium Lage. Direkt am Eingang eines der schönsten und bekanntesten Wadi im Oman, dem Wadi Shab, auf einer kleinen Anhöhe gelegen steht die alte Hütte von Samis Großvater, die der junge Omani zu einem Gästehaus umgebaut hat. Solche Unterkünfte liebe ich ja und hatte gehofft, mehr davon im Oman zu finden. Leider ist die Hotellerie hier doch sehr auf Luxus-Unterkünfte ausgelegt und es gibt wenige traditionelle Gasthäuser. Samis Unterkunft ist alles andere als komfortabel und wir haben hier nur ein Zimmer, ein etwas müffelndes, wenn auch sauberes Bad, einen „Wohnkorridor“ mit Sofas zu beiden Seiten und einen großen Schlafraum mit „Matratzenlager“ auf dem Boden für die Kinder.

Aber vom kleinen- überhaupt nicht kindersicheren- Balkon schauen wir direkt auf den „Eingang“ zum Wadi Shab und wir hoffen, morgen die ersten im Wadi zu sein und ihn vor den Reisebusladungen aus Muskat wieder verlassen zu haben. Das Wort Wadi heißt „Schlucht“ oder „Tal“ und bezeichnet einen meist trockenen Flusslauf, der nach Regenfällen oder der winterlichen Schneeschmelze jedoch sturzflutartig Wasser führen kann. Einige Wadis im Oman führen jedoch ständig Wasser, so auch der schwimmbare Wadi Shab, der alles andere als ein Geheimtipp ist, aber den wir dennoch nicht verpassen wollen. Um uns noch ein bisschen den Nachmittag zu vertreiben, fahren wir noch zum weitläufigen Pebbles Beach heraus. Im Oman ist es erlaubt mit dem Auto bis auf den Strand zu fahren und genauso machen es die Einheimischen hier auch. Sie fahren bis fast vor ans Meer und „parken“ ihre riesigen Geländewagen dort im Schatten einer bizarren Kalksteinformation. Dann laden sie Klappstühle, Decken, Grills und große Mengen Essen aus und verbringen dort den ganzen Tag mit der Großfamilie. Nur wir Touristen haben das jetzt erst verstanden und vorne am Parkplatz geparkt. Der Pebbles Beach macht seinem Namen alle Ehre und besteht vollständig aus glatten großen Kieseln und so gibt es wenig Möglichkeit zum „Buddeln“ für die Kinder. Aber dafür entpuppt sich dieser Strand als wahrer Schatzsucherstrand und neben wunderschönen Schneckenmuscheln in den tollsten Farben und Mustern finden sich auch tolle Kalksteinstücke, löchrig wie ein Schweizer Käse, Korallenstücke und andere Kuriositäten zwischen den dicken Kieseln. So sitzen wir eigentlich fast die ganze Zeit mit Blick aufs Meer und kramen in den Kieseln um uns herum nach „Schätzen“, die Marlene dann tütenweise zurück zum Auto schleppt. Ein etwas bizarres aber durchaus faszinierendes Fundstück sind die hier herumliegenden toten Fische, von der Hitze ausgetrocknet bis aufs Skelett, rund und stachelig. Ich habe keine Ahnung wie die ‚in echt‘ mal aussahen oder um was für eine Art Fisch es sich handelt, aber wir werden diese „Stachelfische“ noch an einigen anderen Strandabschnitten zu etlichen tot angeschwemmt finden.

Zu Abend essen wir in dem kleinen ursprünglichen Ort Tiwi, der erstaunlicherweise von dem Touristenrummel um den Nahen Wadi Shab gänzlich unbeeindruckt geblieben ist. Es gibt zwei Supermärkte, drei Restaurants, zwei Moscheen einen „Gentleman’s Hairdresser“ und einige kleine Läden sowie eine große frei herumlaufende Ziegenherde. An der Hauptkreuzung im Ort, wo sich auch die drei Restaurants befinden, trifft sich am frühen Abend offenbar die gesamte männliche Einwohnerschaft des Ortes. Einige Männer sitzen auf dem Boden und unterhalten sich oder spielen Karten, von einem Jeep herunter verkauft ein junger Mann kistenweise Tomaten, ab und zu bleibt ein vorbeifahrendes Auto stehen und es kommen Personen dazu, wobei wiederum andere dafür in das Auto steigen. Das Highlight der Kinder sind außerdem zwei Esel, die auch die Straßen auf und ab wandern und mal hier, mal da etwas Essen. Kurzum, es ist was geboten während wir in einem kleinen indisch angehauchten Restaurant Unmengen an Tellern mit Chicken Tikka Masala, Curry, Linsen-Daal, Reis, gebratenen Nudeln, Fladenbrot, Omelett und Gemüse verspeisen. Frischgepressten Saft gibt es auch wieder dazu und am Ende bezahlen wir für uns vier zusammen gerade mal 7 Rial, also umgerechnet etwa 15 Euro.

So gestärkt sind wir morgens tatsächlich die ersten die um 07.30 Uhr eines der kleinen Boote besteigen, das uns durch ein Wasserbecken am Eingang der Schlucht in den Wadi hinein zum Startpunkt der Wanderung bringt. Es ist wunderbar ruhig hier, zwei Esel grasen im Morgenlicht und wir wandern los in den beeindruckenden Canyon hinein, dessen rötliche Felsenwände sich steil zu beiden Seiten auftürmen und uns wunderbaren Schatten spenden. Der Wadi Shab ist hier noch trocken aber anhand der untypisch grünen Vegetation kann man schon sehen, dass hier irgendwo Wasser sein muss und nach Regenfällen wahrscheinlich alles unter Wasser steht. Der Wadi ist zu Anfang noch kultiviert und einige terrassierte, durch gemauerte Wasserrinnen verbundene, Palmenhaine wechseln sich mit einfachen Unterständen für die dortigen Arbeiter ab. Dann wird es immer wilder und man läuft anfangs noch auf angelegten Wegen durch die Schlucht, später dann gleicht der Weg einem Felslabyrinth, das man durchklettern muss. Die Kinder haben richtig Spaß sich einen Weg zu suchen und auch wenn man sie an einigen Stellen doch an die Hand nehmen muss, machen sie es Alles in Allem sehr gut. Vor Allem Mats, der ja eigentlich nicht so gerne wandert, merkt durch das Ganze Kletterabenteurer fast garnicht, dass wir bald zwei Stunden unterwegs sind. Immer wieder kreuzen wir kleinere seichte Wasserbecken, des inzwischen wasserführenden Wadi Shab und bekommen einen Vorgeschmack darauf, wie es sein wird, in dem wunderbar klaren, türkisen Wasser zu Baden. Und dann endlich sind wir da. Ein Schild weist uns darauf hin, dass man ab hier nicht mehr weitergehen darf, da es zu gefährlich ist. Ab hier muss man ins Wasser. Ein kleiner felsiger Einstieg führt in das erste Becken, das zum Schwimmen geeignet ist und wir tauchen ist das wunderbar weiche, noch angenehm kühle Wasser ein. Ein paar Fische schwimmen hier und ein kleiner gelber Frosch bleibt völlig unbeeindruckt von uns auf einem Fels sitzen, sodass wir ihn in Ruhe beobachten können. Die Kinder tragen ihre Schwimmwesten und wir lassen uns ein wenig treiben in diesem natürlichen Pool zwischen den sich mit der Zeit immer höher auftürmenden Felsen zu beiden Seiten des Wassers. Jetzt kommen langsam auch ein paar vereinzelte weitere Wanderer hier an und schwimmen los, den Wadi entlang und in Richtung des Highlights von Wadi Shab, einer Höhle mit einem Wasserfall, die man nur schwimmend erreichen kann. Der Wadi ist mehrere Meter tief und es wird überall darauf hingewiesen dass man ein guter Schwimmer sein muss, um zur Höhle zu gelangen. Wir sind daher nicht sicher, ob wir es mit unseren Nichtschwimmerkindern schaffen, falls beide müde werden und wir sie auf den Rücken nehmen müssen. Also schwimme ich erstmal alleine los und merke schnell, dass die Route es tatsächlich in sich hat, immer wieder muss man über kleine Wasserfälle klettern und über glitschige Felsen gehen, dazwischen gibt es längere Schwimmpassagen. Aber es ist wunderschön, sich durch den sich zwischen den Felsen schlängelnden engen Kanal aus türkisem Wasser zu bewegen. Langsam erreicht auch die immer höher wandernde Sonne den Grund der Schlucht und malt Lichtreflexionen auf die, mal weißen, mal roten Felswände. Und am Ende wartet ein tiefblauer Pool. Zwei mir entgegen kommende Schwimmerinnen zeigen mir den „Weg“ in die Höhle, der an der engsten Stelle gerade Mal so breit ist, dass mein Kopf oberhalb der Wasseroberfläche hindurchpasst. Schwimmen kann man hier wegen der eng aneinandergeschmiegten Felswände nicht, man tastet sich mehr oder weniger an einer unter Wasser liegenden Felskante entlang durch das Loch. Für mich mit meiner Platzangst eine echt Herausforderung. Aber nach etwa zwei bis drei Metern öffnet sich die Felsspalte zu einer wunderschönen großen Höhle in der tatsächlich ein etwa drei Meter hoher Wasserfall von der Wand fällt. Das Wasser hat hier auf Grund des Lichteinfalls durch einige Oberlichter in die Höhle eine geheimnisvolle hellgrüne Farbe und ich habe so etwas Schönes selten gesehen. Ganz alleine bin ich in der Höhle und ich weiß sofort, dass wir es nochmal mit den Kindern versuchen müssen. Diesen Ort müssen sie sehen. Auf dem Rückweg kommen mir dann aber schon große lärmende Gruppen von Schwimmern mit ihren Handys in wasserdichten Hüllen um den Hals, entgegen und ich ahne, dass unser einsamer Badeplatz bei meiner Rückkehr nicht mehr einsam sein wird. Und tatsächlich ist es so, hier ist es inzwischen sehr rummelig. Ich hole Dennis und die Kinder ab und gemeinsam machen wir uns nochmal auf den Weg. Es ist nicht so einfach und kostet natürlich auch etwas mehr Kraft, die Kinder mit zu ziehen, über glitschige Felsen zu heben und zwischendrin auf dem Rücken zu tragen, aber wir schaffen es alle Vier bis in die Höhle, vor der man inzwischen jedoch Schlange schwimmt, um sich durch den Eingang quetschen zu können. Marlene verliert zwischendurch noch einen ihrer Badeschuhe aber ein beherzter Klippenspringer taucht für uns auf locker vier Meter runter um den kleinen rosa Schuh zu retten. Er hat danach tatsächlich aber Probleme mit den Ohren, so tief musste er tauchen. Dennis hatte es vorher von der Wasseroberfläche aus mehrfach selbst versucht, kam aber nie tief genug, um den Schuh zu erreichen. Und das obwohl er durch das wahnsinnig klare Wasser die ganze Zeit gut erkennbar täuschend nah zu uns herauf lachte. Die Kinder machen mutig alle Kletteraktionen und Felsenrutschpartien mit und trauen sich auch durch die Felsspalte in die Höhle. Hier verschlägt es ihnen regelrecht den Atem vor Begeisterung und ich bin so froh, dass wir es einfach mit Ihnen versucht haben. Wir hätten sonst nie gewusst, dass wir es können.

Beide Kids bekommen richtig viel Applaus von den anderen Schwimmern und ich bin fast auch ein bisschen traurig, keine wasserfeste Hülle für mein Handy zu haben um diesen wunderschönen Ort für uns festzuhalten. Aber so müssen die Bilder eben in unseren Herzen bleiben. Auf dem Rückweg fängt Marlene dann im Wasser an zu frieren und baut etwas ab weswegen Dennis sie fast den gesamten Weg auf dem Rücken mitnimmt. Wir sind entsprechend fertig, als wir wieder am Einstiegspool ankommen und machen uns nach kurzem Picknick dann auch auf den Heimweg, der deutlich schneller geht als der Hinweg, da wir größtenteils absteigen. Es ist inzwischen 14 Uhr nachmittags und die Sonne brennt unbarmherzig in den Wadi herunter. Es kommen uns aber immernoch etliche Gruppen von Wanderern entgegen. Wir sind so froh, dass wir die ersten hier waren und den paradiesischen Wadi Shab für uns alleine erleben durften und vor Allem nicht in dieser Hitze zu den Badepools aufsteigen mussten. Die Kinder haben sich jetzt ein Eis verdient und wir düsen weiter zu unserer nächsten Station, der kleinen Hafenstadt Sur, nur etwa 40 Fahrminuten entfernt.


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