Blog 6: Lost in Translation - oder auch Montagsmaler für Fortgeschrittene


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September 28th 2012
Published: September 28th 2012
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Nachdem die meisten organisatorischen Dinge im Laufe der letzten Woche erledigt waren, ging ich letzten Samstag mit Fan Pu auf Sightseeing Tour zur Sommerresidenz des Kaisers. Hier hat sich zum ersten Mal das typische China Bild bestätigt. Kitsch vereint mit Tradition. Nun, was soll ich sagen – schön wars! Aufgrund der anstrengenden Tour und den auch schon mal erwähnten weiten Distanzen, die man hier zurücklegen muss, hatten wir uns beide am Sonntag einen freien Tag redlich verdient. Ich dachte mir, dass es auch mal für mich an der Zeit wäre die erste Woche zu verarbeiten, ohne ständig jemanden an meiner Seite zu wissen – pff, denkste wohl - Pustekuchen!! Ich hätte natürlich vorher darüber nachdenken sollen, welche Aufgaben denn so am nächsten Tag auf mich warten. Gut, zu dem Zeitpunkt wusste ich bis auf das Essen auch noch nicht ganz, welche Herausforderungen dies sein würden – aber so viel sei schon mal gesagt: mir ist nicht langweilig geworden. Naja, auf jeden Fall ging ich den nächsten Tag ganz nach dem Barney-Stinson-Motto an: Challenge accepted!

Gleich am Morgen verabschiedete sich meine Glühbirne im Bad von mir, was mich zu meiner ersten Tagesaufgabe brachte. Eine Arbeitskollegin gab mir glücklicherweise ein paar Tage vorher noch den Tipp, dass der nächste größere Supermarkt an der UBahn Station, Beijing Zoo, ist. Diese war aber entweder 30min Fußweg oder 4 Busstationen entfernt. Nun, was macht man, wenn es keinen Buslinienplan gibt und die Informationen an der Bushaltstelle für einen Vollblut-Europäer eine Ansammlung von Hieroglyphen darstellt? Richtig. Einsteigen.

Zugegeben, es war nicht die beste Idee, die ich an dem Tag hatte. Aber zumindest kenn ich jetzt die Gegend ein bisschen besser. Trotz des kleinen Umwegs stand ich dann mit geschwellter Brust und der kaputten Glühbirne bewaffnet eine Stunde später vor dem Supermarkt. Dort habe ich dann dankend darauf verzichtet einige Verkäufer um Hilfe zu bitten (warum erkläre ich euch ein anderes Mal). Auf jeden Fall habe ich nach langem Bildervergleich meine Einkaufsliste erfolgreich erledigt. (Um auch mal ein bisschen Werbung für mich selbst zu machen, Mädels aufgepasst: Ich habe nicht nur eine Glühbirne gekauft sondern auch Putzmittel für meine Wohnung, um sie ein bisschen auf Vordermann zu bringen).

Auf dem Heimweg schrieb ich mir schließlich alle an der Bushaltestelleninfo zur Verfügung stehenden Nummern ab und verglich diese nach einem 30 minütigen Fußmarsch mit den Busnummern an der Haltstelle vor meiner Wohnung – jetzt weiß ich auch, mit welchen von den 14 zur Verfügung stehenden Linien ich zur nächsten Ubahn Haltestelle komme.

So nach dieser unglaublichen Erfolgsstory hatte ich mir ein Mittagessen verdient und ging in das nächstbeste Restaurant. Dort wartete auch schon eine freudestrahlende Bedienung auf mich, die aber leider kein Wort Englisch sprach. Ich ging mit einem „Ni hao“ hinter ihr her und wurde an einen Tisch geführt. Als es dann zum Moment der Bestellung kam, dachte ich: So Bub, jetzt ists an der Zeit deine bisher erlernte und unglaubliche chinesisch Kompetenz auszupacken! – Schlussendlich lief es dann so, dass ich mit dem Finger auf abgedruckte Bilder zeigte und auf diese Weise bestellte. Jedoch war wohl selbst dann noch nicht alles geklärt. Ich sags euch Freunde, was dann abging – Montagsmaler ist ein Scheiß dagegen. Sie brachte mir eine Liter Flasche Cola und eine Dose Cola, damit ich ihr sagen konnte, welche ich wollte. Anschließend nahm sie mich mit zum Nachbartisch und bat mich, auf die Beilagen zu zeigen, die ich gerne hätte – und bis ich ihr erst mal beigebracht habe, dass ich keinen Löffel sondern Stäbchen zum Essen möchte – einfach herrlich. Ich wäre gerne daneben gesessen und hätte mir das Schauspiel angesehen.

Zumindest hat das Essen dann sehr gut geschmeckt. Eins hatte ich aber bei der Bestellung wohl übersehen. Und zwar war das Schweinefleisch von Knoblauch so übersät, dass sogar mein Dad bei dem Anblick rückwärts umgefallen wäre (und wer seine Salatsoße kennt, der weiß wovon ich spreche, wenn er es mal wieder „gut“ meint). Ich persönlich hätte es nicht als Schweinefleisch mit Knoblauch definiert, sondern als Knoblauch mit ein bisschen Schwein garniert. Es bleibt spannend, wie lange ich mich noch selbst riechen kann.

Naja, das „Highlight“ ereignete sich dann jedoch erst gegen Ende des Tages. Als ich ins Bad bin, um meine Errungenschaft anzubringen merkte ich, wie es von der Decke runtertropfte. „Gut“, dachte ich mir, „jetzt hast zwei Möglichkeiten. Entweder du gehst jetzt ins Bett und schwimmst morgen raus, oder du gehst runter an den Empfang und spielst noch ne Runde Montagsmaler“. Da ich ja schon in Übung war, entschied ich mich natürlich für den Montagsmaler. Und das witzige kommt jetzt: Die noch anwesende Security am Empfang hat dann wirklich erst noch von mir verlangt, dass ich ihm mein Anliegen auf ein Blatt male, weil er glaube ich seinen Platz nicht verlassen wollte – Sagenhaft!! Im ersten Moment dachte ich, wir sind bei Verstehen Sie Spaß. Aber als dann keine Kamera zum Vorschein kam, wusste ich, dass es doch Realität war. Naja, wer meine Zeichenkünste kennt kann sich ziemlich sicher sein, dass es nicht an denen lag, dass er mir in meine Wohnung folgte. Minuten später kam dann auch schon der Hausmeister, der mir auch mit Hand und Fuß versuchte zu erklären, dass er mir nun das Wasser abstelle. Zugegeben, ich habs sofort geschnallt was er von mir wollte – aber das sah so witzig aus, dass ich einen auf ahnungslos machte.

Nun denn, es scheint mittlerweile alles wieder repariert zu sein. Trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass dies nicht die einzigen Runden Montagsmaler für die nächsten paar Wochen gewesen sein dürften – aber Übung macht ja immerhin den Meister – und Übung bekomme ich spätestens in der nächsten Woche genug. Am 1.Oktober ist hier Nationalfeiertag, verbunden mit einer Woche Volksurlaub (so scheint es zumindest) – ich erhielt auf jeden Fall den Rat, mich am besten in dieser Woche nicht aus dem Haus zu bewegen, da sich von den 1,3 Milliarden Chinesen ca. 1,2 Milliarden auf den Weg machen, um ihr eigenes Land zu erkunden – ich bleibe gespannt, wie ich das auch ohne Babysitter erleben werde – es wird sich sicherlich wieder die ein oder andere witzige Story ergeben. Eins ist jedoch sicher: Sobald ich wieder in Deutschland bin, muss man mir Geld geben, um beim Montagsmaler spielen mein Partner sein zu dürfen.

An dieser Stelle natürlich noch schöne Geburtstagsgrüße nach Deutschland an mein Schwesterlein! Ich hoffe Chris macht dir heute ein schönes Geburtstagsgeschenk, indem du ihn im Golfen schlagen darfst. Selbstverständlich auch an dich Ritzi, alles Gute nachträglich!

Und an alle Wasengänger: ne schöne Lederhosn und Dirndl Zeit! Vergesst das Anstoßen nicht, wenn ich nicht dabei bin! Lassts krachen!

Herzliche Freude

Euer Philipp

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