2000 Kilometer durch den Norden Patagoniens


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South America » Argentina » Neuquén
March 10th 2006
Published: March 11th 2006
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Und wieder einmal heisst es Hola a Alemania!
Wenn man es genau nimmt heisst es ja sogar wieder einmal Hallo ins verschneite Deutschland... - also so langsam muesst ihr doch wirklich frieren und euch den Fruehling herbeiwuenschen - oder wollt ihr uns immer noch neidisch auf all den Schnee machen? Also wenn es das ist - das habt ihr schon lange lange erreicht - ihr koennt also aufhoeren damit.
Puh, ist nicht so einfach zu schreiben, da wir vor 15 Minuten einen Bus der Linie VIA TAC geentert haben und uns nun auf dem Weg nach San Rafael befinden, wo wir heute Nacht um 4.30 Uhr ankommen werden. Und das schaukelt ganz schoen! Das ist schon ein ziemlich bedeutender Tag fuer uns, denn wenn wir so gegen Mitternacht die Provinz Neuquen verlassen werden, heisst das gleichzeitig, dass wir auch - nach immerhin 41/2 Monaten - unser liebgewonnenes Patagonien verlassen werden.....Laenger als die meisten anderen Reisenden die wir hier getroffen haben sind wir in den unendlichen Weiten und nur rar besiedelten Provinzen Santa Cruz, Chubut, Rio Negro und Neuquen (alle 4 zusammen= Patagonien), sowie im chilenischen Teil Patagoniens unterwegs gewesen und doch haetten wir noch Monate laenger bleiben koennen - so viel gibt es hier unten zu sehen.
Um uns gebuehrend von Patagonien verabschieden zu koennen, haben wir uns daher fuer 1 Woche einen Mietwagen, einen Wolgsvagen GOL (Originalschreibweise), geleistet und sind mit diesem genau vor einer Woche in Richtung Norden gestartet. Zuvor hatten wir nachdem es hier tagelang trueb und grau war - richtiges Novemberwetter - den einzig sonnigen Tag genutzt um unseren ersten, wenn auch erloschenen Vulkan zu besteigen: den Cerro Colorado (1778 m). Eine schoene Einstimmung in unsere Abschiedstour.
Aber zurueck zu Donnerstag letzte Woche: Da wir erst sehr spaet aus San Martin de los Andes losgekommen sind war es ganz gut, dass wir nur eine kurze Strecke zu bewaeltigen hatten. Unsere Fahrt fuehrte uns ueber Junin de los Andes hinein in den Nationalpark Lanin, wo wir uns auf einer Schotterpiste am Suedufer des Lago Huechulafquen bis zu deren Ende durchgeschlagen haben - von da an wusste unser Wolgsvagen an was fuer Typen er geraten war und was ihn die naechsten Tage erwarten wuerde ;-)
Die Strecke war wunderschoen und wir hatten nahezu die ganze Zeit den erloschenen Vulkan Lanin (3776 m), der gerne und nicht ganz zu Unrecht als der schoenste Berg Argentiniens bezeichnet wird, im Blick. Ein verruecktes Bild: strahlendblauer Himmel - nur um die Spitze des Lanins Wolkenberge - fast schon etwas unheimlich dieser Anblick. Da wir uns dann einen schoenen Platz zum Campen ausgesucht haben und den Lanin lange beobachten konnten, haben wir ihn dann aber auch mal ohne Wolken und vor allem in der Abenddaemmerung bewundern koennen. Wow! Der Lanin ist auf jeden Fall ein absolutes MUSS!
Daher konnten wir uns auch nur schwer am naechsten Morgen von ihm trennen. Als wir das endlich geschafft hatten, ging es weiter Richtung Norden ueber weite Strecken am kristallklaren Rio Alumine entlang und immer mehr der, auf den ersten Blick sehr eigenartig aussehenden, Araukarien haben die Landschaft bestimmt. Wer den Stamm einer Araukarie (auf Mapuche "Pehue") gemeinsam umarmt, bleibt ein ganzes Leben zusammen wurde uns gesagt. Das ist gar nicht so einfach (das Umarmen natuerlich), da die Staemme meist ziemlich dick sind und noch dazu stachelig. Aber wir haben uns trotzdem daran gewagt :-)
Nach einem Picknick am Fluss ging unsere Schotterstrasse in Asphalt ueber und kurz danach hatten wir Alumine erreicht. Davor haben wir noch die Touristeninformation etwa 15 km ausserhalb der Stadt direkt an der Asphaltstrasse (warum auch immer sie da sein mag) aufgesucht und von dem Typ, der froh war inmitten dieser Einoede Menschen zu Gesicht zu bekommen, jede Menge Karten bekommen. Von Alumine aus haben wir noch einmal 48 km Schotter hinter uns gebracht bevor wir am Abend in Villa Pehuenia, am Lago Alumine, ankamen. Essen, schlafen, traeumen....

Nach Schlaf & Traeumen haben wir uns auf den Weg zum Vulkan Batea Mahuida (1760 m) gemacht: Ein tolles Panorama hat uns dort am Mirador de las Antenas erwartet - "Die Antennen" - ist das nicht ein schoener Name fuer einen Aussichtspunkt ? - und so treffend: 20 m entfernt standen sie naemlich: die Mobilfunkantennen.....

Aber das Panorama war schon beeindruckend und auch der Krater des Vulkans, in dem sich eine Lagune gebildet hat, war so schoen, dass wir dort ein Paeuschen eingelegt haben.
Auf dem Rueckweg konnte man dann sogar sowohl seine Hoheit Lanin, seine Majestaet Villlarica sowie den Llaima (alle drei Vulkane) bewundern. Schwer zu sagen wer da der Schoenste war - wahrscheinlich eher eine der Streitfragen zwischen Argentiniern und Chilenen :-)

Wieder unten angekommen fuehrte uns zuerst eine Schotterstrasse durch eine schoene Landschaft (viiiiele Araukarien), spaeter dann eine Asphaltstrasse durch eine triste Einoede immer weiter in den Norden - vorbei an der Wuestenstadt Las Lajas bis hin nach Chos Malal, der groessten Ansammlung von Menschen im Nordzipfel Patagoniens. Hier haben wir uns noch einmal mit Vorraeten eingedeckt und uns die Ruta 43 bis kurz vor dem Doerfchen Andacollo Kurve um Kurve hochgeschlaengelt - von dort aus noch weitere 20 Minuten und schwuppdiwupp, einige Kurven spaeter tauchte sie tatsaechlich vor uns auf, unsere Basis fuer die naechsten 2 Tage: die traumhaft gelegene “Oase” Huingan-Co, der sogenannte “Garten der Provinz".

Nachdem uns schon im uebrigen Neuquen die Touristeninformationen so gut gefallen haben, haben wir natuerlich auch dieser hier als allererstes einen Besuch abgestattet - auch weil uns in Chos Malal gesagt wurde, dass die Strasse die uns am naechsten Tag bis zum Vulkan Domuyo fuehren sollte, nur fuer Gelaendewagen passierbar sei. Da wollten wir uns dann doch noch eine zweite Meinung einholen. Das Touristenbuero in Huingan-Co verdient auf jeden Fall alle Travellersterne dieser Welt: Stolz kehrten wir mit einer selbstbeklebten Tuete voller kleiner Schaetze zurueck: darunter ein von Hand gezeichneter, bunt angemalter Stadtplan und ein Schluesselanhaenger - ist das nicht nett? Und nicht zuletzt auch mit der Info, dass die Strasse zum Domuyo auch fuer unseren kleinen GOL zu schaffen sei :-)

Wir haben dann einen tollen Camping familiaris (was so viel bedeutet wie dass der Camping im Garten einer Familie war) gefunden und da wir die einzigen Gaeste waren hatten wir den schoenen Garten sowie Dusche & Co ganz fuer uns alleine.
Am naechsten Tag ging es dann schon frueh am Morgen (naja, fuer uns ist 9.30 Uhr mittlerweile schon sehr frueh) los - Zelt & Ausruestung blieben in Huingan-Co zurueck - nach Andacollo und von dort auf der 43 weiter, mit Zwischenstop am Mirador La Puntilla mit super Blick auf die Cordillera del Viento und nettem Schwaetzchen mit dem dortigen "Miradorwaechter", nach Las Ovejas(=die Schafe) und weiter ueber - wie heisst eigentlich die Verkleinerung von Doerfchen ? - Varvaco bis nach Aguas Calientes. Kurz hinter dieser handvoll Haeuser haben wir dann einen Wegweiser entdeckt, welcher uns tatsaechlich in ca. 20 Minuten zu einem Geysirfeld gefuehrt hat. In der Zwischenzeit haben wir noch zwei Motorradfahrer mit Stuttgarter Nummernschild getroffen - tztztz, man ist halt doch nicht immer alleine, und beim netten Smalltalk stellte sich heraus, dass die Beiden aus Vaihingen kommen - waehrend unseres Schwaetzchens ist dann dummerweise das eine Motorrad vom patagonischen Wind umgeworfen worden und der Bremshebel brach ab......uiuiuiuiui, das war kurz eine Aufregung. Wir sind dann schon mal vorgeflitzt (natuerlich erst nachdem wir getan haben was wir tun konnten - das war allerdings nicht gerade viel), so dass wir die Geysire doch noch fuer uns alleine hatten und die Beiden kamen nach erfolgreicher Schrauberei irgendwann nach.
Die Geysire waren trotz ihrer geringen Groesse (jetzt im Herbst putzig klein) beeindruckend, vielleicht auch weil wir noch nie welche gesehen hatten und weil sie einfach so, ohne stoerende Zaeune oder irgendwelche erklaerende Tafeln oder Warnschildern mitten in der Landschaft munter vor sich hin spritzten.
Waehrend der ganzen Fahrt hierher hatte man immer wieder den Domuyo (4709 m) im Blick - ein schoenes Bild wie er da so ueber Allem thronte.
Auf der Fahrt zurueck haben wir dann in Aguas Calientes gehalten und in den dortigen natuerlichen Pools im Thermalwasser gebadet - das Wasser war ziemlich heiss und da die Sonne den ganzen Tag vom Himmel herunterbrannte, waren wir ueber den Wind der uns bei der Weiterfahrt begleitet hat recht dankbar - weniger ueber den Staub der sich mit diesem auf Mensch und Auto gelegt hat.
Das letzte Ziel an diesem Tag war dann wieder ein absoluter Hoehepunkt: Die Sandsteinformationen "Los Bolillos". Tztztz, einfach unglaublich: Mitten im Nirgendwo stehen sie da: unterschiedlichste Figuren aus Sandstein, vom Wind im Laufe der Zeit zu wahren Kunstwerken geschliffen.
Sie haben mich ein bischen an Monument Valley erinnert, nur kleiner und einfach ohne all das was an Monument Valley stoert: Es gibt bei “Los Bolillos” keinerlei Infrastruktur, geschweige denn eine richtige Strasse und die ganze Zeit waren wir auch hier komplett alleine und konnten so in Ruhe die sogenannte "Moenchsprozession", aber auch verschiedene Gesichter und liegende Riesen betrachten - nur wir, die Steine und der Wind - unvergessliche Momente!
Nach einer weiteren Nacht in Huingan-Co haben wir uns dann leider auch schon wieder in Richtung Sueden aufgemacht - leider, weil wir es nicht geschafft haben die Lagunas de Epulauquen (noerdlichste Wachstumsgrenze der Suedbuchen) zu besuchen, sowie die Mapuchekolonie Los Miches und weil dieses Fleckchen Erde ganz einfach etwas ganz und gar Wunderbares und Einzigartiges ist....
Der fuenfte Tag fuehrte uns also zuerst zurueck nach Chos Malal und von dort zum Vulkan Tromen (4114 m) mit seiner von vielen, vielen Flamingos bewohnten Lagune. Das Faszinierende am Tromen ist, neben den Schwaermen der huebschen Flamingos (ich glaube wir werden uns in Stuttgart einen Flamingo zulegen, genauso wie einen Pinguin und ein Guanco), dass man an ihm durch die verschiedenfarbig erkaltete Lava genau die unterschiedlichen Ausbrueche erkennen kann.
Leider blieb uns dort nicht viel Zeit und weiter ging die Reise in den Sueden bis Zapala und von dort zum Parque Nacional Laguna Blanca, einem grossen Brutgebiet von Suesswasservoegeln. Eigentlich sind wir vor allem wegen dem beruehmt-beruechtigten Schwarzhalsschwan dorthin gefahren, aber der hat sich laut der Guardaparques vom Wind an die noerdlichen Ufer der Lagune gefluechtet - und die waren nicht zugaenglich. Wenigstens ein einziges Exemplar war so nett mit seinem Aufbruch zu warten bis wir ihn am naechsten Morgen entdeckt und ausreichend bewundert hatten - dann war auch er verschwunden. Aber auch die Lagune selbst und ein schoen gelegener freier Camping an eben dieser, den wir einmal mehr fuer uns alleine hatten, haben sich gelohnt.
Nach unserer Schwarzhalsschwanaudienz (wow, was fuer ein Wort!) ging es viele, viele Kilometer weiter in den Sueden und kaum hatten wir San Martin de los Andes wieder erreicht, hat es natuerlich angefangen zu regnen. Wir haben uns dann auf den Camping der Mapuchekolonie Quila Quina gefluechtet und dem Regen der gar nicht mehr aufhoeren wollte gelauscht. Ein bischen bloed dabei ist, dass Mapuches wohl etwas wasserscheu sind und so kamen wir leider nicht in den Genuss die schoene Artesania (tolle Webarbeiten) zu begutachten - allerdings mussten wir auch keinen "Eintritt" bezahlen, da kein Mapuche weit und breit zu sehen war um abzukassieren (also warum das ueberhaupt Eintritt kostet weiss ich ja auch nicht so wirklich). Das ist fuer uns mittlerweile aber schon fast normal, denn immer wenn Mapuches Land gehoert und es heisst, dass sie einen gewissen Betrag verlangen um dieses betreten zu duerfen, steht da nur ein verlassenes Haeuschchen inmitten der Pampa... - weit und breit niemand zu sehen. Das eine Mal sind wir sogar ein bischen rumgefahren um Jemanden zu finden der unser Geld haben wollte, aber weit und breit war da niemand...ich glaube irgendwie arbeiten sie nicht besonders gerne.
Zurueck zum Text: Am naechsten Morgen hat es noch immer geregnet und wir haben uns auf den Weg zur "Strasse der 7 Seen" die von San Martin nach Villa La Angosturra fuehrt gemacht. Trotz des typischen Patagonienwetters "10 Minuten Regen-10 Minuten Sonne-10 Minuten Wind und dann eine Stunde Wolken" hatten wir einige sehr schoene Ausblicke auf die verschiedenen Seen.Vor allem der Mirador auf den Lago Traful war wirklich schoen, auch wenn man die Beifahrertuer dort nur von aussen oeffnen konnte, da man sonst Angst haben musste, dass der Wind sie fortreisst und unser armer GOL ganz schoen gewackelt hat... Zurueck sind wir dann durch das Valle Encantado und ueber den Paso del Cordoba und haben die Nacht im stockdunklen "Baerenhaus" in San Martin de los Andes verbracht. Stockdunkel weil ein 30h Stromausfall San Martin (aber auch Bariloche) heimgesucht hatte. Das war insofern sehr unpraktisch, weil wir unsere ganzen nassen Campingsachen bei Kerzenschein sortieren und in unsere Rucksaecke verstauen mussten. Was fuer ein Spass!
Mittlerweile wurden aber anscheinend fuer San Martin de los Andes Notreserven freigegeben und ein Helikopter hat wohl den Verursacher des Stromausfalls, einen umgekippten Strommast irgendwo im Nirgendwo, entdeckt - nur leider ist das Gebiet nicht ueber eine Strasse zugaenglich - so was Bloedes aber auch.
Sehr witzig fanden wir die zum Thema Stromausfall stattfindende Radiosondersendung, in der mehr oder weniger den Buergern geraten wurde, Buergerwehren zu bilden. Raphael und ich haben auf jeden Fall das Baerenhaus gut bewacht und so haben wir die Nacht heil ueberstanden. Patroullierende Buergermilizen sind uns zumindest in unserem Viertel zum Glueck nicht begegnet.
So, jetzt wisst ihr ganz genau wie wir unsere letzte Woche in Patagonien verbracht haben. Wir hoffen ihr habt an den Fotos ein bischen Spass und sie tragen dazu bei, dass aus dem bislang grauen Fleck auf der Landkarte namens “Neuquen” ein etwas bunterer, lebendiger Fleck wird. Bunt ist schliesslich viel schoener als grau und ausserdem hat diese Fleckchen Erde das wirklich verdient.

Un abrazo a todos y tengan suerte, chicos!
Passt auf euch auf und ganz liebe Gruesse,

Silke & Raphael




Additional photos below
Photos: 46, Displayed: 31


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12th March 2006

NEIDISCH
Hallo Ihr zwei, euer Bericht ist wie immer toll und die Bilder einfach suuuper. Vor allem wenn man bei uns aus dem Fenster schaut und was glaubt ihr tut es schneien. Wir wollen, dass ihr uns endlich Sonne, Sonne, pur schickt. Viel Spaß heut noch in San Rafael und morgen gutes Weiterkommen nach Mendoza. Gudrun

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