Im Reich des Tigers


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September 24th 2010
Published: September 27th 2010
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Um aus dem Moloch Kolkata herauszukommen buchte ich einen Trip in das Sunderban Tigereservat. Die Sunderbans ("schöner Wald") sind ein riesiger Mangrovenwald, der sich im Gangesdelta auf hunderten von Inseln über das Grenzgebiet von Indien und Bangladesh erstreckt. Das Gebiet zeichnet sich durch eine besonders hohe Tigerpopulation aus. Hier leben noch knapp 300 Exemplare des stark bedrohten Bengalischen Tigers. Es kommt hier des öfteren auch zu Angriffen auf Menschen. Wir haben unter anderem einen Mann getroffen, der einen Tiger getötet hat, der ihn angriff. Er hatte mehrere Narben auf den Armen. Wegen des Töten einer bedrohten Art wurde er übrigens angeklagt. Zwar argumentierte er, dass der Tiger ihn töten wollte, aber daraufhin wurde ihm erwidert: "Woher wollen Sie das wissen? Sie sind doch noch am Leben!".

Die Dörfer liegen dicht am Wasser und die Menschen müssen zum Fischen oder Honigsammeln in den Mangrovenwald hinein. Diese Arbeit machen ausschließlich Männer. Bevor sie in den Wald gehen, beten sie zur Göttin Durga, die auf einem Tiger reitet. Außerdem tragen sie Masken auf dem Hinterkopf, die den Tiger verwirren sollen. Dennoch sehen sich die Frauen bei der Verabschiedung als Witwen, so lange bis die Männer wieder heil zurückkehren. Eines der Dörfer, aus dem besonders viele Männer umgekommen sind, wird von der Bevölkerung als Witwendorf bezeichnet. Dennoch gehen die Menschen weiterhin in den Wald. Ansonsten müssten sie verhungern.

Für Touristen stellen die Tiger keine Gefahr dar. Sie dürfen den Wald nicht betreten. Statt dessen fahren sie mit dem Boot zwischen den zahllosen Inseln und halten von dort, sowie von sicher eingezäunten Aussichtstürmen nach den Tieren Ausschau. Wir fuhren in einer kleinen Gruppe von sechs Leuten plus Guide morgens von Kolkata aus los bis wir zum ersten Fluss am Rande des Deltas kamen, von wo aus wir mit dem Boot zur ersten Insel übersetzten. Am anderen Ufer stiegen wir in das hier übliche Nahverkehrsmittel um: 2 Fahrräder, deren hinterer Teil zu einer Art übergroßem Gepäckträger - eigentlich lediglich ein großes quatratisches Brett - umgebaut wurde, auf dem jeweils drei Leute plus Fahrer Platz nahmen (diese Zahlen gelten für Touristen, Einheimische passen wesentlich mehr drauf). Über einen Feldweg der von Lehmhäusern, Reisfeldern und Wasser gesäumt wurde, ging es dann in das Dorf, in dem unser Gästehaus sich befand. Die frische Luft und die angenehme Ruhe waren ein gewaltiger Kontrast zu Kolkata.

Nachdem wir uns eingerichtet hatten, gab es ein typisch bengalisches Mittagessen mit Dhal, Chutney, gekochten Auberginen, Chapati und Reis, sowie einem Fischcurry. (Auch, wenn viele Inder Vegetarier sind, gehört Fisch zu den Standardzutaten der bengalischen Küche.) Anschließend ging es auf einen Spaziergang und eine kleine Tour mit einem handbetriebenen Boot, auf der wir die einheimische Vogelwelt bestaunen durften. Es gibt hier unter anderem sehr viele Eisvogelarten. Die Dorfbewohner waren alle sehr neugierig und wunderten sich, weshalb wie hier waren, weil es doch in dieser Gegend nichts interessantes für Touristen gäbe. Die Vögel sehen sie schließlich jeden Tag! Wir hingegen waren etwas außergewöhnliches und wurden begafft wie die Tiere im Zoo. Im Gegensatz zur Sudderstreet waren hier die Fragen nach dem Heimatland absolut ernst gemeint. Abends gab es dann eine interessante Vorführung traditioneller bengalischer Volksmusik. Nach dem Abendessen ging es dann früh ins Bett. Schließlich gab es ja keine Elektrizität und wir mussten morgens früh raus.

Der nächste Tag war dann ein wenig ein Geduldspiel. Wie erwähnt ist es Touristen aus Sicherheitsgründen verboten, den Wald zu betreten und so fuhren wir nach einer kurzen Registrierung im Hauptquartier sehr früh morgens mit einem größeren Motorboot in den Wald hinein, um Tiere zu beobachten. Neben zahllosen Vögeln, bekamen wir mehrere Axis-Hirsche (neben Wildschweinen die Hauptbeute der Tiger), eine Horde Rhesus-Affen und vier Salzwasser-Krokodile (die größten Reptilien der Welt) zu Gesicht, darunter ein besonders großes Exemplar, dem wir sehr nahe gekommen sind, außerdem noch eine nicht näher bestimmbare Schlange, Schlammspringer und diverse Winker- und andere Krabben. Tiger bekamen wir leider keine zu Gesicht, auch nicht von dem Aussichtsturm aus, den wir zum Schluss besuchten. Gelohnt hat sich der Ausflug aber dennoch.


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EisvogelEisvogel
Eisvogel

Eine von zahlreichen Arten


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