My Eurovision: Workaway in Europa - Step 21: Salthill


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August 19th 2017
Published: August 20th 2017
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Mit Daniela
Tag 332 – Connemara, Cong & Kylemore Abbey

Am Samstag hatte ich frei und wollte endlich mal eine Tagestour machen. So nahm ich um halb zehn vor dem Aquarium in Salthill den Shuttle Bus zur Galway Coach Station, wo alle Connemara-Touristen in einen anderen Bus steigen mussten. Und dann ging es los.
Ich hatte mich im Bus neben eine Frau gesetzt, und wir waren ins Gespräch gekommen. Sie hieß Daniela (39) und war auch aus Deutschland, mal wieder aus München natürlich, doch wir beschlossen dann, einfach trotzdem Englisch zu reden. Wir blieben dann fast den ganzen Tag zusammen und schauten uns alles gemeinsam an. 😊

Unser Busfahrer und Tourguide, Mike, war nett und witzig, und irgendwie hatte er sich mich ausgesucht, um Witze zu machen, aber das war nicht schlimm, denn ich machte mit. Es ging damit los, dass Daniela und ich uns an die Mitteltür gesetzt hatten. Als er hochstieg schaute er mich direkt an und machte eine Grimasse, und von da an nahm das Ganze seinen Lauf. Wir unterhielten uns (vielleicht etwas laut) und er schaute mich an, und später fragte er, ob ich aus Deutschland sei. Daniela war verwundert, woher er das wusste, und ich nahm an, weil ich die einzige im ganzen Bus war, die sich angeschnallt hatte. „Wegen deinem Grinsen“, sagte er scherzhaft, doch meinte dann, dass er meinen Akzent gehört habe.

Bis zu unserem ersten Stopp fuhren wir fast zwei Stunden, aber es kam einem überhaupt nicht so vor, da Mike non-Stopp Geschichten über die Region erzählte. Wir fuhren durch die beeindruckende Landschaft Connemaras – grüne Hügel wechselten zu Heide und Moor, wo sie Torf abbauten, und dann ging es in karge Gebirgsketten mit ein paar Wasserfällen über, die mich an die raue Natur Norwegens erinnerten.
Wir machen einmal einen kurzen Halt, um ein paar Fotos zu machen. Es regnete ab und zu ein bisschen, doch es war überwiegend trocken. Über den Bergen hingen wabernde Wolken – das waren also Ed Sheerans Misty Mountains!

Über die grünen Hügel zogen sich überall Steinmauern, mit dem die Schaf- und Kuhweiden abgetrennt waren. Außerdem sahen wir eine Famine Wall:
Während der Hungersnot um 1845, wo die Kartoffelernte ausgefallen war (Mike sagte, jeder aß zu dieser Zeit normalerweise zwischen drei und sieben Kilo Kartoffeln täglich, da man in der kargen Gegend nichts anderes anbauen konnte) hatten die Bauern
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Hier wird Torf abgebaut. Dieser wird 6-8 Wochen getrocknet und dann zum Heizen verbrannt. Das setzt kein CO2 oder andere schädliche Gase frei und ist damit sehr umweltfreundlich
ihre Lehensherren um Essen gebeten. Diese hatten sich dann auf den „Deal“ eingelassen, dass die Arbeiter endlose Steinmauern bauen mussten, und für jeden Arbeitstag bekamen sie ein kleines bisschen was zu essen bekamen. Wozu diese langen Mauern dienen sollten? Zu gar nichts! Die waren einfach da, und zeigten, dass die Männer Arbeit verrichtet hatten, und somit etwas Essen verdienten. Heute sind sie eine Art Denkmal für die Hungerleidenden dieser schweren Zeit.

Schließlich erreichten wir Kylemore Abbey. Hier hatten wir zwei Stunden Aufenthalt, und wer wollte, konnte ein Eintrittsticket kaufen – im Bus gab es Rabatt. Wir hatten vorher gewusst, dass der Besuch nicht mit inbegriffen war, aber eine Alternative hatte man hier auch nicht wirklich, außer man wollte ausgedehnt essen und ein bisschen entspannen.
Wir fuhren mit einem Shuttlebus zum Victorian Walled Garden. Hier gab es den geometrisch angelegten Blumengarten sowie einen Küchengarten, mit dem sich die Bewohner des Schlosses früher vollständig versorgten. Es gab auch ein Gewächshaus, The Head Gardener’s House sowie the Bothy, eine einfache Hütte. Man konnte auch einen kurzen Spaziergang durch ein kleines wildes Waldstück machen, dass damals für den einst vorhandenen Eichenwald angepflanzt wurde. Daniela aß eine Kleinigkeit im Tea House und ich setzte mich einfach mit meinem Sandwich dazu – konnte ja zur Not sagen, ich sei Veganerin – und dann nahmen wir den Shuttle Bus zurück. Vom Eingang und Visitor Centre aus gingen wir nun den Nature & Tree Trail am Ufer des Sees entlang – und konnten mal wieder gar nicht aufhören, zu fotografieren. Wir schauten uns die Gothic Church sowie Kylemore Abbey an.
Daniela war nicht übermäßig interessiert in alten Gebäuden und den Hintergründen und ging sich schon mal einen Kaffee holen, da wir bald wieder zurück zum Bus mussten, während ich noch kurz dablieb.
„Kaffe und Pissen - deutsche Touristen“ hörte ich später mal einen, offenbar ebenfalls Deutschen, sagen. Ja, da war schon was dran, wenn man sich unsere Reisegruppe so anschaute…

Ich fühlte mich auf dieser Tour wie eine von den typischen Touristen, die von einem Ort zum anderen gekarrt und dort ausgekippt werden, oberflächlich alles anschauen und drauflos fotografieren, ohne die leiseste Ahnung haben, was sie da eigentlich besichtigten. Aus Zeitmangel war es auch gar nicht anders möglich und so hatte ich beschlossen, heute auch einfach mal typisch Tourist zu sein. Das soll jetzt keine Kritik an der Tour sein, ganz im Gegenteil, ich hätte alle diese Orte ohne Auto nie selbst besuchen können und fand toll, dass Mike im Bus die ganze Zeit erzählte. Nicht wirklich verstehen konnte ich, dass andere Touristen im Bus sich währenddessen unterhielten oder die ganze Zeit Musik hörten. Aber naja, die Italiener und Franzosen verstanden vermutlich sowieso kaum etwas davon, was Mike erzählte. Das hatte sich zweimal offen gezeigt:

Einmal hatte er gesagt, „We will meet at two fifteen“, und ich hatte die Italiener zueinander sagen gehört „due e cinquanta“ anstatt von „due e quindieci“ – wie gut, dass Mike deshalb jedem beim Aussteigen nochmal die eingestellte Zeit auf der Uhr zeigte.
Außerdem hatte er gesagt, dass es sich bei der Toilette im Bus nur um eine Notfalltoilette handelte. Vor dem Benutzen musste man Bescheid sagen, damit er anhalten konnte, weil das sonst nicht sicher war. Bei dem Fotostopp waren ein paar Leute auf Toilette gegangen, und dann vergewisserte sich Mike, dass er nun losfahren konnte, ich meinte „yes“ und als wir anfuhren, stand eine der Italienerinnen auf und ging zur Toilette. Also rief ich „Wait, someone wants to
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Unser Tour-Bus
use the toilet“ und bereute es sofort, die Arme, das war ja total peinlich für sie, und für mich auch. Aber es war ja irgendwie trotzdem das Richtige. Die Frau war total verwirrt, ihre Freunde erklärten ihr, dass man während der Fahrt die Toilette nicht benutzen durfte, und ich meinte zu Mike, dass sie noch gehen wollte, woraufhin er wieder anhielt. Die Frau wusste jetzt nicht so recht, was sie machen sollte, und so sagte ich zu ihr „va bene“, also ging sie. Naja, so war das eben, wenn es Sprachbarrieren gab…

Wie auch immer, jedenfalls wollte ich die Hintergründe zu dem Ort verstehen, den ich besichtigte, sonst fühlte sich das für mich einfach nicht richtig an. So überflog ich noch ein paar Tafeln und las mir dann zuhause in Ruhe den Flyer durch. Außerdem fragte ich Mike beim Einsteigen noch etwas, was mir noch nicht ganz klar war – er hatte ja gesagt, dass man ruhig nachfragen sollte.
Nun, zur Geschichte:

Im Jahr 1850 hatten Margaret und Mitchell Henry hier ihre Honeymoon in einer Jagdhütte verbracht. Da es seiner Frau in Connemara so gut gefiel, baute ihr Mann ihr hier 1867 das Schloss Kylemore
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Killary Fjord
Abbey. Sie bekamen neun Kinder und lebten ein glückliches und sorgenfreies Leben im Schloss, bis Margaret 1874 auf einer Reise in Ägypten krank wurde und starb. Ihre Leiche wurde im Mausoleum auf ihrem Land begraben, und ihr Mann erbaute die Gothic Church als Gedenken an sie, weshalb die Kirche auch einen femininen Touch besitzt. In der Kirche wurde verschiedenfarbiger Marmor aus allen der vier Regionen Irlands verwendet.
Henry verbesserte während seiner Zeit hier viel für die ansässige Bevölkerung – er schaffte 300 verhältnismäßig gutbezahlte Arbeitsplätze, eröffnete eine Schule sowie eine Post und ließ Fenster in die Behausungen bauen; aufgrund der einstigen Fenstersteuer hatte sich das keiner der Arbeiter leisten können. Nach Margarets Tod sagten die Angestellten, es fühlte sich an, als hätten sie ihre Mutter verloren.
Im Jahr 1903 besichtigte King Edward VII Kylemore Abbey, und es wurde gemunkelt, dass er es als königliche Residenz ins Auge gefasst habe. Er soll dann jedoch gesagt haben, dass dieses Schloss für einen König zu teuer sei!
Stattdessen wurde das Schloss von den befreundeten Manchesters gekauft. Später hielt die Benedictine Community Einzug, und schließlich wurde hier ein Internat für Mädchen eröffnet. Wenn ich das richtig verstanden habe, leben heute noch immer Nonnen im oberen Teil der Abbey, während der untere Teil Besuchern zur Besichtigung offen steht.

Nach unserem Besuch von Kylemore Abbey fuhren wir mit zwei kurzen Foto-Stopps am Fjord bei Leenane beziehungsweise Killary Harbour sowie bei einem großen See, Lough Nafooey, weiter nach Cong. Das kleine Dorf war angeblich berühmt, weil hier der Film „The quit man“ gedreht wurde, den jedoch niemand, den man fragte, zu kennen schien. Hier hatten wir eine gute halbe Stunde, um eine Runde durchs Dorf zu drehen und The Quit Man Cottage und die Mary’s Church Ruine zu sehen. Außerdem sahen wir auf unserer Weiterfahrt Ashford Castle, das wohl ein Hotel war, in dem schon Stars wie Brad Pitt übernachtet hatten, und wo man 1500 € pro Nacht bezahlte.
Unser letzter Halt war Ross Errily Abbey. Die Ruine stammte aus dem 14. Jahrhundert und war einst eine der größten Niederlassungen der Franziskaner in Irland, heute war es die besterhaltene. Mike meinte, die Ruine sehe ja nicht so groß aus, aber wir sollten erst mal abwarten, bis wir drin waren. Und tatsächlich, es
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Misty Mountains
war wie in einem Labyrinth, mit all den Winkeln und kleinen Räumen, da konnte man sich glatt verlaufen.

Gegen sechs waren wir planmäßig zurück in Galway. Einen Shuttlebus zurück nach Salthill gab es irgendwie nicht, und so liefen Daniela und ich zusammen. Wir tauschten dann noch Handynummern aus, um uns gegenseitig die Fotos schicken zu können.

Als ich nach Hause kam war die Küche noch mit Plane abgedeckt; Colm hatte den ganzen Tag daran gearbeitet, die Ersatz-Gipsplatte in die Decke einzupassen. So aßen wir statt Abendessen Crumble, und befreiten dann die Küche aus ihrem Schneewittchen-Schlaf. Einräumen konnten wir sie dann am nächsten Tag.
Ich wollte nach dem langen Tag eigentlich nur noch auf meinem Bett sitzen und die Fotos auf dem Laptop anschauen, doch Lea lieh sich meinen Laptop aus, um sich von ihrer Mutter per Telefon-Anweisung Hörbücher in OneDrive hochladenzulassen und sie auf ihr Handy zu ziehen. Das dauerte dann eine ganze Weile. Colm meinte schließlich, er würde mit Bella in den Wald fahren, und fragte, ob ich mitwolle. Ich war ganz überrascht von meiner eigenen Antwort: „yes“. Meinen Laptop konnte ich ja eh nicht benutzen und ließ mir eigentlich nie eine Gelegenheit entgehen, etwas Neues
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Denkmal "The Quit Man"
zu sehen.

So liefen wir dort angekommen erst über den Sportplatz, warfen mit einem Gerät Bälle für Bella und sie spielte mit bestimmt acht anderen Hunden. Danach machten wir mit ihr einen langen Waldspaziergang. Die Ruhe im Wald war richtig angenehm nach dem Tag voller Eindrücke. 😊


Additional photos below
Photos: 64, Displayed: 30


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Hier wird Torf gestochen
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Victorian Walled Garden
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The Head-Gardeners' House
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Kirchen Garden


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