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Published: October 16th 2018
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Zurück in meinem Apartment am Hügel, zurück in meinem Fischerort. “
Taganga es rustico” hat eine Urlauberin aus Bogotá die ich am Strand kennengelernt habe zu mir gesagt. Rustikal, das trifft's auf den Punkt - ungekünstelt und echt, rau und bezaubernd, wie ein Rohdiamant mit all seinen Ecken und Kanten.
Ich hab wie vor wenigen Monaten
bei meinem ersten Aufenthalt hier viel zuhause gekocht, mit zahlreichen frischen Obst- und Gemüsesorten die ich am Markt finden konnte, und meine Vermieterin Ursula und meine Nachbarin Paula inklusive Sohn Alejandro zum Essen eingeladen. Gebratene Auberginenherzen mit Bohnen-Curry-Salsa, Minibratkartoffeln, in Kurkuma gedünsteter Mais und Yuca-Pürree. Dazu gabs natürlich ausreichend Koriander und kolumbianisches Bier.
Ich habe meine Tage in Taganga ruhig verbracht, habe die Zeit ausgekostet und mich auf die kleinen Feinheiten des Lebens gefreut: Ich habe mich gut mit meinen Nachbarn in der Lavandería unterhalten, habe meine Nachmittage am Strand verbracht, dort neue Freundschaften geschlossen und Julio, einen venezuelanischen Strandverkäufer, wieder getroffen. Das Geschäft läuft nicht gut, sagt er, er schaut leider auch dementsprechend schlecht aus.
Auf Grund der Regenzeit sind wenige Touristen hier im Ort, dadurch haben die meisten Taganganer weniger Einkommen. Und das macht sich bemerkbar, sie arbeiten umso härter um den wenigen Besuchern zu
gefallen. Mich stört der Regen nicht, es ist schön den ganzen Ort ergrünt und blühend zu sehen. Das Meer ist trotzdem schön warm - und ein paar Sonnenstrahlen schaffen es immer wieder durch die dichte Wolkendecke. Außerdem schlafe ich jeden Abend bei prasselndem Tropenregen ein, das ist Meditation pur.
An einem Vormittag, als ich mich eigentlich auf den Weg nach Santa Marta machen wollte, hat mich ein Babykätzchen auf meiner Terrasse besucht. Der kleine Kerl hat sich so lange an mich geschmiegt und mich angemaunzt bis ich nicht mehr widerstehen konnte - ich nahm ihn mit in meine Hängematte und wir verbrachten eine gemeinsame faule Siesta. Keine Minute nachdem er es sich gemütlich gemacht hat ist er auch schon eingeschlafen. Einmal unproduktiv zu sein kann so schön sein...
Ich war außerdem einen ganzen Tag mit José unterwegs - ihn wieder zu sehen brachte mich gedanklich sofort zurück zu meiner Zeit hier im März, unserem
Ciudad Perdida Trek ,
Parque Tayrona und unsere gemeinsamen Abende am Strand,
kochend und tanzend in seinem Haus in Taganga. Wir sind in der Zwischenzeit beide viel gereist und haben viel gesehen, aber ein paar essentielle Dinge haben sich nicht geändert und wir haben uns sofort wieder blendend verstanden und viele Geschichten ausgetauscht. Als
ich José vor wenigen Wochen erzählt habe, dass ich nach Taganga zurück komme, hat er sofort einen Flug aus Bogotá gebucht, für einen Tag, nur um mich zu sehen. Für manche Leute scheint das verrückt zu sein - für mich ist es typisch José...
Gemeinsam haben wir uns die
Quinta de San Pedro Alejandrino, das Anwesen wo Simón Bolívar 1830 seine letzten Lebenstage verbracht hat, angeschaut und sind danach auf den Markt von Santa Marta gegangen - ich habe José gebeten mir bei der Auswahl der besten Kaffeesorten, Kakao und Schokolade zu helfen. Wen sonst hätte ich besser fragen können als einen Koch der mit viel Liebe und Hingabe seiner Berufung nachgeht. Wir haben dort auch echt was Tolles gefunden:
Harina de Yuca und
Harina de Bodo. Aus diesen weißen Pulvern macht man
Pandeyuca und
Pandebodo - zwei kolumbianische Brot-Spezialitäten.
Später des Abends wollten wir uns wieder treffen um gemeinsam Brot zu backen, allerdings hatte ich mich am Weg durch Taganga zu seinem Haus verlaufen... Zu meiner Verteidigung: Es schüttete in Strömen und war schon halbdunkel. Klatschnass fand ich mich in einem Hauseingang irgendwo im Dorf wieder. Als ich die zwei Männer, die gerade im Wohnzimmer Fußball schauten, um Hilfe bat, fragten
sie nur, welches Hostel ich denn suche. Als ich ihnen von José erzählte, baten sie mich um ein Foto, augenscheinlich heißt so ziemlich jeder zweite Mann in dem Ort Jóse... Also zeigte ich ihenn ein Foto von unserer Tagestour und wir stellten lachend fest, dass sie befreundet sind. Einer der Männer zeigte mir anschließend den Weg. Als wir beim Haus ankamen und er laut „José, du hast Besuch“ rief, war mir die Situation kurz ziemlich peinlich. Auch José hat sich sichtlich gewundert, immerhin war ich ja nicht zum ersten Mal dort. Allerdings war es ja wohl das Wichtigste, dass ich bei dem Regen endlich angekommen bin....
Gemeinsam haben wir also den Teig für das kolumbianische Brot gemacht, allerdings konnte wir es nicht backen, da Jóse in dem Haus in Taganga keinen Backofen hat. Als Koch und guter Gastgeber hat er sich aufrichtigst dafür entschuldigt, hat mir aber auch sofort eine Lösung angeboten: Am nächsten Morgen sollte ich zu einem befreundeten Bäcker in der
Panadería gehen und die würden mir dann weiterhelfen. José musste nämlich noch am selben Abend zurück nach Bogotá.
An meinem letzten Tag in Taganga hieß es also für mich früh aufstehen, denn die Bäckerei ruft.
Bäcker Luís erklärte mir vieles rund um kolumbianisches Gebäck, Süßspeisen, und fertigte ganz nebenbei das
Pandebono. Wir haben das gelungene Werk später gemeinsam verkostet und waren allesamt angetan. Da diese Spezialität in Taganga nicht gemacht wird war das auch für die lokalen Bäckerkollegen in dem Laden eine Sensation - noch dazu, wenn der Teig von einer Österreicherin gemacht wurde... Luís erklärte mir, dass es eine Bäckerei in Santa Marta gibt die das Brot fertigt, also fuhr ich kurzerhand dort hin, ich wollte ohnehin noch einige Dinge in der Stadt erledigen bevor ich Taganga verlasse. Ich brachte ihnen später ein Säckchen aus der Bäckerei, worüber sie sich noch mehr freuten.
Meinen letzten Nachmittag verbrachte ich am Strand, wo ich meinem venezuelanischen Freund Julio Mittagessen brachte. Ich kann euch das Glück und die Dankbarkeit in seinen Augen kaum beschreiben - so abgemagert wie er ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass er oft warme Speisen zu essen bekommt. Wir haben uns unterhalten und für eine ungewisse Zeit verabschiedet. So wie viele Taganganer hat er weder Handy noch Internet, insofern werden wir nicht voneinander hören. Zumindest mit Essen konnte ich ihm eine kleine Freude bereiten. Ich hoffe er und seine Familie haben
es gut.
Meinen letzten Abend war ich bei Ursula im neuen Haus eingeladen. Ein kleines Traumhäuschen mit Garten, ganz weit oben am Hang, mit Blick über die Berge und aufs Meer. Wir haben Yoga auf ihrer Dachterrasse gemacht und haben den genialen Sonnenuntergang bei selbstgemachtem Schokokuchen genossen. Wie genial das Leben doch sein kann! Ganz spontan hat sie mich auch noch zu einer Vogelwanderung am nächsten Morgen eingeladen, die ich auch noch irgendwie untergebracht habe. Und dann, nach ein paar Tagen Heimatgefühl in meinem Fischerort, hieß es doch wohl oder übel Abschied nehmen...
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